Читать книгу PARTEIEN - FILZ - Ruth Broucq - Страница 4
Eine gute Idee
ОглавлениеMan hat es nicht leicht, besonders als Frau, wenn man etwas erreichen will, beziehungsweise muss. Das musste ich leider immer wieder feststellen, aber mit Halbheiten oder „geht nicht“ gab ich mich nie zufrieden. Nein, ich war von Natur aus eine Kämpferin.
Außerdem heißt es doch, Frauen sind „gleichberechtigt“, was aber wohl bei vielen Herren noch nicht angekommen zu sein scheint. Denn egal in welchem Buisness, stets hatte ich feststellen müssen, dass man (Frau) sich nur ihr Recht erkämpfen muss, und zwar mit „allen“ Mitteln.
>Man muss ein Schwein sein< war zwar auch mir schon klar geworden, sodass ich manches Mal die Ellbogen nehmen musste um zu Recht zu kommen, aber leider gab es Situationen, da nützte oder reichte selbst das nicht.
Als ich an einem solchen Punkt angekommen war, hatte mich irgendein Bericht über „kommunale Politik“ auf eine „Super-Idee“ gebracht.
„Ich werde in eine Partei eintreten. Denn ich weiß jetzt was ich brauche: Vitamin B, sprich Beziehungen. Und die kriege ich für diesen Fall nur durch eine Partei. Wie findest du meine Idee?“ erklärte ich freudig erregt meinem Lebensgefährten.
„Doof. Als ob das was nützt!“ machte Darki eine pessimistische Bemerkung, die er mit einer wegwerfenden Handbewegung untermauerte.
„Ach ja, ist klar, warum erzähl ich dir das überhaupt? Dir doch egal wie ich Alles am Laufen halte, geht dich ja alles nix an. Hauptsache du es schön warm und trocken.“ Ärgerte ich mich.
Im Stillen dachte ich: >du lässt dich doch schön auf meinem Rücken nieder, denn auf deinen Namen läuft ja eh nix, dazu bist du entweder zu schlau oder zu feige. Und ich dumme Nuss halte seit Jahren darauf still. Aber glaube mir, dein Weg ist eine Sackgasse, der irgendwann für dich zu Ende ist<.
„Reg dich nicht gleich so auf, ich meine ja nur, was kann denn die Zugehörigkeit zu einer Partei daran ändern, dass wir keine Nachtkonzession haben? Das ist doch Sache des Ordnungsamtes.“ Begründete Darkan seine ablehnende Haltung.
„Eben, und die ganzen Leute des Stadtrates sind alle in irgendeiner Partei. Das heißt also, dass die jeweiligen Vorsitzenden sich alle kennen, also auch die wichtigen Leute in den Ämtern. Wenn ich also mit meiner Annahme richtig liege, kann ich, als Mitglied, mal mit meinem Vorsitzenden reden, ob er nicht, bei dem Ordnungsamt-Leiter, ein gutes Wort für mich einlegen kann.“
„Klein - Ruthchen als Politikerin ist auch kein schlechter Gag. Auf dich haben die gerade noch gewartet. “ Lachte er mich aus. „Und an welche Partei hast du dabei gedacht?“ fragte er dann doch noch.
„Welche Frage! An die Liberalen, natürlich. Welche sonst? Ich bin weder Bonze noch Sozialist.“
Das reizte meinen Lebensgefährten noch mehr zum Lachen: „Bei dem kleinen Kleckerverein? Na denn viel Spaß, da bewegst du nicht einmal ne Schubkarre!“
„Wirst schon sehen!“ knurrte ich verärgert und beschloss den Pessimisten aus meinem Vorhaben genauso raus zu halten wie bisher aus allen anderen Dingen auch. Schließlich war mir im Laufe der vergangenen sieben Jahre klar geworden, dass Darkan von Geschäften weder Ahnung hatte, noch bereit war zu lernen, und schon gar nicht ein Risiko zu übernehmen.
Es lagen keine einfachen Jahre hinter uns, für mich nicht einfach. Darkan machte es sich einfach. Denn nachdem die >fette Zeit< vorbei war, in der wir zusammen gekommen waren, kam eine berufliche >Berg- und Talfahrt<. Da hatte sich die fehlende berufliche Grundlage sehr negativ bemerkbar gemacht.
Weil ich die Verpflichtung mit der Abtragung des Hauses, der Versorgung meines Kindes und meines Vaters zu erfüllen hatte, war es nicht so einfach unseren Lebensstandart zu halten.
Immer musste ich mir was einfallen lassen, sei es ein >Marktverkauf<, eine Außendiensttätigkeit, oder die Einrichtung und Vermietung der Kellerräume an Prostituierte, alles erfolgte dank meiner geistigen und körperlichen Energie. Dabei musste ich meinen Lebensgefährten immer aus seiner pessimistischen Lethargie holen und mitziehen.
Also war es sinnlos, diesen Mann in meine geschäftlichen Pläne einzuweihen, geschweige denn, Initiative oder Unterstützung zu erwarten.
Dabei hatte ich auch dieses kleine Lokal nur auf seinen Wunsch hin übernommen, weil seine „Kumpels“ alle in der Gastronomie selbständig tätig waren, und er als Transport-Fahrer bei seinem Bruder arbeitete, was ihm gar nicht schmeckte. „Monsier“ wollte auch >wichtig< sein.
Wieso ich so blöd sein konnte, den Mini-Pub zu übernehmen, obwohl der Laden fast 1 Jahr leer gestanden hatte, und außer der kompletten Finanzierung auch noch die Konzession auf meinen Namen zu nehmen, war mir jetzt selbst ein Rätsel. Zugegeben, eine gute Nebeneinnahme erhoffte ich mir dadurch auch, denn Zusatzgeschäft heißt für mich auch Zusatzgewinn.
Wie man sich irren kann. Dabei hatte ich nämlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Meine Lebensversicherung hatte ich mir dafür auszahlen lassen, also hing ich seitdem am Seil. Ein Fehlgriff wie sich herausstellte, dennoch musste ich nun mit der Verpflichtung zurechtkommen, denn ich hatte einen 5-Jahres-Vertrag am Hals.
Dabei hatte ich ausgerechnet dieses Lokal wegen der überschaubaren Größe ausgewählt, nämlich weil mein Lebensgefährte es gut alleine betreiben konnte, und weil es Jahrzehnte, wegen der „Nacht-Konzession“, ein bekannter, beliebter Treffpunkt für alle Nachtschwärmer gewesen war.
Dass mir dann keine „Sperrzeit-Verkürzungs-Erlaubnis“ erteilt wurde, hatte ich nicht einkalkulieren können, dazu fehlte mir der Einblick in diese Branche. Wie so oft war ich, ohne irgendeine Ahnung dieses Gewerbes, ins kalte Wasser gesprungen. Was konnte schon schwierig sein, ein Bier zu zapfen und ne Frikadelle zu braten? Mehr braucht man für ne Kneipe doch nicht.
Und dass das ein großer Irrtum war, wie sehr ich mich verkalkuliert hatte, das sollte ich schon mit der >Verkaufs-Kalkulation< für die Getränke erfahren. Und auch, dass wir gar keine Speisen anbieten durften.
Der Grund, dass ich nur bis 1 Uhr öffnen durfte, war angeblich, dass das „Alte Nutzungsrecht“ nach konzessionslosen 12 Monaten verfallen war, und nebenbei vermutlich auch, dass ich Neuling im Gastgewerbe war, die sich nicht auskannte. Mir war zwar unklar, wo der Unterschied zwischen Normalbetrieb und Nachtgewerbe sein sollte, aber auf diese Frage hatte das Ordnungsamt nur ein Achselzucken.
Also saß mein lieber Darkan in einem, etwas außerhalb gelegenen, „normalen Bierlokal“ im wahrsten Sinne des Wortes „im Abseits des Geschehens“. Daran konnte auch der schöne Name >Queens Pub< nichts ändern.
Das Geschäft spielte sich, also in der letzten Stunde, zwischen Mitternacht und Ein Uhr ab, wenn man das überhaupt ein Geschäft nennen konnte. Und zwar durch die „übriggebliebenen Gäste“, die allerdings kaum noch in der Lage waren groß zu konsumieren, weil sie schon >Hacke dicht< bei uns ankamen. Und die Stadtbekannten >Säufer<, kotzten uns, für ein oder zwei Bier, noch vor die Theke, weil nix mehr rein passte.
Also war an Gewinn gar nicht zu denken, doch die Kosten blieben gleich. Mir blieb also nur übrig, Monat für Monat zuzuzahlen. Denn mit der niedrigen Pacht hatte die Brauerei uns „Neulingen“ Sand in die Augen gestreut, und holte die höhere Pacht über die „ 10 Hektoliter -Mindestabnahme“ wieder rein. Denn 10 Hektoliter konnten die wenigen „Vollgesoffskies“ in so kurzer Zeit nicht saufen. Nicht mal einen Hektoliter. Bezahlen musste ich jedoch zehn Hektoliter. Böse Falle.
Als „Wirt Darkan“ dann auch noch einen Mitarbeiter einstellte, damit er nicht so an die Öffnungszeit „angebunden“ war, erhöhten sich die monatlichen Kosten noch um einen „Fuffi“ täglich. Das hieß, dass ein großer Teil meiner Einnahmen aus dem Bordell für einen unnötigen Kneipen- Mitarbeiter wegging, weil mein Lebensgefährte keinen Bock hatte selbst zu arbeiten. Nachdem ich mir das elende Spiel einige Monate angesehen hatte, kam mir die „Partei-Idee“!
Gesagt – getan. Denn so stur oder vielleicht sogar unbelehrbar ich nun einmal bin, konnte mich Nichts und Niemand von meinem Vorhaben abhalten. Ich lebte immer nach dem Motto: probieren geht über studieren, und: wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
Wäre ich so ängstlich, dass ich jedes Risiko vermeiden und ja nichts Neues versucht hätte, wäre ich nicht stolze Besitzerin eines Mehrfamilien-Hauses und Inhaberin von zwei Geschäften, deren Branchen ja auch mal >Neuland< für mich waren.
Zugegeben man nannte mich nicht zu Unrecht: Puffmutter und Glücksspiel-Queen, aber dennoch hatten die Ordnungs-Behörden eine gute Meinung von mir, weil ich selbst das halbseidene >Schmuddel-Geschäft< korrekt betrieb, wie ich genauso die damaligen halblegalen >Glücksspiele< ordentlich geführt hatte.
Denn wenn man in unserem Land eine „Gaststätten-Betriebserlaubnis< bekam, musste man schon eine „saubere Weste“ haben, Strafrechtlich sowie finanziell.
Und die Schankerlaubnis hatte ich ohne Probleme bekommen. Deshalb darf ich ruhig stolz auf mich sein, denn als armes Arbeiterkind hatte ich mich ganz alleine >hochgearbeitet<.
Der liberale Gedanke lag mir nahe, also musste ich nicht lange überlegen, deshalb schrieb ich mein Beitritts-Gesuch, um in die liberale Partei LDP einzutreten.