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Kapitel 1

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Es ist einer dieser Tage. Einer dieser Tage, an denen man am besten gar nicht erst das Bett verlässt, es aber doch tut, da man noch nicht weiß, dass es einer dieser Tage werden wird. Dazu kommt noch: es ist Montag.

Wie an jedem Morgen um Punkt sieben Uhr sitze ich beim Frühstück an meinem Esstisch in der Ecke meiner Küche. Der massive Naturholztisch sieht in der kleinen, weiß lackierten Einbauküche aus wie ein Fremdkörper. Mich stört es nicht. Vor allem stört es mich nicht um diese Uhrzeit.

Die Zeitung vom Wochenende liegt noch unberührt neben meinem Teller. Beim Frühstück lese ich immer die Zeitung des Vortages. Auf diese Weise muss ich keine vor dem Frühstück besorgen, was den Stress am Morgen auf ein Minimum senkt. „So ist es besser für deinen Blutdruck.“, hat meine Frau immer gesagt. Heute aber fällt mir ein zweiter Grund ein, nicht die Zeitung dieses Tages zu lesen. In ihr wird sicher alles über die Ereignisse der letzten Woche und im speziellen über die vom Wochenende stehen.

Überall in der Stadt verschwanden Menschen ohne Spur. Die Mutter von einem der Verschwundenen holte mich in diesem Fall zu Hilfe. Sie glaubte nicht daran, dass die Polizei ihren Sohn noch finden würde, bevor dieser tot in irgendeinem Straßengraben liegen würde. Damit ist sie nicht die Einzige. Die meisten Bewohner von Cardon Bay vertrauen nicht auf die Fähigkeiten der Kriminalpolizei, wenn es darum geht ein Verbrechen aufzuklären. Das aber ist eine andere Geschichte. Im Fall der letzten Woche zeigte sich auch mir kein Zusammenhang. Und dann fand einer dieser jungen Kommissare doch noch die entscheidende Spur. Bei der Festnahme war ich nicht mehr dabei. Aus dem hecktischen Teil der Fälle halte ich mich immer mehr zurück. Meine Glanzjahre, in denen ich noch persönlich hinter jedem Verdächtigen her gerannt bin, sind schon lange vorbei. Genau das ist der Grund, warum mich die Zeitung von heute nicht interessiert. Schließlich bin ich es nicht gewesen, der den Täter erwischte.

Meine eigenen Siegeszüge betrachte ich gern in der Zeitung. Das gibt mir schon immer ein gutes Gefühl. Jeden Artikel, welcher über mich in der Zeitung stand, habe ich aufbewahrt. Alle seit dem Anfang meiner Karriere. Sie lagern in einer großen Kiste auf einer Vitrine im Wohnzimmer. Um sie anzuschauen, muss ich sie nur dort herunter holen.

Die Geschichten von anderen lese ich nicht. Sie interessieren mich nicht. Ich erfahre von ihnen sowieso, wenn ich das nächste Mal auf die Kriminalpolizei treffe. Also voraussichtlich bei meinem nächsten Auftrag.

Der Toaster meldet sich und schießt das Toast in einem hohen Bogen durch die Küche. Es landet – wie soll es auch anders sein – nicht auf meinem Teller, sondern auf dem Fußboden. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als das Toast aufzuheben und es auf den Teller zu legen.

Die Marmelade findet ihren Weg beinahe schon automatisch auf die Scheibe Brot. Mein Blick ist unterdessen von olivgrünen, müde dreinblickenden Augen gefangen. Mein Spiegelbild, welches ich verschwommen vom Toaster entgegen geworfen bekomme, schaut mich fragend an. Bin das etwa wirklich ich? Eine Frage, welche mich jeden Morgen wieder aufs Neue beschäftigt. Ich habe das Gefühl, dass ich seit dem Tod meiner Frau vor sechs Jahren noch schneller altere als zuvor. Die Falten in meinem Gesicht scheinen jeden Tag tiefer zu werden. Sie lassen mich so viel älter aussehen, als ich es bin.

Das Telefon klingelt und holt mich so erfolgreich aus meinen trüben Gedanken heraus. Ich beiße einmal herzhaft von meinem Marmeladenbrot ab und erhebe mich kauend. Langsam und noch immer mehr als müde setze ich einen Fuß vor den anderen. Es sind drei Schritte bis ich die Tür zum Flur erreicht habe. Meine Wohnung ist nicht sehr groß, auch wenn ich die Erfahrung gemacht habe, dass die meisten Menschen mich eher in einem riesigen Anwesen sehen. Wie ich mir ein solches leisten soll, kann mir aber keiner von ihnen verraten.

Der Flur ist ein länglich geschnittener Raum mit einer kleinen Kommode aus Kirschholz direkt an der Tür zur Küche. Darauf steht das immer noch klingende Telefon.

„Harris.“, melde ich mich mit brummender Stimme. Wer wagt es mich um diese Uhrzeit zu stören? Nicht mal in Ruhe frühstücken kann ich ohne gestört zu werden.

„George? Ich bin es. Marcus Risen. Erinnerst du dich an mich?“ Eine fröhliche Männerstimme überrumpelt mich. Wie kann man am frühen Morgen schon so fröhlich sein? Der Name Marcus Risen sagt mir allerdings etwas. Er sagt mir, dass die Fröhlichkeit bei diesem Mann zu jeder Tages- und Nachtzeit mit der immer gleichen Intensität vorhanden ist - unabhängig von der Situation, in der sich dieser befindet.

„Natürlich. Marcus, der Anwalt.“, antworte ich. Wir lernten uns vor Jahren einmal bei einem Fall hier in Cardon Bay kennen. Damals wohnte er noch nicht in der Stadt, allerdings glaube ich, heute tut er das schon. In der großen Stadt gibt es für einen Anwalt eben mehr zu tun, als in dem kleinen Dorf, aus dem er stammt. Ich habe ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen. Ich hoffe nur, dass er nicht in Erinnerungen schwelgen will. Mein Frühstück wartet schließlich noch.

„Genau der.“, bestätigt er, was ich schon wusste. Ich kann sein Grinsen, welches sich langsam auf seinem Gesicht breit macht, deutlich hören. „Ich dachte, wir können mal wieder die alten Zeiten aufleben lassen und zum Billard gehen.“ Billard ist etwas, das wir angefangen haben kurz nach dem wir uns kennenlernten. Ursprünglich hatte ich mich dazu entschieden, Billard eine Sache sein zu lassen, die ich niemals ausprobieren wollte. Marcus hat das geändert. „Deshalb rufe ich aber nicht an. Es geht vielmehr um die Leiche im Atlantis River Side. Können wir uns in deinem Büro treffen?“

Als erste Reaktion auf seine Frage will ich schon antworten, dass es definitiv noch etwas zu früh ist, um in mein Büro zu gehen. Dann aber wird mir der Sinn seiner Worte erst richtig bewusst. Ich schlafe tatsächlich noch halb, sonst wäre mir das schon früher aufgefallen. „Leiche?“, frage ich nach. An meiner Stimmenlage kann man sicher sehr gut ableiten, dass ich keine Ahnung davon habe, dass eine Leiche gefunden wurde. Woher soll ich das auch wissen?

„Du hast also noch keine Nachrichten gehört.“, stellt er belustigt fest. Was ihn daran freut, weiß ich nicht. Er weiß, dass ich morgens kein Radio höre und auch immer nur die Zeitung vom Vortag lese. „Heute Nacht ist eine Leiche im Atlantis River Side gefunden worden. Genaueres werde ich dir sagen, wenn wir uns treffen.“ Er tut sehr geheimnisvoll. Warum ist mir schleierhaft. Es interessiert mich erst einmal aber auch nicht.

„Ja, ich komme hin und wehe es ist nicht wichtig.“, brumme ich noch und werfe den Hörer wieder auf die Gabel. Ich seufze laut auf und lasse meinen Blick auf die Uhr über der Eingangstür wandern. Wieso passiert immer alles vor acht Uhr morgens? Das Verbrechen schläft nie. Leider, höre ich die Stimme meines Mentors in meinem Kopf.

Grummelnd mache ich mich wieder auf den Weg in die Küche. Das Marmeladenbrot werde ich auf jeden Fall noch zu Ende essen. Die Zeitung liegt noch immer neben meinem Teller. Sie wird dort auch weiterhin unberührt liegen. Mit meinen Gedanken bin ich schon bei dem, was mir Marcus sagen möchte. Eine Leiche im Atlantis River Side. Wenn das mal keine Werbung ist. Das Nobelhotel wird das wohl etwas anders sehen als ich. Es ist das Hotel der Stadt, in dem die Zimmer pro Nacht teurer sind, als meine ganze Wohnung im Monat kostet. Das verspricht auf jeden Fall interessant zu werden.

Seit meinem Frühstück ist eine halbe Stunde vergangen und ich stehe wieder im Flur. Durch die Nachrichten, welche ich mir nebenbei angemacht habe, bin ich nicht schlauer geworden. Diese berichten von einer Leiche, bei der wohl eindeutig von Mord ausgegangen werden darf. Mehr war nicht zu erfahren. Ich hoffe sehr stark, dass Marcus mehr weiß.

Meine Jacke überwerfend verlasse ich meine Wohnung. Das Telefon soll nicht noch einmal die Gelegenheit bekommen zu klingeln. Dazu ist es definitiv zu früh und ich bin nicht in der Stimmung mich mit anderen Menschen auseinander zu setzten.

Draußen ist es dunkel, was um diese Zeit im Dezember ein vollkommen normaler Umstand ist. Ich gehe trotzdem zu Fuß. Mein Büro ist lediglich zwei Straßen entfernt. Marcus ist sicher noch nicht dort. Er konnte vorher schließlich nicht wissen, ob ich zusagen würde. Also konnte er sich auch erst auf den Weg machen, als ich zustimmte. Die Stadt ist um diese Uhrzeit ziemlich voll. So schnell ist dort kein Durchkommen, was mir ein wenig Zeit verschafft, um im Büro noch einen Kaffee aufzusetzen. Eines ist nämlich sicher: nur durch die frische Luft werde ich nicht so wach, wie ich sein sollte.

Ich biege um die nächste Ecke und steuere ein altes Backsteingebäude direkt an. Ein neu aussehendes dunkelblaues Auto steht davor. Marcus ist doch schon da. Momentan bin ich der einzige Mieter in dem großen Haus. Ich glaube, das liegt daran, dass es von außen nicht einladend aussieht. Innen wurde es gerade erst renoviert. Was nützt einem ein tolles Büro, wenn man vor dem Gebäudefassade nur weglaufen möchte?

Ich steige die vier Stufen zur Tür hinauf und schiebe die Glastür beiseite, um einzutreten. Wie ich sie hasse. Ich bin ein Grobmotoriker. Meine größte Angst ist es, sie auf dem Weg zum Büro oder hinaus kaputt zu machen.

Mein Büro befindet sich den Flur entlang ganz hinten. Davor steht – wie bereits erwartet – ein großer, schlanker Mann mit braunen Haaren. Ich glaube kaum, dass sie von Natur aus braun sind. Marcus ist so alt wie ich. Ein gesundes grau ist also nichts Ungewöhnliches. Er trägt einen Anzug. In etwas anderem habe ich ihn noch nie gesehen. Selbst als wir beim Billard waren, kam er immer im Anzug. Ich habe nie gefragt, warum. Neben ihm steht ein kleiner, dickerer Mann. Von der Statur also genau wie ich. Er ist jünger, aber nicht sehr viel. Auch sein Haar ist braun. Ob es bei ihm Natur ist oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Ich wundere mich. Weiterer Besuch wurde mir gar nicht angekündigt. Mir soll es allerdings recht sein.

Aus meiner Jackentasche hole ich den Schlüssel heraus und trete auf die Tür hinter den beiden Männern zu. Ein Schild mit der Aufschrift George Harris, Detektiv hängt an der Tür. Ich arbeite allein. Nur wenn mich ein Auftraggeber darum bittet, schalte ich mich auch mal in die Arbeit der Kriminalpolizei mit ein. Die meisten meiner Auftraggeber sind Privatleute. Nur selten habe ich mit Firmen zu tun. Da ich die meiste Zeit nicht in meinem Büro anzutreffen bin, hat meine Tochter mir eines dieser Mobiltelefone besorgt. Eigentlich will ich so einen modernen Schnickschnack nicht bei mir haben, aber für sie tue ich alles. Väter werden es mir nachempfinden können. Einen Computer für mein Büro habe ich mir auch nur wegen ihr gekauft. Mittlerweile muss ich allerdings zugeben, dass es sich durchaus um Investitionen handelt, welche sich gelohnt haben.

„Morgen.“, brumme ich den beiden Männern zu, die sich daraufhin zu mir umdrehen. In meiner morgendlichen Gemütlichkeit schließe ich die Tür auf und überlasse, nach einem geschickten Griff zum Lichtschalter, den beiden Männern mit einer Geste den Vortritt in das Büro einzutreten.

„Nehmen Sie doch Platz. Darf ich Ihnen ein Wasser anbieten?“ Ich deute auf die zwei Besucherstühle. Ich habe keinen Grund dieses Gespräch im Stehen zu führen. Lust habe ich darauf schon gar nicht.

„Nein, danke. Wir wollen dich gar nicht lange aufhalten. Du musst sicher noch zum Tatort.“, meint Marcus und nimmt auf dem linken Besucherstuhl Platz. Er hat also einen Auftrag für mich. Das klingt gut. Gedacht habe ich mir das schon, als ich den anderen Mann gesehen habe. Dieser setzt sich auf den anderen Stuhl. Zu der Getränkefrage sagt er nichts.

„Auch gut. Noch habe ich aber keinen Grund zum Tatort zu gehen. Was kann ich für dich tun?“, sage ich schulterzuckend. Es ist mir relativ egal, ob die beiden etwas trinken wollen oder nicht. Ich nehme mir allerdings ein Glas Wasser, bevor ich mich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen lasse. Der Kaffee wird also auf später verschoben.

„Als erstes möchte ich dir Carl Dalton vorstellen. Die Tote im Hotel war seine Frau.“, beginnt der Anwalt. Schon jetzt kann ich mir vorstellen, auf was das Ganze hinauslaufen wird, lasse ihn aber weitersprechen. „Ich möchte dich nun bitten, den Fall zu klären. Meinem Mandanten liegt sehr viel daran, dass das Ganze schnell aufgeklärt werden kann. Und du kennst doch die Polizei in dieser Stadt.“ Ich habe es doch gewusst. Ich soll wieder einen Fall lösen, weil die Polizei dieser Stadt zu leicht im Dunkeln tappt und dabei war der Mord erst in der Nacht geschehen. Genau das ist mein Job. Als ich knappe zwanzig Jahre alt war, habe ich mich für diesen entschieden. Eine Entscheidung, welche ich nicht bereue, jedenfalls nicht bis vor kurzem. Seit einigen Jahren bin ich mir nicht mehr sicher, ob es wirklich noch ein Beruf ist, welchen ich ausführen kann. Bin ich nicht schon zu alt? Vielleicht. Einen Mord sollte ich schon lange nicht mehr aufklären. Das verspricht interessant zu werden. Ob ich nun schon zu alt bin für meinen Beruf, werde ich danach klären müssen.

„Gibt es bereits Verdächtige?“, erkundige ich mich, während ich auf einem Zettel den neusten Fall notiere. Ich arbeite lieber mit handgeschriebenen Notizen, als mit dem Computer. Der Monitor starrt mich –schwarz wie er ist – von der Ecke meines Schreibtisches an. Anmachen werde ich ihn erst einmal nicht.

„Offiziell noch nicht, aber du kennst das doch. Der erste Verdächtige ist immer der Ehemann.“, erläutert Marcus mit einem Seitenblick auf seinen Mandanten die Situation.

„Mit Recht. Zumindest in den meisten Fällen.“, erwidere ich ohne von meinem Zettel aufzuschauen. „Gibt es Beweise für Ihre Unschuld?“, frage ich dann. Mit meiner Frage wende ich mich direkt an den anderen Mann. Er hat immer noch nichts gesagt. Und bewegt hat er sich auch nicht, seit er auf dem Stuhl Platz genommen hat. Trotzdem wirkt er sehr nervös. Das kann daran liegen, dass ich ihn nun direkt beschuldige. Er schaut kurz nervös zu seinem Anwalt, der allerdings mein Büro interessiert mustert.

„Einen Beweis habe ich nicht, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nichts getan habe.“ Seine Stimme ist sehr rau. Er gehört definitiv zu der Sorte Mensch, die in einer solchen Situation gern zur Zigarette greifen. Zu seinem Bedauern herrscht in meinem Büro Rauchverbot und zu meinem Bedauern muss ich mit den Ermittlungen ganz unten anfangen. Nur das Wort der Unschuld an einem Mord ist wohl die Reaktion von jedem – ob schuldig oder unschuldig. Ich muss mir auf jeden Fall auch noch andere Verdächtige suchen, die entweder schuldig oder unschuldig sind.

„Gut, wo waren Sie denn während der Tat?“ Ich kritzele noch den Namen meines neuen Auftraggebers auf den Zettel, auf den ich auch schon den Fall notiert habe. Weitere Informationen, welche für meine Ermittlungen gut sind, schreibe ich darunter.

„Ich war aus dem Hotelzimmer gegangen, da unser Wein leer war, wir aber noch etwas trinken wollten.“, erzählt er mit zitternder Stimme. Ich nicke und warte, dass er weiterspricht. Das tut er nicht. Ich atme einmal geräuschvoll aus.

„Wie lange waren Sie denn weg?“ Am liebsten würde ich gähnen. Solche Gespräche am Morgen waren wirklich ermüdend. Und ich habe noch keinen Kaffee getrunken. Das macht die ganze Situation um einiges schlimmer.

„Vielleicht etwas über zwei Stunden. So genau kann ich das nicht mehr sagen. Auf die Uhr habe ich nicht geschaut.“ Seine Stimme wird immer brüchiger. Marcus sagt die ganze Zeit nichts. Er lässt mich meine Arbeit machen, schaut mittlerweile allerdings zu mir.

„Sie waren also zwei Stunden weg, um einen Wein zu holen, den Sie auch per Telefon beim Zimmerservice hätten bestellen können? Das kann ich mir nur schwer vorstellen.“ Das kann sich wohl niemand vorstellen. Zwei Stunden sind ein bisschen viel, um eine einzige Flasche Alkohol von der Bar zu besorgen. Es ist auch noch zu viel, wenn er das Zimmer, welches am weitesten von der Bar entfernt liegt, bewohnte. So groß ist das Hotel nicht.

„Naja. Ich hatte gesehen, dass das Telefon nicht eingesteckt war. Also wollte ich selbst die Flasche holen. Um zur Bar zu gelangen, muss man einmal durch das Restaurant, wo ich einem alten Freund begegnet war. Wir haben sehr lange geredet. Zu lange. Den Wein hatte ich jedenfalls vergessen, als ich in unser Zimmer zurückging.“ Was er sagt, klingt merkwürdig. Soviel kann ich schon sagen. Ob es die Wahrheit ist, ist dagegen nur schwer zu sagen. Ich weiß nicht einmal genau, was passiert ist. Alles, was ich weiß, ist, dass eine Frau in einem Hotel tot gefunden wurde. Ermordet, wenn ich den beiden Männern vor mir - und den Morgennachrichten im Fernsehen - glauben kann.

Der Ehemann sitzt geknickt und nervös vor mir. Verständlich. Er hat gerade erst seine Frau verloren. Er wird sicher nicht mehr viele meiner Fragen über sich ergehen lassen. „Haben Sie den Namen und eine Telefonnummer von diesem Freund?“

„Sein Name ist Chris Jones.“, gibt er bereitwillig preis und beginnt in seiner Manteltasche zu kramen. Er zieht ein Stück Papier aus der Tasche und schiebt es über meinen Schreibtisch. Ich nicke zum Dank, schreibe den Namen des angeblichen Freundes noch mit auf das Stück Papier und nehme mir vor später dort anzurufen, um das Alibi des dicken Mannes zu überprüfen. So bereitwillig, wie er mir dieses Informationen anvertraut, denke ich schon, dass es die Wahrheit ist.

„Haben Sie denn einen Verdacht, wer Ihrer Frau das angetan haben könnte?“, frage ich ihn mit der Absicht, dass dies die letzte Frage für den Tag sein wird, welche er mir beantworten soll. Er schüttelt nur den Kopf. Zu einer verbalen Antwort ist er wohl nicht mehr in der Lage. Also lasse ich es gut sein.

„Na gut. Das soll es jetzt erst einmal gewesen sein. Halten Sie sich bitte bereit, um eventuell noch auftretende Fragen zu beantworten. Rufen Sie mich aber auch bitte an, sobald Ihnen noch etwas einfällt, was wichtig sein könnte.“, sage ich ihm noch, während ich aufstehe. Es wird Zeit, dass ich den Tatort zu sehen bekomme und endlich mal erfahre, wie es eigentlich zu der Leiche kam.

George Harris

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