Читать книгу Fürstenkrone Classic 39 – Adelsroman - Silva Werneburg - Страница 3

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Schwungvoll durchquerte Valentin Graf von Ahlenburg die Halle des Wasserschlosses. Auf dem italienischen Marmorfußboden hallten seine Schritte wider und erfüllten den Raum. Durch die bodentiefen Fenster, die am Ende der Halle den Blick in den Park freigaben, drang das Sonnenlicht und spielte mit den prachtvollen facettenreichen Kristalllüstern. Wie kleine farbenfrohe Sterne tanzten die Lichtreflexe über die Gemälde an den Wänden. Der Graf wollte gerade die breite schwungvolle Treppe hinaufsteigen, als sich eine der zahlreichen Türen öffnete, die von der Halle abgingen. Arthur, der nicht mehr ganz junge Hausdiener, der seit fast vierzig Jahren im Dienst der Familie stand, kam auf Graf Valentin zu und nahm ihm die Jacke ab.

»Sie gestatten, dass ich mich um Ihre Garderobe kümmere, Herr Graf.«

»Ja, danke, Arthur. Ich bin auf der Suche nach meiner Mutter. Wissen Sie, ob sie sich oben in ihren Privaträumen aufhält?«

»Nein, dort ist sie nicht. Ihre Frau Mutter befindet sich auf der Südterrasse. Sie wollte dort die ers­ten warmen Strahlen der Frühlingssonne ausnutzen. Eine der Hausdamen hat ihr dort soeben Kaffee serviert.«

»Kaffee? Das ist eine ausgezeichnete Idee. Lassen Sie mir doch bitte auch eine Tasse Kaffee auf die Terrasse bringen.«

Arthur nickte lächelnd und zog sich zurück. Graf Valentin wanderte durch den großen Salon, an den sich die Südterrasse anschloss. Diese großzügige Terrasse überspannte den Wassergraben und war mit stilvollen wetterfesten Möbeln bestückt. Drei breite Stufen führten von der Terrasse in den weitläufigen Park, für dessen Pflege zwei Gärtner angestellt waren.

Constanze Gräfin von Ahlenburg, eine neunundfünfzig Jahre alte elegante und immer sehr attraktiv wirkende Frau wollte aufstehen, als sie ihren Sohn kommen sah. Valentin hielt sie allerdings davon ab.

»Bleib ruhig sitzen, Mutter. Meinetwegen brauchst du deinen schönen sonnigen Platz nicht zu verlassen. Ich setze mich zu dir und leiste dir Gesellschaft. Bei dieser Gelegenheit kann ich dir auch gleich von einem neuen Geschäftsabschluss berichten. Ich habe heute eine weitere Kaffeeplantage gekauft, die ganz in der Nähe unserer schon vorhandenen Plantagen in Brasilien liegt. Durch den wirtschaftlichen Niedergang des bisherigen Besitzers, der übrigens durch eigenes Verschulden in finanzielle Not geraten ist, konnte ich das Gebiet ausgesprochen güns­tig erwerben. Das Geschäft ist abgeschlossen. Die Verträge sind heute unterzeichnet worden.«

Die Gräfin lächelte ihren Sohn an. »Das ist eine schöne Nachricht. Dein Vater wäre stolz auf dich, wenn er noch erleben könnte, wie gut du die Arbeit in seinem Sinn weiterführst. Es ist bedauerlich, dass er uns schon so früh verlassen musste und das Krebsleiden nicht besiegen konnte. Obwohl das nun schon zwei Jahre zurückliegt, habe ich oft den Eindruck, als wäre es erst gestern gewesen.«

»Mir ergeht es ebenso«, gestand Valentin. »Manchmal meine ich, dass sich gleich irgendwo eine Tür öffnen und Vater hereinkommen müsste. Aber wir müssen das Schicksal akzeptieren und vielleicht sogar dankbar dafür sein, dass wir viele Jahre lang eine glückliche Familie gewesen sind, in der es nie Probleme gab.«

»Dafür bin ich tatsächlich dankbar. Allerdings bereitet es mir ein wenig Kummer, dass sich der größte Wunsch deines Vaters nicht mehr zu seinen Lebzeiten erfüllt hat. Er hat immer davon geträumt, dass du eines Tages eine nette Schwiegertochter ins Haus führst und dass er sich über ein Enkelkind freuen kann.«

»Das weiß ich«, meinte Graf Valentin nickend. »Aber diesen Wunsch konnte ich ihm leider nicht erfüllen. Die richtige Frau, mit der ich mein ganzes Leben verbringen möchte, habe ich einfach noch nicht gefunden. Mir ist auch bekannt, dass nicht nur Vater diesen Wunsch hatte. Du würdest auch recht gern eine passende Schwiegertochter präsentiert bekommen, nicht wahr?«

Die Gräfin fühlte sich ertappt. »Das kann ich nicht abstreiten. Der gesamte Westflügel des Schlosses steht dir und deiner zukünftigen Familie zur Verfügung. Es wäre schön, wenn dort Einzug gehalten würde. Besonders seit Vaters Tod kommt mir das Schloss trotz unserer zahlreichen Bediensteten leer und einsam vor.«

»Irgendwann werde ich schon die richtige Partnerin finden und damit auch deinen Wunsch erfüllen.«

Gräfin Constanze musterte ihren Sohn eingehend. »Irgendwann! Mein Sohn, es ist dir doch schon bewusst, dass die Uhren auch für dich nicht angehalten werden. Die Zeit läuft weiter, und du wirst nicht jünger.«

Graf Valentin musste herzhaft lachen. »Mutter, wenn man dich so argumentieren hört, könnte man meinen, dass meine besten Jahre bereits hinter mir lägen. Ich bin achtundzwanzig Jahre alt und damit noch längst kein alter Mann. Oder wäre es dir lieber gewesen, wenn ich schon als Abiturient eine Ehe eingegangen wäre und dir kurze Zeit später, zu Anfang des Studiums, ein Enkelkind präsentiert hätte?«

»Gott bewahre!« Gräfin Cons­tanze hob abwehrend die Hände. »Sämtliche Adelskreise hätten sich die Mäuler über uns zerrissen. Nein, das wäre selbstverständlich mehr als unangenehm gewesen. Aber inzwischen hast du dein Studium längst abgeschlossen und verwaltest unsere Ländereien. Einer privaten Zukunftsplanung steht also nichts mehr im Wege.«

»Bis auf die Tatsache, dass ich die passende Frau noch nicht gefunden habe«, erinnerte Valentin seine Mutter. »Mir ist bekannt, dass es zahlreiche junge Frauen aus den besten Kreisen gibt, die mich lieber heute als morgen ehelichen würden. Einige davon sind sogar recht sympathisch. Aber ich liebe keine von ihnen, und ich möchte einzig und allein aus Liebe heiraten.«

»Das kann ich gut verstehen. Bei deinem Vater und mir ist das damals nicht anders gewesen. Wir sind von unseren Familien genötigt worden, doch möglichst bald zu heiraten. Aber keiner von uns beiden konnte sich dazu entschließen.

Auch für uns war es problematisch, den passenden Partner zu finden. Das hat sich dann plötzlich geändert, als wir beide uns zufällig während einer Jagdveranstaltung auf Schloss Bilsenrode begegnet sind. Schon nach einer Stun­de hatten wir das sichere Gefühl, füreinander bestimmt zu sein.«

Valentin betrachtete das von der Erinnerung an längst vergangene Zeiten verklärte Gesicht seiner Mutter und lächelte verständnisvoll.

»Siehst du, dann wirst du auch begreifen, dass ich noch warten muss. Irgendwann wird mir die Frau begegnen, die ich von Herzen liebe. Wann das geschehen wird, kann ich dir nicht sagen. Aber ich habe nicht vor, mein Leben lang Junggeselle zu bleiben. Du wirst ganz bestimmt eines Tages eine Schwiegertochter bekommen.«

»Hoffentlich noch zu meinen Lebzeiten«, erwiderte die Gräfin und warf ihrem Sohn einen Blick zu, in dem ein gewisser Schalk nicht zu übersehen war.

*

Sorgfältig schloss Charlotte Legrell die Eingangstür des kleinen Einfamilienhauses ab, in dem sie seit einigen Jahren wohnte. Das bescheidene, aber bestens gepflege alte Haus hatte die fünfundzwanzig Jahre alte Frau von ihren Eltern geerbt. Aufgewachsen war sie hier allerdings nicht. An ihre

Eltern konnte Charlotte sich überhaupt nicht mehr erinnern. Sie war nicht einmal drei Jahre alt gewesen, als Vater und Mutter bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen waren. Charlotte und ihr seinerzeit zehn Jahre alter Bruder Leon waren anschließend in einem Heim aufgewachsen, da es keine Verwandten gab, die sich um die Kinder hätten kümmern können. Das Haus der Eltern war bis zur Volljährigkeit der Kinder mündelsicher verwahrt worden. Leon hatte an dem Objekt später allerdings kein Interesse gehabt. Er war schon in jungen Jahren nach Spanien ausgewandert und betrieb auf der Insel Mallorca eine Segelschule, die sich großer Beliebtheit erfreute.

Charlotte hatte nach ihrer Schulzeit eine Ausbildung zur Goldschmiedin absolviert und anschließend eine Anstellung in der Kleinstadt gefunden, an deren Rand das Haus ihrer Eltern lag. Sie arbeitete in einem äußerst exquisiten Schmuckgeschäft und fühlte sich dort sehr wohl. Bei ihren beiden Chefs, Vater und Sohn, handelte es sich um ausgesprochen freundliche Menschen, die Charlottes Qualifikation und ihr großes Talent zu schätzen wussten. Außerdem waren sie sehr verständnisvoll, was sich vor knapp zwei Jahren ganz deutlich gezeigt hatte.

Charlotte hatte seinerzeit eine Hundeausstellung besucht und war mit einem der Züchter ins Gespräch gekommen. Er erzählte ihr von einer seiner Hündinnen, die gerade fünf Welpen zur Welt gebracht hatte. Vier davon waren gesund und putzmunter. Der fünfte Welpe aber, ein kleiner Rüde, war von der Natur benachteiligt worden. Schon bei seiner Geburt war er viel kleiner als seine Geschwis­ter und wollte sich auch während seiner ersten vier Lebenswochen nicht gut entwickeln. Nun war er auch noch ernsthaft krank geworden. Der Züchter berichtete nicht ohne eine gewisse Traurigkeit, dass er diesen Welpen am nächsten Tag zum Tierarzt bringen würde, um ihn einschläfern zu lassen. Dieses Tier sei einfach nicht lebensfähig. Charlotte hatte das nicht einsehen wollen und war sich mit dem Züchter schnell einig geworden: Er erklärte sich bereit, ihr den kleinen Rüden zu überlassen, damit sie versuchen konnte, ihn von Hand aufzuziehen. Vielleicht würde er durch intensiven Einsatz ja doch noch eine Chance haben und am Ende möglicherweise überleben.

Natürlich hatte Charlotte bei ihrem spontanen Entschluss nicht daran gedacht, dass sie beruflich stark eingespannt war und sich eigentlich gar nicht ausreichend um den Welpen kümmern konnte. Wer sollte das Tier versorgen, während sie ihrer Arbeit nachging? Als sie mit ihren Chefs, Paul und dessen Sohn Gregor von Surwold, über dieses Problem sprach, dachten die beiden nicht lange nach. Sie waren selbst Tierfreunde und schlugen Charlotte vor, den Welpen einfach mit zur Arbeit zu bringen. Für die Angestellten gab es einen Aufenthaltsraum. Dort würde der junge Hund bleiben und regelmäßig mit Futter, Medikamenten und Streicheleinheiten versorgt werden können. Charlotte hatte dieses Angebot dankbar angenommen. Nicht nur sie selbst, auch Paul von Surwold, sein Sohn und ihre Kollegin und Freundin, Flora Bentheim, kümmerten sich abwechselnd rührend um den kleinen Rüden. Er wurde ständig bemuttert.

Dank der hingebungsvollen Pflege hatte der Welpe überlebt und den Namen Odin bekommen. Heute hätte niemand mehr vermutet, dass er als junger Hund beinahe chancenlos gewesen war. Odin hatte sich zu einem prachtvollen kräftigen Golden Retriever entwickelt, der seine Besitzerin und auch heute nicht täglich zur Arbeit begleitete. Tagsüber durfte der Hund noch immer im Aufenthaltsraum bleiben, und es war kein Drama, wenn er zwischendurch einmal in den Laden kam. Die meisten Kunden kannten Odin und freuten sich, wenn sie ihn begrüßen konnten. Der absolut freundliche Rüde knüpfte gerne neue Kontakte, ohne dabei aufdringlich zu sein. Charlotte war Paul und Gregor von Surwold noch immer dankbar dafür, dass sie Odin als ihren ständigen Begleiter anerkannten.

Nachdem Charlotte an diesem Tag die Haustür verschlossen hatte, ging sie auf ihr Auto zu, sah sich dabei jedoch suchend um.

»Odin!«, rief sie. »Odin, hierher! Wir müssen los. Sonst komme ich zu spät zur Arbeit.«

Normalerweise kam der Hund, der morgens vor der Abfahrt gern noch einen kurzen Streifzug durch den Garten unternahm, sofort angetrabt, wenn Charlotte nach ihm rief. Diesmal war das nicht der Fall. Deshalb machte sie sich auf den Weg hinter das Haus, um nach ihm zu sehen. Was sie dort allerdings entdeckte, gefiel ihr überhaupt nicht. Unmittelbar vor der kleinen Terrasse hatte Charlotte am Vorabend zahlreiche bunte Primeln in die Erde gepflanzt. Das war Odin natürlich nicht entgangen. Nun hatte er sich ans Werk gemacht und einige der hübschen Frühjahrsblumen mit seinen kräftigen Pfoten ausgebuddelt. Er war ein wirklich freundlicher, charmanter und liebenswerter Bursche, aber manchmal ging sein Temperament mit ihm durch, und dann hatte er nur noch lauter Unsinn im Kopf. Dass es sich tatsächlich um Dummheiten handelte, mit denen er sich gerade beschäftigte, wusste Odin natürlich nicht. Er sah Charlotte kommen und strahlte sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen, offensichtlich stolz auf sein Werk, an. Auf seiner Nase prankte ein kleiner Erdklumpen, da er bei seinen Grabarbeiten auch seine Schnauze benutzt hatte.

»Mensch, Odin!«, entfuhr es Charlotte. »Ich habe mir so viel Mühe mit der Bepflanzung gegeben. Jetzt hast du alles zerstört. An manchen Tagen kann man dich wirklich keine Sekunde aus den Augen lassen. Nun muss ich neue Blumen kaufen und kann mit der Arbeit noch einmal neu beginnen. Aber warum erkläre ich dir das überhaupt? Wahrscheinlich verstehst du gar nicht, worüber ich mit dir rede. So ist es doch, oder?«

»Waff«, äußerte sich der Hund nur und musste gleich anschließend niesen, weil ihm ein paar Erdkrümel in die Nase geraten waren.

»Das ist wenigstens eine kleine Strafe für dein Vergehen«, meinte Charlotte lachend. »Aber nun komm, wir müssen uns auf den Weg machen.«

Diesmal ließ Odin sich nicht lange bitten und folgte seiner Besitzerin sofort. Er lief sogar voraus zum Auto und wartete, dass ihm die Tür geöffnet wurde. Mit einem eleganten Satz sprang er auf den Rücksitz. Das alles gehörte für ihn zur täglichen Routine, und er wuss­te auch genau, dass es jetzt zu Charlottes Arbeitsplatz ging. Dort wartete Flora Bentheim bereits auf ihn, die ihn jeden Tag mit einem kleinen Leckerbissen begrüßte. Auch das gehörte für den Golden Retriever zum gewohnten Alltag.

*

Das Schmuckgeschäft wurde täglich pünktlich um neun Uhr geöffnet. Sowohl Flora Bentheim als auch Charlotte besaßen einen Schlüssel für sämtliche Türen. Paul und Gregor von Surwold trafen meistens erst eine Stunde später ein. Wie gewohnt begrüßte Flora ihre Kollegin und steckte Odin den von ihm erwarteten Leckerbissen zu.Trotzdem war an diesem Tag alles ein bisschen anders als sonst. Flora wirkte nervös, geradezu aufgekratzt. Das entging Charlotte nicht.

»Was ist denn mit dir los?«, erkundigte sie sich. »Hast du etwa im Lotto gewonnen? Deinem strahlenden Gesicht und deinem Verhalten nach zu urteilen, könnte man das beinahe vermuten.«

Flora winkte ab. »Ach was, ein Lottogewinn ist unwichtig. Was ich zu berichten habe, ist viel besser. Du weißt doch, dass ich schon seit fast einem Jahr mit unserem Juniorchef befreundet bin.«

»Befreundet ist gut. Ich hatte den Eindruck, dass zwischen euch beiden ein bisschen mehr ist als nur eine harmlose Freundschaft.«

»Natürlich ist da mehr. Das weißt du doch längst. Aber ich hatte immer ein bisschen Angst, dass Gregor sich eines Tages doch für eine andere Frau entscheidet. Was bin ich denn schon? Eine kleine Goldschmiedin, die in einem der drei Geschäfte arbeitet, die seinem Vater und ihm gehören. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass er mich wirklich aufrichtig liebt und dass diese Liebe von Bestand sein wird.«

»Diese Angst scheinst du jetzt nicht mehr zu haben«, stellte Charlotte fest. »Dafür muss es einen Grund geben. Was ist passiert?«

»Stell dir vor, nachdem wir ges­­­tern zusammen im Theater waren, hat Gregor mir ganz offiziell einen Heiratsantrag gemacht. Hier, diesen Ring hat er mir als Verlobungsring überreicht.«

Flora hob ihre linke Hand und präsentierte stolz den mit einem wertvollen Diamanten besetzten Weißgoldring. »Ist das nicht ein wundervolles Stück?«

»Wunderschön und wertvoll«, bestätigte Charlotte. »Ein Viertelkaräter von bester Qualität. Kunststück, Gregor sitzt ja schließlich an der Quelle, und ein armer Mann ist er nicht. Aber Spaß beiseite. Ich freue mich natürlich für dich und gratuliere dir. Du bekommst einen traumhaften Mann. Ich wünsche euch beiden, dass ihr richtig glücklich und uralt miteinander werdet. Ein biss­chen beneide ich dich sogar. Nun hast du deinen Lebenspartner gefunden, obwohl du ein halbes Jahr jünger bist als ich. Wäre ich da nicht eigentlich zuerst an der Reihe gewesen? Damit meine ich nicht, dass ich ein Anrecht auf Gregor hätte. Ich schätze ihn sehr. Er ist ein attraktiver und sympathischer Mann. Aber verlieben könnte ich mich in ihn nicht. Es hätte aber ruhig ein anderer Traummann meinen Weg kreuzen können.«

»Irgendeiner würde dir aber nicht reichen«, gab Flora zu bedenken. »Du hast mir so oft erzählt, dass du schon als Kind von einem ganz bestimmten Mann geträumt hast. Während all der Jahre, die du im Kinderheim aufgewachsen bist, hast du dich doch nach einem Prinzen gesehnt, der auf einem weißen Pferd angeritten kommt, dich in seine Arme nimmt und auf sein Schloss führt.«

»Ja«, gestand Charlott. »Auf ein weißes Schloss mit goldenen Zwiebeltürmen, umgeben von wundervoll blühenden Bäumen.«

»Siehst du, solche Prinzen sind ausgesprochen rar. Du wirst dich vielleicht noch eine ganze Weile gedulden müssen, bis dir so einer über den Weg läuft und sich Hals über Kopf in dich verliebt.«

Charlotte lächelte vergnügt. »Das sind Kinderträume gewesen. In der Wirklichkeit gibt es solche Glücksfälle nicht. Ich muss mich damit abfinden, niemals auf einem Schloss wohnen zu können. Vielleicht finde ich aber doch irgendwann mein Glück, auch wenn es kein Prinz ist. Allerdings geht es jetzt nicht um mich, sondern um dich und Gregor. Es freut mich wirklich, dass ihr heiraten werdet. Wisst ihr denn schon, wann die Hochzeit stattfinden soll?«

»Einen genauen Termin haben wir noch nicht festgelegt. Aber wir sind uns darüber einig, dass wir im Sommer heiraten wollen. Übrigens wirst du mich auch nach der Hochzeit nicht als Kollegin verlieren. Ich möchte gerne weiter hier arbeiten. Für dich ändert sich also nichts. Auch wenn ich dann den Namen von Surwold trage, bleibe ich für dich immer deine Freundin Flora.«

»Das ist schön.« Spontan nahm Charlotte Flora in die Arme, gab sie aber sofort wieder frei. Durch das große Schaufenster sah sie Paul und Gregor von Surwold auf die Ladentür zukommen. Die beiden Männer mussten nicht unbedingt bemerken, worüber sich die zwei Frauen gerade unterhalten hatten.

*

Lange hatte Graf Valentin darüber nachgedacht, was für ein Geschenk er seiner Mutter zu deren bevorstehendem sechzigsten Geburtstag überreichen könnte. Sie liebte ausgefallene elegante Kleidung. Doch mit einem solchen Präsent wäre er überfordert gewesen. Mit Damenkleidung kannte er sich nicht gut genug aus. Schließlich hatte er eine Idee: Da seine Mutter auch eine Vorliebe für Blumen aller Art hatte, wollte er ihr ein Collier schenken, das mit Diamanten in Blütenform besetzt war. Kürzlich erst hatte er von einem ausnehmend feinen Schmuckgeschäft gehört, das in einem etwa dreißig Kilometer entfernt liegenden Ort handgefertigte exquisite Schmuckstücke anbot. Wenn er irgendwo das passende Geschenk für seine Mutter bekommen konnte, dann war er dort sicher an der richtigen Adresse.

Bereits wenige Tage, nachdem ihm die Idee gekommen war, stand Graf Valentin in dem Schmuckgeschäft der von Surwolds. Dort wurde er von Flora Bentheim freundlich empfangen. Charlotte war zu dieser Zeit nicht anwesend. Sie hatte die ruhige Mittagszeit genutzt, um mit Odin einen Rundgang durch den benachbarten Park zu unternehmen. Nachdem der Graf seine Vorstellung über die Art des gewünschten Schmuckstückes beschrieben hatte, wiegte Flora nachdenklich den Kopf.

»Ein Collier mit einzelnen Brillanten in Blütenform haben wir leider derzeit nicht. Ich bin sicher, dass auch in den beiden anderen Geschäften der Familie von Surwold derzeit nichts in dieser Art vorliegt. Aber natürlich könnten wir ein Stück nach Ihren Wünschen anfertigen. Das dauert allerdings eine Weile. Mit einer Anfertigungszeit von etwa vier Wochen müssten Sie rechnen.«

»So viel Zeit bleibt mir leider nicht. Meine Mutter hat in zwei Wochen Geburtstag, und ich möchte ihr das Geschenk nicht verspätet überreichen.«

Flora dachte einen Moment lang nach.

»Vielleicht habe ich doch die Lösung für Sie. Meine Kollegin hat gerade ein Collier aus Weißgold und Brillanten gefertigt, das Ihrer Mutter gefallen könnte. Bitte gedulden Sie sich einen Moment. Es gehört zu unseren kostbarsten Stücken, die wir im Panzerschrank verwahren. Ich hole es heraus, damit Sie es sich ansehen können.«

Flora verschwand und kehrte kurze Zeit später mit dem Collier zurück, das sie Valentin auf einem blauen Samttuch präsentierte.

Das breite Weißgoldband war an der Vorderseite mit mehreren Brillanten versehen, die sich zu der Form einer Rosenblüte vereinten.

Jeder einzelne Stein versprühte im Schein der Beleuchtung über dem Ladentisch ein bemerkenswertes Feuer.

»Hier handelt es sich zwar nur um eine einzige Blüte«, erklärte Flora.

»Dafür ist diese von beachtlicher Größe. Wer Edelsteine und Blumen liebt, wird an diesem Stück ganz sicher seine Freude haben. Allerdings hat ein solch kostbares Schmuckstück natürlich seinen Preis.«

»Der Preis ist unwichtig«, bemerkte Graf Valentin und konnte seine Augen gar nicht mehr von den funkelnden Steinen abwenden. »Meine Mutter hat es verdient, ein ganz besonderes Geschenk zu bekommen. Ich bin kein Fachmann, aber dieses Collier scheint die Arbeit einer echten Künstlerin zu sein. Es ist wunderschön. Als Mann habe ich zu Schmuck kein besonders ausgeprägtes Verhältnis. Aber wenn mir das Collier schon so gut gefällt, wird meine Mutter erst recht davon begeistert sein. Ich glaube, ich brauche mich nicht länger nach einem Geschenk umzusehen. Ich habe es gefunden, und nehme es gleich mit. Richten Sie Ihrer Kollegin bitte aus, dass sie eine wirklich große Künstlerin ist.«

Bei Verkäufen besonders teurer und kostbarer Schmuckstücke erschienen auch Paul oder Gregor von Surwold persönlich, um noch ein paar Worte mit dem Kunden zu wechseln. Diesmal war es Paul von Surwold, der das Collier in eine edle Schatulle legte und diese anschließend dem Käufer reichte. Der Name der Grafenfamilie war Paul bekannt. Allerdings hatte er bis heute noch niemanden davon persönlich kennen gelernt. Valentin von Ahlenburg verstaute die Schatulle sorgfältig und verließ glücklich das Geschäft. Er war sicher, dass er seiner Mutter mit diesem Geschenk eine große Freude machen würde.

*

Der Park, der unmittelbar neben dem Schmuckgeschäft begann, verfügte über einen großen Teich, in dessen Mitte sich eine kleine Insel befand. Als typischer Golden Retriever liebte Odin das Wasser und war meistens nicht davon abzuhalten, sich in die Fluten zu stürzen und bis zur Insel zu schwimmen. Fast immer kehrte er rasch wieder zurück. Dann war noch genug Zeit vorhanden, um sich auslaufen zu können, bis das Fell wieder getrocknet war. An diesem Tag ließ Odin sich auf der Insel allerdings viel Zeit. Die Nase tief am Boden haltend, verfolgte er eine Spur, die vermutlich von Enten stammte, die kurz zuvor auf der Insel gerastet hatten. Charlottes Rufe überhörte er einfach. Es interessierte ihn auch nicht, dass sie bereits mehrfach prüfend auf ihre Uhr geblickt hatte. Erst als er die Entenspuren nicht mehr so spannend empfand, verließ Odin die Insel und schwamm zurück ans Ufer.

»Manchmal bist du eine richtige Plage«, meinte Charlotte, konnte ihrem Hund aber nicht ernsthaft böse sein. »Jetzt müssen uns aber beeilen, und du wartest gefälligst brav an der Hintertür, bis ich ein Handtuch geholt habe, um dich abzutrocknen. Mit dem pitschnassen Fell darfst du nicht ins Haus.«

Odin lief voraus und bog auch schon auf den schmalen Pfad ab, der zur Hintertür des Geschäftes führte, als er plötzlich auf der nur wenige Meter entfernten Straße etwas entdeckte, dem er einfach nicht widerstehen konnte. Dort stand ein Auto. Sowohl die Beifahrertür als auch die Hecktür waren einladend geöffnet. Ein Mann war gerade damit beschäftigt, etwas in einer Tasche auf dem Rücksitz zu verstauen. Der Golden Retriever hatte zwei große Leidenschaften. Eine davon war das Wasser, bei der anderen handelte es sich um Autos. Er liebte es, im Auto mitfahren zu dürfen. In der Erwartung einer Rundfahrt stürmte Odin auf die geöffnete Beifahrertür zu.

»Odin zurück! Hierher!«, rief Charlotte in scharfem Ton, hatte in diesem Moment allerdings keine Chance bei dem Hund. Mit einem eleganten Satz sprang Odin in das Wageninnere auf den Beifah­rer­sitz, schüttelte dort sein noch immer nasses Fell, dass die Tropfen in sämtliche Richtungen spritzten, und nahm anschließend erwartungsvoll Platz.

Graf Valentin von Ahlenburg, der gerade das Geschenk für seine Mutter sicher unterbringen wollte und nach einem geeigneten Platz gesucht hatte, war der sich nähernde Hund zunächst nicht aufgefallen. Er bemerkte Odin erst, nachdem dieser ins Auto gesprungen war und ihn mit einem außerplanmäßigen Duschbad versorgt hatte. Erstaunt und eher amüsiert als verärgert blickte der Graf auf.

»Wer immer du auch bist, wenn du mich duschen möchtest, hättest du wenigstens ein Handtuch mitbringen sollen, damit ich mich anschließend abtrocknen kann. Was hast du eigentlich vor? Willst du mit mir eine Spritztour unternehmen? Wenn das so ist, hat dir wahrscheinlich noch nie jemand gesagt, dass der Begriff Spritztour nichts mit dem Versprühen von Wasser zu tun hat.«

Kaum hatte Graf Valentin diese kleine Ansprache gehalten, als Charlotte auch schon zur Stelle war und den Hund energisch aus dem Auto zog. Peinlich berührt blickte sie den Mann an.

»Es tut mir so leid! Ich war eben mit Odin im Park. Er ist dort im Teich geschwommen, und dann hat er die geöffnete Wagentür gesehen. Es ist eine Unart von ihm, in jedes Auto einzusteigen. Das habe ich ihm bis heute nicht abgewöhnen können. Jetzt sind die Sitze Ihres Wagens nass und schmutzig. Ich komme natürlich für den Schaden auf.«

»Ich bitte Sie. Ein bisschen Wasser verursacht doch keinen Schaden. Das trocknet von allein wieder, und gereinigt wird das Auto ohnehin regelmäßig.«

Der Graf lächelte Charlotte an. Was war das für ein bezauberndes Geschöpf, das dort vor ihm stand. Charlotte wirkte auf ihn wie ein Wesen aus einer anderen Welt, fast wie eine wunderschöne Fee, die plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war.

»Es ist meine Schuld gewesen, dass ihr Odin in meinen Wagen springen konnte. Ich hatte beide Türen geöffnet.«

»Ach was! Sie konnten doch nicht mit dem Auftauchen eines etwas unerzogenen Hundes rechnen«, widersprach Charlotte. »Es ist also meine Pflicht, den entstandenen Schaden auszugleichen. Darauf bestehe ich.«

»Gut, dann opfern Sie mir ein paar Stunden für ein gemeinsames Abendessen«, hörte Graf Valentin sich zu seinem eigenen Erstaunen sagen. Es war nicht seine Art, so direkt auf fremde Menschen zuzugehen. Aber diese junge Frau durfte nicht einfach so aus seinem Leben verschwinden. Sie war etwas ganz Besonderes, das er festhalten wollte.

»Ein Abendessen?« Charlotte schüt­telte verwirrt den Kopf. »Die Einladung zu einem Abendessen wäre keine Strafe, sondern eine Belohnung, und die habe ich für Odins Missetaten nicht verdient.«

»Wenn Sie meine Einladung als Belohnung empfinden, fällt es Ihnen sicher nicht schwer, sie anzunehmen. Ich darf Ihre Äußerung demnach als Zustimmung werten. Allerdings sollten Sie nicht mit einem wildfremden Mann ausgehen. Mein Name ist Valentin von Ahlenburg.«

Charlotte ergriff die ausgestreckte Hand, die der Graf ihr bot. »Ich heiße Charlotte, Charlotte Legrell. Aber ich kann doch nicht einfach …«

»Warum nicht?«, unterbrach Valentin die junge Frau. »Haben Sie heute Abend vielleicht schon andere Pläne?«

»Nein, das nicht. Nach der Arbeit fahre ich mit Odin gleich nach Hause.«

»Dann gibt es doch keine Probleme. Sagen Sie mir nur, wann und wo ich Sie abholen soll. Odin kann Sie selbstverständlich gern begleiten. Das Restaurant, in das ich Sie führen möchte, akzeptiert auch Hunde, und es gibt in den Räumlichkeiten weder Teiche noch Autos, die Ihren Hund zu irgendwelchen Dummheiten veranlassen könnten.«

Charlotte fühlte sich regelrecht überrumpelt und nahm die Einladung an. Graf Ahlenburg bedankte sich bei ihr, fuhr Odin beim Abschied noch einmal mit der Hand durch das noch immer feuchte Fell und versprach, Charlotte pünktlich abzuholen.

Die junge Frau war noch immer verwirrt, als sie wenig später mit Odin zum Hintereingang des Geschäftes wanderte. Wieso hatte sie sich gerade von einem völlig fremden Mann einladen lassen und ihm sogar ihre Adresse genannt? Irgendwie konnte sie sich selbst nicht begreifen. Aber dieser Valentin von Ahlenburg hatte etwas in ihr berührt. Er machte nicht nur einen seriösen und sympathischen Eindruck. Da war noch mehr, ein seltsames Gefühl, das Charlotte selbst nicht genau deuten konnte. Plötzlich erschien vor ihren Augen das Bild aus längst vergangenen Kindertagen. Sie sah ihn wieder, diesen Prinzen in kostbarer Kleidung auf einem weißen Pferd. Ungehalten über diese Vision schüttelte sie den Kopf und rief sich selbst zur Ordnung. Valentin von Ahlenburg fuhr zwar ein Auto der Luxusklasse, aber er besaß kein weißes Pferd, und ein Prinz war er auch nicht. Wo und wie er wohnte, konnte Charlotte nicht sagen. Doch ein weißes Schloss war ganz sicher nicht sein Zuhause. Obwohl sie sich überrumpelt fühlte und eigentlich gar nichts über Valentin von Ahlenburg wusste, freute sie sich auf die Verabredung.

Bevor sie das Schmuckgeschäft betrat, überlegte Charlotte, ob sie Flora etwas von ihrem Erlebnis erzählen sollte. Sie entschied sich allerdings dagegen. Was war denn auch schon passiert? Jemand hatte sie zum Abendessen eingeladen. Das war nichts Besonderes, und wahrscheinlich würde es bei dieser einmaligen Verabredung bleiben. Charlotte konnte sich nicht erklären, warum sie bei diesem Gedanken mit einer spürbaren Traurigkeit erfüllt wurde. Was war nur mit ihr geschehen? Der Begriff der Liebe auf den ersten Blick war Charlotte nicht fremd. Aber dabei handelte es sich doch nur um eine Redensart. In Wirklichkeit gab es dergleichen nicht, oder vielleicht doch?

*

Zunächst hatte Charlotte Bedenken gehabt, Odin in das von Valentin gewählte Restaurant mitzunehmen. Schließlich hatte sie die Erfahrung gemacht, dass man bei diesem Hund nie genau wissen konnte, welche Dummheiten ihm gerade einfielen. Doch an diesem Tag erwiesen sich alle Bedenken als unbegründet. Odin lag brav unter dem Tisch und rührte sich nicht. Er stand nur einmal kurz auf, als die Bedienung erschien und ihm eine Schale Wasser reichte. Anschließend nahm er zufrieden wieder Platz.

Graf Valentin und Charlotte saßen sich gegenüber und hatten beide das Gefühl, als würden sie sich schon seit vielen Jahren kennen. Es geschah fast wie von selbst, dass sie sich schon bald gegenseitig beim Vornamen nannten.

Charlotte hatte keine Hemmungen, Valentin von dem frühen Tod ihrer Eltern zu berichten. »Für mich war das nicht so dramatisch, wie man vielleicht denken könnte«, erzählte sie. »Ganz kleine Kinder sind sich der Tragweite der Geschehnisse noch nicht so recht bewußt. Allerdings muss ich auch zugeben, dass mir das Leben im Kinderheim nicht besonders gut gefallen hat. Ein Elternhaus kann eben trotz aller Mühe, die sich Kinderheime geben, nicht ersetzt werden. Ich war froh, als ich schließlich meine Ausbildung beginnen konnte und dann auf eigenen Füßen stand.«

»Dein Leben ist zunächst wirklich nicht in idealen Bahnen verlaufen«, stellte Graf Valentin fest. »Aber du hast deinen Weg gefunden und bist heute ein glücklicher Mensch. Das allein zählt.«

»Ja, ich bin wirklich zufrieden. Und wenn Odin mir nicht gerade wieder einen seiner Streiche spielt, gibt es für mich keine Probleme. Aber jetzt haben wir so viel über mich gesprochen. Von dir weiß ich noch gar nichts. Möchtest du mir nicht auch etwas über dich verraten?«

»Da gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Mit mir ist das Schicksal zum Glück nicht so hart umgesprungen wie mit dir. Ich bin in einer intakten Familie aufgewachsen. Mein Vater hat seine Geschäfte mit Kaffee gemacht und mir geraten, Wirtschaftswissenschaften zu studieren, damit ich eines Tages in seine Fußstapfen treten kann. Das habe ich dann auch getan und festgestellt, dass mich mein Vater richtig beraten hat. Vor drei Jahren ist er an Krebs erkrankt. Die Ärzte konnten ihm nicht helfen. Vor etwa zwei Jahren ist mein Vater gestorben. Seitdem lebe ich mit meiner Mutter allein im Haus und führe die Geschäfte meines Vaters weiter.«

Graf Valentin wusste selbst nicht, warum er nicht erwähnte, dass es sich bei den Geschäften um riesige Plantagen handelte, die ihren Besitzern ein Leben in Wohlstand und Luxus ermöglichten. Es widerstrebte ihm, vor Charlotte glänzen zu wollen. Vielleicht sagte er ihr deshalb nicht die volle Wahrheit und hatte das Wasserschloss, in dem er mit seiner Mutter residierte, auch einfach nur als Haus bezeichnet.

»Der Tod deines Vaters muss schlimm für deine Mutter gewesen sein«, meinte Charlotte. »Sie kann noch keine alte Frau sein. Hat sie nicht schon einmal daran gedacht, wieder eine neue Bindung einzugehen?«

»Nein, das kommt für sie nicht in Frage. Sie hat meinen Vater über alles geliebt. Kein anderer Mann könnte seinen Platz jemals einnehmen. Aber meine Mutter ist eine sehr selbstbewusste Frau, die ihr Leben meistert. Sie denkt nicht an eine neue Bindung.« Valentin lächelte vergnügt. »Allerdings denkt sie bezüglich meiner Zukunft an eine Bindung und erklärt mir immer wieder, dass es an der Zeit sei, mir endlich eine Frau fürs Leben zu suchen.«

»Und?«, wollte Charlotte wissen. »Wie stehst du selbst dazu? Ich meine, du bist ein blendend aussehender Mann, der offensichtlich in geordneten Verhältnissen lebt. Es dürfte nicht allzu schwer sein, eine passende Partnerin zu finden.«

»Du bist doch auch nicht gebunden, obwohl du eine attraktive Frau bist«, erwiderte Valentin ausweichend. »Möglicherweise haben wir beide ganz bestimmte Vorstellungen von unseren künftigen Lebenspartnern und sind deshalb noch nicht erfolgreich gewesen.«

Charlotte verzichtete darauf, Valentin etwas von ihren Kinderträumen zu erzählen, in denen ein Prinz eine Rolle spielte. Aber insgeheim gestand sie sich ein, dass sie diesen Prinzen in leicht abgewandelter Form unter Umständen gerade gefunden hatte. Seltsam, sie kannte Valentin erst seit diesem Tag, und trotzdem fühlte sie sich mit allen Fasern ihres Herzens zu ihm hingezogen.

Fürstenkrone Classic 39 – Adelsroman

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