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Kapitel 11 - Ein Spiel mit dem Feuer von Sharon York

Es hatte genau sieben Minuten und vierundzwanzig Sekunden gedauert, bis Laura ihr altbekanntes Programm abspulte.

»Herzlich Willkommen bei der Western Pacific, mein Name ist Laura White, wie kann ich Ihnen helfen?« Sie hatte sich einfach wieder an den Schreibtisch gesetzt, durchgeatmet und den Autopiloten eingeschaltet. Zwei Stunden war es her, dass ihr Chef sie überfürsorglich begrüßt und zum Gespräch geladen hatte. Ihre Passwörter wurden wieder aktiviert, sie bekam eine neue Zugangskarte und auch ihren Parkplatz hatte sie wieder. Und das, obwohl in den überregionalen Medien noch über die Entführung berichtet wurde. Anscheinend war es der Western Pacific ein großes Anliegen, sich als grundsolider und verlässlicher Arbeitgeber zu präsentieren. Da überraschte es Laura nicht, dass Mr Bloom sogar ein Mittagsessen für sie und alle anderen Mitarbeiter der Bank hatte springen lassen. Sekt und eine Flasche Champagner inklusive. Er hielt eine rührende Rede über den Zusammenhalt der Mitarbeiter, überreichte ihr einen Blumenstrauß und anschließend wurden Fotos für die Presse gemacht.

Laura wusste es besser. Sie hatte Mr Bloom sein verschmitztes Dauergrinsen nicht abgekauft, genau wie die vielen Umarmungen und Freundschaftsbekundungen.

»Sie können sich jederzeit an mich wenden«, hatte er viel zu laut gerufen, um es ehrlich zu meinen, nur damit die Presse es auf Band hatte. Viel mehr in Erinnerung geblieben war Laura die diebische Art des korpulenten Mannes, der wie eine ziemlich gute Karikatur von Winston Churchill aussah. Sobald die Presseleute gegangen waren, wandelte sein Ausdruck sich von manisch-freundlich zu dezent-angepisst. Ihm war dieser ganze Zirkus ein Graus und Laura wusste, dass dieses Buffet mit Medienzirkus bestimmt nicht seine Idee gewesen war. Es blieb ihr gerade noch Zeit, das Glas Sekt zu leeren, mit ein paar Kolleginnen zu quatschen, denen sie ihre Anteilnahme und Glückwünsche wirklich abnahm, dann musste sie auch schon in ihr Büro eilen. Allerdings, wie besprochen, nicht als stellvertretende Filialleiterin, sondern als Telefonistin, um wieder in den Job reinzukommen.

Von einer Kollegin hatte sie erfahren, dass Mr Bloom das Stellengesuch für ihre Position bereits ausgeschrieben hatte. Wahrscheinlich in Abstimmung mit der Zentrale. Irgendeine innere Stimme sagte ihr, dass sie die Stelle niemals wiederbekäme und sie, wenn ein wenig Gras über die Sache gewachsen war, entweder im Telefondienst versauern oder mit einem Scheck für immer nach Hause geschickt werden würde. Keine der beiden Optionen sagte ihr sonderlich zu. Sie hatte im Telefondienst angefangen, sich jahrelang hochgearbeitet und wollte diesen Leuten nicht die Macht geben, über ihren Kopf hinweg zu entscheiden.

»Hallo?«, hauchte Laura in den Telefonhörer.

Endlich meldete sich die Stimme einer älteren Dame. »Ich habe sehr wenig Zeit!«

Laura liebte Gespräche, die so begannen. »Dann machen wir es schnell«, entgegnete sie freundlich.

»Wie war Ihr Name?«

»Laura White, von der Western Pacific Bank, wie kann ich Ihnen denn helfen?«

»Ihr Name kommt mir seltsam bekannt vor. Kennen wir uns irgendwoher?«

Selbstverständlich hatte die Presse auch Kollegen interviewt. Besonders Mr Bloom hatte sich diesbezüglich hervorgetan, um immer wieder zu äußern, was für eine geschätzte Mitarbeiterin Laura Georgia White doch war und dass die Bankangestellten wie eine Familie für ihn wären. Die gläserne Fassade der Wes­tern Pacific-Filiale musste unzählige Male über den Bildschirm geflimmert sein.

»Nicht dass ich wüsste.« Laura wollte das Spiel nicht jedes Mal spielen. Am liebsten hätte sie am Telefon einen anderen Namen benutzt. Dabei konnte sie beinahe hören, wie die Gedanken der Dame ineinandergriffen, die Zahnräder zu arbeiten begannen und ihre Stimme plötzlich eine Nuance höher wurde. Sie wusste es.

»Ah, natürlich. Ich glaube, dass ich die Zugangsdaten für meinen Online-Banking Account dreimal falsch eingegeben habe. Können Sie mir da weiterhelfen?«

»Aber selbstverständlich«, antwortet Laura sofort, fragte nach dem Namen und gab alles in die Maske ein. »Sie sind jetzt wieder entsperrt und können es drei weitere Male versuchen. Wenn das nicht funktioniert, würde ich Sie bitten, mir eine Kopie ihres Führerscheins per Mail oder Fax zu schicken, alternativ ...«

»... kann ich auch in die Filiale zu Ihnen ins Büro kommen?«, unterbrach die Dame sie mit euphorischer Stimme. »Wissen Sie, ich habe es nicht so mit der modernen Technik. Außerdem würde es mir sehr guttun, wenn ich mal etwas frische Luft außerhalb des Büros schnappe. Wenn Sie mir da helfen könnten, wäre ich Ihnen sehr verbunden.«

Laura dachte nach. Würde das jetzt die nächsten Wochen so weitergehen? Menschen, die in der abgehetzten Welt keine Zeit erübrigen konnten und dann plötzlich in aller Ruhe vor ihrem Schreibtisch standen? Das Letzte, worauf sie nach der wunderschönen Abgeschiedenheit ihrer Entführung Lust hatte, war, wie eine Attraktion ausgestellt zu werden. Waren die Leute wirklich so begierig darauf, einen Blick zu erhaschen, wie sie sich neuen Kaffee einschenkte? Zumindest so lange, bis der Anreiz nachließ.

»Sie können sehr gern in unsere Filiale kommen. Die Kollegen am Schalter werden Ihnen alle Fragen bezüglich Ihres Online-Kontos und den Zugangsdaten beantworten.«

»Sind Sie denn auch am Schalter?«

Langsam wurde es Laura zu bunt. 154 ... 154, dachte sie immer wieder, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatte.

»Nein, tut mir leid, ich arbeite im Keller der Bank und beantworte telefonisch all ihre Fragen.« Natürlich arbeitete sie nicht im Keller, sondern hatte ein schickes Büro mit Aussicht, doch das musste niemand wissen. Nachher würden sie noch mit Fotoapparaten vor der Filiale stehen.

»Könnten Sie vielleicht hochkommen? Ich meine ... nur damit ich nicht alles sooft erklären muss.«

»Tut mir sehr leid, das ist nicht möglich.«

»Wieso denn nicht? Kommen Sie denn gar nicht hoch?«

Laura war mittlerweile so entnervt, dass ihre Finger trommelnd die Tischplatte bearbeiteten. Sie atmete einmal tief durch und sah auf die Uhr. Vor drei Minuten hatte das Telefon geklingelt und jetzt war sie schon kurz davor zu explodieren. Es hatte also genau zehn Minuten gedauert, bis der Alltag sie wiederhatte.

»Doch, natürlich komme ich hoch. Sehen Sie, wir haben gerade fünfzehn Uhr, in einer Stunde stelle ich mich ganz persönlich allen Fragen im Foyer der Western Pacific, es gibt Schnittchen und ich werde in aller Deutlichkeit mein Martyrium schildern. Bringen Sie Ihre Videokamera mit!«

Stille am anderen Ende der Leitung. Laura vernahm tippen auf der Tastatur, endlich räusperte sich die Dame. »Ich finde es toll, dass Sie eine Pressekonferenz abhalten. Ich werde da sein.«

Laura verdrehte die Augen, ließ beinahe den Hörer fallen. Meinte die das ernst? Wieder hörte sie die Finger der Dame auf ihrer Tastatur arbeiten. Sie konnte sich bildlich vorstellen, wie sie es gerade ihren Bekannten und Freunden postete, vielleicht sogar in der ganzen Firma.

»Wie lange wird das dauern? Ich habe nämlich ein paar Kollegen, die kommen später, es wäre doch schade, wenn ...«

»Ohh, bis in die tiefen Abendstunden. Mindestens. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag«, hauchte Laura zuckersüß und legte auf.

Um alles in der Welt wollte sie hier nicht durchdrehen. Obwohl man das bestimmt leicht auf posttraumatische Störungen hätte schieben können. Andererseits ... wenn man schon die Karte auf der Hand hatte, konnte man sie auch spielen. Ohne anzuklopfen betrat sie das Büro von Mr Bloom.

»Miss White«, entfuhr es dem Mann überrascht. »Wir haben gerade eine Telefonkonferenz mit der Zentrale. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

Das kam ihr entgegen. Wenn auf der anderen Seite der Leitung ein voller Konferenztisch saß, würde er den verständnisvollsten Chef der Welt geben.

»Verzeihen Sie, Mr Bloom, aber das ist alles nicht einfach für mich. Mir ist ein wenig schwindelig, deshalb habe ich mich gefragt, ob ich ein wenig frische Luft schnappen könnte.«

»Aber natürlich«, antwortete ihr Chef sofort. »Ich helfe doch, wo ich kann.«

Zu einfach, dachte Laura, als sie bemerkte, wie weit er sich zum Telefon hinüberlehnte, damit es bloß auch jeder verstand.

»Vielen Dank für den tollen Empfang heute«, entgegnete sie möglichst laut. »Es ist wirklich eine Freude, für Sie zu arbeiten.«

Diese Worte zauberten dem Mann ein breites Grinsen ins Gesicht. Sie war sich sicher, dass sie nun einige Stunden Ruhe hatte, als sie die Tür hinter sich schloss. Laura strich einmal über ihren Hosenanzug, richtete sich die Bluse und ergriff die Handtasche. Sie hätte damit rechnen müssen, dass jeder etwas von ihr wollte. Sensationsgier und Gaffertum hin oder her, hier ging es um ihr Leben.

Laura setzte sich in ihren Ford und fuhr in Richtung Downtown. Dabei ließ sie die Fenster herunter. Zumindest konnte sie hier eine sanfte Brise auf ihrer Haut spüren. Als ihr die frische Luft um die Nase wehte, genoss sie es einfach für ein paar Minuten, Teil des Stroms zu sein, der quälend langsam über die Interstate kroch.

Sie hatte damit gerechnet, dass sie in den ersten Tagen wie ein bunter Hund begutachtet werden würde, war jedoch überrascht, wie sehr es ihr zusetzte. Soviel zur ersten Theorie, es war an der Zeit, die zweite zu testen.

***

Nach einer Stunde hatte sie endlich das Fitnesscenter erreicht. Niemand schien sich für sie zu interessieren, als die Fronttür sich von allein öffnete und sie im Empfangsraum stand. Gut so, das spielte ihr in die Karten.

Rick hatte seine Squashstunde um sechzehn Uhr. Zielsicher schritt Laura auf die Plexiglasboxen zu und lugte in jede einzelne. Ihr war bewusst, dass sie sich unheimlich dämlich fühlen würde, wenn ihr Mann tatsächlich in einer der Boxen gegen Brandon spielen würde. Enttäuschung machte sich in ihr breit, als sie ihren Verlobten nirgends fand. Während sie weiter das Fitnesscenter absuchte, wurde ihr Hals immer enger. Von Rick keine Spur. Gott, sie wünschte sich so sehr, Unrecht zu haben. Noch immer waren die Angestellten so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie Laura in ihrem feinen Business-Dress kaum wahrnahmen. Vielleicht hielten die Trainer sie auch für die neue Managerin, wer wusste das schon. Bei den verschlossenen Räumen für Yoga und Pilates wurde sie schließlich stutzig. Die einzigen Räume hier, wo keine Fenster eingelassen waren, damit Frauen sich nicht von Typen begaffen lassen mussten, während sie ihre Übungen absolvierten. Mit anderen Worten – das perfekte Refugium für ein Schäferstündchen.

LustFolter - Teil 6 | Roman

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