Читать книгу Promise - Sarah L. R. Schneiter - Страница 3
Interludium: Morgenland
ОглавлениеStanley konzentrierte sich in der nächtlichen Wüste Tehans auf seine Aufgabe, wobei Nani ihn aufmerksam beobachtete. Er wusste, wie viel zu Kampftechniken er im Verlauf der letzten Monate von ihr gelernt hatte und hatte eine gute Ahnung davon, wie viel Raum für Verbesserung ihm noch blieb. In der kalten, mondlosen Nacht füllten unzählige Sterne den Himmel, da es auf dieser dünn besiedelten Welt kaum Quellen für künstliches Licht gab. Das einzige Zeichen von Zivilisation, das er weit und breit erkennen konnte, war der Schemen des etwas entfernt geparkten Flitzers, mit dem sie hier herausgefahren waren.
„Siehst du das Ziel?“, unterbrach Nani die Stille. Erschrocken ob der unerwarteten Unterbrechung wäre Stanley fast herumgefahren und hätte seine Aufgabe aus den Augen verloren. Er strengte sich an, doch der entfernte Kaktus war in der Dunkelheit schwer auszumachen, nur ein Schemen in der Nacht. Stanley hob den Blaster und drückte möglichst rasch ab. Der grüne Blitz blendete ihn, einige Sekunden fiel es ihm schwer, viel zu erkennen, dafür vernahm er einen anerkennenden Pfiff von Nani. „Mitten rein, das war ein sauberer Schuss.“
„Danke, ich war mir unsicher, ob ich den schaffen würde“, murmelte Stanley und fügte hinzu, als er sich zu seiner Kameradin umwandte: „Trotzdem glaube ich, ich habe schon einiges dazugelernt.“
„Absolut“, stimmte Nani ihm zu. „Natala übrigens auch, ihr scheint beide bei der Sache zu sein. Du warst schon immer ein guter Schütze und im Nahkampf bist du um Welten besser geworden.“
„Ich habe auch ziemlich hart trainiert“, behauptete Stanley, bevor er sich korrigierte: „Zumindest kam es mir so vor.“
„Nein, du hast schon Recht, du hast viel Effort hineingesteckt. Es ist nicht dasselbe, ob man im realen Leben oder in einer Simulation übt. Aber wieso kamst du eigentlich auf die Idee, dass ich dich trainieren soll?“
Stanley, der zu den Sternen aufgesehen hatte, wandte sich Nani zu, wenn sie das auch in der Dunkelheit kaum erkennen könnte. „Na ja, du bist die beste Kämpferin in unserer Gruppe und ich wollte etwas dazulernen. Außerdem weiß man nie genau, wann sich sowas bewähren wird.“
„Oder falls ich mal nicht mehr dabei bin“, fügte Nani hinzu. Für den kurzen Moment, in dem einzig das leise Rauschen des Windes zu hören war, grübelte Stanley, was Nani ihm damit sagen wollte. „Wie meinst du das?“
„Ziel“, unterbrach Nani ihn und deutete auf einen anderen weit entfernten Kaktus. „Drei Sekunden.“
Stanley hob seine Waffe und brauchte kurz, bevor er die ausgedörrte Pflanze mit Sicherheit ausmachen konnte, dann drückte er ohne nachzudenken ab. Er hatte schon vor Jahren gelernt, wie tödlich zu viel Überlegen im falschen Augenblick sein konnte, seine Reflexe in solchen Situationen waren geübt. Nani machte ein anerkennendes Geräusch und fuhr nahtlos in der Unterhaltung fort: „Keine Ahnung, vielleicht werde ich eines Tages weiterziehen.“
Er hatte etwas in der Art schon länger vermutet, hatte rasch begriffen, wie wenig Nani der sesshafte Typ Mensch war. „Und wohin soll es gehen?“, fragte er neugierig.
„Keine Ahnung“, wiederholte sie. „Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt etwas anderes will, vielleicht bleibe ich auch.“
Stanley prüfte die Ladung seiner Waffe, schwieg jedoch vorerst. Er wusste, Nani würde weiterziehen, wenn sie das wollte und wenn ihre Zeit gekommen war. Auf eine Art konnte er sie auch verstehen, denn er selbst war lange nicht sesshaft gewesen, von Ort zu Ort und Schiff zu Schiff gezogen, bis er sein eigenes Schiff, die Free Horizon, gekauft hatte, lange bevor er Natala kennengelernt hatte und auf die Promise gekommen war. Seine Eltern hatten als Marktfrau und Dockarbeiter nie besonders viel verdient, er war schon früh in zwielichtige Kreise geraten, hatte sich aber rasch zu behaupten gelernt. Spätestens, als seine Familie ihr Haus verloren hatte, hatte er begriffen, dass nichts in der Galaxis ewig währte, eine Einstellung, die er auch als Mann um die Vierzig noch beibehielt. Er war weder verbittert noch traurig darüber, sondern versuchte die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen, was ihm manchmal mehr und manchmal weniger gelang.
„Hey, hör auf zu träumen“, riss ihn Nani unsanft aus seinen Gedanken. Im nächsten Moment hatte sie ihn an der Gurgel gepackt und auf den sandigen Grund geworfen. Obwohl er völlig überrumpelt war, konnte Stanley sich einigermaßen abrollen und schaffte es, Nani von sich herunterzustoßen, ehe er einen Schlag mit dem Unterarm abfing und zugleich seinen Blaster zog.
„Du wirst wirklich gut“, keuchte Nani, als er ihr die Waffe an die Stirn hielt. „Noch ein paar Monate und du kannst jeden Türsteher niedermachen, der dich aus einer Bar werfen will.“
„Türsteher sind nicht das größte Problem, mit dem wir es zu tun haben“, gab Stanley trocken zurück und erhob sich. „Mal sehen, wie gut ich mit größerem Kaliber klarkommen werde.“
Nani ergriff die dargebotene Hand und zog sich mit einem kleinen Sprung hoch. „Das wird die Zukunft schon früh genug zeigen.“