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KAPITEL EINS

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Keira blickte zu Cristiano auf dem Platz neben ihr. Trotz des langen und ermüdenden Flugs sah er attraktiv aus wie immer, mit seinen dunklen Augen, dem südländischen Teint und dem energischen Unterkiefer. Streng genommen fand Keira, dass er noch besser aussah als sonst, falls das überhaupt möglich war. Seine Augen glänzten vor Aufregung. Unter ihnen konnte man die Lichter von New York bei Nacht erkennen.

„Die Straßen sind alle so gerade“, murmelte Cristiano erstaunt. „Wie ein Gitter. Aber was ist die Lücke da?“

Sie blickte hinunter auf das dunkle Rechteck, das er meinte. „Das ist der Central Park.“

Cristiano war beeindruckt. „Ah, verstehe. Central. Weil er im Zentrum ist.“

Keira lachte über sein kindliches Staunen. „So ungefähr.“

Während das Flugzeug immer tiefer sank, blickte Cristiano neugierig aus dem Fenster.

„Die Häuser sind alle so hoch“, murmelte er.

Keira kicherte und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. Sie hatten sich den ganzen Flug über an der Hand gehalten, von Verona in Italien bis nach New York. Keira hatte nicht die Absicht, so bald wieder loszulassen.

Der Blick auf die großartige Stadt unter ihnen wurde mit jedem Augenblick besser, je näher sie der Landung kamen. Man konnte immer mehr Details erkennen, die vielen Taxis auf den Straßen, das gelbe Licht der Straßenlaternen, dann schließlich die hellen Lichter des Flughafens. Mit quietschenden Reifen setzte das Flugzeug endlich auf der Landebahn auf, verlangsamte und rollte bis zum Terminal.

„Wir sind da.“ Keira strahlte Cristiano an.

Er nickte mit aufgeregter Miene. „Ich kann es immer noch nicht ganz glauben.“

„Liebling, das geht mir ganz genauso“, antwortete Keira.

Ihre spontane Entscheidung in buchstäblich letzter Sekunde, Cristiano einzuladen, mit ihr nach New York zu kommen, war streng genommen etwas albern gewesen. Aber zu keinem Zeitpunkt während des Flugs hatte sie das Gefühl gehabt, eine falsche Entscheidung getroffen oder übereilt gehandelt zu haben. Cristiano neben ihr sitzen zu sehen, fühlte sich richtig an.

Endlich kam das Flugzeug zum Stehen und sie durften sich abschnallen. Sie standen auf, Cristiano holte seine kleine Ledertasche unter dem Sitz hervor, mehr hatte er nicht mitgebracht. Keira nahm ihre Handtasche, dann gingen sie mit den anderen Passagieren von Bord.

Keira genoss es, endlich die Gliedmaßen wieder strecken zu können, nach so vielen Stunden des Sitzens. In letzter Zeit hatte sie viel zu viel Zeit in Flugzeugen verbracht. Allerdings würde sie deshalb noch lange nicht ihren Job an den Nagel hängen. Eine Menge Leute würden töten, um drei Wochen beruflich durch Italien reisen zu können. Sie war dankbar für ihren Job als Reisejournalistin und Viatorum, das Magazin, für das sie schrieb, war mehr als nur ein Arbeitsplatz für sie. Sie hatte Freunde da, so wie Nina, ihre Redakteurin. Oder Elliot, ihren Boss. Außerdem hatte sie eine richtige Aufgabe da. Die Chance, die Viatorum ihr bot, war wie ein Traum, der wahr wurde.

Aber ihre letzte Reise durch Italien hatte ihr mehr eingebracht als nur einen Artikel, der unter ihrem Namen veröffentlicht worden war. Sie hatte die Liebe gefunden. Mit Cristiano.

Während sie darauf warteten, dass ihr Gepäck übergeben wurde, konnte sie Cristianos Eifer erkennen, endlich aus dem Flughafen herauszukommen und die Stadt zu erkunden. Sie konnte diese Ungeduld sehr gut nachvollziehen, es ging ihr nicht anders.

Endlich erschien ihr Gepäck auf dem Karussell. Cristiano, immer ganz der Gentleman, sammelte alles ein und bestand darauf, es für sie nach draußen zu schieben.

Sie verließen eilig den Flughafen, voller Aufregung, was sie erwartete.

Sie nahmen die U-Bahn in das Stadtviertel, in dem Bryns Wohnung lag, eilten aus dem Ausgang hinauf in die Kälte. Ein eisiger Wind empfing sie. Cristiano schleppte ihren Koffer die Treppe hinauf, blieb dann auf dem Gehweg stehen und stellte den Koffer neben ihr ab. Keira freute sich geradezu darauf, alles auszupacken und Wäsche zu waschen.

Die Gehwege waren voll mit Menschen, die eilig unterwegs waren, beschäftigt mit ihrem eigenen Leben. Cristiano wirkte amüsiert darüber, dass alle es so eilig hatten, was ihm unverständlich schien.

Während sie das letzte Stück zu ihrer Wohnung zurücklegten, schaute sich Cristiano erstaunt um. Keira fand sein kindliches Staunen charmant und fragte sich, ob sie auf ihrer Rundreise durch Italien auch so ausgesehen hatte.

„Es gibt so viel zu sehen“, sagte er. „So viele Häuser. Es ist überwältigend.“ Aber dann fing er an zu bibbern und mit den Zähnen zu klappern. „Ist es hier immer so kalt?“

Cristiano trug einen dieser italienischen Anzüge, die zwar sexy aussahen aber unpraktisch waren. Er rieb sich über die Arme. Sie tat das ebenfalls und half ihm, etwas wärmer zu werden in dem dünnen Anzug.

„Nur um diese Jahreszeit“, erklärte sie. „Wir müssen dir einen anderen Mantel kaufen.“ Sie deutete auf das nächste Bekleidungsgeschäft. Es war ein großer Outlet Store, preisgünstig. Da würden sie etwas Passendes finden.

Aber Cristianos Reaktion war alles andere als begeistert.

„Ich würde lieber warten und in ein besseres Geschäft gehen“, meinte er. „Ich halte die Kälte schon noch ein bisschen aus bis dahin.“

„Du frierst lieber als nur für einen Moment nicht perfekt angezogen zu sein?“, spottete Keira.

„Natürlich.“ Cristiano schmunzelte.

Aber er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, als der scharfe Novemberwind sie voll erwischte. Keira zitterte, umschlang ihren Oberkörper mit den Armen und blickte Cristiano an.

„Armer Kerl“, sagte sie lachend. „Du bist nicht mehr in Italien.“

Cristiano gab nach und sie eilten in das große, hell erleuchtete Geschäft. Er ging eine Reihe grell bunter Windjacken durch und sah dabei unbegeistert aus. Die Zeiten, da sie italienische Designer-Klamotten gekauft hatten, waren vorbei.

Endlich fand er einen schwarzen Mantel, eine billige Kopie von etwas, das ein modebewusster Italiener vielleicht tragen würde, und kaufte ihn.

„Zehn Dollar“, sagte er kopfschüttelnd. „Er wird binnen einer Woche auseinanderfallen.“

„Er muss ja nur halten, bis wir das nächste Gucci-Geschäft gefunden haben“, witzelte sie.

Sie bogen in die Straße ein, wo Bryn wohnte und blieben vor dem etwas heruntergekommen aussehenden Backsteinhaus stehen. Ein frisches Graffiti war dran geschmiert, ein Geländer war abgebrochen und die Pflanzen in den Kästen waren tot.

„Das ist es also?“ Cristiano blickte an der Fassade hinauf.

Zu sagen, er wirkte unbeeindruckt, war untertrieben. Seine Erwartungen mussten von der schäbigen Wohngegend einen ziemlichen Dämpfer erhalten haben. Er musste sich in etwa so fühlen wie sie, als sie das erste Mal Neapel gesehen hatte.

Sie hoffte, er war nicht zu enttäuscht, denn es würde ja nicht besser werden.

„Meine Schwester ist … etwas … nun, sagen wir, verrückt“, warnte sie ihn. „Besser, du stellst dich darauf ein.“

Cristiano lachte. Offenbar dachte er, sie machte einen ihrer Scherze.

Armer Kerl, dachte Keira. Er hatte ja keine Ahnung, was auf ihn zukam.

Eine Liebe in Paris

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