Читать книгу Crazy about you - Skylar Grayson - Страница 6
Eins
Оглавление»Harper, wach auf!«
Schwer atmend öffnete Harper die Augen und blickte in das besorgte Gesicht ihrer Schwester.
Peach legte die Arme um sie und wiegte sie sanft hin und her. »Das muss aufhören, hörst du?«, flüsterte sie Harper ganz leise ins Ohr und versuchte, sie so zu trösten. »Es ist mitten in der Nacht, schlafe noch etwas. Ich bleibe hier bei dir. Ich lasse dich nicht allein.«
Harper nickte benommen und rollte sich wie eine kleine Katze zusammen, spürte Peachs Körperwärme, die ihr Sicherheit gab.
So schlief sie bis zum nächsten Morgen durch, ohne zu träumen, ohne von ihren eigenen Schreien weinend aufzuwachen, wie sonst regelmäßig in dem letzten Jahr.
~
»Was machst du heute?« Harper saß ihrer Schwester am Küchentresen gegenüber und schaufelte eine Portion Cornflakes in sich hinein. MiniBeans, wie zu Kinderzeiten. Peach schüttelte nur den Kopf darüber, dass Harper immer noch Flakes zum Frühstück verputzte, bereitete ihr aber jeden Morgen welche zu, weil sie vermutlich die Proteste ihrer großen Schwester leid war.
»Ich bin mit Freundinnen von der Uni verabredet. Wir wollen für die Prüfung lernen.«
»Na, dann viel Spaß«, murmelte Harper und schaute aus dem Fenster. Es war ein schöner Frühlingstag. Die Bäume trugen zwar noch keine Blätter, aber die Sonne schien und einzelne Triebe waren bereits zu sehen.
»Und was hast du heute vor?«, fragte Peach mit vollem Mund und leckte sich die Krümel ihres Bagels von den Lippen.
Harper hob die Schultern. »Nichts Besonderes. Ausspannen, schätze ich. Ich habe morgen einen anstrengenden Termin bei Mrs Springer. Du weißt, diese Millionärin, der nie etwas gut genug ist; ich habe dir von ihr erzählt.«
Peach nickte.
Harper arbeitete als Innenarchitektin in einem Architekturbüro, als freie Mitarbeiterin, und sie nahm ab und an auch Privataufträge an.
»Ich habe eine Aufgabe für dich«, meinte Peach und zeigte auf den Laptop, der auf dem Tresen stand. »So kann das mit dir nämlich nicht weitergehen. Entweder du besuchst den Psychologen, dessen Adresse ich dir besorgt habe, oder du meldest dich bei dieser Singlebörse an. Entscheide dich, Harper. Ich kann nicht mit ansehen, wie du hier weiter leidest und dich von deinen Träumen niederkämpfen lässt. Mason hat dich vor dem Altar stehen lassen, das ist tragisch, aber bereits ein Jahr her. Du gehst vor die Hunde, während dieser Kerl sich in der Sonne Kaliforniens aalt. Du musst wieder unter Leute. Schnapp dir einen Kerl, der es dir richtig besorgt.«
»Hast du sie noch alle?« Harper schaute ihre kleine Schwester an, als hätte sie den Verstand verloren. »Ich bin noch nicht bereit für eine neue Beziehung.«
»Wer redet denn von einer neuen Beziehung? Ich rede von gutem heißen Sex, von einem Kerl, der dir den Verstand aus dem Kopf vögelt und dich diesen verdammten Mistkerl Mason vergessen lässt.«
Harper verschluckte sich an ihren Flakes und bekam einen Hustenanfall. »Du bist wirklich verrückt. Wo soll ich denn so einen Mann finden? Ich kann mir ja wohl kaum einen Zettel auf die Stirn kleben.«
»Du siehst umwerfend aus, Harper. Ich würde ein Jahr meines Lebens opfern für dieses wunderschöne rote Haar und deinen Teint. Wenn du dich wenigstens wieder in figurbetonte Kleidung werfen würdest, anstatt immer diese Businesskleidung zu tragen, dann würden sich geeignete Kandidaten von allein melden. Aber so müssen wir uns eben Unterstützung holen. Ich habe dir bereits die Homepage aufgerufen. Du musst dich nur anmelden und abwarten, wer sich bei dir meldet. Ich möchte, wenn ich heute Abend nach Hause komme, dein Profil dort sehen. Also wage es nicht, den Laptop unberührt stehen zu lassen.«
Peach rutschte von ihrem Hocker, drückte Harper einen Kuss auf die Wange und verließ mit einem Stapel Bücher unter dem Arm die gemeinsame Wohnung.
Na toll, das konnte ja nur wieder einer dieser einsamen Sonntage werden, die sie seit fast einem Jahr erlebte. Früher – ja, da waren ihre Wochenenden ausgefüllt gewesen, mit Mason Stark, ihrem Ex-Verlobten. Aber der hatte sie wegen ihrer besten Freundin Olivia sitzen lassen. Und sie hatte über ein halbes Jahr nicht gemerkt, was sich direkt vor ihrer Nase abspielte.
Nein, sie war selbst schuld, dass es so weit gekommen war, da machte sie sich nichts vor. Mit Möbeln kannte sie sich einfach besser aus, bei Menschen versagte sie anscheinend. Das waren nicht die besten Voraussetzungen, sich auf die Plattform einer Singlebörse zu wagen.
Harper hatte keine Ahnung, was sie dort erwartete. Sie konnte ja wohl kaum schreiben, dass sie keine feste Beziehung suchte. So etwas würde direkt alle kranken Gestalten auf den Plan rufen. Typen, die sonst keine abbekamen, Verheiratete, die nur auf ein Abenteuer aus waren, Alte, Greise, womöglich irre Frauenmörder!
Nein, die Idee ihrer Schwester war bestimmt gut gemeint, nur bei der Umsetzung würde Harper garantiert wie üblich versagen.
Sie räumte in Ruhe die Küche auf und beseitigte die Spuren ihres gemeinsamen Frühstücks. Als sie damit fertig war, fiel ihr Blick wieder auf den Laptop, der wie eine Warnung offen auf dem Tresen stand. Vielleicht sollte sie sich einen Hund zulegen. Es gab einige Kollegen, die ihr Tier mit ins Büro brachten, das würde also kein Problem darstellen. Obwohl ein Hund in der Großstadt nicht wirklich zu empfehlen war. Am Wochenende könnte sie aber mit ihm aufs Land fahren und ihre Eltern besuchen, dort gab es genug Platz, um dem Hund Auslauf zu gewähren.
Kurz entschlossen schnappte sie den Laptop und zog sich damit auf die bequeme Couch zurück.
Search a heart – die Überschrift der Singlebörse blinkte ihr entgegen.
Na toll!
Niemand anderer schaffte es so gut, in Harper ein schlechtes Gewissen hervorzurufen, wie Peach.
Die Gesichter, die Harper entgegenblickten, waren alle makellos. Natürlich hätte sie sich problemlos in einen der Männer verlieben können, wenn sie schon wieder so weit gewesen wäre, doch sie wusste, dass dies alles nur Models waren, die bestimmt kein Abenteuer suchten, geschweige denn eine feste Beziehung.
Harper fragte sich, warum Peach sich gerade für diese Seite entschieden hatte. So wie sie ihre Schwester kannte, gefiel ihr das violette Design des Anbieters.
Wenn Harper ehrlich war, dann war sie neugierig, was sie erwartete. Gab es eigentlich etwas, was dagegen sprach, es einfach mal zu wagen? Sie musste ja nicht ihre richtigen Daten angeben; wer tat das schon? Auch musste sie ja auf eine Anfrage nicht reagieren, falls es überhaupt dazu kommen würde.
Blinkend wurde sie aufgefordert, ihre E-Mail-Adresse einzutragen. Ohne lange nachzudenken, legte sie einen neuen E-Mail-Account an. Es war gar nicht so einfach, eine Adresse zu finden, die noch frei war.
Konzentriert tippte sie vor sich hin, bis sie endlich zufrieden war. Hinter Urgentheart@bostonnet.com würde niemand Harper Hansen aus Somerville vermuten. Okay, Somerville lag nur fünfzehn Autominuten nördlich von Boston, war aber eine ganz andere Welt.
Vorname:
Harper (Es gab schließlich Tausende mit diesem Vornamen)
Nickname:
O Gott. Was war ein passender Nickname? Engel oder Hase? Nein, auf keinen Fall. Sie blickte aus dem Fenster, dann hatte sie eine Eingebung und gab BlueSky ein.
Was suchen Sie?
Hm, Sex mit einem Mann? Konnte man leider nicht anklicken, also klickte Harper auf Mann.
Wie alt sind Sie?
Zweiunddreißig, doch wer gab hier schon sein richtiges Alter an? Also, als achtundzwanzig würde sie sicher noch glatt durchgehen. Oder lieber sechsundzwanzig? Nein, achtundzwanzig war nicht ganz so übertrieben.
Ihre Hobbys?
Wenn sie ehrlich war, dann gab es darauf nur eine Antwort: Innenarchitektur! Ihr Job war ihre Leidenschaft, also auch ihr Hobby. Aber wer würde ihr das abnehmen? Vielleicht war es besser, so zu tun, als hätte sie ganz normale Hobbys? Nur welche? Bei Stricken und Fernsehen würde sich bestimmt nicht der Richtige melden. Und erotische Abenteuer anzugeben, war wohl auch nicht ratsam. Mein Gott, was gab man dort nur an? Sport? Ja, das war immer ein gutes Thema. Also trug sie Football, Musik und mein Beruf ein.
Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Na klasse, wenn noch mehr solcher intelligenten Fragen kämen, würde sie die Seite sofort schließen.
»Okay, konzentriere dich, Harper«, murmelte sie leise vor sich hin und überlegte, wie Peach sie wohl beschreiben würde.
Bescheiden, einfühlsam, neugierig, offen für Neues und vielleicht ein wenig demütig. Ja, diese Beschreibung traf es doch.
Welche Eigenschaften sollte Ihr Partner mitbringen?
Treue, das war der erste Begriff, der ihr einfiel. Im Grunde genommen sollte er alle Eigenschaften haben, die Mason fehlten. Er sollte selbstbewusst, charismatisch, eigenwillig und überzeugend sein. Ein Mann, der wusste, was er wollte.
Ja, das traf es im Groben. Sie hatte die Nase voll von weichen, lieben Kerlen, die nach der Pfeife der Frauen tanzten, die nicht wussten, was sie wirklichen wollten. Sie war auf der Suche nach einem richtigen Kerl, nicht nach einem Weichei.
Wie wollen Sie kontaktiert werden? E-Mail, Handy-Nummer, Skype?
E-Mail war völlig ausreichend.
Laden Sie Ihr Foto hoch!
Scheiße! Kein Foto. Auf keinen Fall!
Sie drückte auf Absenden, doch ihr Wunsch wurde ignoriert, die Seite wurde nicht neu geladen. Ein Fehlerhinweis tauchte auf.
Genervt rief sie iPhoto auf und suchte ihre Bilder durch. Viele gab es wirklich nicht von ihr. Dann blieb ihr Blick an einem Foto hängen. Sie waren zum Shoppen nach Boston gefahren und Peach hatte sie beim Lunch fotografiert, als sie dem Kellner auf den strammen Hintern geschaut hatte. Es war nur ihr Profil zu sehen, ihre Haare verdeckten den größten Teil ihres Gesichts. Sie lächelte darauf etwas verrucht.
Ja, das Foto war genau richtig. Es ließ keinen Zweifel daran, was Harper hier suchte, und es sah so gar nicht nach ihr aus. In Sekunden war das Foto geladen und sie sandte ihr Profil ab. Vermutlich würde sich sowieso niemand melden.