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Jersey - Britische Franzosen oder französische Briten?
ОглавлениеEine Inselgruppe im Ärmelkanal. Guernsey, Jersey, Sark, Alderney und Herm. Zwischen Frankreich und England gelegen. Eine mystische Welt, die sich fernab unseres Alltags zu bewegen scheint. Politisch gehören die Inseln zu Großbritannien. Flair haben sie aber zweifelsohne wie die französische Riviera. Räumlich gesehen sind sie der Normandie am nächsten.
Die Inseln Sark, Alderney und Herm sind nur per Boot als Tagesausflug von Guernsey oder Jersey aus erreichbar. Ich hätte diese Naturparadiese gern selbst gesehen, doch die meist schwere See hat dies leider verhindert. So musste ich mich auf Jersey konzentrieren.
Jersey. Eine Insel im Atlantik. Küsten in allen Variationen, dramatische Klippen, Dünenlandschaften, feinsandige Badestrände und bunte Natursteinstrände, romantische Buchten. Ruhe von der Festlandshektik.
Eine langgehegte Sehnsucht, die endlich gestillt werden soll.
Ohne hier Werbung machen zu wollen, gibt es die eine oder andere Reisegesellschaft, die eine Möglichkeit bietet, die Kanalinseln relativ preisgünstig und bequem zu erreichen. Ab Hannover oder Frankfurt geht es per Charterflug direkt nach Guernsey und weiter nach Jersey. Weitaus schneller, als über drei Ecken durch halb Europa! Die gleichen Reisegesellschaften bieten auch Unterkünfte (Übernachtung mit Frühstück ca. 550,00 bis 800,00 Euro inklusive Flug für eine Woche) und sogar organisierte Rundreisen an. Letzteres kann man sich meiner Ansicht nach jedoch sparen.
Die Insel mit dem gut ausgebauten Busnetz zu entdecken ist nicht nur ein günstiges (Tages- oder Wochentickets), sondern vor allem ein schönes Erlebnis. Jersey hat eine Fläche von 118 Quadratkilometern. Das Straßennetz erschließt immerhin eine Strecke von 570 Kilometern. Besonders sehenswert sind die sogenannten „Green Lanes“, kleine verkehrsberuhigte Straßen, auf denen Wanderer, Fahrradfahrer und Reiter Vorrang haben. Hier gibt es so manchen Garten, Leuchtturm, Burg oder altertümliche Monumente zu entdecken. Doch dazu später noch mehr.
Wer etwas von der Insel sehen möchte (und das lohnt sich!), sucht sich am besten ein Hotel in der Hauptstadt St. Helier. Ob man dazu lieber eine Unterkunft in den ruhigeren Gegenden etwas außerhalb, oder das quirlige Stadtleben bevorzugt, muss jeder selbst entscheiden. Ich persönlich liebe das Meer, die frische Luft und die Geräusche an der See. Die kleinen Hotels und Pensionen sind meist historische Gebäude. Erbaut für die Sommerfrischler der gut betuchten Londoner Gesellschaft.
Als Beispiel hierfür sei das „Ommaroo Hotel“ genannt. Eines der ältesten Häuser auf der Insel. Man kommt sich ein bisschen ins alte England zurück versetzt vor. Die Atmosphäre und die freundliche Bedienung, ist einzigartig. Freilich, modernen Luxus darf man hier nicht erwarten, doch ich war durchaus zufrieden und habe im ruhigen Zimmer, zum Garten liegend, hervorragend geschlafen.
Ein besonderes Schauspiel bietet sich dem Reisenden in Bezug auf die Gezeiten. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt etwa zwölf Meter!
Wo am Morgen noch weite Strände sind, ist am Nachmittag nur noch tiefe See zu sehen.
Als Kellner, findet man interessanter Weise, nicht nur in den Hotels, sondern auch in den Restaurants, oft „Gastarbeiter“ aus südlicheren Gefilden. Dieses „multikulti“ der charmanten Bedienung erhöht noch den Reiz der hervorragenden Küche der Kanalinseln.
Dass die britische Küche, entgegen ihrem schlechten Ruf, durchaus schmackhaft sein kann (wenn man auch meistens nachwürzen muss, aber besser als versalzen...), habe ich bei früheren Reisen schon mit Vergnügen festgestellt. Aber jetzt die Mischung mit eindeutig französischen Einflüssen, gepaart mit frischen Fischen und Meeresfrüchten, dafür gibt es nur ein Wort – LECKER! Wenn man dann sein Dinner noch in einem urigen Lokal mit Meerblick und einer feschen „Boyband“ (vier hübsche Kerle in blond und dunkelhaarig, verschiedene Altersstufen) als Kellner hat, kann Frau nicht anders, als begeistert sein. Allein für das Essen und die spezielle Atmosphäre, würde ich jederzeit wieder auf die Inseln fliegen!
Ich liebe die Mischung aus französischer Lebensart und britischem Stil. Schätze die wunderschöne, gegensätzliche Landschaft.
Üppige, artenreiche Flora zum einen und raue, spektakuläre Klippen zum anderen.
Von St. Helier aus kann man problemlos die ganze Insel erkunden. Vom Busbahnhof aus, gehen die Linien in alle Richtungen. Es gibt auch zahlreiche Fahrradverleiher für die nähere Umgebung. Wer sich vom Linksverkehr nicht abschrecken lässt, kann sich auch ein Auto mieten. Doch das wäre fast eine Schande. Denn nur auf Inselart (zu Fuß, mit dem Rad oder per Kutsche/Pferd), lassen sich die zahlreichen Sehenswürdigkeiten würdig und mit der angemessenen Ruhe entdecken.
Die geschichtsträchtigen Gebäude, mystische Stätten oder sauber angelegte Landwirtschaften und Gärten verdienen es.
Fahrradfahren macht bestimmt Spaß auf Jersey. Im Inselinneren sind die schmalen Wege sehr kurvenreich und das Gelände ist vielfach hügelig. Flach und meist gerade, sind die Straßen an der Süd- und Westküste. Man kann, zum Beispiel die sechs Kilometer lange Promenade von St. Helier nach St. Aubin, gut radeln.
Auch die Strecke auf der ehemaligen Bahntrasse zum Leuchtturm im äußersten Westen und hier an der langen Sandküste entlang, beschert Radelvergnügen. Die meisten Radwege führen über bestehende Straßen, es gibt aber auch eine Offroad-Variante, die jenseits der Asphaltwege, entlang der gesamten Südküste bis nach La Corbière verläuft.
Per Pedes kann man diese Strecken natürlich auch erwandern. Ich, für mein Teil, gehe lieber zu Fuß, als dass ich mich aufs Rad schwinge.
Es gibt bei der Touristeninformation eine ganz gute Wander-Broschüre, mit der man sich leicht orientieren kann, um seinen Weg zu finden.
Ich persönlich, habe mich für die Variante „mit dem Bus anfahren und dann per Pedes die Umgebung und Sehenswürdigkeiten entdecken“, entschieden.
Es gibt so viel zu erleben. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich möchte diesen kleinen Bericht auch nicht mit Infos überfrachten. Schließlich sollen Sie selbst auch noch etwas entdecken.
So viel sei verraten, wenn Sie jetzt nicht gerade dreißig Grad und Dauersonnenschein als Bedingung für einen gelungenen Urlaub betrachten, dann wird Ihnen Jersey gefallen.
Bei kleinen Spaziergängen „erlaufe“ ich mir die herrliche Natur.
Entlang der gesamten Nordküste verläuft ein recht bequemer Pfad, der sich durch goldgelbe Ginster-Tunnel und üppige Büsche über Heideflächen windet. Mit leichten Steigungen und durch langgestreckte Talabschnitte, führt er durch Fischerhäfen, über Felsenhöhlen und vorbei an kleinen Ortschaften und Pubs zum Einkehren.
Immer wieder begeistern mich die Aussichtspunkte, mit großartigen Ausblicken auf den Ärmelkanal, bis hinüber nach Frankreich.
Die Inselhauptstadt
Die Kanalinseln und besonders die Hauptstadt St. Helier, gelten als Steueroase. Banken und Versicherungen finden sich hier zu Hauf. Als Kronbesitz haben die Kanalinseln einen Sonderstatus. Sie sind direkt der britischen Krone unterstellt und gehören nicht zur EU.
Entsprechend ist der Finanzsektor der größte Arbeitgeber auf der Insel. Immerhin jeder Fünfte, der rund 100.000 Einwohner, soll bei einem Finanzdienstleister sein Auskommen finden.
Ansonsten gibt es eine ausgeprägte Landbewirtschaftung und natürlich den Tourismussektor. Zahlungsmittel ist das britische Pfund.
Die Verständigung funktioniert gut auf Englisch. Gegenüber den Gästen, bemüht sich der freundliche „Jerseyaner“, um so deutliche Aussprache, dass man sich einem BBC-Sprecher gegenüber wähnt. Die Inselbewohner sprechen teilweise auch Französisch mit normannischem Dialekt, auch Jersey-French genannt. Mit Schulfranzösisch kommt man da aber nicht weit, dieser spezielle Dialekt wird nur von Einheimischen verstanden. Deutsch wird auch gelegentlich gesprochen, das hängt aber mit der traurigen Vergangenheit aus der Besatzungszeit zusammen, ist daher nicht so empfehlenswert.
St. Helier ist eine lebhafte, weltgewandte Inselhauptstadt. Ein Stadtrundgang ist angenehm.
Zwar städtisch mit vielen Geschäften und Lokalen, präsentiert sich der Ort trotzdem noch geruhsam. Ähnlich wie eine englische Kleinstadt.
Vorbei am prächtigen Howard Davis Park, sehe ich die hübsche Stadtkirche.
Ein Stück weiter im viktorianischen „Central Market“ wird seit über zweihundert Jahren mit Fisch, Meeresfrüchten, Blumen, Gemüse und Obst gehandelt. Die historischen Markthallen zu durchschlendern macht einfach nur Spaß.
Am Stadtrand, hinter dem Hafen, liegt die Festung Elizabeth Castle, die bei Ebbe über einen Fahrweg und bei Flut nur mit Amphibienfahrzeugen erreichbar ist. 1590 wurde die, durchaus beeindruckende Burg, auf einer Felsinsel errichtet, sie wurde vom damaligen Gouverneur, Sir Walter Raleigh, nach Queen Elizabeth I benannt.
Ich genieße diesen Spaziergang durch die Geschichte. Die salzige Meeresluft atmen, die sanfte Brise spüren. Ich erfreue meine Augen an den liebevoll restaurierten Gebäuden und Plätzen.
An jeder Straßenecke, an jedem Haus und an jeder der geschmackvoll gestalteten Straßenlaternen, finden sich üppige Blumenampeln. Ein Hinweis darauf, dass es an Wasser nicht mangelt. Müsste man hier gießen, hätte derjenige eine Menge zu tun!
Selbst in den trockeneren Monaten: Juni, Juli und August, regnet es eigentlich jeden Tag; mal mehr, mal weniger. Trotzdem weisen die Kanalinseln und speziell Jersey, die meisten Sonnenstunden in Großbritannien auf. Abends befeuchtet dann meistens ein kleiner Sprühregen die Pflanzen.
Generell ist das Klima gemäßigt, mit milden Wintern und kühlen Sommern. Der Golfstrom lässt grüßen! Selbst im Juli habe ich nie mehr als fünfundzwanzig Grad Höchsttemperaturen erlebt. Ideal für Wanderungen und Ausflüge. Der Golfstrom begünstigt auch subtropische Vegetation mit herrlichen Blüten und Farben, die ich besonders bei Gartenbesichtigungen genießen kann.
Gärten
Bäume, Büche, Heilpflanzen, Blumen. Liebevoll angelegte Gärten und Parks. Auf den Kanalinseln ist Gartenbau eine Kunstform. Selbstverständlich will ich mir das ansehen.
Mit den Bussen der Route 12 und 15 erreiche ich zum Beispiel „Reg's Garden“.
Tausende Blumen, Büsche und Sträucher erfüllen die Luft mit ihrem Duft; leuchtende Farben beglücken das Auge. Hier sind verschiedene Gartenthemen verwirklicht.
Auch der asiatische Garten mit Wasserfall und einem Teich mit großen Koi-Karpfen, fehlt nicht. Einfach nur schön!
Auch eine gut angelegte Attraktion, ist die „Jersey Lavender Farm“.
Die farbenprächtigen Lavendelfelder erinnern an das nahe gelegene Frankreich.
Bei der Besichtigung informieren eine Führung durch die Destillationsanlage und den Abfüllraum, über die traditionsreiche Herstellung von Duftwässerchen und Seife. Dann geht’s mitten rein in die Duftspender.
Es macht wirklich Freude, die weitläufigen Lavendelfelder, mit dem betörenden Duft in der Nase, zu durchwandern. Die fleißigen Lavendelpflückerinnen zu beobachten.
Haus und Garten sind liebevoll gestaltet. Im Shop findet man absolut alles, was sich mit und aus Lavendel herstellen lässt. Vom Duftkissen über Parfüm, bis zur Marmelade, findet hier jeder ein nettes Mitbringsel für die Lieben daheim. Ein kleiner „Tea-Room“ bietet Erfrischungen für den müden Reisenden.
Auch sehenswert sind „The Gardens of Samarès Manor“. Das prächtige Herrenhaus befindet sich inmitten einer weitläufigen Parkanlage. Hier findet sich neben einem japanischen Garten, auch einer der artenreichsten Kräutergärten Europas. Ein köstlicher Duft erfüllt daher hier die Luft. Es werden Führungen durch das Haus und die Parkanlage angeboten.
Ich war außerhalb der Öffnungszeiten da, konnte also nur durch die Gärten wandeln. Übrigens unbehelligt vom Aufsichtspersonal. Der Höflichkeit halber, habe ich mich beeilt und bin dann über das bereits geschlossene Tor geklettert. Auch weil ich den letzten Bus, zurück nach St. Helier, nicht versäumen wollte.
Das Wetter auf den Kanalinseln ist generell sehr wechselhaft. Es kann durchaus sein, dass morgens noch strahlender Sonnenschein das Herz erfreut, während zwei Stunden später, bereits ein kräftiger Regenschauer für das allerseits üppige Grün sorgt. Wieder einige Stunden später, ist es dann vielleicht windig aber trocken und dann überzieht ein leichter Sprühregen einzelne Regionen, zum Abend hat man dann vielleicht wieder einen, der Karibik würdigen, Sonnenuntergang.
Strände
An die Karibik erinnern auch die herrlichen Sandstrände. Zwar gibt es hier nicht so viele Palmen, doch der kilometerlange goldene Sand erfreut Sonnenanbeter, Strandwanderer und Surfer gleichermaßen.
Eine der schönsten Sandbuchten der Insel ist „Beauport Bay“.
Vom Bus-stopp aus, erreiche ich den Strand nach etwa einem Kilometer Fußweg. Von drei Seiten durch Klippen geschützt, ist die romantische Bucht vor allem bei Familien sehr beliebt. Bis zum späten Nachmittag kann ich hier, weitgehend windgeschützt, die Sonne genießen.
An der Südküste Jerseys liegt die feinsandige, breite Bucht „St. Aubin Bay“, die bis nach St. Helier reicht. Im Osten befindet sich die „Brelades Bay“ - ein El Dorado für alle Surfer, Kiter und Segler.
Hier finde ich auch das bekannte Hotel „Golden Sands“ (kam das mal in einem Roman vor?). Auf jeden Fall ist das Hotel eine beliebte Luxusunterkunft mit einer tollen Aussicht.
Durch die leichte Erreichbarkeit (der Strand liegt praktisch direkt an der Straße) und die geschützte Lage, pilgern viele Menschen hierher.
Doch durch die scheinbar endlose Weite, gerade bei Ebbe, empfinde ich den Strand nicht als überfüllt. Ein langer Spaziergang, mit Muschelsammeln am Meer, macht wirklich Freude.
Naturparadies
Die Insel Jersey erstreckt sich über eine Fläche von gerade mal 116 Quadratkilometer, das meiste davon ist weitgehend unberührte Naturlandschaft. Dem Reisenden bieten sich Klippen und Landzungen, Waldflächen und Heckenlandschaften.
Die landwirtschaftliche Nutzung drückt sich in weiten, oder auch mal kleineren, Parzellen aus. An den, von Granitmauern begrenzten, nach Süden hin, abfallenden Hängen – so genannte „Cotils“, wird vor allem die berühmte Kartoffelsorte „Jersey Royal“ angebaut. Eine köstliche Feldfrucht, die ich beim Abendessen dann wieder auf dem Teller finde.
Auf meinen Wanderungen habe ich auch viele Tiere, wie Eidechsen, Kaninchen, Eichhörnchen und vor allem die verschiedensten Vögel gesehen. Auch wunderbar einzigartige Pflanzen und Blumen gilt es zu entdecken.
Ich bin keine Botanikerin und auch keine Vogelkundlerin, aber wie ich nachgelesen habe, gehören zur reichhaltigen Flora unter anderem Weißdorn, Sternhyazinthe, Sauerampfer, Primeln und Sternmiere.
Im Sommer tummeln sich seltene Vögel wie Wintergoldhähnchen, Schleiereule, Weidenlaubsänger, Mönchsgrasmücke, und Grauschnäpper auf den Kanalinseln.
Jerseys Dünen beherbergen außerdem auch noch Steppen-Stiefmütterchen, Tausendgüldenkraut, die gemeine Nachtkerze und Scheinkrokus.
Auf den Klippen und Landzungen kann man mit etwas Glück sogar Papageitaucher, Tordalks, Seeschwalben und Sturmvögel beobachten.
Ebenso erwähnenswert, sind die vielen zerklüfteten Küstenstriche. Für mich ebenso ideal zum Wandern, wie zum Genießen der wunderbaren Aussicht.
Das idyllische La Corbière mit dem weißen, mächtigen Leuchtturm ist sicher einer der Höhepunkte meiner Reise.
Ein landschaftlich beeindruckender Ort mit einzigartigen Felsformationen. Bei Ebbe kann ich zu Fuß zum Leuchtturm hinüber. Allerdings darf man nicht in den Turm hinein, er ist ja in Betrieb.
Bei Flut ist der Weg dann tief überspült und nicht mehr passierbar.
Wer Glück hat und genügend Zeit mitbringt, kann hier bei einem perfekten Sonnenuntergang bestimmt tolle Fotos machen. Bei mir war es leider etwas dunstig und ich musste ja auch irgendwann zum Bus zurück. Das nächste Mal nehme ich mir einen Mietwagen!
Sehenswertes
Auch ein schönes Ziel für trübere Tage ist „Jersey Pearl“.
Gelegen an der Westküste, treffe ich hier auf die größte Sammlung an hochwertigem Perlenschmuck auf den Kanalinseln. In den Verkaufsräumen findet man raffinierte Imitationen ebenso, wie schöne Originalstücke. Ich bin jetzt nicht so schmuckbegeistert, aber es gefällt mir ganz gut. In der angeschlossenen Werkstatt, kann ich außerdem den Juwelieren ein wenig über die Schulter schauen.
Zu guter Letzt ist Jersey auch noch das Zuhause einer ganzen Reihe von Einrichtungen, die zum „National Trust for Jersey“ gehören, einer privaten Stiftung, die sich ganz dem Denkmal- und Landschaftsschutz verschrieben hat.
Ein schönes Beispiel für ein Objekt aus dem „Trust“, ist zum Beispiel die Anlage „La Hougue Bie“ („Hougue“ wird vom nordischen „haugr“ für Hügel abgeleitet). Die Bushaltestelle liegt direkt vor dem Eingangstor.
Das Gelände ist gepflegt. Um das Felsengrab herum stehen imposante Bäume. Eine Wanderung darunter erfüllt meine Seele mit Frieden. Klingt komisch, ist aber so, wer runterkommen will, ist hier richtig.
Das Museum mit den diversen Ausgrabungsobjekten ist durchaus interessant, besonders da gerade mal wieder ein leichter Sprühregen die Insel überzieht.
Sobald jedoch die Sonne wieder herauskommt, heißt es, eines der schönsten prähistorischen Ganggräber Europas zu entdecken.
Unter einem vierzehn Meter hohen Hügel liegt das elf Meter lange neolithische Ganggrab aus der Zeit zwischen 4000 bis 3250 Jahre vor Christus. Es ist bemerkenswert, wie gut erhalten das Grab ist, man meint fast, hier einen Neubau vor sich zu haben.
Der lange Gang führt mich in die über drei Meter breite und über neun Meter lange Kammer, die teilweise übermannshoch hoch ist. Die riesigen Steinquader sind beeindruckend. Von der Kammer, durch Plattenreihen abgetrennt, sind die beiden Seitenkammern und der Kopfbereich, der sich in einer gleichachsigen Nische fortsetzt. Die sanfte Beleuchtung erhöht die besondere mystische Atmosphäre, die hier fast mit den Händen greifbar ist.
Auch außen gibt es einiges zu sehen. Die Anlage ist zweiundzwanzig Meter lang und hat etwa zwanzig „Cup-and-Ring-Markierungen“, also abstrakte prähistorische, in den Stein gekratzte Felsbilder.
Auch die Bilder sind beeindruckend und toll erhalten.
Im Park um das Ganggrab herum, ist sogar eine Hütte aus dieser Zeit nachgebildet. Mit reichlich Fellen und üppigen Wandschmuck. Auch nett. Ich setze mich auf die tierfellbedeckte Bank und träume mich in die Vorzeit.
Auf dem Hügel des Ganggrabes wurden die Kapellen "Notre Dame de la Clarté" aus dem 12. Jahrhundert und die, im Jahre 1520 angefügte, "Jerusalem Chapel" errichtet. Die christlichen Bauwerke sind klein und eng. Nur noch sehr spärlich möbliert, damit die Besucher auch in Gruppen eintreten können. Uralte Fresken sind noch sichtbar. Hier also, haben Christen im Mittelalter gebetet.
Den Bogen zur Neuzeit schlagen dann der deutsche Bunker, in den ich selbstverständlich auch hinunterklettere, und die Gedenktafel für die Zwangsarbeiter der Nazis. Auch im großen Krieg war das Hügelgrab also Schauplatz. Den Bunker zu besichtigen ist beklemmend. Es passt nicht zu der idyllischen Umgebung.
Weiteres Zeugnis der Ereignisse auf Jersey im zweiten Weltkrieg findet man an der Erlebnisgedenkstätte „Jersey War Tunnels“.
Auch diese Sehenswürdigkeit wird direkt von den Linienbussen angefahren. Täglich werden hier hunderte von Besuchern entladen.
Als Deutsche hat man immer ein etwas bedrückendes Gefühl, solche Stätten zu besuchen. Doch ich muss sagen, ich fühlte mich dort durchaus freundlich aufgenommen. Immerhin haben die heutigen Besucher ja auch nicht das Geringste mit den damaligen Ereignissen zu tun.
Während der Besatzungszeit von 1940 bis 1945 ließen deutsche Truppen den kilometerlangen, unterirdischen Tunnelkomplex „H08“ von Zwangsarbeitern bauen. Gegen Kriegsende wurde die eindrucksvolle „Hohlgangsanlage“ dann zum Lazarett umgewandelt.
Es ist eine sehr große Anlage. Um die etwas gruselige Stimmung zu unterstreichen, ist viel moderne Technik verbaut. „Soundeffekte“ wie Sirenengeheul und Gewehrfeuer geben einen kleinen Eindruck von den Schrecken des Krieges.
Die Gänge sind eher spärlich „möbliert“. Am Eingang ein paar Haubitzen. Reste von Pritschen, ein paar Instrumente. Es ist kühl hier unten, so dass man echtes „Gänsehautgefühl“ hat.
Die Ausstellung „Captive Island“ zeigt, unterstützt von einer mehrsprachigen Multivisionsschau, wissenswertes über die politische Situation in Europa nach Adolf Hitlers Machtergreifung.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung, ist die Darstellung des Alltags der Inselbewohner unter deutscher Herrschaft. War sicher nicht angenehm.
Nach einer solchen, zwar interessanten, aber eher bedrückenden Erfahrung, habe ich das Bedürfnis nach frischer Seeluft.
Aussichten
Besonders schöne An- und Aussichten bietet das Städtchen Gorey.
Vor und hinter der Burganlage „Mont Orgueil Castle“.
Die imposante mittelalterliche Festung thront über dem Hafenstädtchen an der Ostküste. Die Burg wurde im frühen 13. Jahrhundert, zu der Zeit von König John (bekannt aus „Robin Hood“ ), zur Verteidigung gegen französische Übergriffe erbaut.
Gorey ist ein kleiner friedlicher Ort mit einigen Lokalen und Läden. Der Kreisverkehr am Hafen ist mit einem blumengeschmückten blauen Boot dekoriert. Sehr hübsch. Bei Ebbe, liegen die Boote im Hafen vollkommen auf dem Trockenen.
Auch die Fischlokale sollen sehr gut sein. Da ich mich beim Besuch aber auf „Fisch und Chips“ vom Kiosk beschränkt habe, kann dazu wenig sagen. Der kleine Imbiss war jedoch sehr schmackhaft.
Spektakulär ist der Aufstieg zur Festung. Die Burganlage ist erstaunlich gut erhalten. Die alten, bewachsenen Steine erzählen dem Besucher Geschichten aus dem Mittelalter. Romantische Torbögen, überwachsene Mauern.
Das Gefühl, von der Steilküste zur französischen Küste hinüber zu schauen, ist unbeschreiblich. Das satte Grün und der strahlend blaue Himmel, der sich im Meer spiegelt, beruhigen mein Herz und meine Seele.
Auch gut für die Seele und vor allem für den Magen, ist ein Besuch auf einem „offenen“ Weingut. Das „La Mare Wine Estate“ wurde 1972 von der Familie Blayney gegründet. Man kann hier richtig die Weintrauben anfassen. Ich bin erstaunt, dass es sich fast ausschließlich um Riesling-Trauben handelt.
Rund um das alte Gutshaus liegen neben den Weinfeldern, auch saubere Obstplantagen. Die Früchte daraus, werden auch vor Ort verarbeitet.
Das alte Haus ist liebevoll restauriert. Die Brennerei lädt zu einer Führung ein. Hier wird ein hervorragender Weinbrand, der „Apple Brandy“ destilliert. Verkosten darf man die Erzeugnisse natürlich auch. Lecker!
Im Shop des Weingutes finden sich tolle Mitbringsel in Form von Marmeladen, Senf, natürlich Wein und Likör, auch Süßigkeiten wie die typische „Black Butter“, Fudge und feine Confiserie-Artikel.
Von der hervorragenden Küche, kann man sich dann im „Vineyards Restaurant“ (nicht ganz billig!), überzeugen. Hier zu essen, mit Blick auf das Weingut, ist ein besonderer Genuss.
Ein sehr schönes Fischerdörfchen ist Rozel, im Nordwesten der Insel. Es ist einfach wahnsinnig romantisch.
Man kann den Hügel erklimmen, schreitet durch wunderbare Wälder und blühende Hecken. Tolle Ausblicke auf die Bucht belohnen die Anstrengung.
Auch der kleine Hafen lädt mich zu einem Rundgang ein. Wenn die Flut zurückgeht, lohnt ein Spaziergang am Sandstrand, auch schöne Muscheln finde ich hier.
Besonders gut gefallen haben mir aber die gemütlich aussehenden Natursteinhäuser von Rozel.
So ein Domizil wäre auch was für mich, da bin ich sicher.
Ein bisschen was von den Traditionen der Insel kann ich bei einer Landwirtschaftsausstellung entdecken. Ich hatte das große Glück, so einen ländlichen Jahrmarkt, in St. Peter besuchen zu können.
Im westlichen Inland stoße ich auf eine bezaubernde Gemeinde. Das ist das alte England pur! Erst recht, wenn eine Landwirtschaftsausstellung stattfindet, wo sich die Farmer aus der ganzen Umgebung versammeln, um ihre Erzeugnisse zu verkaufen und zu bewerben.
Hier erlebe ich landwirtschaftliche Exponate, traditionelles
Kunsthandwerk, Vorführungen und Verkostungen. Auch eine kleine Ausstellung mit Oldtimern und alten Traktoren wird geboten.
Frau darf anfassen!
Das Stricken ist ein Begriff, der schon seit vier Jahrhunderten mit Jersey in Verbindung gebracht wird. Im 16. Jahrhundert waren gestrickte Kleidungsstücke, vor allem Kniestrümpfe und Westen, der Exportschlager. Jersey belieferte vor allem die Nachbarn England und Frankreich. In dieser Zeit wurde auch der Begriff „Jersey“, im Englischen als Synonym für Strickwaren, ganz allgemein gebraucht.
Obwohl die Bauern auf der Insel die Schafzucht, heutzutage nicht mehr in erster Linie zur Wollgewinnung betreiben, werden hier auch heute noch die dicken, traditionellen Fischerpullis (Fisherman’s Jersey) hergestellt. Auch einen solchen kann ich auf dem Volksfest, das alle zwei Jahre in St. Peter stattfindet, erwerben. Der nächste Winter kommt bestimmt.
Zu sehen sind natürlich auch die Nutztiere der Insel. Süße Lämmer, Kaninchen und verschiedenes Federvieh. Außerdem lerne ich hier die berühmteste Einwohnerin der Insel besser kennen – die schöne Jersey-Kuh. Von weitem habe ich natürlich schon einige Exemplare gesehen, hier kann ich sie auch streicheln.
Dieses ländliche Volksfest ist ein schöner Abschluss für einen Besuch auf einer traumhaften Insel.
Die Kanalinseln werden mich wiedersehen…