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Spätsommer

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Der Sommer ist, so scheint es jedenfalls, vorbei. Vielleicht macht er aber auch nur eine kleine Pause. Mein Fell juckt jedenfalls gewaltig und ich kratze mir jeden Tag meine Wolle vom Leib. Am liebsten mag ich es, wenn Frauchen oder Swenja mit der Bürste kommen und mir eine Super-Wellness-Hunde-Massage verpassen. Traumhaft.

Lucy und ihr Herrchen sind fast jeden Tag hier oder Frauchen und ich gehen mit den beiden Gassi. Also, insgeheim glaube ich, Lucy und ich sind füreinander geschaffen. Wenn Heiraten bei Hunden möglich wäre, Lucy wäre meine Frau für die nächsten Jahre. Oder Jahrzehnte. Ich weiß nicht so genau, wie alt ich einmal werde. Und das ist ja auch gut so. Wer will das schon wissen. Mein Motto: Ich lebe jeden Tag so wie er kommt. Schlafen, Gassi, Fressi. Gassi, Schlafen. Und dazwischen noch mal Fressi. Perfekt.

Swenja ist in der Vorschule, die zwar zum Kindergarten gehört aber scheinbar etwas ganz Besonderes ist, Julia im Kindergarten und Frauchen tippt irgendetwas, das sie Arbeit nennt, auf ihrem Computer.

Ah, es klingelt. Das sind bestimmt Lucy und Martin. Es wird auch Zeit, mein Darm meldet schon intensivste Aktivität. Ich komme also meiner Pflicht als Hüter der Familie nach und lasse ein lautes Bellen hören.

„Robert, aus! Hör endlich auf zu bellen. Ich glaube du lernst das nie! Ich bin doch nicht taub!“ Dabei steht sie auf und geht zur Tür.

Himmel, ist Frauchen heute wieder gut gelaunt! Ich bin ein Hund, da darf man doch wohl mal bellen.

Ja, es ist Lucy. Mit Martin. Wusste ich es doch!

Ich begrüße also meine so-gut-wie-Ehefrau und wir gehen schon mal in den Flur und setzen uns, ganz in Erwartung, dass wir jetzt alle spazieren gehen, hin.

Aber Martin hat Frauchen in die Küche gezogen und kommt gar nicht mehr heraus. Lucy und ich kennen das ja: Wenn die beiden erst mal alleine im Zimmer sind, kann das Stunden dauern. Aber das geht heute definitiv nicht: Mein Darm ruft! Also schaue ich mal nach, was die Beiden da so treiben. Zuerst versuche ich, mit der Nase die Tür aufzuschubsen. Zu. Da geht gar nichts.

„Drück doch die Klinke runter“, weist Lucy mich an.

Als wäre ich da nicht selbst drauf gekommen! Ich bin doch nicht doof! Ich drücke also mit meinem Kopf auf die Türklinke, woraufhin die Tür aufspringt.

Frauchen steht stocksteif da, Martin sitzt vor ihr auf den Knien. Was spielen die beiden denn?

„Sag schon ja, Constanze. Ich bitte dich.“

„Ich ...“

Frauchen stottert wie eine Laufente.

„Ja.“

Ja? Was denn?

„Lucy, hast du eine Ahnung, was hier los ist?“

Lucy presst sich ein klitzekleines Tränchen aus ihren wunderbaren Augen.

Was hat sie nur?

„Ich glaube, Herrchen hat Constanze gerade einen Heiratsantrag gemacht.“ Lucy jault leise.

Einen Heiratsantrag?

Ja, die sind Menschen, die dürfen das.

„Und was heißt das für uns?“

„Na, wenn die beiden verheiratet sind, ziehen wir bestimmt zu euch. Oder ihr zu uns.“

Lucy ist echt schlau. Wir ziehen zusammen? Das ist ja – wow!

Frauchen und Martin lecken sich wieder die Münder ab wie ein Welpe bei seiner Mutter. Sonderbar.

Aber egal wie romantisch Lucy diese Szene gerade findet, ich muss mal. Und zwar sofort. Also dränge ich mich zwischen Martin und Frauchen und winsle kräftig.

„Robert, was hast du nur?“

Frauchens Stimme klingt hell wie ein Glöckchen.

Ich beiße mir in den Schwanz in der Hoffnung, dass sie kapiert, was ich sagen will. ICH MUSS RAUS!

„Martin, sieh nur, er freut sich.“

„Ich mich auch“, lächelt dieser, aber er beißt sich dabei nicht in den Schwanz. Kunststück, er hat ja auch keinen.

Und: Frauchen, ich freue mich nicht, ich muss meinen Darm entleeren.

„Oh, Martin, ich bin so glücklich. Und aufgeregt. Was die Kinder wohl sagen?“

„Na ich hoffe, die freuen sich auch.“

Also, Leute, ICH freue mich nicht. Wenn wir nicht sofort rausgehen, dann ...

Ich laufe zur Haustür und winsle noch einmal kräftig.

Außer Lucy, die neben mir steht, ist niemand in Sicht, der uns diese verdammte Haustür öffnen könnte.

Sorry, ich kann nicht anders, mein Darm macht Randale.

Ich drücke also einen Buckel und gebe dem Druck nach. Direkt neben der Haustür. Lucy findet das zwar nicht gut, aber sie versteht mich.

„Was riecht denn hier?“

Frauchen kommt, immer noch ein Lächeln im Gesicht, aus der Küche. Beim Anblick meines Haufens erstarrt sie.

„Robert! Was ist das denn?“

Wenn sie eine Antwort erwartet hätte, hätte sie ja nicht gleich weiter schreien müssen.

„Ja, träume ich? Jetzt macht der Stinker doch mitten in den Flur. Hat man da noch Worte? Robert, du bist ein Schwein.“

„Constanze, jetzt beruhige dich. Ich glaube, er wollte dir gerade Bescheid geben, wir haben das nur nicht verstanden.“

Frauchen holt eine Tüte und packt mein stinkendes, dampfendes Etwas da rein. Anschließend wischt sie mit einem feuchten Tuch drüber und weg ist der Stein des Anstoßes. Ähm, der Haufen des Anstoßes.

Dann endlich gehen wir Gassi.

Nachdem Martin sich mit einem „Schatz, heute Abend feiern wir unsere Verlobung. Ich freue mich schon.“ verabschiedet hat, holen Frauchen und ich die Kinder ab.

Und obwohl Frauchens neues Auto im Hof steht, gehen wir heute zu Fuß. Das ist mir sehr recht, schließlich liebe ich Spaziergänge.

Auf dem Nachhauseweg sagt Frauchen: „Kinder, ich muss euch etwas sagen.“

Erwartungsvolles Schweigen.

„Martin und ich werden heiraten.“

„Bist du dann eine weiße Braut?“, will Swenja wissen.

„Und ich ein Blumenmädchen?“

Ja, Julia soll die Blümchen werfen. Und meine Rolle als Herr des Hauses sehe ich eindeutig in der Begleitung der Braut. Ich könnte ja den Schleier tragen.

„Mal sehen, Kinder. Ich weiß es noch nicht. Auf jeden Fall bin ich wahnsinnig glücklich.“

Mehr von dem Gespräch bekomme ich nicht mit, denn ich glaube, da vorne rennt ein Kaninchen. Das muss ich jagen!

So ein Pech! Dieses blöde Kaninchen verschwindet in einem Loch und kaum habe ich angefangen zu buddeln – ich war schon fast mit der Schnauze am Stummelschwänzchen – ruft Frauchen, dieser Spielverderber, mich zurück. Aber immerhin habe ich den Duft noch in der Nase.

Hundeglückskeks

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