Читать книгу Die Frage der Laienanalyse - Sigmund Freud, Йоханнес Вильгельм Йенсен - Страница 7
[17]II
ОглавлениеWenn ich Ihnen etwas Verständliches sagen soll, so muß ich Ihnen wohl ein Stück einer psychologischen Lehre mitteilen, die außerhalb der analytischen Kreise nicht bekannt ist oder nicht gewürdigt wird. Aus dieser Theorie wird sich leicht ableiten lassen, was wir von dem Kranken wollen und auf welche Art wir es erreichen. Ich trage sie Ihnen dogmatisch vor, als ob sie ein fertiges Lehrgebäude wäre. Glauben Sie aber nicht, daß sie gleich als solches wie ein philosophisches System entstanden ist. Wir haben sie sehr langsam entwickelt, um jedes Stückchen lange gerungen, sie in stetem Kontakt mit der Beobachtung fortwährend modifiziert, bis sie endlich eine Form gewonnen hat, in der sie uns für unsere Zwecke zu genügen scheint. Noch vor einigen Jahren hätte ich diese Lehre in andere Ausdrücke kleiden müssen. Ich kann Ihnen natürlich nicht dafür einstehen, daß die heutige Ausdrucksform die definitive bleiben wird. Sie wissen, Wissenschaft ist keine Offenbarung, sie entbehrt, lange über ihre Anfänge hinaus, der Charaktere der Bestimmtheit, Unwandelbarkeit, Unfehlbarkeit, nach denen sich das menschliche Denken so sehr sehnt. Aber so wie sie ist, ist sie alles, was wir haben können. Nehmen Sie hinzu, daß unsere Wissenschaft sehr jung ist, kaum so alt wie das Jahrhundert, und daß sie sich ungefähr mit dem schwierigsten Stoff beschäftigt, der menschlicher Forschung vorgelegt werden kann, so werden Sie sich leicht in die richtige Einstellung zu meinem Vortrag versetzen können. Unterbrechen Sie mich aber nach Ihrem Belieben jedesmal, wenn Sie mir nicht folgen können oder wenn Sie weitere Aufklärungen wünschen.
[18]»Ich unterbreche Sie, noch ehe Sie beginnen. Sie sagen, Sie wollen mir eine neue Psychologie vortragen, aber ich sollte meinen, die Psychologie ist keine neue Wissenschaft. Es hat genug Psychologie und Psychologen gegeben, und ich habe auf der Schule von großen Leistungen auf diesem Gebiete gehört.«
Die ich nicht zu bestreiten gedenke. Aber wenn Sie näher prüfen, werden Sie diese großen Leistungen eher der Sinnesphysiologie einordnen müssen. Die Lehre vom Seelenleben konnte sich nicht entwickeln, weil sie durch eine einzige wesentliche Verkennung gehemmt war. Was umfaßt sie heute, wie sie an den Schulen gelehrt wird? Außer jenen wertvollen sinnesphysiologischen Einsichten eine Anzahl von Einteilungen und Definitionen unserer seelischen Vorgänge, die dank dem Sprachgebrauch Gemeingut aller Gebildeten geworden sind. Das reicht offenbar für die Auffassung unseres Seelenlebens nicht aus. Haben Sie nicht bemerkt, daß jeder Philosoph, Dichter, Historiker und Biograph sich seine eigene Psychologie zurechtmacht, seine besonderen Voraussetzungen über den Zusammenhang und die Zwecke der seelischen Akte vorbringt, alle mehr oder minder ansprechend und alle gleich unzuverlässig? Da fehlt offenbar ein gemeinsames Fundament. Und daher kommt es auch, daß es auf psychologischem Boden sozusagen keinen Respekt und keine Autorität gibt. Jedermann kann da nach Belieben »wildern«. Wenn Sie eine physikalische oder chemische Frage aufwerfen, wird ein jeder schweigen, der sich nicht im Besitz von »Fachkenntnissen« weiß. Aber wenn Sie eine psychologische Behauptung wagen, müssen sie auf Urteil und Widerspruch von jedermann gefaßt sein. Wahrscheinlich gibt es auf diesem [19]Gebiet keine »Fachkenntnisse«. Jedermann hat sein Seelenleben und darum hält sich jedermann für einen Psychologen. Aber das scheint mir kein genügender Rechtstitel zu sein. Man erzählt, daß eine Person, die sich zur »Kinderfrau« anbot, gefragt wurde, ob sie auch mit kleinen Kindern umzugehen verstehe. Gewiß, gab sie zur Antwort, ich war doch selbst einmal ein kleines Kind.
»Und dies von allen Psychologen übersehene ›gemeinsame Fundament‹ des Seelenlebens wollen Sie durch Beobachtungen an Kranken entdeckt haben?«
Ich glaube nicht, daß diese Herkunft unsere Befunde entwertet. Die Embryologie z.B. verdiente kein Vertrauen, wenn sie nicht die Entstehung der angeborenen Mißbildungen glatt aufklären könnte. Aber ich habe Ihnen von Personen erzählt, deren Gedanken ihre eigenen Wege gehen, so daß sie gezwungen sind, über Probleme zu grübeln, die ihnen furchtbar gleichgiltig sind. Glauben Sie, daß die Schulpsychologie jemals den mindesten Beitrag zur Aufklärung einer solchen Anomalie leisten konnte? Und endlich geschieht es uns allen, daß nächtlicherweile unser Denken eigene Wege geht und Dinge schafft, die wir dann nicht verstehen, die uns befremden und in bedenklicher Weise an krankhafte Produkte erinnern. Ich meine unsere Träume. Das Volk hat immer an dem Glauben festgehalten, daß Träume einen Sinn, einen Wert haben, etwas bedeuten. Diesen Sinn der Träume hat die Schulpsychologie nie angeben können. Sie wußte mit dem Traum nichts anzufangen; wenn sie Erklärungen versucht hat, waren es unpsychologische, wie Zurückführungen auf Sinnesreize, auf eine ungleiche Schlaftiefe verschiedener Hirnpartien u. dgl. Man darf aber sagen, eine Psychologie, die den Traum nicht [20]erklären kann, ist auch für das Verständnis des normalen Seelenlebens nicht brauchbar, hat keinen Anspruch, eine Wissenschaft zu heißen.
»Sie werden aggressiv, also haben Sie wohl eine empfindliche Stelle berührt. Ich habe ja gehört, daß man in der Analyse großen Wert auf Träume legt, sie deutet, Erinnerungen an wirkliche Begebenheiten hinter ihnen sucht usw. Aber auch, daß die Deutung der Träume der Willkür der Analytiker ausgeliefert ist, und daß diese selbst mit den Streitigkeiten über die Art Träume zu deuten, über die Berechtigung, aus ihnen Schlüsse zu ziehen, nicht fertig geworden sind. Wenn das so ist, so dürfen Sie den Vorzug, den die Analyse vor der Schulpsychologie gewonnen hat, nicht so dick unterstreichen.«
Sie haben da wirklich viel Richtiges gesagt. Es ist wahr, daß die Traumdeutung für die Theorie wie für die Praxis der Analyse eine unvergleichliche Wichtigkeit gewonnen hat. Wenn ich aggressiv erscheine, so ist das für mich nur ein Weg der Verteidigung. Wenn ich aber an all den Unfug denke, den manche Analytiker mit der Deutung der Träume angestellt haben, könnte ich verzagt werden und dem pessimistischen Ausspruch unseres großen Satirikers Nestroy recht geben, der lautet: Ein jeder Fortschritt ist immer nur halb so groß als er zuerst ausschaut! Aber haben Sie es je anders erfahren, als daß die Menschen alles verwirren und verzerren, was in ihre Hände fällt? Mit etwas Vorsicht und Selbstzucht kann man die meisten der Gefahren der Traumdeutung sicher vermeiden. Aber glauben Sie nicht, daß ich nie zu meinem Vortrag kommen werde, wenn wir uns so ablenken lassen?
»Ja, Sie wollten von der fundamentalen Voraussetzung [21]der neuen Psychologie erzählen, wenn ich Sie recht verstanden habe.«
Damit wollte ich nicht beginnen. Ich habe die Absicht, Sie hören zu lassen, welche Vorstellung von der Struktur des seelischen Apparats wir uns während der analytischen Studien gebildet haben.
»Was heißen Sie den seelischen Apparat und woraus ist er gebaut, darf ich fragen?«
Was der seelische Apparat ist, wird bald klar werden. Aus welchem Material er gebaut ist, danach bitte ich nicht zu fragen. Es ist kein psychologisches Interesse, kann der Psychologie ebenso gleichgiltig sein wie der Optik die Frage, ob die Wände des Fernrohrs aus Metall oder aus Pappendeckel gemacht sind. Wir werden den stofflichen Gesichtspunkt überhaupt bei Seite lassen, den räumlichen aber nicht. Wir stellen uns den unbekannten Apparat, der den seelischen Verrichtungen dient, nämlich wirklich wie ein Instrument vor, aus mehreren Teilen aufgebaut, – die wir Instanzen heißen, – die ein jeder eine besondere Funktion versehen, und die eine feste räumliche Beziehung zueinander haben, das heißt die räumliche Beziehung, das »vor« und »hinter«, »oberflächlich« und »tief« hat für uns zunächst nur den Sinn einer Darstellung der regelmäßigen Aufeinanderfolge der Funktionen. Bin ich noch verständlich?
»Kaum, vielleicht verstehe ich es später, aber jedenfalls ist das eine sonderbare Anatomie der Seele, die es bei den Naturforschern doch gar nicht mehr gibt.«
Was wollen Sie, es ist eine Hilfsvorstellung wie soviele in den Wissenschaften. Die allerersten sind immer ziemlich roh gewesen. Open to revision, kann man in solchen [22]Fällen sagen. Ich halte es für überflüssig, mich hier auf das populär gewordene »Als ob« zu berufen. Der Wert einer solchen – »Fiktion« würde der Philosoph Vaihinger sie nennen – hängt davon ab, wieviel man mit ihr ausrichten kann.
Also um fortzusetzen: Wir stellen uns auf den Boden der Alltagsweisheit und anerkennen im Menschen eine seelische Organisation, die zwischen seine Sinnesreize und die Wahrnehmung seiner Körperbedürfnisse einerseits, seine motorischen Akte anderseits eingeschaltet ist und in bestimmter Absicht zwischen ihnen vermittelt. Wir heißen diese Organisation sein Ich. Das ist nun keine Neuigkeit, jeder von uns macht diese Annahme, wenn er kein Philosoph ist, und einige selbst, obwohl sie Philosophen sind. Aber wir glauben nicht, damit die Beschreibung des seelischen Apparats erschöpft zu haben. Außer diesem Ich erkennen wir ein anderes seelisches Gebiet, umfangreicher, großartiger und dunkler als das Ich, und dies heißen wir das Es. Das Verhältnis zwischen den beiden soll uns zunächst beschäftigen.
Sie werden es wahrscheinlich beanständen, daß wir zur Bezeichnung unserer beiden seelischen Instanzen oder Provinzen einfache Fürwörter gewählt haben, anstatt volllautende griechische Namen für sie einzuführen. Allein wir lieben es in der Psychoanalyse, im Kontakt mit der populären Denkweise zu bleiben und ziehen es vor, deren Begriffe wissenschaftlich brauchbar zu machen, anstatt sie zu verwerfen. Es ist kein Verdienst daran, wir müssen so vorgehen, weil unsere Lehren von unseren Patienten verstanden werden sollen, die oft sehr intelligent sind, aber nicht immer gelehrt. Das unpersönliche Es schließt sich [23]unmittelbar an gewisse Ausdrucksweisen des normalen Menschen an. »Es hat mich durchzuckt« sagt man; »es war etwas in mir, was in diesem Augenblick stärker war als ich.« »C’était plus fort que moi«.
In der Psychologie können wir nur mit Hilfe von Vergleichungen beschreiben. Das ist nichts Besonderes, es ist auch anderwärts so. Aber wir müssen diese Vergleiche auch immer wieder wechseln, keiner hält uns lange genug aus. Wenn ich also das Verhältnis zwischen Ich und Es deutlich machen will, so bitte ich Sie, sich vorzustellen, das Ich sei eine Art Fassade des Es, ein Vordergrund, gleichsam eine äußerliche, eine Rindenschicht desselben. Der letztere Vergleich kann festgehalten werden. Wir wissen, Rindenschichten verdanken ihre besonderen Eigenschaften dem modifizierenden Einfluß des äußeren Mediums, an das sie anstoßen. So stellen wir uns vor, das Ich sei die durch den Einfluß der Außenwelt (der Realität) modifizierte Schichte des seelischen Apparats, des Es. Sie sehen dabei, in welcher Weise wir in der Psychoanalyse mit räumlichen Auffassungen Ernst machen. Das Ich ist uns wirklich das Oberflächliche, das Es das Tiefere, von außen betrachtet natürlich. Das Ich liegt zwischen der Realität und dem Es, dem eigentlich Seelischen.
»Ich will Sie noch gar nicht fragen, woher man das alles wissen kann. Sagen Sie mir zunächst, was haben Sie von dieser Trennung eines Ich und eines Es, was nötigt Sie dazu?«
Ihre Frage weist mir den Weg zur richtigen Fortsetzung. Das Wichtige und Wertvolle ist nämlich zu wissen, daß das Ich und das Es in mehreren Punkten sehr von einander abweichen; es gelten im Ich andere Regeln für den Ablauf [24]seelischer Akte als im Es, das Ich verfolgt andere Absichten und mit anderen Mitteln. Darüber wäre sehr viel zu sagen, aber wollen Sie sich mit einem neuen Vergleich und einem Beispiel abfinden lassen? Denken Sie an den Unterschied zwischen der Front und dem Hinterland, wie er sich während des Krieges herausgebildet hatte. Wir haben uns damals nicht gewundert, daß an der Front manches anders vorging als im Hinterland, und daß im Hinterland vieles gestattet war, was an der Front verboten werden mußte. Der bestimmende Einfluß war natürlich die Nähe des Feindes, für das Seelenleben ist es die Nähe der Außenwelt. Draußen – fremd – feindlich waren einmal identische Begriffe. Und nun das Beispiel: im Es gibt es keine Konflikte; Widersprüche, Gegensätze bestehen unbeirrt neben einander und gleichen sich oft durch Kompromißbildungen ab. Das Ich empfindet in solchen Fällen einen Konflikt, der entschieden werden muß, und die Entscheidung besteht darin, daß eine Strebung zugunsten der anderen aufgegeben wird. Das Ich ist eine Organisation, ausgezeichnet durch ein sehr merkwürdiges Streben nach Vereinheitlichung, nach Synthese; dieser Charakter fehlt dem Es, es ist – sozusagen – zerfahren, seine einzelnen Strebungen verfolgen ihre Absichten unabhängig von und ohne Rücksicht aufeinander.
»Und wenn ein so wichtiges seelisches Hinterland existiert, wie können Sie mir begreiflich machen, daß es bis zur Zeit der Analyse übersehen wurde?«
Damit sind wir zu einer Ihrer früheren Fragen zurückgekehrt. Die Psychologie hatte sich den Zugang zum Gebiet des Es versperrt, indem sie an einer Voraussetzung festhielt, die nahe genug liegt, aber doch nicht haltbar ist. [25]Nämlich, daß alle seelischen Akte uns bewußt sind, daß Bewußt-sein das Kennzeichen des Seelischen ist, und daß, wenn es nichtbewußte Vorgänge in unserem Gehirn gibt, diese nicht den Namen seelischer Akte verdienen und die Psychologie nichts angehen.
»Ich meine, das ist doch selbstverständlich.«
Ja, das meinen die Psychologen auch, aber es ist doch leicht zu zeigen, daß es falsch, das heißt: eine ganz unzweckmäßige Sonderung ist. Die bequemste Selbstbeobachtung lehrt, daß man Einfälle haben kann, die nicht ohne Vorbereitung zustande gekommen sein können. Aber von diesen Vorstufen Ihres Gedankens, die doch wirklich auch seelischer Natur gewesen sein müssen, erfahren Sie nichts, in Ihr Bewußtsein tritt nur das fertige Resultat. Gelegentlich können Sie sich nachträglich diese vorbereitenden Gedankenbildungen wie in einer Rekonstruktion bewußt machen.
»Wahrscheinlich war die Aufmerksamkeit abgelenkt, so daß man diese Vorbereitungen nicht bemerkt hat.«
Ausflüchte! Sie kommen so um die Tatsache nicht herum, daß in Ihnen Akte seelischer Natur, oft sehr komplizierte, vorgehen können, von denen Ihr Bewußtsein nichts erfährt, von denen Sie nichts wissen. Oder sind Sie zu der Annahme bereit, daß etwas mehr oder weniger von Ihrer »Aufmerksamkeit« hinreicht, um einen nicht seelischen Akt in einen seelischen zu verwandeln? Übrigens wozu der Streit? Es gibt hypnotische Experimente, in denen die Existenz solcher nicht bewußter Gedanken für jedermann, der lernen will, unwiderleglich demonstriert wird.
»Ich will nicht leugnen, aber ich glaube, ich verstehe Sie endlich. Was Sie Ich heißen, ist das Bewußtsein und Ihr Es [26]ist das sogenannte Unterbewußtsein, von dem jetzt so viel die Rede ist. Aber wozu die Maskerade durch die neuen Namen?«
Es ist keine Maskerade, diese anderen Namen sind unbrauchbar. Und versuchen Sie nicht, mir Literatur anstatt Wissenschaft zu geben. Wenn jemand vom Unterbewußtsein spricht, weiß ich nicht, meint er es topisch, etwas was in der Seele unterhalb des Bewußtseins liegt, oder qualitativ, ein anderes Bewußtsein, ein unterirdisches gleichsam. Wahrscheinlich macht er sich überhaupt nichts klar. Der einzig zulässige Gegensatz ist der zwischen bewußt und unbewußt. Aber es wäre ein folgenschwerer Irrtum zu glauben, dieser Gegensatz fiele mit der Scheidung von Ich und Es zusammen. Allerdings, es wäre wunderschön, wenn es so einfach wäre, unsere Theorie hätte dann ein leichtes Spiel, aber es ist nicht so einfach. Richtig ist nur, daß alles, was im Es vorgeht, unbewußt ist und bleibt, und daß die Vorgänge im Ich bewußt werden können, sie allein. Aber sie sind es nicht alle, nicht immer, nicht notwendig und große Anteile des Ichs können dauernd unbewußt bleiben.
Mit dem Bewußtwerden eines seelischen Vorgangs ist es eine komplizierte Sache. Ich kann es mir nicht versagen, Ihnen – wiederum dogmatisch – darzustellen, was wir darüber annehmen. Sie erinnern sich, das Ich ist die äußere, peripherische Schicht des Es. Nun glauben wir, an der äußersten Oberfläche dieses Ichs befinde sich eine besondere, der Außenwelt direkt zugewendete Instanz, ein System, ein Organ, durch dessen Erregung allein das Phänomen, das wir Bewußtsein heißen, zustande kommt. Dies Organ kann ebensowohl von außen erregt werden, nimmt also mit [27]Hilfe der Sinnesorgane die Reize der Außenwelt auf, wie auch von innen her, wo es zuerst die Sensationen im Es und dann auch die Vorgänge im Ich zur Kenntnis nehmen kann.
»Das wird immer ärger und entzieht sich immer mehr meinem Verständnis. Sie haben mich doch zu einer Unterredung über die Frage eingeladen, ob auch Laien = Nichtärzte analytische Behandlungen unternehmen sollen. Wozu dann diese Auseinandersetzungen über gewagte, dunkle Theorien, von deren Berechtigung Sie mich doch nicht überzeugen können?«
Ich weiß, daß ich Sie nicht überzeugen kann. Es liegt außerhalb jeder Möglichkeit und darum auch außerhalb meiner Absicht. Wenn wir unseren Schülern theoretischen Unterricht in der Psychoanalyse geben, so können wir beobachten, wie wenig Eindruck wir ihnen zunächst machen. Sie nehmen die analytischen Lehren mit derselben Kühle hin wie andere Abstraktionen, mit denen sie genährt wurden. Einige wollen vielleicht überzeugt werden, aber keine Spur davon, daß sie es sind. Nun verlangen wir auch, daß jeder, der die Analyse an anderen ausüben will, sich vorher selbst einer Analyse unterwerfe. Erst im Verlauf dieser »Selbstanalyse« (wie sie mißverständlich genannt wird), wenn sie die von der Analyse behaupteten Vorgänge am eigenen Leib – richtiger: an der eigenen Seele – tatsächlich erleben, erwerben sie sich die Überzeugungen, von denen sie später als Analytiker geleitet werden. Wie darf ich also erwarten, Sie, den Unparteiischen, von der Richtigkeit unserer Theorien zu überzeugen, dem ich nur eine unvollständige, verkürzte und darum undurchsichtige Darstellung derselben ohne Bekräftigung durch Ihre eigenen Erfahrungen vorlegen kann?
[28]Ich handle in anderer Absicht. Es ist zwischen uns gar nicht die Frage, ob die Analyse klug oder unsinnig ist, ob sie in ihren Aufstellungen recht hat oder in grobe Irrtümer verfällt. Ich rolle unsere Theorien vor Ihnen auf, weil ich Ihnen so am besten klarmachen kann, welchen Gedankeninhalt die Analyse hat, von welchen Voraussetzungen sie beim einzelnen Kranken ausgeht, und was sie mit ihm vornimmt. Dadurch wird dann ein ganz bestimmtes Licht auf die Frage der Laienanalyse geworfen werden. Seien Sie übrigens ruhig, Sie haben, wenn Sie mir soweit gefolgt sind, das Ärgste überstanden, alles Folgende wird Ihnen leichter werden. Jetzt aber lassen Sie mich eine Atempause machen.