Читать книгу Für Immer und Ewig - Sophie Love, Софи Лав - Страница 11
KAPITEL SECHS
Оглавление„Diese Kommode würde perfekt in den kleineren Raum passen“, bemerkte Emily, während sie mit den Fingern über die Oberseite der aus Kiefernholz gefertigten Kommode strich und zu Daniel hinüberschaute.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich wie immer, wenn sie sich in Ricos Antiquitätenladen in ein verstecktes Schmuckstück verliebte. Sie konnte sehen, dass auch Daniel begeistert war, als er es betrachtete; es war ein zusätzliches Plus, dass sie ihre Dates am liebsten hier verbrachten.
Die beiden genossen den Nervenkitzel, etwas Seltenes und Exotisches für die Pension zu entdecken, doch sie genossen auch die Unterhaltung, die der alte, vergessliche Mann ihnen bot. Während Ricos Kurzzeitgedächtnis kein Stück verlässlich war, konnte er sich so gut wie kein anderer an lang zurückliegende Ereignisse erinnern, und häufig erzählte er ganz unerwartet Anekdoten über die Bewohner der Stadt oder erteile Geschichtsunterricht über Sunset Harbor. Außerdem trafen sie dort häufig Serena, die Emily mittlerweile als gute Freundin betrachtete, auch wenn diese fünfzehn Jahre jünger war als sie selber.
Dann schaute Emily auf und entdeckte einen reizenden Frisierspiegel mit Goldrand.
„Oh, und der hier wäre ebenfalls perfekt.“
Sie huschte durch den Laden, Daniel war ihr dicht auf den Fersen, während sie von einer Kommode zur nächsten sprang. Dabei schrieb sie die Preise und Produktnummern der Gegenstände, an denen sie interessiert war, auf, sodass sie am Ende Rico einfach nur die Liste geben musste. Immerhin würde sie mehrere Gegenstände kaufen und es war nicht sonderlich ratsam, den armen Mann zu verwirren.
„Was ist mit dem hier?“, fragte Emily Daniel, während sie ein großes Himmelbett betrachtete. „Cynthia meinte, dass das Bett größer sein müsste und dass sich meine Gäste wie Mitglieder eines Königshauses fühlen sollten.“
Daniel kam von der Stelle, an dem er ein paar Vogelbäder aus Stein untersucht hatte, zu ihr hinüber und blieb neben ihr stehen.
„Wow. Ich meine, ja, deine Gäste werden sich definitiv königlich fühlen, wenn sie in diesem Teil schlafen. Es ist riesig. Meinst du, das passt auch wirklich ins Zimmer?“
Emily holte ein Metermaß hervor und begann, das Bett abzumessen. Anschließend überprüfte sie die Daten auf dem Diagramm in ihrer Tasche. Sie hatte die Raumabmessungen aufgeschrieben, um sicherzugehen, dass sie nur Möbel kaufte, die auch wirklich in die Zimmer passten. Ihr Plan sah vor, die anderen beiden Hauptzimmer zu renovieren und all ihre finanziellen Mittel auszuschöpfen, um sie so perfekt wie möglich zu gestalten. Dann, sobald die ersten drei Zimmer genügend Geld eingebracht hatten, wollte sie schnell auf zwanzig Räume aufstocken, die sie zu einem günstigen Preis vermieten würde.
„Es würde auf jeden Fall in die Hochzeitssuite passen!“ Emily strahlte. Sie war von dem wunderschönen Bettgestell so begeistert, dass schon allein der Gedanke daran, es zu besitzen und in eines der Schlafzimmer zu stellen, ausreichte, um ihr einen gewissen Kick zu geben.
Daniel griff nach dem Preisschild und sah es sich an. „Hast du gesehen, wie teuer es ist?“
Emily beugte sich vor und las das Schildchen. „Es gehörte einem norwegischen Adligen aus dem fünfzehnten Jahrhundert“, las sie vor. „Natürlich wird es teuer sein.“
Daniel warf ihr einen verwirrten Blick zu. „Warum bist du so ruhig? Die Emily, die ich kenne, würde jetzt schon hyperventilieren.“
„Ha, ha“, entgegnete Emily trocken, obwohl sie wusste, dass er Recht hatte. Sie war eine von denen, die sich immer um alles Sorgen machten, doch diesmal war es anders. Vielleicht lag es an der tickenden Uhr, der läutenden Glocke oder dem Sand, der durch die Sanduhr ihrer Beziehung rieselte. Etwas an dieser Endgültigkeit ließ sie alle Vorsicht in den Wind schießen. „Man muss schließlich auch Geld ausgeben, um Geld einzunehmen, nicht wahr?“, bemerkte sie mutig. „Wenn ich jetzt spare, werde ich es später bereuen. Die Pension würde in sich zusammenbrechen.“
„Das klingt zwar ein bisschen dramatisch“, entgegnete Daniel mit einem Lachen. „Aber ich weiß, was du meinst. Du musst jetzt investieren, um eine Grundlage zu schaffen.“
Emily atmete tief durch.
„Okay, gut. Jetzt, da du auf meiner Seite bist, bin ich bereit, die Sache anzupacken.“
Der Gedanke, ihre ganzen Ersparnisse auszugeben und finanziell gesehen kurz vor dem Ruin zu stehen, ließ Emily nicht in einen Freudentanz ausbrechen. Sie war normalerweise vorsichtig und überdachte ihre Entscheidungen gut, sie wog stets die Vorteile mit den Nachteilen ab, bevor sie sich auf etwas einließ – zumindest hatte sie das, bis sie ihren Job überstürzt gekündigt und ihren Freund in New York verlassen hatte und nach Maine geflüchtet war. Vielleicht war sie ja impulsiver als bisher angenommen. War Cynthia deshalb so exzentrisch geworden? Immerhin fügte sie ihrer Garderobe mit jedem Jahr, das verging, eine weitere leuchtende Farbe hinzu und färbte ihr Haar in einem anderen Farbton. So sehr Emily ihre liebe Freundin auch mochte, so erzitterte sie doch bei dem Gedanken, wie sie zu werden.
Emily zwang sich, sich nicht mehr mit der älteren Frau zu vergleichen, sondern sich auf die Aufgabe vor ihr zu konzentrieren.
„Ich glaube, ich werde es kaufen“, sagte sie zu Daniel, wobei sie fast schon darauf hoffte, dass er nein sagte und ihr einen guten Grund nannte, es nicht zu tun.
Er erwiderte jedoch nur: „Cool.“
In diesem Moment trat Rico zu ihnen. „Ellie.“ Er strahlte. „Es ist ja so schön, dich zu sehen.“ Der ältere Mann hatte immer Schwierigkeiten, sich an Emilys Namen zu erinnern.
„Hi Rico“, sagte sie. „Hast du noch mehr Himmelbetten wie dieses hier?“ Sie erinnerte sich an den geheimen Raum, den Rico ihr gezeigt hatte, einen Ort, an dem er die größeren und oft auch teureren Gegenstände lagerte, die man nicht so einfach bewegen konnte. In ihm verbargen sich Unmengen an Schätzen, sogar noch mehr als in dem ausladenden Haus ihres Vaters.
„Natürlich“, erwiderte Rico, während er eine runzelige Hand auf ihren Arm legte. „Sie sind hinten. Weißt du, wo es hingeht?“
Emily nickte. Rico hatte ihr und Daniel vor ein paar Tagen den geheimen Raum am Ende des Korridors gezeigt.
„Wenn das so ist, dann schau dich einfach um“, meinte Rico. „Ich vertraue dir.“
Emily lächelte in sich hinein und fragte sich, wie er ihr überhaupt vertrauen konnte, wenn er sich nicht einmal an ihren Namen erinnerte. Dann gingen sie und Daniel den dunklen, unbeleuchteten und gewundenen Flur entlang und betraten schließlich den großen Raum im hinteren Bereich des Ladens. Genau wie bei ihrem letzten Besuch fröstelte Emily schnell und war von der unglaublichen Größe des Raumes überwältigt. Es fühlte sich so an, als würde man eine Höhle betreten. Sie zitterte und schlang die Arme um ihren Oberkörper. Daniel bemerkte ihr Zittern, weshalb er sie dicht an sich zog. Die Wärme, die er abstrahlte, tröstete Emily.
Sie drangen tiefer in den Raum vor, wobei sie an kleinen Schränken und Kommoden, Schreibtischen und Kleiderschränken vorbeikamen.
„Narnia, ich komme“, scherzte Emily, als sie die besonders verzierte Tür eines Holzschrankes öffnete. Dann schrieb sie den Preis und die Artikelnummer auf ihre Einkaufsliste.
Schließlich erreichten sie die Stelle, an der alle Betten gelagert wurden.
„Hier“, sagte Emily mit einem Blick auf einen antiken, aus dunklem Holz gefertigten Rahmen eines Himmelbettes. Die vier senkrechten Balken sahen genau wie die Baumstämme aus, aus denen sie geschnitzt worden waren. Es hatte schon fast etwas Magisches an sich. „Das ist genau das, was ich brauche. Noch so eines und die teuren Zimmer werden einen ziemlich luxuriösen Flair verstrahlen, findest du nicht?“
Daniel schien von diesem Bett besonders beeindruckt zu sein. „Es ist unglaublich gut gebaut. Ich meine, das erkennt man an der Tatsache, wie gut es die Zeit überstanden hat, aber auch an dem Lack, der Art, wie er dem Holz eine natürliche Farbe verleiht.“ Er schien sich in das Bett verliebt zu haben, doch gleich nachdem er die Worte ausgesprochen hatte, wurde er sofort von einem anderen Bett abgelenkt. „Emily, schau dir das hier an, schnell!“
Emily lachte, als er sie an der Hand zu einem weiteren, verzierten Bettrahmen zog. Dieser war in einem blasseren Lack gestrichen und machte fast schon den Anschein, als stammte es aus einer Isländischen Holzhütte. In das Kopf- und Fußteil waren Muster geschnitzt worden. Es war wunderbar und der Anblick raubte ihr den Atem.
„Das ist eine absolute Seltenheit, Emily!“, rief Daniel begeistert. „Es wurde per Hand geschnitzt. Wunderbare Holzarbeit. Wenn du das hier kaufst, könntest du die Pension direkt schon auf einer Landkarte vermerken!“
In Emily breitete sich Wärme aus. Es stimmte. Die Betten, die sie in Ricos Laden gefunden hatte, waren wunderschön und einzigartig. Jetzt verstand sie, was Cynthia ihr sagen wollte, als sie ihr erzählt hatte, dass sich die Gäste wie Könige fühlen sollten. Sie würde sich auf jeden Fall wie eine Prinzessin fühlen, wenn sie in einem von ihnen schlief.
„Also“, sagte Emily, während sie mit den Fingern über das Holz eines senkrechten Balkens strich. „Wir können die Betten aber nur unter einer Bedingung kaufen.“
„Oh?“, meinte Daniel mit gerunzelter Stirn.
Emily spitzte die Lippen und zog eine Augenbraue hoch. „Wir müssen jedes einzelne davon testen. Um die Qualität zu überprüfen, natürlich.“
„Du meinst…Oh!“ Daniel verstand, was Emily auf so zweideutige Weise vermitteln wollte, weshalb er mit den Augenbrauen wackelte. Plötzlich erschien die Vorstellung, die Betten zu kaufen, sogar noch reizvoller. „Oh, also, natürlich…“, murmelte er, während er seine Arme um Emily schlang und sie in eine Umarmung zog. „Du könntest nicht ruhig schlafen, ohne selbst ausgetestet zu haben, wofür deine Gäste zahlen.“
Er drückte verführerische Küsse in ihren Nacken und Emily musste lachen.
„Ich werde Rico meine Liste geben“, sagte sie, bevor sie sich aus seiner Umarmung löste. „Und mich von all meinem Geld verabschieden.“
Daniel pfiff durch die Zähne. „Darüber wird er sehr glücklich sein. An diesem einen Einkauf verdient er wahrscheinlich genauso viel wie sonst in einem ganzen Monat!“
Sie ließ Daniel in dem großen Raum zurück und machte sich auf die Suche nach Rico.
„Evie“, begrüßte er sie, als sie wieder in den Verkaufsraum trat. „Hast du gefunden, was du wolltest?“
„Das habe ich“, erwiderte Emily. „Ich würde gerne drei Kleiderschränke, einen Frisiertisch, zwei Schreibtische, sechs Nachttischschränkchen, eine hohe Kommode, zwei normale Kommoden, drei Teppiche und drei antike Betten kaufen.“
„Oh“, brachte Rico hervor, der ein wenig überrascht wirkte, als sie ihm die Liste mit den Artikeln und Preisen überreichte. „Das sind aber ganz schön viele.“ Er begann, alles mit seiner antiken Kasse zusammenzuzählen.
„Ich richte zwei weitere Räume in der Pension ein und gestalte einen um.“
„Ah ja, du bist die junge Frau mit der Pension“, sagte Rico nickend. „Dein Vater wäre sehr stolz auf das, was du erreicht hast.“
Emily trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Obwohl sie seine netten Worte schätzte, fühlte sie sich unwohl dabei, an ihren Vater zu denken.
„Danke“, erwiderte sie leise.
„Also“, sagte Rico mit trockener Stimme, „da du eine geschätzte Kundin bist und etwas tust, von dem die ganze Stadt profitieren wird, gebe ich dir einen Rabatt.“ Er drückte ein paar Knöpfe und eine neue Zahl erschien auf der staubigen Anzeige.
Emily verengte die Augen, das konnte doch nicht stimmen. „Aber Rico, das ist ein Rabatt von fünfzig Prozent.“ Sie war sich nicht sicher, ob sich der ältere Mann nicht vertippt hatte; sie wollte ihn auf keinen Fall prellen.
„Das stimmt. Du bekommst einen besonderen Sunset Harbour-Memorial-Wochenendrabatt.“ Er zwinkerte.
Emily brachte kein Wort heraus, weshalb sie ihm einfach ihre Kreditkarte gab. Sie konnte kaum glauben, dass er so großzügig war.
„Bist du dir sicher?“
Rico winkte nur ab, um sie zum Verstummen zu bringen. Dann fuhr er mit dem Verkauf fort, doch Emily konnte nur stumm und leicht benommen herumstehen.
„Vielen Dank, Rico“, sagte sie atemlos. Dann drückte sie dem alten Mann einen Kuss auf die Wange. „Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.“
Sein Lächeln wurde größer und sagte schon alles.
Als sie zurück durch den Antiquitätenladen lief, um Daniel zu finden, war sie so aufgeregt wie ein kleines Kind.
„Rico hat mir die Hälfte des Preises nachgelassen!“, rief sie, als sie ihn erreichte.
Er hatte einen überraschten Ausdruck auf dem Gesicht.
„Das ist ja wunderbar“, erwiderte Daniel.
„Komm schon“, meinte Emily, die plötzlich ungeduldig war. „Lass uns das Zeug hier rausholen und dann damit beginnen, die Pension auf den neuesten Stand zu bringen.“
Daniel lachte. „Ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand so sehr auf das Ende eines Dates gefreut hat.“
„Tut mir leid“, sagte Emily mit hochrotem Kopf. „Es ist nur so, dass es so viel zu tun und vorzubereiten gibt, bist Jayne ankommt.“
„Wer ist Jayne?“, wollte Daniel wissen. „Du hast mir gar nicht gesagt, dass du noch einen Gast erwartest.“ Er schien sich für sie zu freuen, machte aber auch einen leicht überraschten Eindruck.
Emily lachte. „Oh, so ist das nicht. Jayne ist meine älteste Freundin aus New York.“
Plötzlich schien sich Daniel unwohl zu fühlen. Bei Amys Besuch war er das Gefühl nicht losgeworden, dass sie ihn abschätzig betrachtete, weshalb er nur ungern weitere Freundinnen von Emily treffen wollte.
„Okay“, murmelte er fast schon.
„Sie ist sehr nett“, versicherte ihm Emily. „Und sie wird dich lieben.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
„Das kannst du doch gar nicht wissen, widersprach Daniel. „Man weiß nie – manchmal kommen Menschen einfach nicht miteinander klar. Und ich bin nicht gerade der umgänglichste Mann auf der Welt.“
Emily schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte ihren Kopf an seine Brust. „Ich verspreche es dir. Sie wird dich leiben, weil ich dich liebe. So funktioniert das nun einmal bei besten Freundinnen.“
Nachdem ihr die Worte entschlüpft waren, erkannte Emily, dass sie das L-Wort gesagt hatte. Sie hatte Daniel ihre Liebe gestanden, doch der Gedanke jagte ihr keine Angst ein. Es auszusprechen hatte sich sogar wie das Natürlichste auf der Welt angefühlt. Ihr fiel jedoch auf, dass Daniel ihre Worte nicht erwidert hatte, weshalb sie sich fragte, ob sie diese Grenze wohl zu früh überschritten hatte.
Die beiden standen eine Weile lang einfach nur in dem alten Antiquitätenladen und umarmten sich stumm. Doch die ganze Zeit über dachte Emily darüber nach, was Daniels Schweigen wohl bedeuten mochte.
*
Als sie die schweren Himmelbetten aus Daniels Truck ausluden und sie in die jeweiligen Zimmer trugen, dämmerte es bereits. Die nächsten paar Stunden verbrachten sie damit, die Möbelstücke aufzustellen und sie im Raum zu platzieren, wobei keiner von ihnen über die Worte sprach, die im Hinterzimmer von Ricos Laden zwischen ihnen gefallen waren.
Während der Himmel draußen immer dunkler wurde, hatte Emily das Gefühl, dass das Haus nun immer mehr wie eine echte Pension aussah, als ob sie sich noch weiter auf die Vorstellung eingelassen hätte. Auf mehr als nur eine Art und Weise hatte sie einen Punkt erreicht, von dem aus sie nicht mehr umkehren konnte, und zwar nicht nur mit ihrer Pension, sondern auch mit ihren Gefühlen für Daniel. Sie liebte ihn. Sie liebte die Pension. Und an keinem der beiden zweifelte sie.
„Ich denke, wir sollten die Nacht in meinem Cottage verbringen“, verkündete Daniel, als es gerade Mitternacht schlug.
„Okay“, antwortete Emily leicht überrascht. Sie hatte noch nie in Daniels Kutscherhaus übernachtet und fragte sich, ob es wohl seine Art war, ihr zu zeigen, dass er es mit ihrer Beziehung ernst meinte, nachdem er ihr zuvor schon nicht die drei kleinen Worte hatte sagen können.
Sie schlossen die Pension ab und überquerten den Rasen bis sie an dem Ort ankamen, an dem Daniels kleines Kutscherhaus in der Dunkelheit stand. Er öffnete die Tür und ließ Emily eintreten.
Sie fühlte sich immer so viel jünger, wenn sie sein Haus betrat. Etwas an seiner großen Sammlung an CDs und Büchern schüchterte sie leicht ein. Nun ließ Emily ihren Blick über die Regale wandern und überflog die Titel aller akademischen Werke, die Daniel besaß. Psychologie. Fotografie. Er besaß so viele Bücher zu so vielen unterschiedlichen Themen. Und zu Emilys Erheiterung befanden sich zwischen all diesen einschüchternd aussehenden, akademischen Texten auch kommerzielle Krimiromane.
„Das glaube ich ja nicht!“, rief sie. „Du liest Agatha Christie?“
Daniel zuckte nur mit den Schultern. „Es ist nichts Verwerfliches dabei, hin und wieder etwas von Agatha zu lesen. Sie kann sehr gut erzählen.“
„Aber richten sich ihre Bücher nicht an Frauen mittleren Alters?“
„Warum liest du dann nicht eines und sagst es mir dann?“, entgegnete er verschmitzt.
Emily schlug ihn mit einem Kissen. „Wie kannst du es wagen? Fünfunddreißig gehört wohl kaum zum mittleren Alter!“
Sie lachten, während Daniel Emily auf die Couch drückte. Dann kitzelte er sie gnadenlos durch, womit er sie zum Kreischen brachte, und sie schlug mit ihren Fäusten auf seinen Rücken ein. Anschließend brachen sie, erschöpft von ihrem gespielten Kampf, aufeinander zusammen. Langsam verebbte Emilys Lachen. Sie keuchte in dem Versuch, zu Atem zu kommen, schlang ihre Arme um Daniels Nacken und fuhr mit den Fingern durch sein Haar. Die spielerische Stimmung zwischen den beiden verblasste und wurde wieder ernst.
Daniel löste sich so weit von ihr, dass er ihr Gesicht sehen konnte. „Du bist wunderschön, weißt du das?“, sagte er. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich es dir oft genug sage.“
Emily wusste, was er ihr mit seinen Worten eigentlich vermitteln wollte. Er bezog sich auf vorhin, auf die Tatsache, dass er ihr nicht gesagt hatte, dass er sie auch liebte. Er versuchte, es jetzt wieder gut zu machen, indem er sie mit Komplimenten überhäufte. Das war zwar nicht wirklich das Gleiche, aber sie war trotzdem froh, das zu hören.
„Danke“, murmelte sie. „Du bist auch nicht so schlecht.“
Daniel verzog seinen Mund zu seinem typischen Grinsen, das Emily so sehr liebte.
„Ich bin so froh, dass ich dich getroffen habe“, fuhr er fort. „Im Vergleich dazu, wie mein Leben vor dir war, ist es nun fast schon unglaublich. Du hast alles auf den Kopf gestellt.“
„Ich hoffe, auf gute Weise“, meinte Emily.
„Auf die beste Weise“, versicherte ihr Daniel.
Emily spürte, wie sich ihre Wangen röteten. So sehr sie es auch genoss, diese Worte aus Daniels Mund zu hören, war sie dennoch schüchtern und immer noch etwas unsicher, wo genau sie bei ihm stand. Zudem wusste sie nicht, wie sehr sie sich auf ihn einlassen sollte, wenn man einmal bedachte, wie angespannt die Lage mit der Pension gerade war.
Daniel schien sich bei den nächsten Worten schwer zu tun, weshalb Emily ihn geduldig und mit aufmunterndem Blick ansah.
„Wenn du weggehen würdest, dann wüsste ich nicht, was ich tun sollte“, sagte Daniel. „Nein, ich weiß es. Ich würde nach New York fahren, um wieder mit dir zusammen zu sein.“ Er nahm ihre Hand. „Ich will damit sagen, bleib bei mir. Okay? Wo auch immer wir schließlich landen werden, bitte verlass mich nicht.“
Daniels Worte berührten Emily tief. In ihnen lag so eine Ernsthaftigkeit, so eine Zärtlichkeit. Er vermittelte ihr nicht seine Liebe, sondern etwas Anderes, etwas Ähnliches oder zumindest Bedeutendes. Es war sein Verlangen, mit ihr zusammen zu sein, egal, was mit der Pension geschah. Er schob die tickende Uhr beiseite, indem er ihr erklärte, dass es ihm egal war, ob sie es bis zu vierten Juli schaffte, denn er würde immer bei ihr sein.
„Das werde ich“, versprach Emily, während sie mit bewundernd zu ihm aufblickte. „Wir können zusammenbleiben. Egal, was passiert.“
Daniel beugte sich vor und küsste Emily hart. Sie spürte, sie sich ihr Körper daraufhin aufheizte und sich die Hitze zwischen ihnen intensivierte. Dann stand Daniel auf und streckte ihr seine Hand entgegen. Sie biss sich auf die Lippe, ergriff seine Hand und folgte ihm in eifriger Erwartung ins Schlafzimmer.