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Der Zug, in dem Carola nach Gopher Prairie fuhr, brachte auch Fräulein Bea Sorenson dorthin.

Fräulein Bea war ein handfestes, maisblondes, lachendes, junges Weib, das von der Landarbeit genug hatte. Sie sehnte sich nach den Aufregungen des Stadtlebens, und die Methode, um zu diesem frohen Stadtleben zu kommen, war ihrer Meinung nach, »als Dienstmädchen nach Gopher Prairie gehen«. Sie schleppte zufrieden ihre Pappschachtel vom Bahnhof zu ihrer Kusine Tina Malmquist, die Mädchen für alles bei Frau Luke Dawson war.

»Also, du bist in die Stadt gekommen«, sagte Tina.

»Ja. Ich will 'nen Posten«, sagte Bea.

»Also … Hast du 'n Schatz?«

»Ja. Jim Jacobson.«

»Also. Schön, daß du da bist. Wieviel willst du in der Woche?«

»Sechs Dollar.«

»So viel zahlt hier keiner. Wart! Doktor Kennicott, der hat, glaub' ich, ein Stadtmädel geheiratet. Vielleicht zahlt die so viel. Also. Du gehst spazieren.«

»Ja«, sagte Bea.

So kam es, daß Carola Kennicott und Bea Sorenson die Hauptstraße zur gleichen Zeit besichtigten.

Bea war noch nie in einer größeren Stadt gewesen als Scandia Crossing, das siebenundsechzig Einwohner hat.

Während sie die Straße hinaufmarschierte, überlegte sie, wie es möglich wäre, daß so viele Menschen auf einmal in einem Ort sein können. Je! Das mußte ja Jahre dauern, bis man alle kennenlernte. Und feine Leute noch dazu! Ein schöner großer Herr in einem neuen rosa Hemd, mit einem Diamanten, und nicht in so einem ausgewaschenen blauen Baumwollhemd. Eine hübsche Dame in einem Leinenkleid (aber dieses Kleid mußte schrecklich schwer zu waschen sein). Und die Läden!

Nicht bloß drei wie in Scandia Crossing, nein, mehr als vier ganze Blocks!

Der Bon Ton-Laden – so groß wie vier Scheunen – je! da mußte man ja ganz einfach Angst haben hineinzugehen, wo drinnen sieben oder acht Kommis einen alle anstarrten. Und die Herrenanzüge, auf Puppen, die ganz wie Menschen aussahen. Und Axel Egge, eine Menge Schweden und Norweger, wie zu Hause, und eine Karte mit feinen. Knöpfen, wie Rubine.

Eine Drogerie mit einem Sodaschanktisch, der ungeheuer war, schrecklich lang, und lauter schöner Marmor; und darauf stand eine große, große Lampe mit dem größten Schirm, den man sich denken kann – aus lauter verschiedenen Arten von buntem Glas zusammengesetzt; und die Sodaröhren, die waren aus Silber und kamen direkt aus dem Fuß der Lampe! Hinter dem Schanktisch waren Glasregale und Flaschen mit neuen Arten von alkoholfreien Getränken, von denen noch kein Mensch etwas gehört hatte. Wenn einer einen hierher mitnehmen sollte!

Ein Hotel, schrecklich hoch, noch höher als Oscar Tollefsons neue rote Scheune; drei Stockwerke, eines direkt über dem anderen; man mußte den Kopf zurücklegen, um ganz bis hinauf sehen zu können. Da war ein feiner Reisender drin – der war wahrscheinlich schon viele Male in Chicago gewesen.

Oh, so feine Leute waren da, die man kennenlernen konnte! Da ging eine Dame vorbei, man könnte kaum sagen, daß sie älter war als Bea selbst. Sie hatte ein feines graues Kleid an und schwarze ausgeschnittene Schuhe. Sie sah fast so aus, als ob sie sich auch die Stadt ansähe. Aber man hätte nie wissen können, was sie dachte. Bea wäre auch gern so gewesen – ein bißchen still, so daß keiner frech werden kann. Ein bißchen – ach, elegant.

Eine Lutheranerkirche. Hier in der Stadt würde es nette Predigten geben. Und zweimal an jedem Sonntag Kirche, an jedem Sonntag.

Und ein Kinotheater!

Ein richtiges Theater nur für Kino. Mit der Aufschrift: »Programmwechsel jeden Abend.« Jeden Abend Vorstellung!

In Scandia Crossing gab es auch Kinovorstellungen, aber nur einmal in vierzehn Tagen, und die Sorensons hatten eine Stunde zu fahren – Papa war ein solcher Geizkragen, daß er sich nie einen Ford anschaffen würde. Aber hier konnte sie sich jeden Abend den Hut aufsetzen und in drei Minuten im Kino sein und hübsche Burschen im Smoking sehen und Bill Hart und alles!

Wie konnten sie nur so viel Läden haben? Herrgott! Da war ja einer nur für Tabak, und einer (ein reizender – der Kunstladen) für Bilder und Vasen und so Sachen, mit der blendendsten Vase, die man sich denken konnte, wie ein Baumstumpf!

Bea stand an der Ecke der Hauptstraße und der Washington Avenue. Der Lärm der Stadt begann ihr Angst zu machen. Fünf Automobile waren auf der Straße, und alle auf einmal – und eines davon war ein großer, großer Wagen, der mußte zweitausend Dollar gekostet haben – und der Bus fuhr zur Bahn mit fünf elegant angezogenen Männern; und ein Mann klebte rote Zettel an, auf denen hübsche Bilder von Waschmaschinen waren, und der Juwelier legte Armbänder und Armbanduhren aus, alle auf echten Samt.

Was lag ihr daran, ob sie sechs Dollar in der Woche bekäme? Oder zwei? Es wäre ja wert, umsonst zu arbeiten, wenn man nur hierbleiben darf. Und wie es am Abend sein würde, alles beleuchtet – und nicht mit Lampen, mit Elektrizität! Und vielleicht ein Freund, der einen ins Kino führt und einem Erdbeergefrorenes mit Soda kauft!

Bea schleppte sich zurück.

»Also? Gefällt's dir?« fragte Tina.

»Ja. 's gefällt mir. Ich glaub', ich werd' dableiben«, sagte Bea.

 Die Hauptstraße

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