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Visualisierungscoaching?

Wir sind keine Kinder-Reparaturwerkstatt. Ab und zu ist es notwendig, diese Ansage zu machen, wenn eine genervte Mutter ihr Kind in unsere Praxis bringt. Natürlich haben wir viel Verständnis für solche Mütter, wenn sie die alltäglichen Kämpfe mit ihren Kindern an die Grenze bringen – aber wir mögen keinen Zauberstab schwingen, der bewirkt, dass das Kind brav jeden Abend pünktlich und ohne Geschrei ins Bett geht.

Kindererziehung ist kein Spaziergang. Nicht jedes Hindernis im Alltag ist es wert, das Kind zu uns in die Praxis zu bringen. Die meisten Herausforderungen gehören zum Elternsein dazu. Wenn du magst, stehen wir dir mit Rat zur Seite, aber wir verstehen unsere Aufgabe nicht darin, Kinder «funktionstüchtig» zu machen. Eltern, die uns kennen, wissen, dass wir jederzeit unsere ehrliche Einschätzung kundtun, ob es sich um (d)eine Erziehungsgeschichte oder eine echte Not des Kindes handelt.

Jedes Kind ist eine kleine Schatzkiste. Sie zu öffnen, darin zu stöbern, Talente und Potential zu entdecken, das ist unser tägliches Brot. Wir respektieren die Einzigartigkeit jedes Kindes, lassen sie scheinen und brillieren, ungeachtet davon, ob diese Einzigartigkeit in irgendeine Schublade passt. Denn jedes Kind darf seinen eigenen Weg finden und gehen. In dieser Funktion geht es uns auch darum, zuerst die Schatzkiste überhaupt auszugraben, denn oft weiß ein Kind nicht, dass es eine hat. Sie ist verschüttet durch einschränkende Beurteilungen, Ängste, Selbstzweifel und blockierende Gefühle. Diesen Ballast Schicht für Schicht abzutragen, um an das eigene Potential zu gelangen, das ist unsere Antriebskraft und Leidenschaft.

Wir arbeiten mit Gefühlen. Davon gibt es viele, in allen Schattierungen, schwere und leichte, geliebte und ungeliebte. Es sind meist die schweren, belastenden und ungeliebten Gefühle, weswegen unsere Klienten den Weg in unsere Praxen finden. Dennoch sehen wir unsere Aufgabe nicht nur darin, Klienten, ob groß oder klein, von ihren ungeliebten Gefühlen zu befreien. Denn schwere, belastende und unerwünschte Gefühle gehören zum Leben, genauso wie die tollen, schönen Gefühle. Gerade in der Arbeit mit Kindern ist es uns wichtig darzulegen, dass Gefühle wie Wut, Angst, Trauer, Enttäuschung und Frust genauso erlebt werden dürfen wie Freude, Glück und Liebe. Jedes Gefühl, ob angenehm oder unangenehm, hat seinen Grund und seine Zeit und insofern seine Berechtigung.

Wir schauen uns negativ empfundene Gefühle genau an. Nicht jedes negative Gefühl ist per se schädlich. So kann Angst eine wichtige Schutzfunktion haben. Und auch Wut – unser Thema in diesem Buch– ist erlaubt, denn auch sie hat oft eine Schutzfunktion. Ein Kind, das Wut empfindet, weil es ungerecht oder schlecht behandelt wurde, hat offensichtlich schon gelernt, für sich selbst und sein Befinden einzustehen und zeigt deshalb, wenn auch lautstark, schon ganz viel Eigenverantwortung.

Auch wir beide sind Mütter und wie alle Mütter hatten und haben wir bei der Begleitung unserer Kinder die besten Absichten: Wir wollen ihnen eine unbeschwerte, glückliche Kindheit bescheren. Wir unterstellen, dass dies auch deine Absicht ist. Aber als Erwachsene wissen wir auch, dass das Leben seine eigenen Regeln hat, dass die Wege mal nach oben, mal nach unten führen. Es ist nicht nur unvermeidbar, sondern geradezu wichtig, dass auch Kinder mit unangenehmen, schweren Gefühlen konfrontiert werden und lernen dürfen, diese Gefühle anzunehmen und auszuhalten.

Jetzt kommen wir unserer Arbeit als Visualisierungscoaches schon näher. Im Visualisierungscoaching kümmern wir uns um Gefühle, die unsere Klienten davon abhalten, sich zu entfalten. Gefühle, die blockierend wirken, erniedrigend, schwächend, die klein halten und die verhindern, dass Ziele erreicht werden. Gefühle, die das Familienleben stören und in manchen Fällen ruinieren. Gefühle, die es unmöglich machen, das Kind so zu sehen, wie es wirklich ist, weil nur seine Wut gesehen wird. Es ist Teil unseres Coachings genau hinzusehen, woher solche Gefühle rühren. Gemeinsam finden wir heraus, was geschehen ist, um solche Gefühle zu nähren und welche Strategie für den Klienten zukunftsweisend ist. Sind im Coaching die Gründe für dieses Verhalten entdeckt, Hürden überwunden, Blockaden niedergerissen, schädliche Glaubenssätze erkannt und neutralisiert, dann darf der Klient an seiner Resilienz arbeiten: die Fähigkeit, widerstandsfähig durchs Leben zu gehen. Den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen, sie zu akzeptieren und sich davon nicht aus der Balance bringen zu lassen, ist heutzutage wichtiger denn je. Je früher Resilienz entwickelt wird, desto stabiler ist ein Mensch im Leben unterwegs. Wir arbeiten daran, das Fundament des Kindes zu stabilisieren, damit es zu einem gefestigten Erwachsenen heranwachsen kann. Dies kann viele Schwierigkeiten in der Zukunft verhindern.

In diesem Buch sprechen wir über Wut. Wut kann sich schrecklich anfühlen. Sie kann explosiv wirken, lähmend, sie kann zerstörerisch sein oder die Kontrolle rauben. Genauso kann sie enorm wichtig und aktivierend sein, denn wer Wut darüber empfindet, ungerecht behandelt zu werden, darf dieser Wut nachgeben. Dies ist ein Teil des Erwachsenwerdens, ein Teil davon, seinen Platz in der Familie zu finden und der eigenen Stimme Gehör zu verschaffen. Seiner Wut in diesem Fall Ausdruck zu geben kann zwar unangenehm sein, ist aber dennoch wichtig – und erlaubt! Wie alles im Leben hat auch Wut ihre zwei Seiten. Beim Lesen dieses Buches wirst du erkennen, dass es Wutausbrüche gibt, die du gutheißen und aushalten solltest, aber auch Wut, die von einer tiefen Ohnmacht oder einem unkontrollierbaren Reflex zeugen.

Wir möchten dich ermuntern, dich der Wut deines Kindes zu stellen. Ja, auch sie auszuhalten. Wie oft hört man Mütter, die zu ihren Kindern sagen: «Deshalb musst du nicht gleich wütend werden!» Wie, wenn man anderen Menschen per Befehl sagen könnte, was sie gerade zu fühlen haben. Das Kind ist wütend und Punkt. Wir laden dich ein dich zu fragen: Ist die Wut deines Kindes gerade berechtigt? Ist es okay wütend zu sein, wenn es gerade von seinem Schulfreund gedemütigt wurde? Ja – es ist okay! Wut ist nicht gleich Wut, wie du im Verlaufe dieses Buches erkennen wirst. Wut kann gesund und wichtig sein, sie kann aber auch energieraubend und destruktiv sein. Wut kann eine versteckte Botschaft haben, sie kann ein Weg sein, um zu bekommen, was man will, oder sie kann ein Hilfeschrei sein. Es ist daher wichtig, die Form und Bedeutung der Wut deines Kindes zu erkennen.

Im Folgenden findest du acht Formen der Wut und ihre dazu gehörigen Fallgeschichten aus unseren Praxen. Sie dienen als Stellvertreter für viele, viele Sitzungen, die wir beide mit solchen Wut-Johnnys schon erlebt haben. Vielleicht erkennst du dein Kind in der einen oder anderen Geschichte wieder. Du findest Antworten auf deine Fragen und wichtige Ansätze, um deinem Wut-Johnny zuhause zu begegnen, versprochen.

Viel Spaß, deine

Sonya & Claudia

Ausgerastet!

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