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Zweiter Vortrag 22. AUGUST 1919, STUTTGART

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Wir werden solche Dinge, wie wir sie gestern angedeutet haben, nunmehr nach und nach aufzubauen haben. Sie werden ja wohl aus dem gestern Vorgebrachten gesehen haben, dass auch im ganz Speziellen des Unterrichtes vieles wird umzuwandeln und zu erneuern sein. Nun denken Sie ein wenig zurück an das, was ich gerade eben in der vorhergehenden Stunde vorgebracht habe. Sie können eigentlich, wenn Sie dieses eben Vorgebrachte ins Auge fassen, den Menschen auffassen als ein Wesen, das drei Herde in sich trägt, in denen überall Sympathie und Antipathie sich begegnen. So können wir also sagen, im Kopfe schon begegnen sich Antipathie und Sympathie. Wir können einfach schematisch sagen: Nehmen wir an, an einer bestimmten Stelle des Kopfes sei das Nervensystem zum ersten Mal unterbrochen, die Sinneswahrnehmungen dringen ein, die Antipathie vom Menschen aus begegnet ihnen. Bei einer solchen Gelegenheit sehen Sie, dass Sie jedes einzelne System wieder in dem ganzen Menschen denken müssen, denn die Sinnestätigkeit als solche ist eigentlich eine feine Gliedmaßentätigkeit, so dass in der Sinnessphäre zunächst Sympathie waltet und vom Nervensystem hinaus die Antipathie geschickt wird. Wenn Sie also das Sehen sich vorstellen, so entwickelt sich im Auge selbst eine Art Sympathie – die Blutgefäße des Auges; die Antipathie durchstrahlt diese Sympathie – das Nervensystem des Auges. Dadurch kommt das Sehen zustande. Aber eine zweite, für uns jetzt wichtigere Begegnung zwischen Sympathie und Antipathie liegt dann in der Mitte des Menschen. Da begegnen sich wieder Sympathie und Antipathie, so dass wir in dem mittleren System des Menschen, im Brustsystem, auch Begegnung von Sympathie und Antipathie haben. Dabei ist nun wieder der ganze Mensch tätig, denn während sich in uns Sympathie und Antipathie begegnen in der Brust, sind wir uns dessen bewusst. Sie wissen aber auch, dass sich dieses Begegnen dadurch ausdrückt, dass wir, sagen wir, nach einem Eindruck rasch eine Reflexbewegung ausführen, wobei wir nicht viel nachdenken, sondern wo wir irgend etwas, was uns mit Gefahr bedroht, rasch zurückstoßen, einfach instinktiv. Solche mehr unterbewusste Reflexbewegungen spiegeln sich dann auch im Gehirn, in der Seele, und dadurch bekommt das Ganze wieder eine Art von Bildcharakter. Wir begleiten in Bildern das, was sich in unserer Brustorganisation als Begegnung zwischen Sympathie und Antipathie abspielt. Dadurch erkennen wir dann nicht mehr so recht, dass das auf Begegnung von Sympathie und Antipathie beruht. Aber in der Brust geht etwas vor sich, das mit dem ganzen Leben des Menschen außerordentlich stark zusammenhängt. Eine Begegnung von Sympathie und Antipathie geht vor sich, die mit unserem äußeren Leben außerordentlich bedeutungsvoll zusammenhängt. Wir entwickeln eine gewisse Tätigkeit im ganzen Menschen, die als Sympathie wirkt, die eine Sympathietätigkeit ist. Und wir lassen diese Sympathiebetätigung in unserem Brustmenschen mit einer kosmischen Antipathietätigkeit fortwährend durcheinanderspielen. Der Ausdruck dieser sympathischen und antipathischen Betätigungen, die sich begegnen, ist das menschliche Sprechen. Und ein deutliches Begleiten dieses Sich-Begegnens von Sympathie und Antipathie in der Brust durch das Gehirn ist das Verstehen des Sprechens. Wir verfolgen verstehend das Sprechen. Beim Sprechen ist im Grunde genommen eine Tätigkeit vorhanden, die sich in der Brust vollzieht und eine parallel gehende Tätigkeit, die sich im Haupte vollzieht; nur dass in der Brust diese Tätigkeit viel realer ist; im Haupte ist sie abgeschwächt zum Bilde. Sie haben, indem Sie sprechen, in der Tat fortwährend die Brusttätigkeit und begleiten sie zu gleicher Zeit mit dem Bilde davon, mit der Hauptestätigkeit. Sie werden dadurch leicht einsehen, dass das Sprechen im Grunde genommen auf einem fortwährenden Rhythmus von Sympathie- und Antipathiewirkungen beruht, wie das Fühlen. Die Sprache ist auch zunächst verankert im Fühlen. Und dass wir für die Sprache den mit dem Gedanken zusammenfallenden Inhalt haben, rührt davon her, dass wir den Gefühlsinhalt begleiten mit dem Erkenntnisinhalt, mit dem Vorstellungsinhalt. Verstehen wird man die Sprache aber nur dann, wenn man sie zunächst wirklich auffasst als verankert im menschlichen Gefühl. Nun ist tatsächlich die Sprache zwiefach verankert im menschlichen Fühlen. Einmal in alledem, was der Mensch aus seinem Fühlen heraus der Welt entgegenbringt. Was bringt der Mensch durch sein Gefühl der Welt entgegen? Nehmen wir ein deutliches Gefühl, eine deutliche Gefühlsnuance, zum Beispiel das Staunen, Erstaunen. Solange wir im Menschen, in diesem Mikrokosmos bleiben seelisch, haben wir es mit dem Staunen, Erstaunen zu tun. Kommen wir in die Lage, die kosmische Beziehung, das kosmische Verhältnis herzustellen, das verbunden sein kann mit dieser Gefühlsnuance des Erstaunens, dann wird Erstaunen zum »O«. Der Laut »O« ist im Grunde genommen nichts anderes als das Wirken des Atmens in uns, so dass dieses Atmen ergriffen wird im Inneren vom Staunen, vom Erstaunen. Sie können daher das »O« auffassen als den Ausdruck des Staunens, Erstaunens. Die äußere Betrachtungsweise der Welt hat in den letzten Zeiten die Sprache immer auch an Äußerliches angegliedert. Man hat sich gefragt: Woher kommen die Zusammenhänge zwischen den Lauten und dem, was die Laute bedeuten? Man ist nicht darauf gekommen, dass alle Dinge der Welt auf den Menschen einen Gefühlseindruck machen. Irgendwie wirkt jedes einzelne Ding auf das menschliche Gefühl, wenn auch oftmals ganz leise, so dass es halb unbewusst bleibt. Aber wir werden nie ein Ding vor uns haben, das wir mit einem Worte bezeichnen, in dem der Laut »O« ist, wenn wir nicht irgendwie vor diesem Dinge ins Staunen kommen, wenn auch dieses Staunen sehr leise ist. Sagen Sie Ofen, so sagen Sie deshalb ein Wort, das ein »O« enthält, weil in Ofen irgend etwas liegt, was ein leises Staunen in Ihnen zum Ausdruck bringt. Es ist die Sprache in dieser Weise in dem menschlichen Gefühl begründet. Sie stehen zur ganzen Welt in Gefühlsbeziehung und geben der ganzen Welt solche Laute, welche die Gefühlsbeziehung in irgendeiner Weise zum Ausdruck bringen. Diese Dinge hat man eben gewöhnlich sehr äußerlich genommen. Man glaubte, man ahmt in der Sprache nach, wie das Tier bellt oder brummt. Danach hat man eine Theorie ausgebildet, die berühmte linguistische »Wauwau-Theorie«, nach der alles nachgeahmt wird. Diese Theorien haben das Gefährliche, dass sie Viertelswahrheiten sind. Indem ich den Hund nachahme und Wauwau sage – darin liegt die Nuance, die im »au« zum Ausdruck kommt –, versetze ich mich damit in seinen Seelenzustand. Nicht im Sinne dieser Theorie, sondern auf dem Umwege durch die Versetzung in den Seelenzustand des Hundes wird der Laut gebildet. – Eine andere Theorie ist die, welche glaubt, dass jeder Gegenstand in der Welt einen Ton in sich hat, so wie zum Beispiel die Glocke ihren Ton in sich hat. Auf Grund dieser Auffassung hat sich dann die sogenannte »Bimbam-Theorie« herausgebildet. Diese beiden Theorien, die Wauwau-Theorie und die Bimbam-Theorie gibt es. Den Menschen verstehen kann man aber nur, wenn man sich darauf einlässt, dass die Sprache der Ausdruck für die Gefühlswelt, für die Gefühlsbeziehungen ist, die wir zu den Dingen entwickeln. Eine andere Nuance den Dingen gegenüber ist diejenige Gefühlsnuance, die wir dem Leeren oder auch dem Schwarzen, das ja mit dem Leeren verwandt ist, gegenüber haben, oder alledem gegenüber haben, das mit dem Schwarzen verwandt ist: es ist die Furchtnuance, die Angstnuance. Sie drückt sich aus durch das »U«. Dem Vollen gegenüber, dem Weißen, Hellen und alledem gegenüber, das mit dem Hellen oder Weißen verwandt ist, auch dem Klang gegenüber, der mit dem Hellen verwandt ist, haben wir die Gefühlsnuance der Bewunderung, der Verehrung: das »A«. Haben wir das Gefühl, dass wir einen äußeren Eindruck abzuwehren haben, gewissermaßen uns wegwenden müssen von ihm, um uns selbst zu schützen, haben wir also das Gefühl des Widerstandleistens, dann drückt sich das aus in dem »E«. Und haben wir wieder das entgegengesetzte Gefühl des Hinweisens, des Näherns, des Einswerdens, dann drückt sich das aus in dem »I«. Damit haben wir – auf alles einzelne wollen wir dann später noch eingehen, ebenso auch auf die Diphthonge – die wichtigsten Selbstlaute, wobei nur noch ein Selbstlaut in Betracht käme, der in den europäischen Gegenden weniger vorhanden ist und der ein Stärkeres ausdrückt als alle die andern. Wenn Sie den Versuch machen, einen Selbstlaut dadurch herauszubekommen, dass Sie einen Laut haben, in welchem eigentlich A, O und U anklingen, dann bedeutet das ein zwar zuerst Furchthaben, aber in das zuerst Gefürchtete sich trotzdem Hineinversetzen. Es ist die höchste Ehrfurcht, die durch diesen Laut zum Ausdruck kommen würde. Der Laut ist ja besonders in den orientalischen Sprachen ein sehr gebräuchlicher, aber er beweist auch, dass die Orientalen Menschen sind, die viel Ehrfurcht entwickeln können, während er in den abendländischen Sprachen weggeblieben ist, weil dort Menschen sind, denen die Ehrfurcht überhaupt nicht zur Seele steht. Damit haben wir ein Bild gewonnen von dem, was als innere Seelenregung zum Ausdruck kommt in den Selbstlauten. Alle Selbstlaute drücken innere Seelenregungen aus, die in Sympathie zu den Dingen sich ausleben. Denn selbst wenn wir Furcht vor einem Dinge haben, so beruht diese Furcht auf irgendeiner geheimen Sympathie. Wir würden diese Furcht gar nicht haben, wenn wir zu diesem Dinge nicht eine geheime Sympathie hätten. Bei der Beobachtung von diesen Dingen müssen Sie nur eines berücksichtigen. Verhältnismäßig ist es leicht zu beobachten, dass das »O« etwas mit dem Staunen zu tun hat, das »U« mit Furcht und Angst, das »A« mit Verehrung, Bewunderung, das »E« mit Widerstandleisten, das »I« mit dem Sich-Nähern und das »AOU« mit der Ehrfurcht. Aber die Beobachtung wird Ihnen dadurch getrübt, dass Sie leicht verwechseln die Empfindungsnuance, die man beim Hören des Lautes hat, mit derjenigen, die man beim Aussprechen hat. Die beiden sind verschieden. Bei den Nuancen, die ich angeführt habe, müssen Sie darauf Rücksicht nehmen, dass sie gelten für die Mitteilung des Lautes. Also, indem man jemandem etwas mitteilen will durch den Laut, ist das gültig. Will man jemandem mitteilen, dass man selbst Angst gehabt hat, so drückt man es durch das »U« aus. Es ist nicht dieselbe Nuance, wenn einer selbst Angst hat, oder wenn er durch Hervorrufung des U-Lautes in dem andern Angst erregen will. Sie bekommen vielmehr den Anklang des Eigenen, wenn Sie Furcht erregen wollen, wenn Sie zum Beispiel bei einem Kinde sagen: U – u – u! – Das ist wichtig zu berücksichtigen für den sozialen Zusammenhang des Sprechens. Wenn Sie das berücksichtigen, können Sie leicht auf diese Beobachtung kommen. Was da gefühlt wird, ist ja reiner innerer Seelenvorgang, Diesem seelischen Vorgang, der eigentlich durchaus auf dem Auswirken einer Sympathie beruht, kann die Antipathie von außen begegnen. Das geschieht durch die Konsonanten, durch die Mitlaute. Wenn wir einen Konsonanten mit einem Vokal zusammenfügen, dann fügen wir immer Sympathie und Antipathie ineinander, und unsere Zunge, unsere Lippen und unser Gaumen sind eigentlich dazu da, um sich als Antipathieorgane geltend zu machen, um die Dinge abzuhalten. Würden wir bloß in Vokalen, in Selbstlauten sprechen, so würden wir nur hingebungsvoll sein an die Dinge. Wir würden eigentlich mit den Dingen zusammenfließen, würden sehr unegoistisch sein, denn wir würden unsere tiefste Sympathie mit den Dingen entwickeln; wir würden nur gefühlsmäßig durch die Nuancierung der Sympathie, zum Beispiel wenn wir Furcht oder Entsetzen haben, uns etwas zurückziehen von den Dingen, aber in diesem SichZurückziehen von den Dingen wäre selbst noch Sympathie vorhanden. So wie sich die Selbstlaute auf das Lauten von uns selbst beziehen, so die Konsonanten auf die Dinge; da klingen die Dinge mit. Daher werden Sie finden, dass Selbstlaute aufgesucht werden müssen als Gefühlsnuancen. Mitlaute: F, B, M und so weiter müssen aufgesucht werden als Nachahmung äußerer Dinge. Also, indem ich Ihnen gestern das F an dem Fisch gezeigt habe, hatte ich insofern recht, als ich die Form des äußeren Fisches nachahmte. Mitlaute werden immer auf Nachahmungen äußerer Dinge zurückgeführt werden können, Selbstlaute dagegen auf die ganz elementare Äußerung der menschlichen Gefühlsnuancen den Dingen gegenüber. Daher können Sie die Sprache geradezu auffassen als ein Begegnen von Antipathie und Sympathie. Die Sympathien liegen immer in den Selbstlauten, die Antipathien immer in den Mitlauten, in den Konsonanten. Wir können aber die Sprachbildung noch in einer andern Weise auffassen. Wir können sagen: Was ist denn das eigentlich für eine Sympathie, zum Ausdruck kommend im Brustmenschen, so dass er die Antipathie zum Stehen bringt und der Kopfmensch sie nur begleitet? Was da zugrunde liegt, ist in Wirklichkeit Musikalisches, das über eine gewisse Grenze hinübergegangen ist. Musikalisches liegt zugrunde und geht über eine gewisse Grenze hinaus, überhupft sich gewissermaßen, wird mehr als Musikalisches. Das heißt: Soweit die Sprache aus Selbstlauten besteht, hat sie ein Musikalisches in sich; soweit sie aus Mitlauten, aus Konsonanten besteht, hat sie ein Plastisches, ein Malerisches in sich. Und im Sprechen liegt eine wirkliche Synthese, eine wirkliche Verbindung von musikalischen mit plastischen Elementen im Menschen vor. Sie können daher sehen, dass mit einer Art unbewusster Nuance sich im Sprechen richtig ausdrückt die Art, nicht nur wie einzelne Menschen sind, sondern namentlich auch, wie Menschengemeinschaften sind. Wir sagen im Deutschen Kopf. Kopf drückt in seinem ganzen Zusammenhang das Runde, die Form aus. Daher sagen wir nicht nur zum menschlichen Kopf »Kopf«, sondern wir sagen auch Kohlkopf. Wir drücken im Deutschen die Form aus in dem Worte Kopf. Der Romane drückt nicht die Form des Kopfes aus; er sagt testa und drückt damit ein Seelisches aus. Er bringt zum Ausdruck, dass der Kopf der Bezeugende, der Testierende, der Feststellende ist. Er nimmt aus einem ganz andern Untergrunde die Bezeichnung für den Kopf her. Er weist auf die Gemütssympathie auf der einen Seite und auf das Verwachsen der Antipathie mit dem Äußeren auf der andern Seite hin. – Versuchen Sie zunächst, am Hauptvokal sich klarzumachen, worin der Unterschied besteht: Kopf, o = Staunen, Erstaunen! Es liegt etwas von Staunen, Erstaunen in der Seele gegenüber jedem Runden, weil das Runde an sich zusammenhängt mit allem, was Staunen, Erstaunen hervorruft. Nehmen Sie testa: das e = Widerstand setzen. Man muss sich behaupten, Widerstandsetzen, wenn der andere etwas behauptet; sonst würde man mit ihm verschwimmen. Diese Gefühlsnuance drückt sich sehr gut aus, wenn der Volkscharakter dem Testieren gegenübersteht, beim Kopfe. So werden Sie, wenn Sie auf diese Dinge Rücksicht nehmen, hinweggeleitet von der Abstraktheit, auf das zu sehen, was im Lexikon steht: für die eine Sprache dieses Wort, für die andere Sprache jenes Wort. Aber die Worte der einzelnen Sprachen sind da und dort aus ganz andern Beziehungen hergenommen. Es ist eine reine Äußerlichkeit, wenn man sie einfach vergleichen wollte, und das lexikographische Übersetzen ist im Grunde genommen das schlechteste Übersetzen. Wenn wir im Deutschen das Wort Fuß haben, so hängt es damit zusammen: wir treten auf, wir machen ein Leeres, eine Furche. Fuß hängt mit Furche zusammen. Wir nehmen die Bezeichnung des Fußes von dem, was er tut, von Furche-machen, her. Die romanischen Sprachen, pes, nehmen sie wieder her von Feststehen, Standpunkt haben. Diese der Pädagogik außerordentlich hilfreiche Linguistik, welche die Bedeutungslinguistik wäre, haben wir noch gar nicht in der Wissenschaft, und wir können uns schon die Frage beantworten: Warum haben wir diese Dinge in der Wissenschaft noch nicht, die doch wirklich praktisch helfen könnten? Wir haben sie noch nicht aus dem Grunde, weil wir noch in der Ausarbeitung dessen sind, was wir für den fünften nachatlantischen Zeitraum, insbesondere für die Erziehung, brauchen. Wenn Sie auf diese Art die Sprache nehmen als auf Innerliches hinweisend in den Selbstlauten, als auf Äußerliches hinweisend in den Mitlauten, dann werden Sie in die Lage kommen, leicht Zeichnungen für die Mitlaute zu finden. Dann werden Sie nicht bloß das anzuwenden brauchen, was ich in den nächsten Stunden geben werde als Bilder von Mitlauten, sondern Sie werden sich selbst Bilder machen können und dadurch werden Sie es erreichen, dass Sie selbst den inneren Kontakt mit den Kindern bekommen, was viel besser ist, als wenn Sie nur das äußere Bild aufnehmen. Auf diese Weise haben wir die Sprache erkannt als eine Beziehung des Menschen zum Kosmos. Denn der Mensch für sich würde bei Bewunderung, Staunen stehenbleiben; erst seine Beziehungen zum Kosmos rufen Bewunderung, Staunen zu demjenigen auf, was lautet. Nun ist der Mensch auf eine bestimmte Art in den Kosmos eingebettet und man kann ja schon durch ganz äußerliche Erwägungen dieses Drinnenstehen des Menschen im Kosmos beobachten. Was ich jetzt sage, das sage ich aus dem Grunde, weil – wie Sie schon aus dem gestrigen Vortrage gesehen haben – viel davon abhängt, wie wir gefühlsmäßig zu dem werdenden Menschenwesen stehen, wie wir in dem werdenden Menschenwesen wirklich ein rätselvoll Offenbares des ganzen Kosmos verehren können. Dass wir dieses Gefühl als Erzieher und Unterrichter entwickeln können, davon hängt ungeheuer viel ab. Nun nehmen Sie noch einmal in einem etwas erweiterten Gesichtskreise die bedeutungsvolle Tatsache, dass der Mensch etwa 18 Atemzüge in der Minute macht. Wie viel macht er dann in 4 Minuten? 18 mal 4 = 72 Atemzüge. Wie viel Atemzüge macht er am Tage? 18 mal 60 mal 24 = 25920 Atemzüge am Tage. Ich kann es aber auch so ausrechnen, dass ich die Zahl der Atemzüge von 4 Minuten nehme, das sind = 72. Ich hätte dann anstatt mit 24 mal 60, nur mit 6 mal 60, das heißt mit 360 die Zahl der Atemzüge von 4 Minuten zu multiplizieren und bekäme dann ebenfalls 25 920 Atemzüge am Tage, 360 mal 72 = 25920. Man kann sagen: während 4 Minuten ist der Atmungsprozess – einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen – gewissermaßen ein kleiner Tagesprozess, und indem wir diese Zahl mit 360 multipliziert haben, ist die andere Summe von 25920 demgegenüber ein Jahresprozess, und der Tag von 24 Stunden ist ein Jahr für unser Atmen. Jetzt nehmen Sie unseren größeren Atmungsprozess, der darin besteht, dass wir täglich wechseln zwischen Wachen und Schlafen. Was heißt denn Wachen und Schlafen im Grunde genommen? Wachen und Schlafen bedeutet, dass wir auch etwas ausatmen und einatmen. Wir atmen aus das Ich und den astralischen Leib beim Einschlafen, und wir atmen sie wieder ein beim Aufwachen. Das tun wir innerhalb von 24 Stunden. Wenn wir diesen Tag nehmen, so müssen wir ihn, um dazu den Jahreslauf zu haben, mit 360 multiplizieren. Das heißt, im Laufe eines Jahres vollbringen wir in diesem Atmen etwas Ähnliches, wie in dem kleinen Atmungsprozess an einem Tage, bei dem wir mit 360 das multiplizierten, was in 4 Minuten geschieht; multiplizieren wir mit 360 die Zeit zwischen Aufwachen und Einschlafen, was während eines Tages vor sich geht, so haben wir das, was in einem Jahr geschieht; und multiplizieren wir jetzt 1 Jahr mit unserem durchschnittlichen Lebensalter, also mit 72, so bekommen wir wieder 25 920. Jetzt haben Sie eigentlich schon einen zweifachen Atmungsprozess: unser Ein- und Ausatmen, das in 4 Minuten 72 mal geschieht und in einem Tage 25920 mal; unser Aufwachen und Einschlafen, das mit jedem Tage geschieht, das 360 mal in einem Jahre und 25 920 mal im ganzen Leben geschieht. – Dann haben Sie noch ein drittes Atmen, wenn Sie die Sonne in ihrem Umlauf verfolgen. Sie wissen, dass der Punkt, wo die Sonne im Frühling aufgeht, in jedem Jahr um ein Stück vorrückt scheinbar, und die Sonne geht auf diese Weise in 25920 Jahren um die ganze Ekliptik herum, ruckweise; also auch hier wieder die Zahl 25920 im planetarischen Weltenjahr. Wie ist unser Leben in die Welt hineingestellt? Wir leben 72 Jahre im Durchschnitt. Multiplizieren Sie diese Zahl mit 360, so bekommen Sie wieder 25920. Sie können sich also vorstellen, dass das platonische Jahr, der Weltenlauf der Sonne, der sich in 25920 Jahren vollendet, als seinen Tag unser menschliches Leben hat, so dass wir, wie wir in unserem menschlichen Leben dastehen, als einen Atemzug ansehen können denjenigen Vorgang, der sich im ganzen Weltenall darstellt als ein Jahr, dass wir unsere menschliche Lebensdauer verstehen können als einen Tag im großen Weltenjahr, so dass wir wieder den kleinsten Vorgang als das Abbild des großen kosmischen Vorganges verehren können. Sieht man es sich genauer an, dann bekommt man durch das platonische Jahr, das heißt, was im platonischen Jahre geschieht, ein Abbild des gesamten Vorganges, der sich von der alten Saturnentwicklung über Sonnen-, Monden-, Erdenentwicklung und so weiter bis zum Vulkan hin abspielt. Aber alle Vorgänge, die sich in der angedeuteten Art abspielen, sind geordnet als Atmungsprozesse nach der Zahl 25920. Und in dem, was sich abspielt für uns in der Zeit vom Aufwachen bis zum Einschlafen, ist wieder ausgedrückt, was sich abspielte während der Mondenentwicklung, sich abspielt während der Erdenentwicklung, sich abspielen wird während der Jupiterentwicklung. Da drückt sich aus, was uns zum Angehörigen des Außerirdischen macht. Und was sich in unserem kleinsten Atemprozess, der sich in 4 Minuten ausdrückt, abspielt, darin ist das wirksam, was uns zu irdischen Menschen macht. Wir müssen also sagen: Wir sind irdische Menschen durch unseren Atmungsprozess; wir sind durch unseren Wechsel von Aufwachen und Einschlafen Monden-, Erden- und Jupitermenschen; und wir sind dadurch, dass wir mit unserem Lebenslauf eingegliedert sind in die Verhältnisse des Weltenjahres, kosmische Menschen. Für das kosmische Leben, für das ganze Planetensystem, umfasst ein Atemzug einen Tag unseres Daseins, und unsere 72 Lebensjahre sind ein Tag für jenes Wesen, dessen Organe das Planetensystem bilden. Kommen Sie über die Illusion hinweg, dass Sie ein begrenzter Mensch sind, fassen Sie das auf, was Sie sind, als Prozess, als Vorgang im Kosmos, was es in Wirklichkeit ist, dann können Sie sagen: Ich selber bin ein Atemzug des Kosmos. Wenn Sie dies so auffassen, dass Ihnen das Theoretische dabei höchst gleichgültig ist, dass es nur ein Vorgang ist und dass es Ihnen gewissermaßen nur einmal recht war, so etwas gehört zu haben, wenn Sie aber daraus ein Gefühl mitnehmen: das Gefühl der unendlichen Verehrung dessen, was sich geheimnisvoll in jedem Menschenwesen zum Ausdruck bringt, dann wird sich dieses Gefühl bei Ihnen verdichten zu dem, was dem Unterrichten und Erziehen zugrunde liegen muss. Wir können nicht bei der Zukunftserziehung so verfahren, dass wir gewissermaßen das äußere Leben des Erwachsenen hineintragen in das Erziehen. Es ist ein Bild – schauervoll, höchst schauervoll, dass in Zukunft auf Grundlage demokratischer Wahl die Leute in den Parlamenten zusammenkommen sollen, um Entscheidungen zu treffen über Fragen des Unterrichts und der Erziehung, höchstens auf Grundlage des Gutachtens von Menschen, die nun auch nicht tiefer in der Sache stehen als durch ihr demokratisches Gefühl. Würde sich die Sache so verwirklichen, wie sie sich jetzt in Russland anlässt, so würde dies bedeuten, dass die Erde ihre Aufgabe verlieren würde, ihrer Aufgabe entzogen würde, herausgenommen würde aus dem Weltenall und verahrimanisierte. Es ist jetzt die Zeit, wo der Mensch das, was zur Erziehung gehört, herholen muss aus der Erkenntnis der Beziehung des Menschen zum Kosmos. Wir müssen all unser Erziehen durchdringen mit dem Gefühl: der werdende Mensch steht uns gegenüber, aber er ist die Fortsetzung dessen, was sich abgespielt hat im Übersinnlichen, bevor der Mensch geboren oder empfangen worden ist. Dieses Gefühl soll entstehen aus einer solchen Erkenntnis heraus, wie wir sie zuletzt jetzt angeschlossen haben an die Betrachtung der Selbstlaute und Mitlaute. Dieses Gefühl muss uns durchdringen. Und nur, wenn uns wirklich dieses Gefühl durchdringt, werden wir wirklich richtig unterrichten können. Denn glauben Sie nicht, dass dieses Gefühl unfruchtbar ist! Der Mensch ist so organisiert, dass er mit richtig orientiertem Gefühl sich selber Richtkräfte gibt aus diesen Gefühlen. Wenn Sie dies nicht gewinnen, was jeden Menschen als ein kosmisches Rätsel ansehen lässt, so werden Sie dann nur das Gefühl sich erringen können, dass Sie jeden Menschen als einen Mechanismus ansehen, und in der Ausbildung dieses Gefühls, dass der Mensch nur ein Mechanismus sei, würde eben der Untergang der Erdenkultur liegen. Der Aufgang der Erdenkultur dagegen kann nur gesucht werden in der Durchdringung unseres Erziehungsimpulses mit der Empfindung von der kosmischen Bedeutung des ganzen Menschen. Dieses kosmische Gefühl ergibt sich uns aber, wie Sie sehen, nur dadurch, dass wir einmal dasjenige, was im menschlichen Fühlen liegt, als der Zeit angehörig betrachten, die zwischen Geburt und Tod eingeschlossen ist; was im menschlichen Vorstellen liegt, weist uns hinaus nach der einen Seite auf das Vorgeburtliche, und was im menschlichen Willen liegt, weist uns nach der andern Seite auf das Nachtodliche, auf das keimhaft Zukünftige. Indem wir den dreifachen Menschen vor uns haben, haben wir schon vor uns zuerst das Vorgeburtliche, dann das, was zwischen Geburt und Tod liegt, und drittens das Nachtodliche, nur dass das Vorgeburtliche bildhaft in unser Dasein hereinragt, während das Nachtodliche keimhaft schon in uns vorhanden ist vor dem Tode. Nur durch solche Dinge bekommen Sie auch eine Vorstellung von dem, was eigentlich in Wirklichkeit geschieht, indem Mensch mit Mensch in Beziehung tritt. Man hat, wenn man ältere Pädagogiken liest, zum Beispiel die für ältere Zeiten ausgezeichnete Pädagogik von Herbart, immer das Gefühl: die Menschen operieren mit Begriffen, durch die sie gar nicht an die Wirklichkeit herankommen können, sie bleiben außerhalb der Wirklichkeit stehen. Man bedenke nur, wie Sympathie, so richtig im irdischen Sinne entwickelt, alles Wollen durchsetzt; also das, was als Zukunftskeim, als nachtodlicher Keim durch den Willen in uns liegt, wird von Liebe, von Sympathie durchsetzt. Dadurch wird gleichsam – aber nicht eigentlich gleichsam, sondern wirklich – alles, was mit dem Wollen zusammenhängt, damit es in der rechten Weise gehemmt oder gepflegt werden kann, auch in der Erziehung mit ganz besonderer Liebe verfolgt werden müssen. Wir werden der Sympathie, die schon im Menschen ist, zu Hilfe kommen müssen, indem wir uns an sein Wollen wenden. Was wird denn daher der eigentliche Impuls für die Willenserziehung sein müssen? Es kann kein anderer sein, als dass wir selber Sympathie mit dem Zögling entwickeln. Je bessere Sympathien wir mit ihm entwickeln, desto bessere Methoden werden wir in der Erziehung haben. Und nun werden Sie sagen: Da nun Verstandeserziehung das Gegenteil ist von Willenserziehung, weil sie von Antipathie durchdrungen ist, so würden wir ja Antipathien entwickeln müssen, wenn wir den Zögling mit Bezug auf seinen Verstand, seinen Intellekt erziehen! Das ist auch richtig, nur müssen Sie es richtig auffassen. Sie müssen die Antipathien auf den richtigen Boden stellen. Sie müssen versuchen, den Zögling selber richtig zu begreifen, wenn Sie ihn für das Vorstellungsleben richtig erziehen wollen. In dem Begreifen liegt schon das antipathische Element, denn das gehört auf diese Seite. Indem Sie den Zögling begreifen, indem Sie in alles, was seine Wesensnuancen sind, einzudringen versuchen, werden Sie der Erzieher, der Unterrichter für seinen Verstand, für sein Erkennen. Darin liegen schon die Antipathien; nur machen Sie die Antipathie gut, indem Sie den Zögling erziehen. Und Sie können ganz sicher sein: Wir werden ja im Leben nicht zusammengeführt, ohne dass Bedingungen vorhanden sind. Was so äußerliche Vorgänge sind, das ist immer eigentlich der äußere Ausdruck für Innerliches, so sonderbar es für die äußere Weltenbetrachtung aussieht. Dass Sie jetzt dafür da sein sollen, die Waldorfkinder und was damit zusammenhängt, zu unterrichten und zu erziehen, das weist nun doch auf die karmische Zusammengehörigkeit dieser Lehrergruppe gerade mit dieser Kindergruppe hin. Und der richtige Lehrer für diese Kinder werden Sie dadurch, dass Sie in früheren Zeiten einmal Antipathien diesen Kindern gegenüber entwickelt haben, und davon befreien Sie sich, indem Sie jetzt den Verstand dieser Kinder erziehen. Und die Sympathien müssen wir in richtiger Weise entwickeln, indem wir in richtiger Weise Willensbildung hervorbringen. So seien Sie sich klar: Sie werden in das Doppelwesen Mensch am besten so einzudringen versuchen, wie wir es in unserer seminaristischen Besprechung versuchten. Aber Sie müssen einzudringen versuchen in alle Seiten des menschlichen Wesens. Durch das, was wir im Seminar versuchten, werden Sie nur ein guter Erzieher für das Vorstellungsleben des Kindes. Für sein Willensleben werden Sie ein guter Erzieher, wenn Sie versuchen, jeden einzelnen mit Sympathie, mit wirklicher Sympathie zu umgeben. Diese Dinge gehören auch zum Erziehen: Antipathie, die uns befähigt zum Begreifen – Sympathie, die uns befähigt zum Lieben. Indem wir einen Leib haben und durch ihn Herde, wo Sympathie und Antipathie sich begegnen, schleicht sich das auch in denjenigen sozialen Verkehr der Menschen hinein, der sich im Erziehen und Unterrichten zum Ausdruck bringt. Das bitte ich zu durchdenken, zu durchfühlen, dann werden wir morgen weiterschreiten können.

Erziehungskunst II

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