Moderner Fundamentalismus
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Stefan Breuer. Moderner Fundamentalismus
Moderner. Fundamentalismus
Inhalt
I
II
III
IV
V
1. Rousseau und die Folgen
I
II
III
IV
V
2. Worstward Ho! Schopenhauer oder die Inversion des moralischen Fundamentalismus14
I
II
III
1. Vom ästhetischen Idealismus zum ästhetischen Fundamentalismus
2. Richard Wagners musikalische Soteriologie
I
II
III
IV
3. Träume vom PLASTISCHEN GOTT: Stefan George
I
II
III
4. Goethe oder Hölderlin? Variationen des ästhetischen Fundamentalismus
I
II
III
1. Eros als Erlösungsmacht
2. Fremderlösung und Autoerotismus: Ludwig Klages. I
II
III
IV
V
VI
3. Erotische Selbsterlösung: Otto Gross, Herbert Marcuse. I
II
I
II
III
IV
I
III
IV
Literatur
Отрывок из книги
Der Autor
Stefan Breuer, geb. 1948, seit 1984/85 Professor für Politikwissenschaft im Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Hamburg, anschließend Professor für Soziologie, zunächst an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP), ab 2005 der Universität Hamburg. Seit 2014 emeritiert. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a. Max Weber, die politische Rechte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die (prä)historischen Ursprünge von Herrschaft und Staatlichkeit. Zahlreiche Veröffentlichungen.
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Ihrer sozialen Herkunft nach können fundamentalistische Intellektuelle aus verschiedenen Klassen stammen: aus positiv privilegierten Besitzklassen wie dem Adel (Tolstoi) oder dem Besitzbürgertum (Lukács), aus dem Bildungsbürgertum (Georgekreis) oder dem Handwerk (Rousseau). In besonders enger Wahlverwandtschaft aber scheint der moderne Fundamentalismus zu einer sozialen Lage zu stehen, die Weber etwas drastisch und vielleicht auch nicht angemessen als Paria-Intellektualismus bezeichnet. Als dessen besondere Merkmale gelten: die stark ausgeprägte Distanzierungsfähigkeit; und ein nicht minder ausgeprägtes Bedürfnis nach Bindung, nach enracinement, wie der treffende Ausdruck von Maurice Barrès lautet. Die besondere Intensität des Paria-Intellektualismus, schreibt Weber, beruhe darauf, „daß die außerhalb oder am unteren Ende der sozialen Hierarchie stehenden Schichten gewissermaßen auf dem archimedischen Punkt gegenüber den gesellschaftlichen Konventionen, sowohl was die äußere Ordnung wie was die üblichen Meinungen angeht, stehen. Sie sind daher einer durch jene Konventionen nicht gebundenen originären Stellungnahme zum ‚Sinn‘ des Kosmos und eines starken, durch materielle Rücksicht nicht gehemmten, ethischen und religiösen Pathos fähig“ (Weber 1976, 308). Weber hatte hierbei vor allem das russische Narodničestvo vor Augen, doch kann man den Kreis ohne Mühe weiter ziehen: von der ‚literarischen Politik‘, die Autoren wie Tocqueville und Darnton in der Französischen Revolution ausgemacht haben (Tocqueville 1978, 26 ff., 148; Darnton 1985), über die Romantik mit ihrer Verklammerung von rezessiver und produktiver Ironie – der doppelten Fähigkeit, sich aus allem zurückziehen und sich auf alles entwerfen zu können –, bis hin zu den jüngsten Untersuchungen über den politischen Existenzialismus des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts, die diesen als Fortbildung des romantischen Subjektivismus deuten (Großheim 1999). Nicht immer muß es sich dabei um modernen Fundamentalismus handeln. Aber wenn sich der Paria-Intellektualismus mit Zeitablehnung verbindet und soteriologische Ambitionen artikuliert, dann sind alle nötigen Voraussetzungen dafür gegeben.
Das starke Pathos wie auch das intensive Bindungsbedürfnis treffen nun aber, wie gezeigt, weder in der Moral noch in der Kunst, noch in der Erotik auf Instanzen, die geeignet wären, dem Paria-Intellektualismus à la longue das zu geben, was er sucht. Schon Hegel hat darin das Motiv für die notorische Neigung zur Konversion gesehen, die so viele Romantiker in die katholische Kirche getrieben hat. „Verzweiflung am Denken, an Wahrheit, an und für sich seiender Objektivität, und Unfähigkeit, eine Festigkeit, Selbsttätigkeit sich zu geben“, habe die einen dazu gebracht, sich in religiöse Empfindungen zu flüchten, die anderen, sich in positive Religiosität zu werfen, „um etwas Festes zu haben, weil der inneren Subjektivität alles schwankt. Sie will sich mit der ganzen Gewalt des Gemüts an Positives wenden, den Kopf unter das Positive beugen, dem Äußerlichen sich in die Arme werfen, und findet innere Nötigung dazu“ (Hegel, TW 20, 417 f.).
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