Читать книгу Der ganzheitliche Ansatz in der Stimmbildung - Sassy Bernert - Страница 7

Оглавление

Vorwort

Kann jeder Mensch singen lernen?

Wie oft mir diese Frage in meinem Berufsleben schon gestellt wurde, kann ich gar nicht mehr sagen.

Auch ich fragte mich als Kind, ob wohl jeder Mensch singen lernen kann. Ich fragte es mich deshalb, weil ich nicht zu den Auserwählten gehörte. Lange stellte ich mir vor, dass eine ganz bestimmte Gruppe privilegierter Menschen bei der Verteilung mit einer großen Portion Gesangsstaub überschüttet wurden und dadurch wunderschön singen konnten, geborene Sänger/innen sozusagen. Wenn dem so wäre und für Menschen wie mich keine Hoffnung bestanden hätte, würden Sie dieses Buch nicht in Ihren Händen halten. Gerne möchte ich mit Ihnen teilen, was ich heute weiß und lehre. Dabei halte ich mich nicht immer an die üblichen Regeln des Genderns und spreche manchmal auch nur von Sängern etc. – die Leserinnen mögen es mir nachsehen. Es sind keine Hintergedanken dabei.

Der Stimmklang ist unkäuflich und unbestechlich, wie die Stimme selbst.

Klangkörper Mensch – Das Fundament

Je besser das Gesamtsystem einer Persönlichkeit eingestellt, also im Gleichgewicht ist, desto bessere Voraussetzungen sind für das Gesangstraining und eine wohlklingende körperreiche Sprech- und Gesangsstimme geschaffen. Dass in diesem Rahmen bewusst nicht auf das Wie, sondern vielmehr auf das Warum eingegangen wird, hat einen guten und wichtigen Grund:

Nur wer weiß, warum er noch nicht klingt, kann die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen und so den Weg zur frei schwingenden wohlklingenden Gesangsstimme ebnen.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, greifen auch Stimmtechniken die dem gut gestimmten Gesamtsystem hinzugefügt werden. Zudem bekommt der Sänger oder die Sängerin, der Mensch, ein Fundament. Dieses bildet die Basis, auf der guter Gesang entstehen, betrieben werden und wachsen kann. Wird dieses gepflegt, kann sich der Sänger oder die Sängerin ein Leben lang am eigenen Gesang und am eigenen bewussten Sein erfreuen.

Weder die Stimmtechnik, noch das Musikgenre spielen hierbei eine Rolle. Von klassischem Belcanto bis hin zu Belting, von Puccini bis Iron Maiden: Alles beginnt mit uns und an unserer Basis. Ohne die Schritte, die nötig sind, um eine noch unausgeglichene Sängerpersönlichkeit in eine gute Balance zu bringen, ist die Arbeit an- und mit der Stimme ein Zusammenstückeln einzelner Puzzleteilchen auf einem löchrigen Untergrund. Zwar gehen die Puzzleteilchen nicht verloren, doch greifen können sie erst, wenn das Fundament stabilisiert, gefüllt und tragfähig ist.

Die Thematik betrifft, wenn auch in unterschiedlichem Maße, jede Niveaustufe. Auch Berufssänger/innen geraten von Zeit zu Zeit in Krisen, die wiederum Stimmkrisen zur Folge haben können. Auch für sie kann sich der Blick auf die eigene Basisstation lohnen. In Folge von Stimmstörungen ist das sogar unumgänglich.

Kritischen Einwänden ist zu bedenken zu geben, dass Stimme immer der Ausdruck der ganzen Persönlichkeit ist und wenn die Grundstimmung nicht stimmt, ist jedes Bemühen um Stimme nur Flickschusterei.

Evemarie Haupt:

Stimmt´s – Stimmtherapie in Theorie und Praxis,

Schulz-Kirchner Verlag 2010, S. 296

Zu Beginn meiner unterrichtenden Tätigkeit als Stimm- und Gesangslehrerin habe ich mich fast ausschließlich auf die gesangstechnischen und körperlichen Aspekte, welche die stimmliche Arbeit und Entwicklung eines Sängers / einer Sängerin betreffen, konzentriert und vermittelt.

Über die Jahre, insbesondere durch meinen eigenen Weg, kristallisierten sich für mich der Zusammenhang und die Zusammengehörigkeit aller Ebenen, die einen Menschen – den ganzen Menschen – betreffen, immer deutlicher und klarer heraus. Außerdem wurde ich mit der Tatsache konfrontiert, dass auch viele meiner Schüler und Schülerinnen, wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß, nicht alle notwendigen Grundvoraussetzungen erfüllten, um ihr Instrument klingen bzw. singen zu lassen. Die dadurch teilweise nur oberflächlich mögliche Arbeit an den Stimmen, benötigte einen anderen Ansatz, den ich im Laufe der Zeit immer wieder in den Unterricht einbezog. Die Resultate sprachen für sich und den Mehrwert, den die Schüler/innen (genau wie ich selbst damals) daraus ziehen konnten, ermutigte mich, diesen Ansatz fortzuführen.

Diese Intensität und Tiefe des Unterrichts findet auf beiden Seiten großen Anklang und Gefallen.

Meine Grenzen im Unterricht neu zu ziehen, sie auszudehnen, hatte eine Erweiterung der Gruppe an Menschen zur Folge, denen ich helfen konnte. Zudem bot sie die Möglichkeit einer generell komplettierten Betreuung meiner Gesangsschüler und -Schülerinnen. Dabei spielt die Stufe, auf der sich der oder die Reisende befindet, ob Laie oder Profi, keine Rolle.

Die Suche nach dem Klang, der Wohlgefühl bringt

Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz war es mir möglich, selbst zur Stimme zu finden. Durch reine Stimmarbeit, trotz enormem und überdurchschnittlich hohem Maß an Aufwand meinerseits, war bei mir keine zufriedenstellende Entwicklung spürbar. Deshalb musste ich andere, zusätzliche Wege gehen.

Da entsprechende Angebote nicht vorhanden oder auffindbar waren und sich niemand meines Problems annehmen konnte oder wollte, machte ich mich selbst auf die Suche und wurde – in kleinen Häppchen – fündig. Auf der Suche nach dem Klang, der Wohlgefühl bringt und nach Wohlgefühl klingt, habe ich mich mit zahlreichen Stimm- und Gesangstechniken und verschiedenen Methoden und Lehren der Stimmbildung und Stimmtherapie auseinandergesetzt, von denen mir einige eine große Hilfe waren. Manchen davon bin ich im Laufe der Zeit immer wieder begegnet, wie beispielsweise den Prinzipien der Schwedisch-italienischen Schule, mit denen ich in Wien erstmals in Kontakt kam.

Das permanente Streben nach Entwicklung und das unstillbare Bedürfnis immer noch mehr über die menschliche Stimme wissen zu wollen, lies mich tiefer und tiefer in die Materie eintauchen. Ich machte es mir zur Lebensaufgabe, forschte und experimentierte, studierte und trainierte.

Stimmotionale Tonalyse nach Sassy Bernert

Bei der Stimmotionalen Tonalyse handelt es sich weder um eine Stimmtechnik noch eine Methode. Es ist ein Ansatz, der Studierenden und Lehrenden eine Struktur, ein Ordnungssystem und einen Anhaltspunkt bietet, sich der ganzheitlichen Thematik, die Sängerpersönlichkeit betreffend, anzunehmen. Fortschritt bedeutet für Sänger/-innen, sich immer ein Stückchen näher zu kommen.

Ich wollte das Geheimnis lüften, den Zauber selbst spüren. Ich wollte wissen wie es geht und wie es sich anfühlt. Das war mein Ziel.

Sassy Bernert

Der ganzheitliche Ansatz in der Stimmbildung

Подняться наверх