Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 691 - Sean Beaufort - Страница 6

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Böse Vorahnungen packten Clint Wingfield, den Moses, als er auf dem Grätingsdeck stand, sich an der Heckbalustrade festhielt und über das kabbelige Wasser starrte. Weit voraus, an der nördlichen Huk des Hafengebietes von Madras, hoben und senkten sich die langen Riemen der Galeere im Takt. Die prunkvolle „Stern von Indien“, in deren Decks Kapitän Philip Hasard Killigrew und die meisten Mitglieder der Seewölfe-Crew angekettet waren, drehte langsam nach Norden ab und geriet außer Sicht. Die Stimmung an Deck der Schebecke sank bis tief unter die Wasserlinie.

Der Moses murmelte niedergeschlagen: „Verdammt! Das ist ein schlimmer Tag für uns.“

Eine Bö sprang auf und wirbelte Clints blondes Haar durcheinander. Der Windstoß wehte die Gerüche des Hafens über das Deck der Schebecke, auf der vier andere Seewölfe standen, zwischen sich den Bordhund. Verdrossen saß der Schimpanse in den Wanten und kratzte sich im Fell. Clint wartete, bis die Galeere verschwunden war, und drehte sich um. Hinter ihm stand der ehemalige Schmied der Feste Arwenack.

„Da gehen sie hin“, sagte Big Old Shane grimmig. „Dieser verdammte, dreimal verdammte Schatz! Wenn das Ischwar Singh gewußt hätte!“

Die Galeere war hinter einem kleinen Landvorsprung und hinter einer Doppelreihe von Palmen mit strahlend grünen Wedelkronen unsichtbar. Clint sagte sich, daß weder der Seewolf selbst noch sonst jemand wußte, wann die Galeere zurückkehren würde, und ob sie je zurückkehrte.

„Wenn der Sir das gewußt hätte“, meinte Will Thorne halblaut und streichelte das Nackenfell von Plymmie. „Wir hätten nicht eine Unze von dem Zeug an Bord nehmen dürfen. Nicht eine Unze, sage ich.“

„Jetzt ist es zu spät, Will“, sagte Old Donegal. „Wir müssen zusehen, daß wir hier keinen Ärger kriegen.“

„Das ist das nächste, was ich befürchte“, sagte Big Old Shane und ballte die Hand. „Fünf Mann und ein Hund – und wir sollen für die Sicherheit eines Dreimasters sorgen. Mitten im Hafen und um uns herum Hunderte Inder, und sie wollen alle nur unser Bestes.“

„Stimmt“, sagte Mac Pellew und lachte heiser. „Unser Geld und den Rest, den sie unter Deck finden.“

„Du meinst, Sir, die Inder wollen stehlen, plündern und uns ausrauben?“ fragte der Moses aufgeregt.

Der graubärtige Riese zuckte mit den breiten Schultern, sprang vom Achterdeck auf die Kuhl und erwiderte: „Mit Culverinen, Drehbassen und unserem Arsenal aus Musketen und Pistolen werden wir die Schebecke in eine schwimmende Festung verwandeln.“

„Mit uns als Besatzung, die nie aufgibt, wie?“ krächzte der alte Admiral. „Du hast recht, Old Shane.“

Die Schebecke war längsseits an einer Mole vertäut, deren Steinquader und Ziegel naß von dickem, grünen und braunem Moos und Algen bewachsen waren. Die Trosse lagen um dicke, steinerne Poller, die einen vertrauenserweckenden Eindruck boten. Die Gangway war längst eingezogen und hochkant am Schanzkleid festgebändselt. Aber jeder Mann, der gut zu Fuß war und wirklich wollte, konnte vom Land aufs Schanzkleid und von dort direkt auf die Decks springen.

Der Schiffskoch deutete auf die bröseligen Steinfugen und sagte: „Zuerst sollten wir uns vom Ufer freihalten. So weit, daß die Kerle nicht einfach an Bord spazieren wie die verdammten Hafenratten“, er zeigte mit dem Daumen über die Schulter. „Los, helft mir.“

Sie hatten ein paar Säcke aus Kokosfasergeflecht gekauft. Trockenes Gras, alte Lumpen und Reste von Tampen steckten darin. Sie gaben Lose auf die Trossen, und Clint und Big Old Shane hängten die federnden Säcke außenbords, während die drei anderen zuerst den Bug, dann das Heck mit einem langen Rundholz von den Steinen wegschoben. Schließlich klaffte zwischen Bordwand und der Mole ein Zwischenraum von vier Fuß.

„Gut so!“ rief Big Old Shane. „Zumindest ist es nicht so einfach, an Bord zu entern.“

Plymmie pirschte langsam über die Länge des Decks. Ihre Pfoten erzeugten pochende Geräusche, die Krallen kratzten über das Holz. Die fünf Seewölfe standen nahe des Großmastes, blickten sich schweigend an und überlegten, wie es jetzt weitergehen sollte.

Einen Steinwurf von der gemauerten Kante entfernt, unter den staubbedeckten Zweigen eines uralten Baumes, hatten sich mindestens an die zwölf halbnackte Inder in Turbans versammelt. Sie blickten immer wieder verstohlen zur Schebecke hinüber und lachten.

„Die da drüben reden über uns“, sagte Old Donegal und stieß Mac Pellew mit dem Ellenbogen an. „Ganz bestimmt.“

„Kann sein, kann auch nicht sein“, brummte der Koch. „Wahrscheinlich lachen sie über den Affen.“

„Davon haben sie im eigenen verdammten Land mehr als genug“, meinte Old Donegal. „Da würden sie sich totlachen, sozusagen.“

Big Old Shane packte den Alten und Mac Pellew an den Schultern, zog sie zu sich heran und sagte leise: „Es kann ja sein, daß unser Sir mit dem Gold und allen Arwenacks in ein paar Stunden wieder zurück ist. Aber wir müssen auf alle Fälle dafür sorgen, daß es keinen Ärger gibt. Wir sind nur fünf, aber wir passen auf. Wir haben mehr Waffen, als wir brauchen, nicht wahr?“

„Natürlich. Aber das mit den Culverinen ist nicht dein Ernst, nicht wahr?“ antwortete Old Donegal O’Flynn.

„Nein. Aber mit Drehbassen und all dem anderen Zeug, das ist mein Ernst“, sagte der Ex-Schmied. „Mac, du kannst für uns etwas Essen zubereiten oder das von heute mittag aufwärmen, wenn’s sein muß. Und wir besorgen uns ein paar geladene Schießprügel.“

„Einverstanden“, sagte Will Thorne. „Entern wir ab, unter Deck, und dort bleibt das Zeug auch. Wenn die Inder sehen, daß wir aufrüsten, werden sie mißtrauisch. Und wenn sie uns bestehlen wollen, dann kommen sie ohnehin nur in der Nacht.“

„Das meine ich auch“, sagte der Moses und verholte sich über den Niedergang. Von unten rief er zurück: „Ich suche die Feuerrohre zusammen.“

Will Thorne lehnte mit beiden Unterarmen auf dem Schanzkleid. Bis zum Einbruch der Nacht war noch mehr als reichlich Zeit. Wie lange die „Stern von Indien“ wegbleiben würde, wußte niemand. Will rechnete mit einigen Tagen – und das im günstigsten Fall. Sie würden also zweimal oder dreimal vierundzwanzig Stunden allein und ohne den Schutz des Sultans sein.

Er faßte die Gruppe der Inder näher ins Auge und bemühte sich, so ruhig wie möglich dreinzublicken. Es fiel ihm nicht sonderlich schwer.

Drüben, bei den Lagerschuppen, entluden Träger einen indischen Segler. Einen Pfeilschuß weiter westlich, hinter einer weißen Mauer, spannten sich die Sonnensegel über halbleeren Marktständen. Eine einsame Flöte jaulte in die feuchtwarme Luft. Kreuz und quer durch den Hafen wurden kleine Boote gepullt. Hinter den Häusern, Palästen und Tempeln erhoben sich die Monsunwolken in den dunkelblauen Himmel. Das Hafenwasser roch brackig und nach Fisch wie immer, und hin und wieder wirbelte eine Bö den Staub auf. Zwei der Inder verließen die Gruppe und schlurften durch den Sand davon.

Ein Bauer trieb einen Esel vorbei, der hoch beladen war. Riesige Netze voller Kokosnüsse waren auf dem Rücken festgepackt, die Lasten hingen rechts und links fast bis auf den Boden hinunter.

Natürlich, dachte der Segelmacher, der die nächsten Nächte ebenso ungern Wache gehen wollte wie seine vier Kameraden, ist ein solches Schiff für jeden Halsabschneider eine Verlockung. Es gibt immer etwas, das ein anderer brauchen kann. Und vielleicht denkt jemand, daß noch ein Teil des Schatzes in der Büge versteckt sei.

Und noch weit weniger hatte der Engländer Lust, sich mit einer Horde Eingeborener in der Dunkelheit einen Kampf, mit welchen Waffen auch immer, zu liefern. Dunkelheit – das erinnerte ihn an etwas.

Er langte nach Plymmie, fuhr ihr übers Fell und brummelte: „Paß gut auf, Plymmie. Ich bin unter Deck und gleich wieder da.“

Die Hündin stellte ihre Ohren auf und wedelte mit dem buschigen Schwanz, als habe sie jedes Wort verstanden.

Will verholte unter Deck und füllte Öl in eine Anzahl Lampen. Er packte, als er mit der Arbeit fertig war, seinen Lappen und den Einfüllkrug, kletterte den Niedergang wieder hinauf und versorgte die Buglaterne und zum Schluß auch die im Heck. Er putzte die Dochte und vergewisserte sich, daß die Flammen sofort brennen würden, wenn die Lampen angezündet wurden.

Unter Deck tönte Hasards Schwiegervater: „Ich bin doch der Älteste auf diesem Schiff. Stimmt’s?“

Der Moses kicherte. Metall klirrte laut und deutlich.

Dann erwiderte Big Old Shane: „Stimmt. Aber der Schönste bist du garantiert nicht, Großvater.“

„Was willst du damit sagen?“ fragte Mac Pellew aus der Richtung der Kombüse.

Jetzt mußte auch Will grinsen, der sich auf dem Weg zurück zu seiner Arbeit befand. Er ahnte, was folgen würde.

„Daß ich das Kommando habe – oder etwa nicht?“ ließ sich der Alte vernehmen. Noch hatte er gute Laune.

„Wollen Sie ankerauf gehen, Sir?“ fragte der Moses frech.

Old Shane stimmte ein dröhnendes Gelächter an.

„Nein. Mit euch segle ich nicht, aber ich werde hiermit dem Koch den Befehl erteilen, für jeden eine anständige Muck Rum oder von mir aus Portu-Wein auszugeben. Und für dich, du naseweiser Schweinsfisch, natürlich nur ein paar Tropfen.“

Will Thornes Stimme löste den Vortrag des Alten ab.

„Er meint dich, Clint.“

„Weiß ich, Will“, sagte der Moses. „Ich mag auch keinen Rum. Ich trinke viel lieber eine Muck voll Reiswein.“

„In Ordnung“, antwortete schließlich der Koch. „Ausnahmsweise. Aber nicht zuviel, sonst liegen wir heute hoffnungslos besoffen an Deck, und die Inder plündern auch noch uns selbst aus, klar?“

„Nein“, sagte Old Donegal völlig ernsthaft. „Wirklich nur ein paar Tropfen. Was wird Hasard sagen, wenn er durstig zurückkehrt, und der Eisenbieger da hat wieder alles ausgenuckelt?“

Diesmal war das Lachen des Exschmiedes entschieden kürzer. Er sagte: „Sir Hasard wird sagen: mein nobler Mister Schwiegervater war ein paar Tage allein auf der Schebecke.“

Will klarte seinen Arbeitsplatz auf, sicherte die Handvoll Funzeln und wischte zwei Öltropfen von den Planken. Dort, wo Sonnenlicht durch die Luken fiel, hockten die Seewölfe und luden langsam und mit gewohnter Gründlichkeit eine Muskete nach der anderen, hantierten mit Bleigeschossen und Ladestöcken und stellten die Feuerrohre so auf, daß sie blitzschnell zu erreichen waren. Auch eine Reihe von einläufigen und zweiläufigen Pistolen lagen auf einem Stück Segeltuch, um noch versorgt zu werden.

Will Thorne hob den Kopf.

„Sicher ist sicher“, sagte er nach einer Weile. „Ich hole später einen Brandsatz, einen ganz besonderen, von dem ich weiß, daß er auch eine Menge Rauch erzeugt. Es ist besser, die Kerle husten sich tot, als daß wir sie totschießen müßten.“

„Recht so, Mister Thorne!“ rief Mac Pellew. „Der Wein ist schon unterwegs!“

Als Clint, der einen Arm voller Handspaken und beinlanger Rundhölzer schleppte, an Deck auftauchte und sich umschaute, sah er Plymmie, die ihre Vorderläufe auf die Oberkante der Schanzkleides gelegt hatte und aufmerksam drei Frauen betrachtete, die, in farbenprächtige Saris gehüllt, dicht am Schiff vorbeigingen.

Der Moses verteilte die Knüppel an verschiedenen Stellen, von denen er wußte, daß sie wichtig werden konnten. Dann winkte er dem Fischer ab, der hinter dem Heck seine Riemen losließ, in einen Korb faßte und einen unterarmlangen Fisch in die Höhe hielt und schüttelte. Er rief etwas zum Schiff hinauf. Es konnte nur eine Frage ein, und Clint schüttelte energisch den Kopf.

„Hau ab mit dem stinkenden Ding voller Gräten“, knurrte er.

Old Donegal und Big Old Shane erschienen an Deck. Der Exschmied trug eine Drehbasse in seinen muskulösen Armen, stieg aufs Achterdeck und setzte das kleine Geschütz ein. Es gab ein dumpfes, entschiedenes Klirren. Einer der Inder, die inzwischen vor einer Gruppe grüner Mangobäume standen, drehte den Kopf und schaute lange zum Schiff.

„Reiß deine Klüsen nur auf, mein Junge“, brummte Old Shane in jovialem Tonfall. „Da kannst du sehen, wie wir euch begrüßen, wenn ihr euch auf das Schiff wagt.“

Wolkenschatten huschten über die weißen Türme eines Minaretts. Die Palmwedel raschelten, und ein Lastkahn, voll mit Körben und Schaffellen, trieb langsam, mit killendem Dhausegel, auf die Hafenausfahrt zu.

Big Old Shane hockte sich neben Clint auf die Stufe des Niederganges, und Mac reichte ihnen je eine Muck. Die von Clint war tatsächlich nur halb gefüllt.

Der Koch fragte: „Rotten sie sich schon zusammen?“

„Unsinn.“ Old Shane setzte die Muck an die Lippen. „Weit und breit keine indische Hafenratte zu sehen.“

Wieder wehte der Wind die Gerüche des Marktes über die gesamte Länge des Decks. Es roch nach Pfeffer, der in der Nase biß, nach Koriander und Ingwerwurzeln. Dann stank es plötzlich nach frischem Eselsmist.

Old Donegal stemmte sich an Deck, klopfte mit den Knöcheln wieder einmal gegen das Holz seiner Prothese und sagte zufrieden, ehe er nach der Muck griff: „Meine Geheimartillerie ist auch geladen.“

Will Thorne murmelte unschlüssig: „Mir wäre lieber, wenn wir den ganzen Zauber nicht brauchen würden. Na, warten wir es ab.“

Schließlich hockten sie alle zwischen Kuhl und Achterdeck und tranken schweigend und, damit sie mehr Genuß davon hatten, in kleinen Schlucken den dunkelroten Wein der Portugiesen. Hier, ein wenig abseits von den Teilen des Hafens, in denen Schiffe entladen und beladen wurden, blieb es ruhig.

Nur auf der schmalen Straße, die hinter einer lückenhaften Mauer, von Paradiesfeigen überwuchert, zwanzig Schritte vom Schanzkleid entfernt war, gingen Menschen hin und her. Schon dreimal in der letzten Stunde war ein zweirädriger Wagen, von zwei schwarzen Wasserbüffeln gezogen, vorbeigeknarrt.

„Also“, sagte Clint nach einer Weile, wischte den Schweiß von der Stirn und leckte einen Tropfen Wein vom Rand der Muck, „wenn es wirklich ein paar Halsabschneider geben sollte, dann können wir uns vielleicht eine Prügelei sparen. Oder etwas Schlimmeres.“

Old Donegal schielte nach den Blankwaffen, die griffbereit festgebändselt waren und sagte: „Wir werden ihnen eine Ladung gehackte Pfefferkörner in die Hintern feuern. Das vertreibt sie für ein paar Monate.“

Clint schüttelte den Kopf und zeigte zu Old Shane.

„Stell dir vor, du bist ein armer, aber kräftiger Hafenarbeiter. Und jetzt komme ich, gebe dir eine silberne Münze und sage, du sollst mir helfen. Was würdest du an der Stelle dieses armen Inders, der sich heute noch nichts zu kauen leisten konnte, anstellen?“

Big Old Shane verzog sein Gesicht und kämmte seinen wildwuchernden grauen Bart mit den Fingern. „Ich würde dein blödes Geld nehmen und verschwinden, so schnell und so weit es geht.“

„Du bist aber kein hungriger Inder“, erklärte Old Donegal. „Wenn ich dir eine kleine Münze gebe und dir sage, nachher gibt’s noch mal eine, was dann?“

„Keine Ahnung“, erwiderte der Riese. „Was ich tun würde, weiß ich. Aber ich bin kein Inder. Was hast du vor, Moses?“

Clint zuckte mit den Schultern. Seine grauen Augen blitzten. Er sagte: „Ich weiß auch nicht, wie wir das anfangen können. Aber wenn es wirklich schlimm werden sollte, dann helfen uns vielleicht ein paar Inder. Allerdings müssen wir sie erst mal finden.“

„Hm.“

Fast gleichzeitig stießen die vier einen Brummlaut aus. Sie dachten über den Vorschlag nach. Vor ein paar Stunden, als die Galeere noch in Sichtweite dümpelte, hatten sie schon darüber gesprochen, den Sultan zu bitten, eine Wache auf dem Schiff oder an Land zurückzulassen. Aber daran war unter den gegebenen Umständen nicht zu denken.

Vielleicht griffen ein paar Stadtwachen ein, wenn sie sich zufällig in der Nähe befanden. Bei dem Pech, das die Arwenacks zur Zeit hatten, befanden sich alle, die helfen konnten, mit Sicherheit am anderen Ende der Stadt. Das Mißtrauen gegenüber bestimmten Männern, ob im Dhoti oder in einer Uniform, war leider nur zu berechtigt.

„So ganz blöd finde ich den Vorschlag nicht“, sagte Will Thorne ruhig. „Wer will eigentlich mit den Indern verhandeln? Und wo?“

Clint beugte sich vor und erklärte: „Ich habe, zusammen mit Jung Hasard und seinem Bruder, eine Menge indischer Brocken aufgeschnappt. Außerdem spreche ich passabel Portugiesisch. Ein paar Inder können diese Sprache auch. Und du, Mister Pellew, kannst in der Hindusprache ganz gut einkaufen, wie ich gehört habe. Oder etwa nicht?“

„Nun ja“, sagte der Koch gedehnt und fühlte sich durch die Worte des Moses ein wenig geschmeichelt. „Es geht. Einigermaßen. Aber längere Reden kann ich nicht halten.“

Old Donegal hatte den nächsten Einwand, der zumindest ebenso berechtigt war.

„Andererseits können wir mit solchen Angeboten und unserem Geld die Kerle erst richtig auf unseren Kurs bringen. Dann wissen sie, daß wir reich sind und überfallen uns in wilden Scharen.“

Mac Pellew widersprach laut. „Wir werden doch in ganz Madras ein Dutzend oder ein paar mehr finden. Die Stadt kann doch nicht voller Schurken sein! Gibt’s doch gar nicht.“

„Gibt’s schon“, entgegnete Big Old Shane. „Und wie soll das vor sich gehen, deiner Meinung nach, Clint?“

„Ganz einfach“, antwortete der Moses und führte entsprechende Gesten aus. „Mister Pellew und ich verkleiden uns als Inder. Dann gehen wir an Land, oder meinetwegen schwimmen wir auch, und dann werden wir in irgendeiner Kneipe oder sonstwo ein paar Helfer finden. Erinnert ihr euch an die Zwillinge? Die haben auch in der Bevölkerung Hilfe gefunden, als sie hinter dem Gold her waren.“

Will Thorne stand auf, nickte jedem zu und deutete mit dem Zeigefinger auf die Planken.

„Ich übernehme gern die erste Wache. Die Funzeln sind fertig, Glut ist noch unter deinem rußigen Kessel, Mac. Sprecht ruhig alles ein paarmal durch, vielleicht fällt euch noch was Besseres ein. Ich haue mich jetzt ein paar Stunden in die Koje. Ein Schrei genügt. Schon springe ich auf und kämpfe mit meiner Segeltuchnadel für drei.“

„Geht in Ordnung“, sagte Old Donegal großzügig. „Angenehme Träume.“

„Von Koriander und Muskatnüssen.“

Der Segelmacher enterte ab und verschwand unter den heißen Decksplanken. Mac Pellews Augen schweiften durch den Hafen. Die Umgebung wirkte genauso unverdächtig wie jeder Hafen um diese Zeit. Auf einen geplanten oder bevorstehenden Überfall deutete nichts hin.

Noch nicht, dachte er und fragte sich, ob er sich und den anderen noch einen Schluck Wein zumuten durfte. Er entschied sich dafür, sammelte die leeren Gefäße ein und folgte Will Thorne.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 691

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