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ОглавлениеProjekte leiten statt verwalten: Projektleitung – mehr als zertifizierte Methodik
// Von Olaf Hinz
„Projektleiter in 3 Tagen – So bekommen Sie Ihre Projekte in den Griff!“ – diesen und ähnliche Etikettenschwindel findet man seit über 15 Jahren im Beratungsmarkt des Projektmanagements – kühne Versprechungen, zertifizierte Standards und jede Menge Tools und Methoden.
Mehr als ein Werkzeugkoffer
Und tatsächlich ist Projektmanagement eine hoch methodische Disziplin und kann ihre Herkunft aus der Ingenieurswissenschaft nicht verbergen. Klar ist: Jeder Projektkapitän, der Erfolg haben will, muss die methodischen Grundlagen kennen und beherrschen.
Ein gefüllter Werkzeugkoffer ist die notwendige Bedingung guten Projektmanagements.
Organisationsübergreifende Zusammensetzung
Das Projektteam ist aus Fachexperten zusammengesetzt. Oft kommen die Mitglieder aus verschiedenen Orten und Abteilungen der Organisation. Teilweise treten auch noch unterschiedliche Hierarchien im Projektteam auf.
Dann sitzen dort Sachbearbeiter neben Entwickler, der Abteilungsleiter der Buchhaltung neben dem persönlichen Referenten des Marketingvorstandes, die alle ggf. einen anderen Führungsstil aus ihrer Tätigkeit gewohnt sind bzw. diesen selbst pflegen.
Wer die Rezepte kennt, ist noch kein Sterne-Koch
Aber bleiben Sie achtsam vor einer blauäugigen und mechanistischen Anwendung. Mein Rat ist, Planungstools und Checklisten als das zu nutzen, was sie sind: Methoden der Unterstützung.
Denn wer die Inhalte mehrerer Kochbücher kennt und die neuesten Küchengeräte zur Verfügung hat, kann deswegen noch keine zwölf Personen Gesellschaft mit einem mehrgängigen Gourmetmenue zufrieden stellen.
Vom Verwalten zum Führen
Aber nur wer auch den Schritt hin zur wirklichen Führung und nicht nur zur Verwaltung von Projekten macht, erfüllt auch die hinreichende Bedingung, um ein erfolgreicher Projektlenker zu sein.
Das Beherrschen von Instrumenten und Werkzeugen muss durch die innere Haltung eines Projektkapitäns ergänzt werden – durch einen wirksamen Umgang mit Konflikten, Demotivation, Planänderungen und Teamdynamik. Es geht um die Faktoren, die wirksames Führen und effektives Entscheiden unter Unsicherheit ermöglichen.
Hauptsache seemännische Gelassenheit
Erfolgreiche Projektmanager gehen mit der Haltung der seemännischen Gelassenheit hinaus in die Organisation. Wach und kooperationsbereit bilden sie Koalitionen, jonglieren mit unterschiedlichen Interessen und kümmern sich um den Fortgang des Projektes.
Als Mann auf der Brücke profitiert ein Projektkapitän von seinem Erfahrungs- und Methodenschatz. Er weiß, dass er aufkommende Probleme aus der Situation selbst heraus lösen wird und nicht vorab regeln kann.
Zwischen Schönfärberei und Panik
Daher redet ein erfahrener Seebär seiner Mannschaft niemals einen aufziehenden Sturm schön, beordert aber auch nicht gleich alle Mann an Deck und verteilt vorsorglich Schwimmwesten. Vielmehr rechnet er mit schlechtem wie gutem Wetter und hat die Lage und Funktionsfähigkeit der Schwimmwesten bereits vorab überprüft.
Der Begriff seemännische Gelassenheit beschreibt eine besondere innere Haltung: anzuerkennen, dass Dinge anders laufen können als geplant, und dass die Wirklichkeit nicht linear, sondern höchst komplex ist.
Abschied vom „Wenn-Dann“-Denken
Es geht um den Abschied vom „Wenn-Dann“-Denken. Die alten Kategorien „richtig“ und „falsch“ werden ersetzt durch „angemessen“ und „unnütz“. Das bedeutet für einen Projektleiter, immer in Alternativen zu denken und Pläne als einen möglichen Verlaufspfad zu begreifen, der jederzeit angepasst und verändert werden kann – und dies auch gegenüber den Projektmitarbeitern zu vertreten!
Ein seemännisch gelassener Projektkapitän handelt hellwach, konzentriert, gut vorbereitet und unter Einsatz all seines Erfahrungs- und Methodenwissens über Projektmanagement – aber stets als Mensch und nicht als Funktionär irgend-einer Managementschule.
Pläne abarbeiten können auch Maschinen
Wer mit seinem professionellen Menschenverstand Projektüberraschungen von vornherein einbezieht, statt zu versuchen, sie durch Methoden wegzukalkulieren, nimmt ihnen jeglichen Schrecken und stellt sicher, dass die Projektabläufe weiterhin nützlich sind.
Genau das ist es letztlich, wofür der Projektleiter bezahlt wird. Denn Pläne abarbeiten könnte auch eine Maschine!
Auf die aktive Führung kommt es an
Dies wird von unerfahrenen Projektleitern häufig beklagt. Am Ende sei die Hierarchie immer mächtiger, sagen sie, weil diese Belohnungen verteilen und Sanktion verhängen könne. Komme es zu strittigen Situationen, unterliege man in den meisten Fällen.
Erfahrene Projektkapitäne wissen allerdings auch, dass sie die fehlende disziplinarische Macht nicht beklagen müssen, wenn sie auf aktive Führung mit Persönlichkeit setzten.