Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 478 - Roy Palmer - Страница 6

1.

Оглавление

Glitzernde Lichtflecken tanzten auf den Wellen der Bucht am Golf von Batabanó. Die Bordlaternen der beiden vor Anker liegenden Dreimastgaleonen waren bis auf die offene See zu sehen. Doch die Kapitäne und die Besatzungen waren, was dies betraf, völlig unbesorgt. Sie glaubten, die einzigen Menschen weit und breit zu sein. Doch sie täuschten sich. Es gab einen heimlichen Beobachter: Philip Hasard Killigrew.

Noch vor den Spaniern war der Seewolf mit seinen Männern an der Südküste von Kuba eingetroffen. Gold wert war der kaum sichtbare Einschnitt etwa fünf Meilen westlich der Bucht, den Dan O’Flynn entdeckt hatte. Es handelte sich um eine Art Kanal, der nach Westen abknickte und in eine geräumige Bucht führte. Ein hervorragender Platz, weil er hinter den Ufern von hohen karstigen Felsen umgeben war, so daß die drei Schiffe des Bundes der Korsaren nicht nur von der Seeseite her, sondern auch von Land aus kaum entdeckt werden konnten.

Die drei Schiffe – das waren die „Isabella IX.“ unter dem Kommando von Hasard, Siri-Tongs „Caribian Queen“ und die „Le Griffon“ des Edmond Bayeux. Sie lagen völlig sicher in der Bucht und vor neugierigen Blicken verborgen. Die Spanier ahnten nichts von diesen stillen Beobachtern.

Hätte Alonzo de Escobedo, der neue Gouverneur von Kuba, der sich an Bord der „Trinidad“ befand, davon auch nur etwas gewittert, hätte er gewiß einen Teil seiner arroganten und überheblichen Selbstsicherheit abgelegt.

Aber Alonzo de Escobedo, der sehr ehrenwerte Nachfolger des hochwohlgeborenen Don Antonio de Quintanilla, lag in seiner Kammer im Achterkastell der „Trinidad“ und schnarchte. Ein Leben in unvorstellbarem Prunk und Luxus war der Gegenstand seiner Träume. Diese Träume waren keine leeren Seifenblasen mehr. De Escobedo hatte sein Ziel erreicht. In der Höhle hinter dem Wasserfall lagen die gesammelten Schätze des Don Antonio. Unzählige Menschen hätten davon reich werden können. Doch jetzt gehörte all das – das viele Gold, das Silber, der Schmuck und die Juwelen – ihm ganz allein, dem Gouverneur!

Wie gut, daß er, de Escobedo, auf die Idee verfallen war, den Fuhrunternehmer Miguel Cajega gefangenzunehmen und dem peinlichen Verhör zu unterziehen. Cajega war der einzige gewesen, der von dem Schatzversteck gewußt hatte – außer Don Antonio natürlich. Zunächst hatte Cajega nicht reden wollen, aber dann hatte er doch alles preisgegeben.

Cajega hatte de Escobedo zu dem Schatzversteck führen müssen. Am Ziel eingetroffen, hatte sich de Escobedo des Mannes entledigt, der von ihm mit einer Kugel ins Jenseits befördert worden war.

In seinen Träumen beglückwünschte sich de Escobedo auch zu dem hervorragenden Gedanken, nach Havanna zurückgekehrt zu sein. Wie anders sonst hätte er den immensen Schatz abbergen können als mit entsprechenden Schiffen und deren Besatzungen, die die Beute an Bord der Segler mannten? Oh, er war stolz auf seinen Einfallsreichtum, und sein heftiges Schnarchen drückte einiges von seiner Selbstzufriedenheit aus.

Kapitän Diego Machado und der Zweite Offizier der „Trinidad“, Felipe Gutierrez, saßen in der Kapitänskammer der Galeone bei einem Humpen Rotwein zusammen. Sie hörten das Schnarchen und grinsten sich über das Kapitänspult hinweg an.

„Der Kerl kann einem den letzten Nerv töten“, sagte Machado.

„Sind deine Nerven so schwach?“ fragte Gutierrez.

„Das meine ich nicht“, erwiderte der Kapitän. „Nur hasse ich Schnarcher an Bord meines Schiffes. Es wäre besser, wenn Kerle, die so laut sägen, gar nicht vorhanden wären.“

Gutierrez lachte leise. „Ah, jetzt verstehe ich. Na ja, leiden kann ich ihn auch nicht besonders, unseren Gouverneur. Aber wir müssen ihn wohl erdulden.“

Machado füllte wieder die Humpen aus einem dickbauchigen Tonkrug und grinste verschlagen. Er war ein dicklicher Mann, rücksichtslos, kaltschnäuzig und bar jeglicher Skrupel. Mit Gutierrez verstand er sich besonders gut.

Gutierrez war ein breitschultriger Mann mit kalten Augen, einem zynischen Mund und spitzem Kinn. Ein Kerl, der mit dem Teufel paktieren würde, wenn es ihm Vorteile verschaffte. Oft hockte er mit dem Kapitän zusammen, und sie heckten irgendwelche Pläne aus, wie man andere Leute übers Ohr hauen konnte.

„Was er wohl mit dem vielen Gold und Silber anfangen will“, sagte Machado nach einem weiteren gluckernden Schluck.

„Wer? Der Gouverneur?“ Der Zweite Offizier grinste höhnisch. „Ich schätze, daß er es bereits weiß. Und ich sage, daß er damit abhauen wird.“

„Ganz von Kuba weg?“

„Ja.“

„Was geschieht, wenn Don Antonio de Quintanilla zurückkehrt?“ fragte der Kapitän. „Als Vizekönig hat der Dicke noch mehr Macht. Er wird de Escobedo suchen und finden.“

„Kaum“, entgegnete Gutierrez. „De Escobedo ist zwar nicht de Quintanilla, aber er wird gerissen genug sein, jede Spur zu verwischen.“

„Und wir?“ fragte Machado lauernd.

„Was soll mit uns sein?“ erwiderte der Zweite. „Wir führen einen Auftrag aus und werden dafür entlohnt.“

„Wir sind aber auch unbequeme Zeugen“, sagte der Kapitän. „Weißt du, was aus Cajega geworden ist? Er ist in Havanna nicht wieder aufgetaucht. Ich glaube, daß er tot ist.“

„Das ist anzunehmen“, sagte Gutierrez. Er hob seinen Humpen an die Lippen und trank – ebenso geräuschvoll und gierig wie sein Kapitän. „Und es ist mir jetzt auch klar, auf was du rauswillst, Diego. Ich finde aber, du kannst es dir aus dem Kopf schlagen. De Escobedo kann uns nicht alle aus dem Weg räumen.“

Machado brummelte etwas Unverständliches. Dann meinte er: „Fähig dazu wäre er. Aber er kann nicht wagen, sich mit uns anzulegen. Trotzdem vermute ich, daß er versuchen wird, uns irgendwie auszubooten.“

Gutierrez schob die Unterlippe vor und überlegte. Dann erwiderte er: „Wie wäre es, wenn der umgekehrte Fall eintreten würde?“

„Wie meinst du das?“

„Das ist doch ganz einfach“, sagte der Zweite grinsend. „Unser lieber, guter Gouverneur verschwindet plötzlich von Bord. Keiner hat gesehen, in welche Richtung er verschwunden ist. Keiner findet ihn. Höchstens die Haie, meine ich, aber die schweigen ja.“

Machado grinste ebenfalls. „Du bist ein verfluchter Hurensohn, Freund Felipe. Aber das können wir nicht riskieren. Es könnte uns den Kopf kosten.“

„Das Risiko entspricht dem Gegenwert. Denk an den Schatz.“

„Ich denke daran“, entgegnete der Kapitän. „Aber wir wissen nicht, bei wem de Escobedo in Havanna hinterlassen hat, wohin er sich wendet.“

„Vielleicht hat er’s keinem hinterlassen.“

„Und er ist heimlich aus Havanna verschwunden?“ fragte Machado zweifelnd. „Also, das glaube ich nicht ganz. Zumindest haben wir keine Beweise dafür. Wir könnten uns ganz höllisch die Finger verbrennen.“

„Jetzt übertreibst du“, sagte Gutierrez spöttisch. Er trank noch einen Schluck und dachte: Zur Hölle mit dem Gouverneur. Wir sollten den Spieß umdrehen und die Schätze für uns vereinnahmen.

Machado stieß einen leisen Fluch aus. „Werd nicht frech!“ zischte er. „Glaubst du etwa, ich scheue davor zurück, dem Hund ein Messer ins Kreuz zu jagen? Da irrst du dich gewaltig.“

„Das habe ich nicht sagen wollen“, erklärte der Zweite.

„Schon gut“, brummte Machado. „Aber ich weiß immer noch, wie weit ich gehen kann. Ich bin kein Hitzkopf, Felipe. Klar?“

„Das bin ich auch nicht“, erwiderte Gutierrez. „Ja, du hast recht. Man sollte vernünftig sein und sich vom Wein nicht zu losen Reden verleiten lassen. Aber ich finde, wir sollten die Entwicklung abwarten. Irgendwas tut sich noch.“

„Drück dich gefälligst deutlicher aus.“

Der Zweite blickte in seinen leeren Humpen, dann griff er nach dem Krug. Er füllte seinen Humpen zur Hälfte, dann den des Kapitäns. „Es gärt in der Mannschaft, mein lieber Freund. Die Kerle sind auf den Schatz gierig. Kann man es ihnen verübeln?“

„Wenn sie zu gierig werden, kriegen sie was auf ihre dreckigen Pfoten“, erwiderte Machado. „Glaubst du, de Escobedo weiß nicht, daß einer von ihnen eine Extratour unternehmen könnte? Das ist doch der Grund dafür, warum er angeordnet hat, daß keiner nachts von Bord geht.“

„Die Frage ist, ob sich die Kerle daran halten“, sagte der Zweite.

Machado hatte seinen Kelch geleert und wollte nachschenken, doch auch der Krug war leer.

„Auf meinem Schiff sorge ich für Ordnung und Disziplin“, sagte er schroff. „Und du weißt auch, daß ich nicht lange fackle, wenn einer aus der Reihe tanzt. Es soll nur einer versuchen, heimlich von Bord zu gehen und an Land zu schwimmen. Der kriegt von mir persönlich die Neunschwänzige.“ Machado hob den Krug und streckte ihn seinem Zweiten Offizier entgegen. „So, und jetzt hol gefälligst noch ein bißchen Wein. Von dem vielen Quatschen wird mir die Kehle ganz trocken.“

„Mir auch“, sagte Gutierrez grinsend. „Das muß mit der Luft in Batabanó zusammenhängen.“

Machado gab ein grunzendes Lachen von sich. „Hörst du endlich auf, Blödsinn zu faseln? Her mit dem Wein!“

Felipe Gutierrez verließ die Kapitänskammer und suchte den Proviantraum auf, in dem die Weinfässer lagerten. Routinemäßig lauschte er den Geräuschen im Schiff. De Escobedos. Schnarchen war auch hier unten zu vernehmen. Außer dem Plätschern des Seewassers an den Bordwänden und dem Knarren der Blöcke und Rahen herrschte aber sonst Ruhe. An Bord der „Trinidad“ schien alles ruhig und friedlich zu sein. Hoffentlich, dachte der Zweite.

Daß es auf der „San Sebastian“ keine Unregelmäßigkeiten geben würde, war ohnehin sicher. Don Gaspar de Mello war ein aufrichtiger, ordentlicher Mensch, wie es sich für den Capitán einer Kriegsgaleone Seiner Majestät geziemte. Der ging lieber mit Mann und Maus unter, statt auch nur eine Goldmünze anzurühren. So ein Narr, dachte Gutierrez verächtlich, wie kann man nur so dumm sein!

In dieser Nacht, der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 1595, wurde an Bord der Galeone „Trinidad“ ein Komplott geschmiedet. Doch davon bemerkten weder Alonzo de Escobedo noch Kapitän Machado oder der Zweite Offizier Gutierrez etwas. Wüste Kerle waren es, die im Vorschiff beisammenhockten und tuschelten, Galgenstricke, die es mit Machado oder Gutierrez an Skrupellosigkeit durchaus aufnehmen konnten. Das war die „Trinidad“ – ein Handelsschiff zwar, doch alles andere als ein biederer Kauffahrer. Die komplette Besatzung vom Kapitän bis zum Moses bestand aus üblen Strolchen, die auf jeden Piratensegler gepaßt hätten.

Ganz anders die Kriegsgaleone „San Sebastian“. Capitán Don Gaspar de Mello war ein geradlinig denkender, korrekter Offizier der Armada. Seine Männer richteten sich strikt nach seinen Befehlen. Disziplinlosigkeiten gab es nicht. De Mello konnte sich auf seine Männer verlassen, und auch umgekehrt wußten die Offiziere des Achterdecks und die Seeleute und Seesoldaten, daß sie in Don Gaspar de Mello einen vorbildlichen Kommandanten hatten.

De Mello hatte dem angeblich „geheimen Auftrag“ des Gouverneurs von Anfang an mißtraut. Für de Escobedo war er nichts weiter als ein nützlicher Narr, der den Beschützer für die „Trinidad“ spielen sollte. Machado hingegen war von Anfang an in alles eingeweiht gewesen. In Havanna hatte de Escobedo schon so manches krumme Geschäft mit Machado getätigt – allerdings nicht in dem Umfang wie dieses Mal.

Bei dem Stand der Dinge war es nur zu verständlich, daß Don Gaspar de Mello argwöhnisch und obendrein verärgert war. Goldmünzen befanden sich in der einen Truhe, die an Bord der „Trinidad“ gebracht worden war. Soviel wußte er inzwischen. Und wie ging es weiter? Wie sah der „geheime“ Auftrag tatsächlich aus? Nun, es würde noch zwei Tage in Anspruch nehmen, bis alles aus der Höhle geborgen und an Bord der Schiffe gebracht worden war. In dieser Zeit, so dachte de Mello, konnte noch einiges geschehen.

Die beiden Schiffe lagen in Windrichtung mit dem Bug nach Nordosten – der Wind wehte aus Nordosten – und parallel zueinander. Die Steuerbordseite der „San Sebastian“ war der Backbordseite der „Trinidad“ zugekehrt. Das Kriegsschiff ankerte also mehr westlich, der Handelssegler mehr östlich in der Bucht. Auf beiden Schiffen war eine Ankerwache aufgezogen.

Für beide Schiffe galt die Order Alonzo de Escobedos, daß niemand nachts von Bord durfte. Der sehr ehrenwerte Señor Gouverneur hatte ja seine guten Gründe dafür. Er war der Meinung, „seinen“ Schatz in den Höhlen hinter dem Wasserfall unbewacht lassen zu können. Aber das war ein Irrtum.

Die Kerle an Bord der „Trinidad“ wie auch die Männer der „San Sebastian“ hatten aufgrund der Truhen-, Kisten- und Fässerverladung auf die Handelsgaleone längst spitz, was sich in dem Höhlensystem hinter dem Wasserfall befand. Und die Mannschaft der „Trinidad“ war gegenüber der disziplinierten Crew der Kriegsgaleone nun mal ein rüder Haufen – ein Spiegelbild ihres Kapitäns. Bei diesen Kerlen war die Gier geweckt, die einmalige Chance, reich zu werden. Sie brauchten ja nur zuzulangen.

Fünf Kerle der „Trinidad“-Mannschaft bildeten da sozusagen den harten Kern. Diese Clique hatte im Vordeck der Galeone die absolute, uneingeschränkte Macht. Wort- und Anführer des Quintetts war der Decksälteste Cabral. Ein tückischer Bulle war dieser Mann, der mit den Fäusten regierte und auch schnell mit dem Messer bei der Hand war.

Seine vier Vasallen waren Domingo, Casco, Toluca und Manzo – insgesamt ein höllisches Quintett. Manzo war Kreole, die vier anderen waren Spanier. Vom Gemüt her bestand zwischen Manzo und ihnen nicht der geringste Unterschied. Für ein paar Goldmünzen hätten sie ihre eigenen Mütter erschlagen.

Die Order des Gouverneurs interessierte diese Kerle einen Dreck. Sie hatten ihren Plan festgelegt und handelten noch vor Mitternacht. Toluca huschte auf das Schott der Waffenkammer zu und hantierte an dem Schloß herum. Cabral war hinter ihm. Domingo hielt am Logis Wache. Casco war am Schott des Vorkastells und lauschte den Schritten der Ankerwache. Manzo sicherte nach achtern, zu den Laderäumen hin. Sobald irgend jemand auftauchte, um zu kontrollieren, würden die Kerle ein Zeichen geben. Cabral würde Toluca verständigen, und sie würden sich verstecken.

Aber dieser Fall trat nicht ein. Die fünf Kerle blieben ungestört. Toluca arbeitete im Dunkeln. Er war unerhört geschickt und behauptete von sich, jedes Schloß aufknacken zu können. Dies stellte er unter Beweis: nach knapp einer Viertelstunde brach er das schwere Vorhängeschloß auf. Vorsichtig öffnete er das Schott. Die Eisenangeln waren gut geölt, sie quietschten und knarrten nicht. Toluca und Cabral drangen in die Waffenkammer ein.

Cabral drückte das Schott hinter sich zu. Toluca entfachte ein Talglicht, und sie schauten sich um.

„Na los“, sagte der Bulle Cabral grinsend. „Bedien dich, mein Junge. Und nimm gefälligst nur vom Besten.“

Toluca entblößte seine schadhaften Zähne. „Wie wär’s mit ’ner feinen Radschloßpistole?“

„Klar. Nun mach schon.“

Sie versorgten sich mit Pistolen und Munition. Dann knieten sie sich auf die Planken und verstauten ihre Raubbeute in wasserdichter, mit Öl getränkter Leinwand. Inzwischen hatte sich Domingo genähert. Er kratzte am Schott, das war ein vereinbartes Zeichen.

„Komm rein“, brummte Cabral.

Domingo trat ein. „Im Logis pennen sie alle“, erklärte er. „Keine Sprüche mehr. Diese Aufschneider!“

„Und während sie pennen, stauben wir ab“, sagte Cabral.

„Und sie gehen leer aus“, sagte Toluca mit leisem, gehässigem Lachen. „Geschieht ihnen recht. Sie haben eben nicht genug Mumm in den Knochen, so was anzupacken.“

Die anderen Kerle hatten am Abend im Vordeck nur geschwätzt und schwadroniert. Man könnte doch in den Höhlen zulangen, hatten sie gemeint. Aber letztlich hatten sie nicht den Schneid aufgebracht, etwas zu unternehmen.

Cabral hingegen war fest entschlossen, sich die Gelegenheit nicht entgehen zu lassen. Die Nacht war der beste Verbündete für ihn und seine vier Kumpane. Jetzt bot sich die Chance, steinreich zu werden und für alle Zeiten ausgesorgt zu haben – die Kerle wollten sie um keinen Preis verpassen.

„So“, sagte Cabral, als sie genügend Waffen und Munition wasserdicht eingepackt hatten. „Das wär’s. Mehr brauchen wir nicht.“

„Warum hauen wir nicht gleich ab?“ wollte Domingo wissen.

„Das hab’ ich vorhin schon erklärt!“ zischte Cabral. „Erst müssen alle richtig schlafen.“

„Der Gouverneur schnarcht schon seit Stunden“, murmelte Toluca. „Aber das will nichts heißen. Machado und Gutierrez hocken bestimmt noch zusammen und bechern einen.“

„Wenn sie genug gesoffen haben, schnarchen sie auch“, meinte Domingo mit unerschütterlicher Logik. „Und das kann noch ein Weilchen dauern. Also warten wir eben ab.“

Kurze Zeit darauf verließen die drei Kerle die Waffenkammer. Im Gang des Vordecks trafen sie sich mit Casco und Manzo.

„Alles in Ordnung?“ erkundigte sich der Anführer flüsternd.

„Bestens“, erwiderte Casco. „Der Posten hat nicht die Spur gemerkt.“

„Wie sollte er auch?“ raunte Toluca. „Wir arbeiten ja lautlos.“

„Und achtern?“ fragte Cabral den Kreolen.

„Ich glaube, Gutierrez hat vorhin Wein geholt“, erwiderte Manzo. „Den Schritten nach zu urteilen, kann nur er es gewesen sein. Es hat gegluckert. Er hat wohl einen Krug gefüllt.“

„Ich hab’s ja gesagt“, flüsterte Toluca. „Die kippen einen hinter die Binde.“

„Darauf hätte ich auch Appetit“, sagte Casco.

„Später“, brummte Cabral. „Und red nicht so laut. Du vermasselst noch alles.“

Zum Schein suchten sie wieder das Logis auf und legten sich in ihre Kojen. Die anderen Männer schliefen tief und fest. Keiner bemerkte, wie sich die fünf Kerle auf ihren Lagern ausstreckten. Und keiner sah, daß das Quintett inzwischen bewaffnet war.

Domingo, Casco, Toluca und Manzo lagen wach da und malten sich die nächsten Phasen des Unternehmens aus. Cabral hingegen verfiel in einen kurzen, tiefen Schlaf. Er hatte die stärksten Nerven. Nichts konnte ihn beeindrucken. Er war völlig gelassen und wußte, daß alles gelingen würde. Es handelte sich um einen simplen, aber gutdurchdachten Plan.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 478

Подняться наверх