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Kapitel 1 Begriffserklärung

Fehlgeburt oder Totgeburt – beide Schicksale machen Eltern erst einmal sprachlos und die Unterscheidung der verschiedenen Begrifflichkeiten mag von vielen Betroffenen als Wortklauberei empfunden werden. Die direkte Konfrontation mit dem Tod ist in jedem Fall schwer, so dass der Unterschied eigentlich nur im Medizinischen besteht.

Dennoch sollten Sie mit beiden Termini vertraut sein. Schließlich sind mit der medizinischen Einordnung unterschiedliche rechtliche Konsequenzen verbunden – beispielsweise, wenn es um die Bestattung oder um Fragen des Mutterschutzes geht.

Kapitel 1.1 Was ist eine Fehlgeburt?

Verliert eine Frau ihr Kind im ersten Schwangerschaftsdrittel, spricht man von einer „Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft” oder einem „Frühabort”. In diesem ersten Stadium ist eine Schwangerschaft besonders anfällig für Störungen – etwa, weil es bereits bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, die befruchtete Eizelle sich nicht „richtig” einnisten konnte oder sich die Organe des Embryos nicht gesund entwickelt haben.

Fehlgeburten zu Beginn der Schwangerschaft werden von vielen Frauen nicht als solche bemerkt, sondern einfach als verspätete Regelblutung wahrgenommen. Als „Spätabort” oder „späte Fehlgeburt” wird der Tod eines Kindes nach der 12. Schwangerschaftswoche bezeichnet, solange das Gewicht 500 Gramm noch nicht erreicht hat.

Kapitel 1.2 Was ist eine Totgeburt?

Der liebevolle Begriff „Sternenkinder” bezeichnet Babys, die noch im Mutterleib, während oder kurz nach ihrer Geburt verstorben sind. Das Geburtsgewicht spielt dabei heute keine Rolle mehr. Früher verstand man unter Sternenkindern nur Babys, die weniger als 500 Gramm wogen. Mit dem eher positiv besetzten Namen wollten Eltern ein Gegengewicht zu den strengen Personenstandsgesetzen schaffen: Bis 2012 konnte ein totgeborenes Baby nur dann in das Geburts- beziehungsweise Sterberegister aufgenommen werden, wenn es mindestens 500 Gramm wog und eine bestimmte Körpergröße erreicht hatte. Statistisch gesehen war es so, als hätte es leichtere oder kleinere Kinder nie gegeben.

Viele verwaiste Eltern, die bereits eine tiefe emotionale Bindung zu ihrem Ungeborenen aufgebaut hatten, wollten diese bürokratische Ignoranz nicht akzeptieren. Zudem lenkt der Begriff der „Sternenkinder” den Blick auf das Leben und die Liebe zum Kind, während „Fehlgeburt” oder „Totgeburt” nicht über das Sterben und die Trauer hinausgehen.

Als Synonym für Sternenkind werden gerne auch die Bezeichnungen „Schmetterlingskind” oder „Engelskind” verwendet. Statt Sterne verweisen bei diesen Namen die Flügel auf eine mögliche Verbindung zum Himmel. Diese hat ihren Ursprung in der religiösen Vorstellung, dass die viel zu früh verstorbenen Kinder „in den Himmel kommen”. Selbst für Eltern, die keine oder zumindest keine tiefe Verbindung zu den Kirchen haben, ist das eine tröstliche Vorstellung. In jedem Fall erstrahlt die Erinnerung an ihr Kind durch diese eher positiv besetzten und hoffnungsvollen Begriffe in einem helleren Licht.

Verstehen, Verabschieden, Verarbeiten

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