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AM DORFTEICH

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Ein paar Erlen standen um den kleinen Dorfteich, doch waren sie bereits sehr alt und beantworteten jeden Windstoß mit ausgiebigem Knarren, während nur das Ufer in Richtung des Marktplatzes mit etwas Schilf und Rohrkolben gesäumt war. Die Oberfläche des Teiches war restlos mit Wasserlinsen bedeckt, und wenn doch dann und wann eine lichtere Stelle zu sehen war, so hatte wohl gerade eine Karausche Luft geholt oder war ein großer Frosch ins Wasser gesprungen.

Gerade war ein flüchtiger Regenschauer vorübergegangen, schon warf die Sonne wieder ihre Strahlen auf den Ort, lebensspendend für die zahlreichen Blumen und Gräser auf den nahegelegenen Weiden, doch so manchem Wassergetier, welches versehentlich an das Ufer geraten war, unerbittlich den Tod bringend.

Ein paar Dorflümmel kamen laut johlend herbeigerannt, sie waren wohl alle zwischen zehn und zwölf Jahren alt, bis auf einer, welcher vielleicht ein, zwei Jahre älter sein mochte; anscheinend war er ihr Anführer, was sich aus seinen fordernden Gesten und seiner markigen Stimme entnehmen ließ. Einer der kleineren Jungen nahm einen Stein und warf ihn ein paar Meter, daß er laut plumpsend in den Teich fiel. Ein weiterer tat es ihm gleich, und bald war ein richtiger Weitwurfwettbewerb daraus geworden. Der Anführer beteiligte sich anfangs nicht, eine ganze Weile schaute er scheinbar desinteressiert, doch schließlich nahm auch er einen Stein in die Hand. Er wartete, bis sich die Augen aller anderen auf ihn gerichtet hatten, holte aus und warf, weit, bis fast an das gegenüberliegende Ufer.

Kaum war der Stein jedoch im Wasser gelandet, hob sich die Wasserlinsendecke, und es ertönte ein markerschütternder Schrei. Die Dorflümmel stoben in alle Richtungen auseinander wie aufgescheuchte Hühner. Nur der Anführer blieb stehen und schaute griesgrämig drein. Gerade hatte er seinen Vater, den Dorfriesen, bei seinem Mittagsschlaf im Tümpel gestört. Das bedeutete zwei Wochen gekürztes Taschengeld! Der Dorfriese hatte sich nun ganz erhoben, er war über dreißig Meter hoch, seine Haut hing in langen Falten herab und war über und über mit Schlamm und Wasserlinsen bedeckt. Sein gräßlicher breiter Mund war weit geöffnet und verbreitete einen widerlichen Fäulnisgeruch, seine unzähligen Augen glotzten in die Ferne. Rasch bemühte sich der Anführer der Dorflümmel um eine Entschuldigung, doch der Riese winkte ab und sprach: „Du meinst es ja doch nicht ehrlich.“ Dann brach er in bittere Tränen aus und lief mit großen Schritten davon.

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