Читать книгу Hexerei zur Teestunde - Софи Лав - Страница 5

KAPITEL ZWEI

Оглавление

Lex lehnte sich an den Türrahmen, sie fühlte sich müde und ausgelaugt von den Ereignissen des Tages und der Fahrt durch halb Boston. Als sich die Tür öffnete, fiel sie beinahe in die Wohnung und in die Arme des Mannes, der seit sechs Monaten ihr Freund war, Colin. Er trug ein Grinsen auf seinem sommersprossigen Gesicht, als er sie begrüßte, aber es verblasste schnell, als er ihrem Blick begegnete.

„Lexie? Was ist los?“, fragte er.

Sie seufzte, ließ den Kopf hängen und blickte für einen Moment auf den Teppich, bevor sie antwortete. „Ich habe meinen Job verloren. Kann ich reinkommen?“

Colin trat sofort zur Seite und ließ sie vorbei, schloss die Tür hinter sich, kam zu ihr und umarmte sie. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter, ihre Nase füllte sich mit dem Patschuli-Geruch seiner Kleidung, der immer einen Nies- oder Hustenreiz bei ihr auslöste. Ihr Kopf zuckte instinktiv zur Seite in dem Versuch, genug Platz zu bekommen, um unparfümierte Luft zu atmen. Colin trat zurück und nahm dies offensichtlich als Zeichen dafür, dass sie mit der Umarmung fertig war.

„Ich dachte, du warst reif für eine Auszeichnung“, sagte er und führte sie durch die Diele, damit sie sich auf sein Sofa setzen konnte. Es war übersät mit Exemplaren einer Zeitschrift, über ungelöste Rätsel und Verschwörungstheorien, die er abonniert hatte, und sie schob ein paar von ihnen beiseite, um einen Platz freizumachen.

„Das Buch, nicht ich“, korrigierte Lex ihn. „Und das ist es immer noch. Anscheinend verdiene ich ihnen aber nicht genug Geld.“

„Ach, Liebes“, sagte Colin, zog die Nase kraus und schüttelte den Kopf, als er sich neben ihr auf die Couch sacken ließ. Sein widerspenstiges braunes Haar rutschte ihm dabei in die Augen. „Es tut mir leid. Willst du eine Pizza und ein paar Bier, einen schrecklichen Film ansehen und dich später vielleicht bei mir ausweinen?“

Das zauberte endlich ein Lächeln in Lex' Gesicht. Er kannte sie inzwischen gut genug, um zu wissen, dass Wohlfühlessen und schlechtes Kino ein zuverlässiges Heilmittel für fast alle ihre Leiden waren. „Klingt großartig“, stimmte sie zu und wollte den Tag zumindest positiv beenden.

Colin grinste, lehnte sich dann zu ihr herüber und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Ich hole die Karte.“

Während er seine Küchenschubladen durchsuchte, hob Lex ein offenes Magazin vom Kaffeetisch auf und seufzte. Es enthielt einen Artikel über die neuesten alternativen Geschichtssendungen, die auf Streaming-Diensten verfügbar waren, und Colin hatte einen davon mit rotem Stift eingekreist: Hitlers Tod: Mythos oder Realität? Lex warf das Magazin angewidert beiseite, sie hatte für einen Tag genug Unsinn gehört.

Stattdessen nahm sie die Fernbedienung in die Hand und begann, den Abschnitt mit den Verfilmungen durchzublättern, um einen Film zu finden, den sie sich ansehen wollte. Sie fand viele Titel, die sich gut anhörten, aber diese wollte sie lieber an einem anderen Tag ansehen, an dem sie sie eher zu schätzen wüsste. Am Ende entschied sie sich für ein Buch ohne Tiefgang für junge Erwachsene, das im letzten Jahr verfilmt worden war – glücklicherweise nicht eine von Matts Veröffentlichungen.

„Willst du das Übliche, Lexie?“, rief Colin von der Tür aus und hielt sein Handy ans Ohr. „Ich hole auch einen Becher Eiscreme für später.“

„Das Übliche ist gut“, stimmte Lex zu. Es war nichts Falsches daran, zu wissen, was man wollte. Eine bequeme Routine hatte noch nie jemandem geschadet und sie brauchte Trost. „Hast du Der Rebellenspieler gesehen?“

„Ja, aber es macht mir nichts aus, ihn noch einmal zu sehen“, sagte Colin und hielt dann eine Hand hoch, als er verbunden wurde. „Hallo? Ja, ich möchte eine Bestellung aufgeben …“

Lex ließ ihre Gedanken schweifen, während Colin die Bestellung durchgab. Ihre Augen wanderten durch den vertrauten Raum und verweilten auf der Figur einer Eule, die schon so lange in Colins Bücherregal stand, wie sie ihn kannte. Sie trug nun einen Hut aus Alufolie, er war winzig, passte aber perfekt. Lex hielt ein Glucksen zurück. Auch wenn er an viele verrückte Theorien glaubte, hatte Colin auch einen Sinn für Humor. Er musste ihn nach ihrem letzten Streit aufgesetzt haben, in dem sie ihm vorgeworfen hatte er sei kurz davor, einen Aluhut zu brauchen (ein Streit, der in Gelächter endete, als Colin ihr in einem ernsten Tonfall mitteilte, dass Alufolie wahrscheinlich Signale verstärken würde, die man vielleicht eher ausblenden wollte).

Dennoch war es nur ein weiterer Streit gewesen, einer von vielen. Er konnte so hartnäckig sein. Lex fragte sich, ob sie in der Lage sein würde, einen weiteren Streit zu ertragen.

„Es wird in zwanzig Minuten hier sein, Schatz“, sagte Colin, als er wieder hereinkam, um seinen Platz neben ihr auf dem Sofa einzunehmen. Er legte ihr seinen gebräunten Arm um die Schultern und zog sie an sich. „Es wird alles gut werden.“

Er legte seine Füße auf den Couchtisch, begann, an dem Bier zu nippen, das er mitgebracht hatte, und drückte ihr auch eins in die Hand. Er drückte auf „Play“ im Film und lehnte sich zurück, seine Aufmerksamkeit richtete sich nun vollends auf den Bildschirm.

Lex kuschelte sich an ihn, aber sie schaute nicht auf den Film, sondern auf ihr Spiegelbild, das immer dann zu sehen war, wenn der Bildschirm dunkel genug war. Colin, der fröhlich sein Bier trank und über die Handlung grinste. Sie selbst, ihr dunkles Haar, in der Spiegelung fast unsichtbar, ging am Hals in die Bluse mit schwarzem Kragen über, die sie bei der Arbeit getragen hatte. Ihre Lippen waren von der Anspannung zusammengepresst, ihre braunen Augen klein, die Lider schwer vor Müdigkeit. Sie sah erschöpft und niedergeschlagen aus.

Colin hingegen betrachtete den Film mit völlig unbeschwertem Vergnügen. Sie wusste, dass es das war, was sie sich gewünscht hatte, aber irgendwie ärgerte es sie ein wenig, dass ihm die Tatsache, dass sie ihren Job verloren hatte, nicht das Geringste auszumachen schien. Er hätte ihren Arbeitgeber verfluchen können, überlegte sie. Oder ihr helfen, ein Stellengesuch einzurichten, damit sie etwas Neues finden konnte. Irgendetwas, alles, nur nicht, es unter den Teppich zu kehren, als hätten sie über nichts Ernsteres gesprochen, als das Wetter.

Es war allerdings auch nicht so, als gäbe es wirklich etwas, worüber sie sich beschweren könnte. Er war nett und unterstützte sie und redete ihr kein schlechtes Gewissen ein, weil sie ihren Job verloren hatte. Das war schon etwas. Viele Männer hätten in der Situation anders reagiert. Sie zwang sich, sich zu entspannen, lehnte den Kopf an seine Brust und versuchte, sich auf den Film zu konzentrieren.

Die Pizza kam selbstverständlich mitten in einer Schlüsselszene. Lex und Colin stöhnten gleichzeitig laut auf und lachten dann, als Lex nach der Fernbedienung griff, um den Film anzuhalten. Er rannte hinunter in die Eingangshalle, um sie vom Pizzaboten in Empfang zu nehmen, und kam gerade zurück, als Lex ein paar neue Biere aufmachte.

„Es riecht so gut“, sagte er und legte die Schachtel auf den Kaffeetisch.

Lex stellte die Biere neben der Pizza ab, klappte den Deckel der Schachtel auf und streckte die Hand aus, um das erste Stück mit dem köstlichen geschmolzenen Käse zu nehmen, das noch so heiß war, dass es dampfte. „Was du nicht sagst“, sagte sie, atmete tief ein und nahm einen Bissen. Der Geschmack explodierte in ihrem Mund: heißer, fettiger Käse auf Tomate, perfekt gebackener Teig und ein saftiges Stück Champignon, alles zusammen in einem Bissen.

Colin drückte auf „Play“ und lehnte sich zurück, beide aßen mit dem Kopf über der Schachtel, eine Hand schwebte unter jeder Scheibe in der Luft, um etwaige verirrte Krümel aufzufangen.

Der Film war alles andere als originell und nicht ganz so fesselnd, wie Lex es sich gewünscht hätte, aber immerhin war es die Ablenkung, die sie wollte. Sie beobachtete die Teenager-Heldin mit einem Augenrollen – konnte das Mädchen nicht schon erkennen, dass sie in etwas Magisches verstrickt war? Die Figuren in solchen Geschichten schienen immer so dumm zu sein. Sie fanden nie heraus, was los war, bis sie jemand mit der Nase darauf stieß. Sie brachten sich selbst in die gefährlichsten Situationen.

Lex überlegte, dass eine Buchadaption vielleicht nicht die beste Filmwahl gewesen war. Letztendlich dachte sie nur an die Handlung und die Struktur – mit anderen Worten: an die Arbeit. Nicht, dass es noch ihre Arbeit war. Was würde sie jetzt tun? Was sie zu Bryce gesagt hatte, stimmte: Verlage neigten nicht sehr oft dazu, Stellen für hochgradig genrespezifische Redakteure auszuschreiben.

„Weißt du“, sagte Colin, als er den letzten Bissen eines seiner Stücke beendete, „Er sieht nicht einmal so aus, ernsthaft.“

Lex lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück auf den Bildschirm und sah eine Ansicht der Erde aus dem Weltraum. Sie runzelte die Stirn und fragte sich, was sie verpasst hatte. „Wie meinst du das?“

„Der Planet. So ist er nicht. Er ist eigentlich flach.“

Lex starrte ihn an, ihr drittes Stück Pizza schwebte in der Luft vor ihrem Mund. „Nein, das ist er nicht.“

„Doch, das ist er.“ Colin drehte sich ihr voll zu, ein sicheres Zeichen dafür, dass er im Begriff war, sich auf eine eingehende Diskussion über etwas einzulassen, von dem er dachte, sie müsste es wissen. Er hatte wahrscheinlich auf einen Vorwand gewartet, um darüber zu sprechen. „Ich habe mich darüber informiert. Es ist eine riesige Verschwörung. Uns allen ist erzählt worden, dass die Erde rund ist, und wir haben all diese falschen Bilder, die angeblich aus dem Weltraum kommen sollen. Es ist nicht real. Und die Wissenschaft bestätigt das. Die Erde muss flach sein.“

„Colin“, sagte Lex betont ruhig, obwohl sie kaum fassen konnte, dass sie dieses Gespräch überhaupt führte. „Hör mir zu. Diese ‘Flacherdler’ sind Idioten. Nichts von all dem ist wahr.“

„Schau zum Horizont“, sagte Colin, wobei er lebhaft mit den Händen gestikulierte. „Er sollte eine Kurve zeigen, wenn die Erde rund ist, oder? Wenigstens eine leichte? Aber das tut er nicht. Er ist immer gerade. Sie haben Experimente gemacht und es stellte sich heraus, wenn man eine gerade Linie über die Erde misst – sie krümmt sich nicht. Sie ist völlig flach.“

„Nein, sie …“ Lex holte tief Luft und bemühte sich, ihn nicht anzuschreien. Ausgerechnet heute war nicht der Tag, an dem ihre Geduld auf die Probe gestellt werden sollte. „Colin. Man kann die Krümmung der Erde mit bloßem Auge nicht sehen, weil die Erde riesig ist. Außerdem haben Menschen die Krümmung gemessen und sie ist da. Man kann nicht einfach all seine Informationen aus Flat Earth-Foren beziehen. Schlag es richtig nach – viele Menschen haben es auf so viele Arten widerlegt. Ich zeige es dir sogar – schau mal hier, ich suche es auf meinem Telefon – Fotos, die die NASA von der ISS aus gemacht hat. Siehst du?“

„Oh, Lexie, du bist auch darauf reingefallen“, sagte Colin und griff mit einem Ausdruck voller Mitgefühl nach ihrer Hand. „Das ist es, was sie uns glauben machen wollen, weißt du? Denn es gibt wirklich wertvolle Materialvorkommen am Rande der Erde. Kurz bevor sie ins Weltall abfällt, gibt es Minen, mit denen die Regierungen der Welt ihr ganzes Geld verdienen. Sie wollen nur nicht, dass wir davon erfahren, damit sie den ganzen Reichtum kontrollieren und uns sagen können, was wir tun sollen. Alle Fotos sind gefälscht – niemand ist jemals im Weltraum gewesen. Ich zeige dir ein paar Webseiten. Man muss einfach die Augen öffnen und die Wahrheit erkennen.“

Lex riss ihre Hand aus Colins Griff und ließ das Stück Pizza, das sie gerade angebissen hatte, wieder in die Schachtel fallen. „Weißt du was, Colin“, sagte sie. Für sie war es ein langer Tag in einer Reihe von langen Tagen gewesen und jetzt versuchte er, ihr etwas zu erklären, dass sie allein schon durch ihre Arbeit besser verstand als er. „Meine ganze Arbeit dreht sich um Wissenschaft und Geschichte. Und du denkst, ich wüsste es nicht, wenn die Erde flach wäre?“

Colin runzelte die Stirn. „Ich denke nur, dass du es verdienst, die Wahrheit zu erfahren, anstatt wie der Rest der Schafe herumzulaufen. Du hast mir nicht geglaubt, was die gefälschten Mondlandungen betrifft, oder die Echsenmenschen, die den Planeten beherrschen und uns kontrollieren, oder die Illuminaten und ihre geheimen Botschaften! Du bist so engstirnig! Ich weiß nicht, ob ich mit jemandem eine Beziehung führen kann, der einfach nicht offen für die Wahrheit ist“.

Lex schüttelte ungläubig den Kopf. Colins Worte waren wahrscheinlich eine leere Drohung – eine Drohung, die sie normalerweise veranlasst hätte, einen Rückzieher zu machen und stattdessen zu versuchen, ihn zu beruhigen. Aber wozu? Damit er das nächste Woche und die Woche danach einfach wieder tun konnte? „Ich habe keine Geduld mehr für solchen Unsinn“, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Colin, denn er hörte offensichtlich sowieso nicht zu. „Ich kann das nicht mehr tun. Das war's. Mir reicht's! Ich habe genug!“

Sie stand vom Sofa auf und packte im Vorbeigehen ihre Tasche, die neben der Tür stand. Eine kalte Wut erfüllte sie – Wut, die durch die Entlassung und Karens Selbstgefälligkeit und Colins Unempfindlichkeit und den ganzen Rest geschürt worden war, und die sie nun mit einem gewaltigen Energieschub vorwärtstrieb.

„Lexie, Schatz, wohin gehst du?“, rief Colin. Er klang nicht besorgt oder verärgert – eher gleichgültig. Als glaubte er nicht, dass sie wirklich gehen würde. Hinter ihm lief der Film noch, völlig vergessen. Sie wusste, dass er ihr nicht zugehört hatte, nicht wirklich.

„Ich gehe nach Hause“, schrie Lex ihr über die Schulter. „Und ich komme nicht zurück. Ich bin fertig mit dir, Colin. Versuch nicht, mich noch einmal anzurufen.“

Sie trat aus der Wohnung heraus und schlug die Tür hinter sich zu, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Mit einem Gefühl der Erleichterung lief sie den Korridor und dann die Treppe hinunter. Obwohl sie in ihrem Inneren wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, blieb immer noch eine Frage im Hinterkopf: Jetzt, wo sie es geschafft hatte, an einem Tag sowohl ihre Karriere als auch ihre Beziehung zu beenden, was könnte da noch schiefgehen?

Hexerei zur Teestunde

Подняться наверх