Читать книгу Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika Teil 3 - Rudolf Cronau - Страница 6
Vorwort des Autors
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Seit drei Jahrhunderten wälzt sich aus Deutschlands Gauen ein Strom von Auswanderern nach der Neuen Welt, je nach den im alten Vaterland obwaltenden politischen oder wirtschaftlichen Verhältnissen bald gleichmäßig fließend, bald nachlassend, um dann plötzlich wieder mächtig anzuschwellen und den Charakter einer wahren Völkerwanderung anzunehmen.
Fragte man die in der Heimat Zurückgebliebenen, was aus ihren nach Millionen zählenden ausgewanderten Landsleuten in der Fremde geworden, so vermöchten gewiss nur sehr wenige eine befriedigende Auskunft zu geben. Man verhielt sich in Deutschland gegenüber dem Schicksal seiner ausgewanderten Söhne bisher recht gleichgültig, indem man sich an die durchaus falsche Vorstellung gewöhnte, dass dieselben für ihr Vaterland wie für das deutsche Volkstum verloren seien. Man betrachtete sie als Faktoren, mit welchen man nicht länger rechnen dürfe. Man weiß nicht, was sie da draußen erlebten und verrichteten, ob sie im Elend verkamen oder es verstanden, eine achtunggebietende Stellung zu erringen.
Und die Ausgewanderten selbst? – Obwohl sie die Erfolge vieler ihrer Brüder vor Augen sehen, so sind auch sie über das, was die Gesamtmasse der Deutschen in Amerika leistete, doch nur oberflächlich unterrichtet. Weder sie, noch die neben ihnen wirkenden Amerikaner anderer Abstammung wissen, wie ungeheuer viel die großartig entwickelten Vereinigten Staaten von Amerika der rastlosen Arbeit, dem unermüdlichen Fleiß und der Intelligenz der Deutschen verdanken. –
An Geschichtswerken, welche die Vergangenheit Amerikas, den Ursprung und die Entwicklung der Vereinigten Staaten behandeln, ist zwar kein Mangel. Aber gegen diese Werke ist von vielen klarblickenden, nach historischer Wahrheit strebenden Forschern mit vollem Recht der Einwand erhoben worden, dass sie die Geschichte nur eines Teiles des amerikanischen Volkes, und zwar des aus England eingewanderten berücksichtigen, während auf die Vergangenheit und Leistungen der anderen Völkerelemente, die zum Aufbau der amerikanischen Nation beitrugen, entweder gar nicht oder nur sehr oberflächlich eingegangen sei. –
Beim Prüfen dieser Angelegenheit kann der mit der Entwicklungsgeschichte Amerikas Vertraute sich der Erkenntnis nicht entziehen, dass jener Einwand durchaus zutrifft. Fast alle in den vorhandenen Geschichtswerken geschilderten Ereignisse sind vom Gesichtswinkel des Anglo-Amerikaners, speziell des Neu-Engländers aus gesehen und beschrieben. Was andere Völkerelemente zur amerikanischen Kultur, zum Aufbau der Nation beitrugen, welche hervorragenden Männer sie lieferten, welche Taten dieselben verrichteten, was sie an Großem, Bleibendem schufen, blieb entweder unberücksichtigt oder wurde nur mit flüchtigen Strichen angedeutet, oft sogar absichtlich entstellt. Infolgedessen bildet sich bei den Lesern solcher Werke die irrige Anschauung, als ob die Anwesenheit der zahlreichen, nicht angelsächsischen Stämme auf amerikanischem Boden für die dort entstandene Kultur gar nichts bedeutet habe, und den Angelsachsen allein das Verdienst gebühre, das Material zum Aufbau der amerikanischen Nation geliefert und die Kultur derselben geschaffen zu haben.
So wenig aber eine Schilderung des Mississippi Anspruch auf Vollständigkeit erheben dürfte, die es unterließe, auch seine Hauptarme, den Missouri und Ohio zu beschreiben und ihre Bedeutung für die Größe und den Charakter des ganzen Stromsystems darzulegen, ebenso wenig können so einseitig aufgefasste Geschichtswerke wie die bezeichneten Anspruch auf den Titel einer „Geschichte des amerikanischen Volkes“ erheben.
Diese muss noch geschrieben werden. Und zwar unter gerechter Berücksichtigung aller verschiedenen Rassen- und Völkerelemente, aus denen sich das Volk der Vereinigten Staaten zusammensetzt und die in irgendeiner besonderen Weise zur amerikanischen Kultur beitrugen.
Das kann erst geschehen, wenn das erforderliche historische Material in Spezialwerken niedergelegt ist, die den Anteil der Deutschen, Iren, Schotten, Holländer und Skandinavier, der romanischen und slawischen Völker, der Israeliten, der indianischen, afrikanischen und mongolischen Rassen feststellen. Durch ausgedehnten Gebrauch solcher Spezialwerke kann die zu schreibende Geschichte der amerikanischen Nation an Interesse, Mannigfaltigkeit und Farbenreiz nur ungemein gewinnen. –
Wie zu dem in der Bundeshauptstadt Washington gen Himmel ragenden Monument zu Ehren des Begründers der Union, George Washington, fast alle Nationen des Erdballs Bausteine beitrugen, so mögen die in den Vereinigten Staaten ansässig gewordenen Vertreter solcher Nationen dies auch tun zu dem erhabenen Ruhmestempel der amerikanischen Geschichte. –
Der Verfasser dieses Buches bietet einen solchen Baustein, in der Überzeugung, dass die nach Millionen zählenden Abkömmlinge des deutschen Volkes, welche seit frühen Tagen in das Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten von Amerika einströmten, in jeder Beziehung ein gewaltiger Faktor waren, der nicht übersehen werden sollte.
Berlin, im Sommer 1909.
Rudolf Cronau.
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Teil eins dieses Bandes beginnt: – Die Deutschen während der Kolonialzeit
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Die ersten deutschen Flugblätter über Amerika und die Vorläufer der deutschen Auswanderung dorthin
Die glückliche Heimkehr des Genuesen Christoph Columbus von seiner ersten großen Entdeckungsreise war ein Ereignis, dessen Bedeutung von allen Kulturvölkern der damaligen Zeit sofort empfunden wurde. Man erkannte instinktiv, dass die gelungene Fahrt für die ganze Menschheit von höchster Wichtigkeit sei und gewaltige Umwälzungen zur Folge haben müsse. Welch tiefen Eindruck die Kunde in der Gelehrtenwelt erregte, kann man am besten aus folgendem Brief des spanischen Geschichtsschreibers Peter Martyr an seinen Freund Pomponius Laetus ermessen: „Du schreibst, mein lieber Pomponius, dass du beim Eintreffen meiner die Entdeckung der entgegengesetzten Welt betreffenden Nachricht vor Entzücken aufgesprungen seiest und dich der Freudentränen nicht hättest erwehren können. Das zeigt, dass du als Gelehrter die Größe und Tragweite der neuen Entdeckung wohl zu würdigen weißt. In der Tat, auch ich kenne keine Speise, die erhabenen und genialen Geistern willkommener sein könnte, als diese. Ich fühle eine wunderbare geistige Erregung in mir, wenn ich mit den aus jenen Gegenden zurückgekehrten Männern rede. Es ist, als ob ein Armer plötzlich zu Reichtum gelange. Unsere durch die kleinen täglichen Sorgen und gesellschaftlichen Pflichten herabgezogenen Gedanken werden erhoben und geläutert durch das Nachsinnen über so herrliche Ereignisse.“
Selbst in dem nüchternen England wurde die Tat des Columbus als etwas Unerhörtes, Göttliches gepriesen. Schrieb doch Giovanni Caboto (Johann Cabot), der von England aus im Jahre 1497 eine Fahrt nach dem Westen unternahm und dabei das Festland von Nordamerika entdeckte: „Als die Nachricht eintraf, dass Christoph Columbus, der Genuese, die Küsten Indiens entdeckt habe – wovon im ganzen Reich des damals regierenden Königs Heinrich VII. gesprochen wurde, indem alle voll größter Bewunderung erklärten, es sei mehr ein göttliches als menschliches Wagnis, auf nie zuvor befahrenen Wegen vom Westen aus nach den im Osten gelegenen Gewürzländern zu segeln, – da entbrannte in meinem Herzen ein heißes Verlangen, gleichfalls eine große Tat zu verrichten.“
Auch in Frankreich und Deutschland erkannte man die Bedeutung des Ereignisses. Deutschland war schon damals das Land der Denker und Gelehrten. Martin Behaim, Schöner, Reisch, Münster, Pirckheimer u. a. verfolgten mit scharfen Blicken die in Afrika und Asien gemachten geographischen Entdeckungen und trugen dieselben auf ihre Weltkarten und Erdkugeln ein.
Der Brief, den Columbus am 3. März 1493 nach seiner Ankunft in Lissabon an Raphael Sanchez, den Schatzmeister des spanischen Königspaares, gesandt hatte, fand in lateinischen und italienischen Ausgaben Verbreitung und wurde auch in deutscher Übersetzung in Straßburg, wahrscheinlich auch an andern Orten gedruckt. Man kennt bis jetzt siebzehn verschiedene Ausgaben dieses Columbusbriefes in spanischer, lateinischer, italienischer und deutscher Sprache. Es ist nicht ausgeschlossen, dass außerdem manche andere gedruckt wurden, von denen wir keine Kunde mehr besitzen.
Noch größeres Aufsehen erregten die Reisebeschreibungen des Amerigo Vespucci. Sie versetzten ganz Europa in Erregung, da sie im Gegensatz zu dem Brief des Columbus, der nur die Entdeckung einiger Inseln gemeldet hatte, die Entdeckung einer „neu gefunden Region“ verkündigten, „die wohl eine Welt genannt mag werden“. Dazu war in Vespuccis Schilderungen das Interessante hervorgehoben und in pikanter Weise ausgemalt; die Beschreibungen des Völker-, Tier- und Pflanzenlebens waren neu und fesselten umso mehr, als man außer dem mageren Brief des Columbus noch nichts über die Neue Welt erfahren hatte. Columbus, um das Geheimnis des neuen Seeweges nach Indien zu bewahren, vermied absichtlich jede weitere Mitteilung über seine Entdeckungen. Dadurch, wie auch durch den Umstand, dass Vespuccius fälschlich angab, die erste seiner angeblich vier Reisen im Jahre 1497 vollführt zu haben, wobei er konsequent die Namen der Befehlshaber verschwieg, an deren Forschungsreisen er sich beteiligte, gelangten die den Unternehmungen fernstehenden italienischen, deutschen und französischen Geschichtsschreiber jener Zeit zu der irrtümlichen Anschauung, Vespuccius sei der Leiter jener Expeditionen gewesen und habe das Festland der neuen Welt entdeckt. Unter diesem Eindruck stand auch der um das Jahr 1481 in Freiburg in Baden geborene Gelehrte Martin Waldseemüller, der in der lothringischen Stadt St. Dié lebte und an dem vom Herzog René II. errichteten „Vogesischen Gymnasium“ Geographie und Naturwissenschaft lehrte.
Waldseemüller war zugleich mit einer Neuausgabe des Atlas von Ptolemäus beschäftigt, in welcher alle in der Neuen Welt gemachten Entdeckungen berücksichtigt werden sollten. Ferner schrieb Waldseemüller einen Leitfaden für den Unterricht in der Erd- und Himmelskunde.
Während er mit diesen Arbeiten beschäftigt war, erhielt der Herzog ein Exemplar der Vespuccischen Reisebeschreibungen. Dieselben erfüllten Waldseemüller mit solcher Begeisterung, dass er die Reisen Vespuccis in seinem am 25. April 1507 gedruckten Lehrbuch „Cosmographiae introductio“ ausführlich besprach und im neunten Abschnitt den Vorschlag ausbrachte, die bis dahin noch namenlose Welt zu Ehren ihres Entdeckers, Amerigo Vespucci, „Amerika“ zu nennen. Der betreffende Satz lautet verdeutscht: „Nun wahrlich, da diese Regionen weiter durchforscht sind und da ein anderer Erdteil von Americus Vespuccius entdeckt wurde, wie aus den nachstehenden Briefen ersehen werden mag, so kenne ich keinen Grund, warum er nicht gerechterweise Amerigen genannt werden sollte, das ist das Land des Amerigus, oder America, nach seinem Entdecker Americus, einem Manne von scharfem Verstande; haben doch Europa und Asien beide ihre Namen nach Weibern erhalten.“
Waldseemüllers Vorschlag fand bei vielen Geographen der damaligen Zeit Anklang. Da Columbus bereits im Jahre 1506 gestorben war, und niemand auftrat, um den wissenschaftlichen Irrtum zu berichtigen, so fand der von dem deutschen Gelehrten vorgeschlagene Name rasch Annahme. Schon 1510 konnte der dem „Vogesischen Gymnasium“ angehörende Walter Lud in seiner „Grammatica Figurata“ mit Stolz erklären, „dass St. Dié jetzt eine in der ganzen Welt bekannte Stadt sei, weil sie America den Namen gegeben habe“.
Es war die einzige Großtat, durch die das Gymnasium bekannt wurde, denn als Herzog René starb, löste sich die kleine Gelehrtengemeinde auf. Waldseemüller zog nach Straßburg, wo er bei Jean Grüninger die fünfte Ausgabe seiner „Cosmographiae introductio“ drucken ließ. Nachdem der Straßburger Jean Schott die Druckerpresse und den Typenvorrat des „Vogesischen Gymnasiums“ erworben hatte, gab Waldseemüller hier auch im Jahre 1513 die von jenem Gymnasium geplante Neuausgabe des Atlas des Ptolemäus heraus. Inzwischen hatte er seinen Irrtum bezüglich des Entdeckers der Neuen Welt erkannt, denn er trug auf die schöne, dem Atlas beigegebene Karte von Amerika an der Stelle, wo Columbus zuerst seinen Fuß auf das Festland der Neuen Welt gesetzt hatte, folgenden Satz ein: „Hec terra adjacentibus insulis inventa est per Columbu ianuensem ex mandato Regis Castelle“, „Dies Land und die benachbarten Inseln wurden durch Columbus unter der Regierung des Königs von Kastilien entdeckt“. Über die Reisen des Vespucci findet sich im ganzen Atlas kein Wort. Aber der frühere Irrtum konnte nicht wieder gutgemacht werden. Der Name Amerika hatte sich bereits so eingebürgert, dass er trotz aller Bemühungen, ihn durch die passendere Bezeichnung „Columbia“ zu ersetzen, der Neuen Welt bis heute verblieb.
Den Reisebeschreibungen Vespuccis folgten zahlreiche „Newe Zeitungen“, welche die Entdeckungen der Portugiesen in Südamerika, die kühnen Eroberungszüge der Spanier in Yucatan, Mexiko und Peru schilderten. Sie umfassten meist nur wenige Seiten.
Von solchen, aus leicht erklärlichen Gründen, der Verzettelung unterworfenen Flugblättern haben sich leider nur wenige erhalten. Von diesen nenne ich die wahrscheinlich im Jahre 1520 gedruckte „Copia der Newen Zeytung auß Presillg Landt“ (Brasilien); die „Newe Zeittung von dem Lande, das die Spanier funden haben im 1521 jare, genannt Yucatan“. Von den mexikanischen Eroberungszügen erzählen Flugschriften, die im Jahre 1520 bei „Friyderichen Peypus in Nürmberg“, 1522 in Augsburg, 1534 bei Georg Ulricher in Straßburg und 1550 bei Philipp Ulhart in Augsburg erschienen. Über den Raubzug Pizarros berichtet ein 1535 gedruckter Brief, der mit den Worten anhebt: „Item es ist vor etlichen Jaren durch Kay. May. beuelch (auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers) außgefaren auß Hispania ein hispanischer Her Francisco de Pysaria ...“ usw.
Im Verein mit den von den Geographen und Geschichtsschreibern in umfangreichen Erdbeschreibungen niedergelegten Nachrichten übten diese neuen Zeitungen einen ungeheuren Eindruck auf das deutsche Volk. Man verschlang die Beschreibungen der mit goldenen Schätzen und seltsamen Götzenbildern gefüllten Tempel und Paläste der Inkas und Montezumas; staunend las man von den volkreichen Städten Tenochtitlan, Cholula, Tlaskala und Cuzko, von ihren großen Märkten und Festen. Man hörte von der Fahrt des Ritters Ponce de Leon nach Bimini, wo eine Quelle existiere, deren Wasser ewige Jugend verleihe. Man vernahm vom Eldorado, einem indianischen König, dessen Körper tagtäglich derart mit Goldstaub bedeckt werde, dass er einer Goldfigur gleiche.
Es bedurfte nicht mehr, um das Wunderfieber und die Lust zu Abenteuern bei den Deutschen zu erregen. Diese beiden Neigungen steckten ihnen von jeher im Blute. Seit den frühesten Tagen des Mittelalters zogen fahrende Ritter, Reisige und Minnesänger von Burg zu Burg, von Hof zu Hof, um Speere zu verstechen oder beim Klang der Saiten die Gunst hoher Herren und schöner Frauen zu gewinnen. Neben ihnen gab es viel anderes ruheloses Volk: fahrende Gaukler, Spielleute, Schüler und Fräulein, fahrende Ärzte und Quacksalber, und nicht zuletzt der unabsehbare Tross der Landsknechte, die ihre Dienste bald diesem, bald jenem Herrn verkauften. Deutsche Landsknechte fochten in fast allen europäischen Kriegen. Wenn einer dieser rauen Söldlinge, Nikolaus Schmid von Regensburg, der für Philipp II. von Spanien in Marokko focht, in seiner poetischen Beschreibung der Kriege in selbstbewusstem Tone singt:
Uns Deutsche braucht man zu dem Spiel
wann man einen Krieg will fangen an.
ohn‘ uns wird nichts gerichtet aus,
wo wir nicht sein dabei im Strauß ...
so bezeichnete er die damalige Zeit in der zutreffendsten Weise.
Es konnte nicht ausbleiben, dass diese allzeit abenteuerlustigen Landsknechte durch die Nachrichten über die neu entdeckte Welt und deren Schätze mächtig angezogen wurden. Besonders diejenigen, welche unter den Fahnen des zum Erben des spanischen Thrones, und im Jahre 1519 auch zum deutschen Kaiser ausgerufenen Karls V. gen Spanien zogen. Dort kamen sie in Berührung mit jenen Abenteurern, die für diesen Herrscher die Länder der Neuen Welt eroberten. Mit Sicherheit dürfen wir annehmen, dass viele dieser deutschen Landsknechte sich für die Eroberungszüge in Amerika anwerben ließen. Leider wissen wir nur wenig über die Beteiligung solcher Deutschen. Dass sie aber keineswegs gering veranschlagt werden darf, geht daraus hervor, dass unter den 3.000 Soldaten des Pedro de Mendoza, der im Jahre 1534 nach dem südamerikanischen „Silberstrom“, dem La Plata, zog, sich 150 Deutsche befanden. Einer derselben war Ulrich Schmidel aus Straubing. Er verweilte 19 Jahre lang am La Plata und nahm an fast allen von Mendoza unternommenen Eroberungszügen teil. Als er nach zahllosen Abenteuern endlich wieder in die Heimat zurückkehrte, schrieb er seine: „Warhafftige Historien Einer Wunderbaren Schiffart, welche Ulrich Schmidel von Straubing von Anno 1534 biß Anno 1554 in Americam oder Neuwewelt, bey Brasilia und Rio della Plata getan. Was er in diesen neuntzehn Jahren außgestanden, und was für seltzame Wunderbare Länder und Leut er gesehen“ usw.
Noch absonderlichere Erlebnisse bestand der aus Homburg in Hessen stammende Hans Stade. In Brasilien geriet er in die Gefangenschaft „der wilden, nacketen, grimmigen Menschenfresser Leuthen“, deren Sitten er in einem 1556 zu Frankfurt a. M. gedruckten Büchlein höchst anschaulich beschrieb.
Sicher befanden sich auch viele deutsche Landsknechte bei jenen Expeditionen, die in den Jahren 1528 bis 1546 von den Augsburger Kaufherren Welser ausgesandt wurden, um Venezuela zu erobern. Diese Expeditionen, von denen die erste 50 Bergleute aus dem Erzgebirge mit sich führte, wurden sämtlich von deutschen Rittern befehligt. Von der am Karabischen Meere gelegenen Ortschaft Coro aus drangen sie in überaus waghalsigen Entdeckerzügen durch die tropischen Niederungen des Zuliagebietes bis auf die kalten Hochebenen Kolumbiens, in südlicher Richtung bis zu den oberen Nebenflüssen des Orinoco. Nikolaus Federmann schrieb über diese oft mehrere Jahre währenden Fahrten seine berühmte „Indianische Historia“. Der Junker Philipp von Hutten sandte gleichfalls hochinteressante Reisebriefe an seine in der Heimat zurückgebliebenen Angehörigen.
Alle diese Flugblätter, Zeitungen und Reiseschilderungen, zu denen sich noch viele in Erdbeschreibungen enthaltene umfangreiche Mitteilungen gesellten, erregten im deutschen Volke das lebhafteste Interesse für die Neue Welt. Die Folge war, dass im 17. und 18. Jahrhundert die auswanderungslustigen Deutschen sich nicht mehr ausschließlich nach Ungarn, Siebenbürgen, Polen und Russland wendeten, sondern sich auch an der Besiedelung der Neuen Welt beteiligten.
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Hier geginnt Teil drei dieses Bandes:
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