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Psycho-Basics

Ihr persönliches Domino-Spiel beginnt mit den Einser-Steinen: Sie stellen unsere psychische Grundausstattung dar. Wie funktionieren unsere Wahrnehmung und unsere Gefühle? Was haben innere Werte und Verhaltensmuster mit Glück zu tun? Wie erlangen wir durch unsere Einstellung die besten Voraussetzungen fürs Leben?

1.1 Unsere innere Videokamera schafft unsere Wirklichkeit

Annika (28) macht sich Sorgen. Erst streikt im Hotel bei ihrer Kreditkarte das Lesegerät, dann baut ihre Freundin Susanne (27) auf dem Weg zum Flughafen fast einen Unfall, und jetzt hat der Flieger auch noch zwei Stunden Verspätung. So eine Pechsträhne! Ob die beiden lieber doch nicht einsteigen sollten?

Susanne hingegen freut sich: Mit ihrer Kreditkarte konnte sie Annika helfen, ihre Rechnung zu begleichen, den Unfall verhinderte sie durch ihre hellwache Reaktion, und dank der Verspätung kann sie am Flughafen noch Souvenirs einkaufen. Bei so viel Glück bekommen sie im Flugzeug heute sicher die besten Plätze!

Rolf (51) hadert mit seinem Job: Sein Chef ist schwierig, die Verhältnisse sind chaotisch, und die Kollegen haben innerlich gekündigt. Zwar kennt sich Rolf mit positivem Denken aus: „Alles halb so wild!“, sagt er sich selbst. Und: „Ich liebe meine Arbeit!“ Doch seine Familie sorgt sich: Rolf wirkt so unglücklich.

Achtung, Stolperstein:

Unser Gehirn scannt vor allem Gefahren

Beim Lebensdomino gibt es zweierlei Spielsituationen: solche, die wir verändern können, und solche, auf die wir keinen Einfluss haben. Wichtig ist, das eine vom anderen zu unterscheiden: Beeinflussen wir veränderbare Spielstände zu unseren Gunsten — und machen wir aus unveränderbaren Situationen das Beste.

Doch leichter gesagt als getan! Wer weiß schon immer, wann es sich noch zu kämpfen lohnt, und ab wann wir uns besser in unser Schicksal fügen? Und: Wie schaffen wir es dann, uns nicht runterziehen zu lassen?

Wir alle nehmen unsere Domino-Welt unterschiedlich wahr. Wo Annika Probleme und Gefahren wittert, sieht Susanne Chancen. Susanne interpretiert auch anscheinend Negatives als gutes Zeichen für die Zukunft und liebt es, Probleme zu lösen. Sie begegnet schwierigen Situationen mit Ehrgeiz und optimiert sie. Rolf wiederum bildet sich nur ein, seine Situation zu verbessern, indem er sie sich schöner denkt, als sie ist. In Wirklichkeit steckt Rolf in einem Konflikt mit seinen inneren Werten (siehe Domino-Stein 1.4): Sein Job bereitet ihm Dauerstress — und das leugnet er. Armer Rolf!

Wir denken in Mustern

Und Sie? Wie würden Sie sich in einer solchen Situation verhalten? Vermutlich hängt das davon ab, welche Erfahrungen Sie in ähnlichen Situationen gemacht haben und wie mutig oder vorsichtig Sie Ihr Lebens-Domino daher spielen. Warum? Weil wir Menschen dazu neigen, Dinge nach gewohnten Mustern zu tun. Weil wir aber alle unterschiedliche Denkmuster gewöhnt sind, beurteilen verschiedene Menschen gleiche Situationen unterschiedlich. Unsere Realität entsteht im Gehirn!

Doch Gehirne sind etwas höchst Subjektives: Wirklich jeder hat sein eigenes — samt seiner eigenen Geschichte. Und das bedeutet, dass es gar keine objektive Realität gibt, sondern nur unterschiedliche Wahrnehmungen dessen, was wir für Realität halten. Unsere Betrachtungsweise ist also eine Interpretation! Und zwar eine, die uns nützen oder schaden kann.

Und warum interpretieren wir dann ein Glas mal als halb voll und mal als halb leer? Ganz einfach: Das hängt davon ab, was wir sehen wollen — und auch davon, was wir zu sehen gewohnt sind, weil wir es bereits kennen.

Übereinstimmungen oder Unterschiede?

Stellen wir uns ein Gehirn am besten als eine höchst effektive Mustererkennungsmaschine vor: Ständig gleicht diese Maschine unsere Sinneseindrücke mit unseren Erfahrungen und Gefühlen ab und sucht Übereinstimmungen und Unterschiede. Die Suchergebnisse bewertet das Gehirn auch gleich sofort: Übereinstimmungen erkennt es gerne als Bestätigung unserer Erfahrungen und Gefühle an, und Unterschiede lehnt es gerne als unbekannt ab. Dieser Abgleich hilft uns dabei, uns in der Welt zurechtzufinden und auf Dinge schnell und ohne viel nachzudenken zu reagieren. Das verhilft uns zur Routine und rettet uns sogar das Leben: Katze direkt vor uns, vierzig Zentimeter lang? Streicheln! Einen Meter siebzig lang? Flüchten! Schon für unsere Vorfahren war es im Dschungel nicht hilfreich, bei Gefahr erst mal lange zu grübeln oder sich in positivem Denken zu üben: „Ist das jetzt wirklich ein Säbelzahntiger? Na ja, der wird sicher schon zu Mittag gegessen haben!“

Routine oder Entscheidung?

Zugleich kann uns der routinierte Abgleich unserer Wahrnehmungen mit unseren Denkmustern auch am Glück hindern. Partner schweigsam? Muster erkannt: Er wird mal wieder mies drauf sein wie beim letzten Mal! Handlung also: streiten! Oder hinterfragen wir die Routine und denken: Partner schweigsam? Vielleicht braucht er Trost! Wir haben die Wahl.

Wie wir Muster wahrnehmen, sie deuten und letztlich auf sie reagieren, hängt enorm davon ab, wie wir uns gerade fühlen. So betrachten wir unser Leben in schlechter Verfassung meist pessimistischer und in guter Verfassung optimistischer. Und wer entscheidet, wie wir uns fühlen, wenn nicht wir selbst? Zumindest meistens.

Spielend weiterkommen:

Die richtige Perspektive einnehmen

Sind wir den Interpretationen unseres Gehirns hilflos ausgeliefert? Keineswegs! Viele Wahrnehmungen können wir steuern. Wir können uns unser Bewusstsein dabei wie eine Videokamera vorstellen: Was sie filmt, nehmen wir wahr — und was nicht im Sucher ist, blenden wir aus. Ein Beispiel: Konzentrieren Sie sich einmal auf Ihren linken Daumen! Nehmen Sie ihn ganz bewusst wahr. Jeden Zentimeter seiner Oberfläche. Dann stellen Sie sich in aller Ruhe vor, wie gut Ihr Daumen durchblutet ist, wie er immer wärmer wird und schließlich zu pulsieren beginnt. Na? Spüren Sie ihn schon? Ihr rechtes Ohr hingegen haben Sie währenddessen vermutlich nicht im Sucher Ihrer Kamera.

Was bedeutet das? Etwas Großartiges! Durch unsere Aufmerksamkeit können wir unsere Sinneseindrücke und deren Interpretationen verstärken und abschwächen — ganz so, wie wir es wollen. Wir konzentrieren uns, worauf wir wollen: auf Probleme, Schmerz, Gefahren, Misserfolge. Oder eben auf Herausforderungen, Unversehrtheit, Spannung und neue Möglichkeiten. Die Frage ist nur: Wollen wir den Sucher unserer Videokamera von den Umständen einstellen lassen, oder wollen wir es selbst tun? Und: Worauf wollen wir unseren Sucher richten?

Das Gute suchen und finden

Unser Leben ist im Allgemeinen ja sehr sicher: keine frei herumlaufenden Tiger, die meisten Krankheiten sind behandelbar, wir haben genug zu essen, und an Naturgefahren erwarten uns schlimmstenfalls Aquaplaning und Glatteis. Die meisten schlimmen Sorgen werden also niemals Wirklichkeit. Unser Gefahrenscanner Gehirn allerdings wähnt sich immer noch im Dschungel: „Wo könnte der Tiger stecken?“ Und genau das verhindert oft, dass wir so zufrieden sind, wie wir es sein könnten. Also schauen wir stattdessen doch immer wieder: Was läuft gerade gut? Was gefällt mir im Moment ganz besonders? Und wann kommt die nächste schöne Überraschung? Wetten, dass wir so zu einer schöneren Perspektive (und zu besseren Gefühlen) gelangen? Glauben Sie mir: Das Leben ist schön!

Den Tatsachen ins Auge sehen

Was aber tun, wenn man in einer wirklich miesen Situation steckt? Dauerstress, Krankheit, Kündigung? Hier ist es nun zunächst wichtig zu unterscheiden, ob man die Situation noch positiv beeinflussen kann oder nicht. Deshalb: Sehen Sie den Tatsachen ins Auge! Wenn Sie die Situation beeinflussen können, dann handeln Sie so lange, bis alles zum Guten gewendet ist (siehe Domino-Steine 2.1 bis 2.6). Sollten Sie dagegen erkennen, dass Sie die Situation nicht mehr beeinflussen können, betrachten Sie sie positiv!

Der unglückliche Rolf etwa kann durchaus Möglichkeiten finden, seine Job-Situation zu verbessern — er muss sie nur suchen. Und das tut er erst, wenn er sich eingesteht, bislang auf dem Holzweg zu sein. Sobald er ehrlich zu sich selbst ist (siehe Domino-Stein 2.4), wird er automatisch möglicherweise über einen Jobwechsel nachdenken und das Ganze in Angriff nehmen. Annika hingegen kann weder ihre Kreditkarte reparieren noch den Beinahe-Unfall ungeschehen machen. Genauso wenig kann sie das Flugzeug herbeizaubern. Besser also, sie steuert ihre Videokamera darauf, dass alles am Ende gut ausgegangen ist — das ist toll! Und genau so macht das Susanne. Sie fragt sich stets: Was ist das Gute an meiner Situation? Wofür kann es nützlich sein? Auch Sie können sich das immer wieder fragen!

Übrigens hilft auch der Rückblick dabei, diesen Stein zu legen: Vielleicht haben Sie auch Situationen erlebt, die Sie im Nachhinein anders beurteilen — selbst ein Unglück war möglicherweise Ausgangspunkt positiver Entwicklungen. Damals haben Sie vielleicht erst mal eine Weile gelitten, bis die guten Gründe offenbar wurden. Leider umsonst — verändern konnten Sie sowieso nichts mehr!

Benutzen Sie deshalb Ihre innere Videokamera bereits heute ganz bewusst: Was ist hier und jetzt gut? Wo ist das Schöne? Wobei kann es hilfreich sein? Wie nutzt Ihnen das Problem? Mit unserem Bewusstsein haben wir somit ein ideales Instrument, das Leben so wahrzunehmen, wie es uns am besten hilft.

Das Domino-Prinzip:

Durch die richtige Haltung wird das Leben schön!

Jeden Tag passieren gute und schlechte Dinge. Manche davon können wir ändern, andere nicht. Doch wozu unter Unveränderbarem leiden? Wenn wir keine Wahl mehr haben, die Dinge zu ändern, haben wir immer noch die Wahl, die Dinge so zu betrachten, wie sie für unser weiteres Spiel am nützlichsten sind. Und das ist Ihr Erfolg durch diesen Domino-Stein: Er schenkt Ihnen eine wichtige Lebensqualifikation, die Ihnen zu mehr Glück und Ausgeglichenheit verhilft. Sie erkennen, dass Sie selbst entscheiden, wie Sie sich fühlen — und bekommen dadurch Ihr Leben in die Hand. Und wer sich auf das Gute konzentriert statt auf das Schlechte, hat weniger Stress und lebt insgesamt sogar gesünder!

1.2 Wofür sind Gefühle gut?

Petra (47) liebt Schokolade, denn die setzt schließlich Glückshormone frei. Das bisschen Übergewicht stört Petra kaum. „Man gönnt sich ja sonst nichts!“, denkt sie – und hat ihre Waage vorsorglich in den Keller verbannt.

Hans (67) spielt regelmäßig Lotto. Wenn er gewinnt, will er noch mal so richtig durchstarten. Bis dahin allerdings trifft er sich täglich mit seinen Kumpels in der Kneipe. Beim Biertrinken kann er den Tod seiner Frau eine Weile vergessen.

Felix (26) kann sich schon wieder nicht dazu aufraffen, für seine Prüfungen zu lernen, seit er einmal während des Examens einen Blackout hatte. Lieber schaut er sich heute noch einen Film auf DVD an und surft im Internet. Dabei liegt er schon vier Semester über der Regelstudienzeit.

Anna (18) hasst ihren Azubi-Job zwar, ist aber froh, überhaupt eine Lehrstelle zu haben. „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach!“ sagen ihre Eltern. Und die Fachhochschulreife kann sie nach dem Ende ihrer Lehrzeit immer noch nachholen.

So weit, so normal? Oder sollte Petra nicht doch lieber abnehmen, Hans sich eine neue Partnerin suchen, Felix seinen Allerwertesten an den Schreibtisch bewegen und Anna gleich wieder zur Schule gehen? Ja, eigentlich sollten sie. Eigentlich.

Achtung, Stolperstein:

Wenn Gefühle auf Autopilot schalten

Wie geht es Ihnen? Ich meine, wie geht es Ihnen die meiste Zeit? Sagen wir mal, ich würde Sie stündlich am Ärmel zupfen und nach Ihrem Befinden fragen — was würden Sie antworten? „Gut“? „Ging schon besser“? Oder: „Muss!“? Sie merken, ich meine die Frage nicht als Floskel. Und das hat einen Grund: Wie es uns geht, bestimmt nämlich größtenteils, was wir tagtäglich tun! Warum? Weil wir kaum etwas „einfach so“ tun. Stattdessen ist mit vielen Handlungen ein mehr oder weniger bewusstes Motiv verknüpft: der Wunsch, es möge uns danach besser gehen als vorher.

Wir lassen äußeren Druck oft bis zur Unerträglichkeit wachsen

Ein Beispiel: Warum ärgern wir uns manchmal, wenn morgens der Wecker klingelt? Weil es im Bett so schön gemütlich ist — ein gutes Gefühl. Jetzt schon aufstehen? Brrrr! Was also tun? Das Aufstehen verzögern und den Alarm um zehn Minuten nach hinten verschieben — Problem erst mal gelöst. Beim nächsten Klingeln ist es zwar immer noch gemütlich im Bett, doch je länger wir nun warten, desto stärker verändert sich unsere Betrachtungsweise: Wenn wir immer noch nicht aufstehen, schaffen wir nicht, was wir uns vorgenommen haben — die Kinder versorgen, zur Arbeit gehen, den Haushalt machen. Das wäre schlecht. Das Gefühl, ein Problem zu bekommen, besiegt beim Wettkampf unserer Gefühle das Wohlgefühl im Bett. Also: Raus aus den Federn und rein in den Tag!

Sie merken, worauf ich hinaus will: Unsere Gefühle steuern unsere Handlungen. Und wir versuchen dabei stets, gute Gefühle zu erleben und schlechte zu vermeiden. Weg vom Schmerz, hin zur Lust. Wie ein Autopilot im Kopf.

Vielleicht sollten wir unsere Gefühle also genauer betrachten — schließlich werden sie Gedanken und führen somit zu unseren Handlungen! Auch wenn wir die Folgen unserer Handlungen später viel lieber „Schicksal“ nennen, ob aus Bequemlichkeit oder weil wir nicht genau hinsehen wollen.

Gute Gefühle, schlechte Gefühle

Doch welche Gefühle gibt es überhaupt? Gestatten Sie mir eine ganz einfache Einteilung unserer Gefühle in vier Kategorien, und zwar in gute und schlechte Gefühle sowie kurzfristige und langfristige Gefühle. Vier Kombinationen sind möglich: kurzfristige gute Gefühle, langfristige gute Gefühle, kurzfristige schlechte Gefühle und langfristige schlechte Gefühle.

Betrachten wir zunächst einmal die guten Gefühle. Die kurzfristigen guten Gefühle kennen wir als Lust, Überraschung, Spaß, Rausch oder Genuss. So genießt Petra ihre Schokolade, Hans sein Bier und Felix seinen Film auf DVD. Keine Frage: Lauter gute Gefühle und somit lauter gute Motive — jedoch wirken sie leider nur kurzfristig! Denn nach einem kurzen, manchmal nur Sekunden andauernden angenehmen Kick hören die guten Gefühle wieder auf — und verlangen erneut nach einem Kick. Im Unterschied zu den langfristigen guten Gefühlen: Die nämlich kennen wir etwa als Glück, Zufriedenheit, Stolz, Mut, Ausgeglichenheit, Gesundheit, Selbstsicherheit oder Geborgenheit. Langfristig gute Gefühle dauern zeitlich auch dann noch an, wenn ein Kick längst vorbei ist. Ja, eigentlich braucht man unter dem Einfluss vieler langfristig guter Gefühle gar nicht so viele Kicks! Leider lassen die Menschen in unseren Beispielen hier nur wenig Positives erwarten: Ob Petra ihre Pfunde wirklich so akzeptiert? Ob Hans sich nicht in Wirklichkeit nach Liebe und Geborgenheit sehnt statt nach einer Lottomillion? Oder ob sich Felix nicht die nötige Selbstsicherheit für seine Prüfungen wünscht?

Kurzfristiges Glück kann langfristig unglücklich machen

Nun zu den schlechten Gefühlen. Kurzfristig schlechte Gefühle kennen wir als Schmerz, Streit, Furcht, Stress oder Wut. Auch sie dauern oft nur Sekunden. Und langfristig schlechte Gefühle kennen wir als Frust, Hoffnungslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Langeweile, Mutlosigkeit, Trauer oder allgemeines „Unglücklichsein“ — sie können eine gefühlte Ewigkeit dauern.

Und woher kommen diese langfristig schlechten Gefühle? Oft sind sie Folge unseres kurzfristigen Verhaltens, das manche gefühlten Unannehmlichkeiten „erst mal“ vermeidet! Was leider die Entstehung langfristiger Probleme begünstigt: So vermeidet es Felix etwa zu lernen, sich seiner Prüfungsangst zu stellen und sich somit Erfolg, Stolz und Zufriedenheit zu verschaffen — stattdessen verschafft er sich kurzfristig mit angenehmen Kicks nur vermeintlich gute Gefühle und schiebt dabei das „Problem Prüfung“ in die Zukunft. Klar, dass ihn das chronisch unzufrieden macht und sein Selbstvertrauen weiter untergräbt.

Und Anna? Sie fürchtet den kurzfristigen Stress, sich für die Schule zu entscheiden, mit all den kurzfristigen Problemen, die sie dadurch erstmal hätte: Kündigung, Streit mit den Eltern, Aufnahmeprüfungen. Leider erlebt sie aber ohne diese wichtige Entscheidung Langeweile, Motivationsprobleme und ständige Niedergeschlagenheit.

Sie sehen: Unsere Gefühle führen uns mitunter in Sackgassen — obwohl sie die besten Absichten verfolgen! Klar will auch Anna stolz sein auf ihren Schulabschluss. Doch dafür muss sie erst wieder zur Schule gehen. Klar will Felix selbstbewusst sein. Doch dafür muss er zunächst Bequemlichkeit und Prüfungsangst ablegen. Klar will Petra schlank sein und Hans wieder sein Leben genießen. Doch müssten auch sie dazu ihre Gefühle anders bewerten. Denn: Solange wir unser Handeln vorwiegend auf kurzfristige Gefühle konzentrieren, scheitern wir häufig mit unserem eigentlichen Ansinnen — dem Ziel, uns dauerhaft gut zu fühlen. Das erreichen wir oft nur, wenn wir — Augen zu und durch! — kurze Unannehmlichkeiten in Kauf und in Angriff nehmen.

Spielend weiterkommen:

Langfristiges Gefühle als Signale sehen!

Schluss also mit der Abhängigkeit vom Autopilot! Spielen wir ein wenig Domino, und zwar mit veränderter Spieltaktik: Seien Sie nicht länger Spielball Ihrer Gefühle, sondern nutzen Sie stattdessen Ihre Gefühle!

Wie das gehen soll? Nun, Gefühle sorgen nicht nur für Antrieb, sondern sie transportieren auch Signale: Berühren wir ein heißes Bügeleisen, spüren wir Schmerz. Der soll verhindern, dass wir uns weiter verbrennen, und wir ziehen unsere Hand zurück. Mit unseren langfristigen Gefühlen ist es ähnlich: Sie zeigen uns an, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen oder in die falsche. Ausgeglichenheit? Fröhlichkeit? Selbstsicherheit? Die Richtung stimmt — weitergehen! Nervosität? Magengrummeln? Unzufriedenheit? Vorsicht, Problem — Situation analysieren und Veränderung einleiten!

Betrachtungsweise umdrehen

Wichtig dabei ist es, die kurzfristige Betrachtungsweise in eine langfristige umzudrehen: So mancher schöne Kick schafft bei Frust zwar für den Moment Abhilfe, wirkt aber nur wie ein Schmerzmittel — sobald es nicht mehr wirkt, ist der Schmerz wieder da. Also lieber die Krankheit behandeln statt nur ihre Symptome!

Deswegen: Nehmen Sie kurzfristige Gefühle nicht so ernst, langfristige dafür umso wichtiger!

Dabei hilft die „Einser-Regel“. Fragen Sie sich bei Ihren Handlungen stets: „Welches Gefühl verschafft mir das, was ich hier tue, in einer Sekunde? Welches in einer Minute? In einer Stunde? Einem Tag? Einer Woche? Einem Monat? Einem Jahr? Einem Jahrzehnt?“ Sie sehen: Der zeitliche Perspektivenwechsel lässt vieles in einem anderen Licht erscheinen. Was bedeutet schon der Ärger bei einer lästigen Aussprache, wenn danach ein echtes Problem gelöst ist? Warum nicht mal Schmerz oder Mühe akzeptieren, wenn danach langfristige Belohnungen winken? Und: Warum nicht mal auf einen Kick verzichten, wenn der sowieso nur kurze Befriedigung verschafft?

Vielleicht analysieren Sie einfach mal ehrlich Ihren Tagesablauf. Fragen Sie sich: „Was mache ich warum? Wie fühle ich mich dabei? Wie will ich mich eigentlich fühlen? Und: Was müsste ich dafür tun, um mich so zu fühlen, wie ich will?“ Wetten, dass Sie dabei auf ein paar spannende Ideen kommen?

Das Domino-Prinzip:

Es geht Ihnen langfristig gut!

Gehören Sie zu den Menschen, denen es wichtig ist, nach ihren „Gefühlen“ zu handeln? Schön! Dann ist Ihr Erfolg durch diesen Domino-Stein, dass Sie künftig zwischen kurzfristigen und langfristigen Gefühlen unterscheiden. Auf langfristige Gefühle zu achten verhilft Ihnen auf Dauer zu langfristigem Glück. Denn die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben und nicht immer gleich dem erstbesten Glücksgefühl hinterherzuhecheln, macht Menschen auf Dauer erfolgreicher und glücklicher. Natürlich müssen Sie sich nicht masochistisch selbst geißeln: Sie dürfen auch weiterhin Feste feiern, wenn sie fallen. Das Schöne dabei: Auf der Basis echter Zufriedenheit genießt es sich dann doppelt so gut und ohne schlechtes Gewissen.

1.3 Glück ist keine Glücksache

Burkhart (44) hasst Klassentreffen. Bald sieht er dort wieder seinen alten Schulfreund Max (44), den Überflieger. Während Burkharts letzte Beförderung ihm zwar 100.000 Euro Jahresgehalt und enorme Macht einbrachte, sitzt Max in seiner Firma längst im Vorstand.

Aber auch Max ist unglücklich. Sein Job beansprucht ihn so sehr, dass er keinen anderen Interessen mehr nachkommen kann. Auch seine Ehe leidet darunter. Aber was soll er tun? Schließlich hat er keine Wahl: Wer einmal so weit gekommen ist wie er, der kehrt nicht einfach um. Dennoch wäre er gerne so frei wie seine Kinder Carola (19) und Jonas (22).

Doch auch die sind unglücklich: Carola weiß nicht, was sie studieren soll. Talente hat sie genug. BWL studieren? Jura? Medizin? Oder doch erst mal ein paar Praktika machen? Und: Was, wenn sie sich falsch entscheidet? Ist für sie dann womöglich ein wichtiger Zug abgefahren? Und wann soll sie eine Familie gründen? Geht das überhaupt, wenn man Karriere macht?

Jonas steckt im Training für den nächsten Wettkampf. Keine Partys, kein Alkohol, keine langen Abende — schließlich muss er seinen Trainingsplan erfüllen. Das Leben geht für ihn erst nach der Saison weiter. Ganz nebenbei hofft er so, auch endlich den lang ersehnten Waschbrettbauch zu bekommen, um den Mädels zu imponieren.

Friedrich (60) ist im langersehnten Vorruhestand. In seinem Alter hat er es sich verdient, die Füße hochzulegen. Trotzdem ruft er noch fast täglich in seiner Firma an, um zu erfahren, was es Neues gibt. Tut er das mal nicht, wird er sehnsüchtig. Für die Arbeiten im Garten hat er keine Kraft.

Seine Frau Elfie (62) hingegen versprüht von morgens bis abends gute Laune und Energie. „Wozu auch mit sich hadern?“, denkt sie. „Schließlich gibt es genug zu tun!“

Achtung, Stolperstein:

Typische Unglücksfallen

Kommen wir nun zum wohl schönsten langfristigen Wohlgefühl: zum Glück (siehe Domino-Stein 1.2!). Letztlich ist es ja genau das, was wir wollen: glücklich sein — und zwar für alle Zeit. Doch leider gibt es auch hier jede Menge Fallen, die unser Domino unnötig kompliziert machen und das Glück fernhalten: zu hoch gesteckte Ziele, frustrierende Vergleiche, Entscheidungsschwäche, psychische Abhängigkeiten, quälender Leistungsdruck, Festhalten an Vergangenem, Angst vor Anstrengung und vieles mehr.

Leider sind wir dadurch häufig so sehr mit der Suche nach dem Glück beschäftigt, dass wir dabei ganz vergessen, das Glück zu finden, das wir bereits haben! Betrachten wir also zunächst mal der Reihe nach die Fallen.

Vergleiche machen unglücklich

Die erste große Falle ist die Kontrastfalle. Wie glücklich oder unglücklich wir sind, messen wir häufig durch Vergleiche mit anderen. Wir machen permanente Abgleiche mit unserer Umgebung und schließen aus dem Kontrast auf unser eigenes Glück oder Unglück. Unsere Frage dabei ist häufig: „Was haben andere, was ich nicht habe?“ Und weil unsere innere Videokamera (Domino-Stein 1.1) sieht, worauf wir den Sucher richten, finden wir, was uns fehlt. Wir wollen mehr Geld, weniger Po, bravere Kinder, schickere Klamotten. Klar fühlt sich Burkhart beruflich unterlegen, wenn er sich nur mit Max vergleicht. Klar bildet sich Jonas Figur-Probleme ein, wenn Waschbrettbäuche der Maßstab sind. Wie auch anders?

Eine weitere Form der Kontrastfalle ist der Vergleich mit früheren, vermeintlich besseren Tagen: „Damals, als ich noch jung und knackig war!“, „Früher, als ich hier noch etwas zu sagen hatte!“ oder „Damals, als ich noch gesund war!“ Doch wer sich auf Verluste konzentriert, findet auch welche. Knifflig ist auch unsere Freiheit zu wählen und uns zu entscheiden. Denn einerseits fühlen wir uns schlecht, wenn wir (scheinbar) keine Wahl (mehr) haben und uns in ein vermeintliches Schicksal fügen müssen. Andererseits überfordert es uns, zu viele Möglichkeiten zu haben. Max etwa fühlt sich wie in einer Sackgasse. Obwohl er beruflich alles erreicht hat, geht es ihm schlecht. Er fühlt sich seiner Situation ausgeliefert. Und auch Carola ist verzweifelt: Sobald sie einen Weg einschlägt, muss sie einen anderen verlassen — und sie leidet unter ihrer Unsicherheit, ob sie sich richtig entschieden hat.

„Wenn, dann?“

Die nächste fiese Falle ist die Erst-wenn-Falle: „Erst wenn ich meinen Traumjob, meinen Traumpartner, meine Traumfigur, oder mein Traumziel erreicht habe, kann ich glücklich sein!“ Und davor? Ständiges Unglück? Wie traurig! So wie Jonas, der besser daran täte, neben dem täglichen Training sein Leben zu genießen und nicht nur seine Wettkampfsiege. Auch Friedrich ist in diese Falle getappt: „Wenn ich erst in Rente bin, genieße ich mein Leben!“, hat er lange gedacht. Jetzt würde er lieber in seinen alten Job zurückkehren. Er hätte ihn wohl rechtzeitig genießen sollen!

Außerdem tappt Friedrich noch in die Faulheitsfalle: „Wenn ich nichts zu tun habe, geht es mir gut!“, denkt er — und wundert sich über seine Energie- und Freudlosigkeit. Denn wer nur seine Füße hochlegt, ist alles andere als glücklich.

Spielend weiterkommen:

Seien Sie dankbar für das, was Sie haben!

Wie also wird man glücklich? Durch sechs wichtige Spiel-Taktiken.

Erstens: Richten Sie Ihre innere Videokamera auf das, was Sie haben, und nicht auf das, was Sie nicht haben! „Was habe ich schon alles erreicht? Warum kann ich stolz auf mich sein?“ So geraten Sie nicht in die Kontrastfalle. Burkharts Jahresgehalt und Job sind doch nicht schlecht, oder? Bestimmt gibt es beim Klassentreffen auch einige, die Burkhart beneiden. Wenn Sie sich also vergleichen wollen, dann vergleichen Sie sich auch mal mit unten. Lernen Sie so, zu wollen, was Sie haben — und nicht das, was Sie nicht haben (können)! Fragen Sie sich auch: „Was kann ich einfach so genießen, ohne Anstrengung? Wofür bin ich dankbar?“ Gesundheit? Natur? Liebe? Feiern? Erfahrung? Sicher fällt Ihnen etwas ein. Und: Wenn Sie dennoch längerfristig unzufrieden sind, betrachten Sie diese Unzufriedenheit als Signal, das Ihnen sagen möchte: Es gibt etwas zu tun!

Zweitens: Leben Sie im Jetzt, statt sich nur aufs Leben vorzubereiten! Zu viele Erst-wenn-Bedingungen verhindern, den Augenblick zu genießen — schließlich müssten Sie einer ganzen Menge Pflichten hinterherjagen. Und irgendwann sind Leben und Glück an Ihnen vorbeigerauscht, ohne dass Sie es bemerkt haben! Wie schade …

Nur Sie treffen die Entscheidungen in Ihrem Leben

Drittens: Handeln Sie! Es ist ein Riesen-Irrtum, zu glauben, nur Muße, Ruhe und Erholung seien unser Lebenszweck. Die Natur hat uns prima an Abenteuer und Anstrengungen angepasst, dank Hormonen und Nervenbotenstoffen wie Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin. Sie verschaffen uns gute Gefühle: Spannung, Wachheit, Energie, Konzentration, gute Laune und vieles mehr. Ein schönes Gefühl ist es dabei auch, wenn wir die Welt durch unsere Handlungen beeinflussen oder etwas schaffen können: Häuser bauen, Briefe schreiben, Autos waschen oder Bilder malen. Wir handeln, und etwas verändert sich. Klar fühlt sich Elfie wohl: Sie lässt sich nicht hängen wie ihr Mann, sondern sie schafft vor sich hin — und hat dadurch von morgens bis abends lauter Erfolge. Glück pur! Übrigens macht die Erholung hinterher dann auch doppelt so viel Spaß.

Viertens: Tun Sie, was Sie gerne tun! Dann machen Sie sich nämlich unabhängig von äußeren Bewertungen: zu alt, zu jung, zu reich, zu arm, zu groß, zu klein — in wessen Augen denn? Allein Ihre Sichtweise ist entscheidend! Friedrich scheint seinen Job wirklich genossen zu haben — obwohl ihm seine Umgebung möglicherweise eingeredet hat, er sei dafür zu alt. Viele glückliche Menschen dagegen beschäftigen sich bis ins Greisenalter mit dem, was sie lieben. Ob Friedrich also nicht irgendwie weiterarbeiten sollte?

Sie können immer und überall alles Mögliche verändern

Fünftens: Treffen Sie Entscheidungen! Und zwar möglichst klare und ehrliche Entscheidungen. Übrigens hilft uns hier wieder unser langfristiges Gefühl (siehe Domino-Stein 1.2): Oft wissen wir nämlich genau, was gut für uns wäre, machen uns die Entscheidung aber durch verkopftes Wenn und Aber schwer. Zeit, mehr auf ihren „Bauch“ zu hören! Wetten, dass so manche Auswahl leichter fällt?

Sechstens: Sie haben immer die Wahl! Ob Sie auf die jeweils nächste Situation reagieren „wie immer“ oder wie man es von Ihnen erwartet, steht allein in Ihrer Macht. Sie können auch ganz anders reagieren! Auch wenn Sie das schon eine Weile nicht mehr getan haben: Sie können tatsächlich von einem Tag auf den anderen alles Mögliche in Ihrem Leben verändern — immer und überall! Und sollten Sie der Meinung sein, keine Wahl zu haben, dann können Sie immer noch wählen, sich entweder Wahlmöglichkeiten zu schaffen oder die Situation so zu nehmen, wie sie für Sie am nützlichsten ist. Nur eines sollte Ihnen klar sein: Wenn Sie heute tun, was Sie gestern getan haben, werden Sie morgen das Gleiche erleben wie heute. Wählen Sie also das Richtige!

Das Domino-Prinzip:

Das Leben genießen – schon heute!

Haben Sie sich schon einmal gefragt: „Woran merke ich, dass ich glücklich bin?“ Nun, nehmen Sie sich doch ein paar Minuten Zeit und schreiben Sie auf, welche Bedingungen dazu erfüllt sein müssen. Partnerschaft? Regelmäßiges Einkommen? Kinder gesund? Wochenende? Lebenssinn? Sie werden überrascht sein, wie viel Sie bereits heute glücklich machen kann, wenn Sie es bewusst wahrnehmen! Ihr Erfolg durch diesen Domino-Stein ist ganz einfach und zugleich riesig: Sie nehmen Ihr Glück wahr und wissen es zu schätzen. Dann werden Sie es empfinden! Und indem Sie Ihr Leben in Ihre Hand nehmen und erkennen, dass nur Sie die Entscheidungen für Ihr Leben treffen, sind Sie schon heute in der wundervollen Lage, Ihr Leben genießen zu können. Sie sind im Hier und im Jetzt!

1.4 Den inneren Kompass finden

Petra (22) ist glücklich: Sie lässt jetzt heimlich die Pille weg. Wüsste das Johannes (25), gäbe es Stress. Schließlich hat der Ärmste so eine Bindungsangst. Nur: Mit wem sonst sollte sie eine Familie gründen?

Unterdessen fachsimpelt Johannes mit seinen Freunden über Flirt-Taktiken: Wie reißt man Mädchen auf? Seine Nächste soll jedenfalls nicht so eine Klette sein wie Petra.

Uli (55) versteht die Welt nicht mehr: Trotz Beförderung und Gehaltserhöhung hat sein Top-Mann Paul (35) gekündigt. Er könne so nicht mehr weiterarbeiten, sagt er — und macht sich selbstständig. In heutigen Zeiten!

Auch Gabi (40) wundert sich. Als ehemalige Bundesliga-Basketballerin weiß sie, was eine Mannschaft für den Erfolg braucht. Doch die Damen-Mannschaft, die sie nun trainiert, scheint das nicht zu interessieren. „Uns ist es wichtiger, beim Spielen Spaß zu haben!“ Dabei hätte das Team reale Chancen auf einen Aufstiegsplatz!

Nur Alexandra (18) orientiert sich an ihrer Trainerin. Ein Aufstieg wäre für sie das Größte. Andererseits könnte sie aber auch den Verein wechseln — schließlich hat sie ein gutes Angebot aus der höheren Liga. Aber ihre Freundinnen im Stich lassen?

Achtung, Stolperstein:

Welche inneren Werte haben Sie?

In welche Richtung zeigt ein Kompass? Klar: in Richtung des magnetischen Nordpols. Zwar können wir uns damit auch nach Osten, Westen oder Süden bewegen — aber er zeigt letztlich Norden an. Das hilft, wenn wir beim Navigieren kaum Orientierungspunkte haben, wie etwa auf hoher See oder über den Wolken. Selbst wenn wir sehr viele Orientierungspunkte haben, ist ein Kompass praktisch. Er hilft, Übersicht und Richtung zu behalten.

Auch beim täglichen Kleinklein wäre ein Kompass oft hilfreich. Schließlich verzetteln wir uns hin und wieder und laufen gerne in Sackgassen, an deren Ende wir uns dann wundern: „Wie konnte ich nur in eine solche Situation geraten?“

Die gute Nachricht ist: Wir haben so einen Kompass — unsere inneren Werte! Die schlechte: Wir können manchmal nicht damit umgehen oder nutzen unseren Kompass einfach nicht.

Was sind Werte?

Was aber sind innere Werte? Sie sind die eigentlichen Richtig-Falsch-Koordinaten unserer Psyche! Sie zeigen stabil an, was uns wichtig ist, ähnlich einer Kompassnadel — und zwar individuell, für jeden Menschen persönlich. Denn unsere Werte sind verschieden! Stehen zwei Menschen im selben Dschungel, während ihr jeweiliger Kompass in unterschiedliche Richtungen zeigt, bewegen sie sich auch in unterschiedliche Richtungen. Für Petra etwa zeigt der Kompass in Richtung Familie. Für Johannes hingegen in Richtung Unabhängigkeit und wechselnde Partnerinnen. Die Beziehung hat ein Richtungsproblem! Trotz gleicher Dschungelposition.

Werte, in denen wir uns unterscheiden können, gibt es übrigens eine ganze Menge: Macht, Erfolg, Unabhängigkeit, Wettkampf, Anerkennung, Ordnung, Glück, Sparsamkeit, Genuss, Ehre, Zielorientierung, Gesundheit, Status, Beziehungen, Kraft, Mut, Sicherheit, Gruppenzusammengehörigkeit, Tradition, allgemeine Gültigkeit, Liebe, Freundschaft, Gerechtigkeit, Schönheit, Harmonie, Taktgefühl, Weisheit, Treue, Vertrauenswürdigkeit, Geld, Eigentum, Glaube, Sinn, Altruismus, Neugier, Humor, Idealismus, Verantwortungsbewusstsein, Kreativität, soziale Intelligenz, Vorsicht, Dankbarkeit, Lust am Lernen, Selbstregulation, Spaß, Begeisterung, Spiritualität, Erotik, Hoffnung, Ästhetik, körperliche Aktivität, emotionale Ruhe, Essen, Trinken — und so weiter. Eigentlich kann alles Mögliche zum Wert werden, wenn man es für wichtig genug hält.

Wie kommen Werte zustande? Unterm Strich stellen sie das aktuell gültige Resultat unserer Erfahrungen, Erkenntnisse, Neigungen und Prägungen dar. Sie signalisieren: Die eine Richtung stimmt, die andere ist ein Holzweg. Kurz: Werte zeigen uns an, was wir im Laufe unseres Lebens als so wichtig kennengelernt haben, dass es uns gute Gefühle verschafft, wenn wir damit im Einklang handeln. Und sie erzeugen das Magengrummeln, wenn wir dagegen handeln (emotionale Signale aus Domino-Stein 1.2, Sie erinnern sich?).

Wenn widersprüchliche Werte aufeinandertreffen

Und wenn Werte in unterschiedliche Richtungen weisen, kommt es häufig zu Konflikten. Zum Beispiel zwischen verschiedenen Menschen: So will Uli etwa die Firma voranbringen. Dazu versucht er, auch andere mit den Werten zu motivieren, die ihm selbst wichtig sind: etwa mit Machtgewinn, Geld, Beständigkeit und Sicherheit. Das mag bei manchen Mitarbeitern klappen. Paul allerdings spricht nicht darauf an: Ihn motivieren eher Eigenständigkeit, Selbstverwirklichung und Neugier — also kündigt er und macht sich selbstständig.

Alexandra hingegen hat einen Wertekonflikt im eigenen Kopf: Einerseits teilt sie Gabis Traum vom Aufstieg, andererseits identifiziert sie sich mit ihren Mannschaftskolleginnen. Was ist also wichtiger? Ihre Loyalität oder ihr Ehrgeiz? Eine schwierige Situation: Entscheidet sie sich für das eine, handelt sie gegen das andere. Ein Gefühlsdilemma!

Spielend weiterkommen:

Wertekonflikte erkennen und lösen!

Menschen sind unterschiedlich — und das ist gut so. Immerhin hat uns das im Laufe der Evolution ziemlich genutzt: So bringt etwa Neugier Wissenschaftler hervor, Pragmatik Techniker und Erfolgsorientierung Unternehmer. Am Ende hilft jeder jedem, und alle können sich gemäß ihren Werten frei entfalten (und gemäß ihren Stärken — dazu später mehr bei den Domino-Steinen 3.1 bis 3.6).

Problematisch wird es, wenn die Umwelt die Werte verwirrt oder gar verbietet: etwa durch Erziehung, Regeln, Politik, Medien, Religion oder sonstige Gruppeneinflüsse. Denn wenn man nun seinen Kompass ignoriert und entgegen der persönlichen Überzeugung handelt, folgt schnell ein mieses Gefühl. Und das hält meist so lange an, bis der Konflikt gelöst ist oder sich die eigenen Werte unter dem Zwang verändert haben. Kein Wunder also, dass sich manche Menschen im Spiegel nicht mehr in die Augen schauen können.

Wie aber löst man solche Wertekonflikte? Indem man sich zunächst seine Werte klar macht. Darum: Gehen Sie die oben aufgezählten Werte einmal in aller Ruhe durch und überlegen Sie bei jedem einzelnen Wert, wie wichtig er für Sie ist! Geben Sie dabei jedem Wert eine Zahl von null bis zehn, wobei null „total unwichtig“ bedeutet und zehn „extrem wichtig“! Also zum Beispiel: Streben nach Macht? Fünf. Unabhängigkeit? Neun. Erfolg? Vier. Und so weiter. Wenn Ihnen Werte einfallen, die nicht aufgelistet sind, dürfen Sie die Liste natürlich vervollständigen.

Werte-Reihenfolge erstellen: Was ist Ihnen wichtig?

Dann erstellen Sie eine Rangliste Ihrer Werte! Welche sind Ihre Zehner-Werte? Welche Ihre Neuner? Ihre Achter? Und dann weiter bis zu den Nullern. Nun schauen Sie mal, welche Werte Ihnen besonders wichtig und welche besonders unwichtig sind! Sicher haben Sie dabei einige Aha-Erlebnisse: „Jetzt weiß ich, warum ich dies und jenes tun musste, obwohl alle dagegen waren!“ oder „Kein Wunder, dass es mir mies geht, so lange ich das und das nicht mache!“

Falls Sie nun immer noch vor dem Problem stehen, dass Ihre Kompassnadel wild von Nord auf Süd springt, dann sind Ihnen zwei einander widersprechende Werte (fast) gleich wichtig, wie etwa bei unserem Basketball-Jungstar Alexandra. Hier hilft es natürlich nicht, einen Wert zu leugnen — früher oder später bekommt man das wieder in Form von Unzufriedenheit zu spüren. Besser ist es, eine Werte-Reihenfolge zu erstellen: Welchen Wert leben Sie zuerst? Und wann kommt der nächste? Orientieren Sie sich dabei an der allgemeinen Lebenssituation: Alexandra zum Beispiel ist noch jung genug, dass sie ihrer Mannschaft eine weitere Saison zur Verfügung stehen kann, ohne einen Karriereknick zu riskieren. Sollte sich dann immer noch keine Weiterentwicklung abzeichnen, kann sie mit gutem Gefühl ihrem Ehrgeiz folgen und in die höhere Liga wechseln — so handelt sie im Einklang mit beiden inneren Werten. Konflikt gelöst.

Das Domino-Prinzip:

Sie sind klar mit sich selbst

Wer seine inneren Werte kennt, hat Orientierung — auch wenn es in der Außenwelt drunter und drüber geht. Darin liegt ein Geheimnis vieler Menschen, die selbst unter widrigsten Umständen noch innere Stärke zeigen. Und das ist Ihr Erfolg durch diesen Domino-Stein: Sie sind klar mit sich selbst und handeln gemäß Ihren inneren Werten. Ihr Beurteilungsmaßstab ist unabhängig von Tagesform, Wetter, DAX, Meinung der Kollegen oder der Stimmung Ihres Partners. Sie brauchen nicht so häufig in die Karte zu sehen, um Ihre Richtung zu kennen — schließlich haben Sie etwas viel Besseres: einen inneren Kompass!

1.5 Wir sind, was wir tun

Selbst hält sich Bernd (45) für sehr geduldig, doch seine Familie und die Kollegen leiden unter seinen regelmäßigen Ausrastern. „Manchmal muss ich eben Dampf ablassen!“, sagt Bernd dann zur Rechtfertigung. Und: „Das liegt an den Genen! Mein Vater hat auch immer schnell getobt.“

Bernds Bruder Rolf (50) hingegen ist meist sehr ausgeglichen. Kein Wunder! Schließlich hat er beim Vater erlebt, wie zerstörerisch Wut sein kann.

Christiane (25) weiß nicht, ob sie Sport mag. Zeitweise geht sie täglich zum Joggen. Das fällt ihr dann sogar leicht. Jetzt aber steckt sie wieder in so einer Phase, in der sie ihre Abende lieber auf der Couch verbringt. Joggen? Anstrengend!

Oleg (38) will endlich eine stabile Beziehung. Ob Imke (33) dafür die Richtige ist? Schon seit acht Wochen sind sie zusammen, und eigentlich passt es ganz gut. Nur ein paar Kleinigkeiten stören ihn: Imkes Liebe zu Doku-Soaps etwa. Oder ihre Art, ihn immer und überall zu umarmen. Ob er doch lieber Britta (28) nehmen sollte?

„Das lerne ich nie!“ schimpft Paul (17). „Kupplung treten, Gang rein, Kupplung kommen lassen, Gas geben und dann auch noch auf den Verkehr achten!“ Seine Fahrlehrerin Annerose (55) lächelt — unzählige Male hat sie schon erlebt, wie schnell ihre Schüler die Bewegungen letztlich verinnerlichen. Sie weiß: Sogar weit ältere Fahrschüler können das Autofahren noch lernen. Vor kurzem brachte sie Martha (65) das Fahren bei, die seit dem Schlaganfall ihres Mannes selbst hinters Steuer muss.

Achtung, Stolperstein:

Wir sind, was wir bisher getan haben

Warum tun wir, was wir tun? Weil wir es gelernt haben und es darum ständig wiederholen. Dank unserer Neurobiologie: Unser Gehirn ist wie ein verworrenes Netz aus Milliarden kleiner Knoten. Jeder Knoten stellt eine Nervenzelle dar und hat eine bestimmte Aufgabe. Werden Knoten immer wieder gemeinsam aktiviert, verstärkt sich ihre Verbindung — die „Schnur“ zwischen ihnen wird etwas dicker. Werden zwei Knoten hingegen nur selten gemeinsam aktiviert, verkümmert die Verbindung — die Schnur wird dünn wie ein Spinnfaden. Die Nerven jetzt gemeinsam zu aktivieren, fällt schwerer. Und ist eine Verbindung infolge häufiger Benutzung schließlich dick geworden wie ein Seil, springt im Nerv eine Bedeutung fast automatisch zur anderen weiter — es ist eine Routine entstanden: Ampel rot? Stopp! Ärger mit der Freundin? Schluss machen! Feierabend? Joggen! Oder aber: Feierabend? Bier trinken! Je nachdem, welche Routinen wir eingeübt haben. Wir haben gelernt: Beide gehören zusammen.

Handeln nach Schema F: Zwar wird das Leben einfacher ...

Und wenn wir uns einmal angewöhnt haben, auf eine bestimmte Weise zu handeln, behalten wir das meist bei — dank dicker Nerven-Verknüpfungen. Immer gleiche Handlungsweisen verstärken sich sogar selbst! Und mit der Zeit verlernen wir, Alternativen in Betracht zu ziehen.

Diese Beweglichkeit des Gehirns nennen Neurowissenschaftler „Neuroplastizität“: Nerven sind formbar. Wofür aber ist das gut? Die Formbarkeit ermöglicht Abkürzungen im Denken: Stellen Sie sich nur vor, Sie müssten bei jeder roten Ampel erneut grübeln, was die Farbe bedeutet! Besser also, wir sehen ohne Denkarbeit die Lösung: bremsen. Und weil unser Gehirn eine Maschine zur Mustererkennung ist (siehe Domino-Stein 1.1), gleichen wir Sinneseindrücke ständig mit Erfahrungen ab. Wir handeln nach Schema F: Situation schon einmal erlebt? Wie darauf reagiert? Alles glatt gelaufen? Also: Reaktion wie gehabt! So reagiert Bernd auf Frust mit Aggression, während Rolf es gewohnt ist, nach Lösungen zu suchen. Annerose betrachtet Pauls Schwierigkeiten als Lernprozess, während Paul verzweifelt ist — er hat für das Problem noch keine Vergleichserfahrungen. Und Oleg will zwar eine feste Beziehung, hat aber in der Vergangenheit regelmäßig gekniffen. Die Macht der Gewohnheit!

... doch wir werden Choleriker, Egozentriker und Moppel-Schluffis

Leider nur rutschen wir durch die ständige Bestätigung unseres bisherigen Handelns mitunter am Ziel vorbei oft in Extreme: Choleriker machen sich selbst und andere unglücklich. Beziehungsmuffel werden oft zu skurrilen Egozentrikern und Couch-Potatoes zu kraftlosen Moppel-Schluffis. Wollen wir das?

Das tägliche Domino-Spiel verlangt von uns allen eine gewisse Anpassungsfähigkeit an die tatsächlichen Anforderungen der Welt — unabhängig von früherem Verhalten. Wo Bernd einstmals toben durfte, wäre nun Geduld angebracht. Auch Christiane würde sich gerne wieder fitter fühlen und dafür zum Joggen gehen. Oleg will eine feste Beziehung, Paul den Führerschein. Was also tun?

Spieltipp:

Tun wir, was wir werden wollen!

Egal, was wir tun: Unsere Handlungen verstärken unsere Nervenverbindungen oder schwächen sie ab. Sind die Verbindungen stark, fällt uns ein Verhalten leicht. Sind die Verbindungen schwach, fällt es uns schwer: Wer immer den Aufzug nimmt, empfindet Mühe, wenn er stattdessen mal die Treppe nehmen soll. Entscheidet er sich aber dazu, möglichst immer die Treppe zu nehmen, gewöhnt er sich daran. Und siehe da: Bald fällt das Treppensteigen leicht! Es ist zur Gewohnheit geworden. Jetzt wäre wiederum eine gewisse Anstrengung nötig, auf den Aufzug umzusteigen — ist das nicht was für Faule? Die Routine ist auf „Treppe“ eingestellt, die Haltung dazu verändert. Zweifel? Probieren Sie es aus! (Sie müssen dabei wirklich konsequent handeln — ohne Ausnahmen! Mehr dazu siehe bei den Domino-Steinen 2.1 bis 2.6.)

Dass selbst undenkbare Veränderungen möglich sind, zeigt ein Blick auf Menschen in Notlagen: Verliert etwa ein Rechtshänder seinen rechten Arm, lernt er, mit links zu schreiben. Und das geht! Gehirn sei Dank.

Darum ist des Rätsels Ursache gleichzeitig seine Lösung: Jeder wird zu dem, was er oft genug tut — also zum Streithahn, Faulenzer oder Gigolo, weil er eben oft genug gestritten, gefaulenzt oder Affären gehabt hat. Also tun wir doch einfach, was wir werden wollen und üben uns zum Beispiel in Diplomatie, gehen joggen oder wagen eine Partnerschaft! Tun wir es, ohne lange zu zögern, zu zaudern oder darauf zu warten, dass es eines Tages leichter sein wird! Denn leichter wird eine Veränderung allein dadurch, dass wir damit beginnen. Wir müssen nur darauf vertrauen, dass wir uns an neue Handlungen gewöhnen. Und das werden wir.

Also: Tun Sie, was Sie tun müssen, um so zu sein, wie Sie sein wollen, und um zu erreichen, was Sie erreichen wollen! Wir können alles Mögliche durch Übung lernen — unser ganzes Leben lang: Inline-Skaten, gesunde Ernährung, Französisch sprechen, Nichtrauchen oder richtige Hunde-Erziehung. Sagen Sie sich bitte immer: „Schwierig“ bedeutet meist nur „ungewohnt“!

Auch in der Psychotherapie ist diese Herangehensweise übrigens sehr wichtig: Egal, ob Phobie, Depression oder Schüchternheit – immer müssen wir erst aktiv umlernen, damit sich Verbesserungen einstellen. Vorsicht deshalb, wenn Ihnen manche „Therapeuten“ einreden wollen, dass Sie für zukünftig positive Erfahrungen erst mal die Vergangenheit „aufarbeiten“ oder „Kindheitstraumata offenlegen“ müssen! Sicher: Es kann helfen, zu wissen, wo man herkommt. Aber für Verbesserungen notwendig ist es meist nicht. Im Gegenteil: Fokussieren wir Probleme zu sehr (Verstoß gegen Domino-Prinzip 1.1) übersehen wir leicht Lösungen. Andersherum aber können wir Lösungen finden, obwohl Probleme da sind. Weshalb sie also beachten?

Das Domino-Prinzip:

Alles ist möglich!

Sie sind, was Sie tun — also tun Sie, was Sie sein wollen! Wer A denkt und sagt, aber B tut, spricht leere Worte und baut Luftschlösser. Wer aber tut, was er denkt und sagt, gibt sich die Möglichkeit umzulernen und neue Verknüpfungen im Gehirn herzustellen.

Deswegen beurteilen Verhaltensprofis andere Menschen nach ihren Taten und nicht nach ihren Worten. Und gute Coachs, Trainer, Psychologen und Ärzte halten sich bei Problemen und Veränderungen nicht zu lange mit Ursachenforschung auf, sondern konzentrieren sich auf das aktive Umlernen.

Ihr Erfolg durch diesen Domino-Stein ist nicht weniger als Selbstbestimmung: Sie sind nicht weiter Opfer Ihrer Gedanken und Gefühle, Sie entkommen vielleicht auch einem bisherigen Zwang, ständig nur „reagieren zu müssen“. Indem Sie diesen Domino-Stein legen, sobald Sie in Ihrem Leben ein altes Musterverhalten erkennen, können Sie das Ruder herumreißen und ganz neue Wege beschreiten. Tun Sie, was Sie tun wollen — und wenn es noch so ungewohnt ist, wird es bald gewohnt sein! Malen Sie sich aus, was für ein Mensch Sie sein wollen und handeln Sie kontinuierlich danach. Möglicherweise war Ihnen — wie Rolf — bisher unbegreiflich, warum immer wieder Menschen ein bestimmtes Problem mit Ihnen haben, obwohl Sie sich selbst für tiptop nett halten? Dieser Domino-Stein hilft Ihnen, die Lücke zwischen Ihrem tatsächlichen Verhalten und Ihrer persönlichen Auffassung darüber zu schließen. Sie werden Sie selbst!

1.6 Wir tun, woran wir glauben

Die Ernährungsexperten Uwe (55) und Sven (35) streiten sich in einer TV-Talkshow. Der übergewichtige Uwe hält zunehmendes Körpergewicht mit dem Alter für unvermeidbar, der schlanke Sven für eine Folge falscher Ernährung bei zu wenig Bewegung. Nach der Sendung gönnt sich Uwe einen Schokoriegel, ein Bier und eine Streuselschnecke, während Sven einen mageren Hähnchenspieß verdrückt. Am nächsten Tag steht in der Zeitung, die beiden Experten hätten ihre unterschiedlichen Ansichten praktischerweise gleich als Körper mit sich herumgetragen.

Lydia (44) ist zufrieden. Als verantwortliche Redakteurin der Sendung freut sie sich auf die Quoten. Denn so seltsam sie Uwes Argumente auch fand, so lebendig wurde gestritten — weshalb Millionen von Menschen beim Zappen dabei geblieben sein dürften. Wenn sich Lydia jetzt noch beeilt, schafft sie es heute wieder in ihren Pilates-Kurs. Ein perfekter Tag!

Lydias Schwester Renate (41) hat die Sendung gebannt am Fernseher verfolgt und nebenher genüsslich genascht. Endlich hat ein echter Experte diesen Diätwahn zerpflückt und war sogar selber dick! Er hat erklärt, dass Renate nichts für ihr Übergewicht kann. Hat sie das nicht schon immer gesagt?

Für Peter (58) bricht eine Welt zusammen. Jahrelang hat er ums Überleben seines Handwerksbetriebes gekämpft und geschuftet bis zum Umfallen. Trotz schlechter Konjunktur und schwacher Kaufkraft weniger Kunden. Und nun fällt ihm ausgerechnet sein Sohn in den Rücken: Denn kaum hat Olaf (31) seinen Meisterbrief, will er den Vater verlassen. Schlimmer noch: Er will sich einem Franchise-System anschließen! Wegen der guten Marke, der Fortbildungskurse und der optimistischen Stimmung, wegen der hohen Gewinn-Spanne und der besseren Zukunftsaussichten. Peter grübelt: Warum so ein neumodischer Kram? Hat er doch auch nicht gebraucht!

Achtung, Stolperstein:

Wir sehen, was wir kennen

Wer von diesen Menschen hat eigentlich Recht? Die Antwort klingt ziemlich nüchtern: Ob jemand Recht hat, erkennen wir an Erfolg oder Misserfolg. Denn wenn eine Ansicht richtig ist, führt sie zu den richtigen Handlungen, die dann wiederum oft zum gewünschten Ergebnis führen. Falsche Ansichten hingegen führen meist zum Misserfolg. Warum aber sehen viele Leute nicht, wie offensichtlich sie manchmal Unrecht haben? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Wir alle erleben beim täglichen Domino-Spiel die unterschiedlichsten Situationen. Ob uns diese Nutzen bringen oder nicht, hängt meist davon ab, was wir daraus machen. Doch um das Richtige tun zu können, müssen wir die Situationen erst richtig interpretieren. Diese Interpretation wiederum ist abhängig von unseren Erfahrungen und unserem Wissen über die Welt. Wenn zum Beispiel ein Betriebspsychologe, ein Arbeitsmediziner und ein Koch eine Großküche besichtigen, fallen jedem unterschiedliche Dinge auf. Der eine bemerkt den Umgangston zwischen den Mitarbeitern, der andere die Fliegen am Fenster, der dritte den unpraktischen Herd. Warum? Weil jeder im Leben mit unterschiedlichen Informationen gefüttert wurde.

Wir glauben an das, wovon wir denken, was richtig ist, weil wir denken, dass es richtig sei

Wenn der Input in unseren Gehirn-Computer aber verschieden ist und unser Gehirn Muster wiedererkennen soll, nimmt das Gehirn bald vor allem das wahr, was es bereits kennt. Alternative Erkenntnisse klammert es gerne aus, obwohl die Welt eine Fülle verschiedener Ansichten und Lösungen bereit hält. In der Folge machen wir Erfahrungen, die genau das bestätigen, was wir bereits wissen, die wiederum als sogenannte Referenz-Erfahrungen weiteren Erfahrungen dienen: „Küche eins hat Fliegen. Küche zwei? Wahrscheinlich auch. Küche drei? Mit Sicherheit!“ Und mit der Zeit bilden sich unsere individuelle Weltsicht und Überzeugungen: „Küchen haben Hygienemängel!“

Wenn wir aber das bestätigen, was wir bereits kennen, wird es manchmal kompliziert: Sicher hat der dicke Ernährungsexperte Uwe lauter Erfahrungen gemacht, die seine Ansichten übers Dickwerden bestätigen. Doch leider nimmt er sich durch die Konzentration darauf die Möglichkeit, auch gegenteilige Erfahrungen zu machen. Und sicher sind seine Ansichten Wasser auf die Mühlen von Renate, der dicken Zuschauerin. Leider nur führen sie nicht zu Renates erwünschtem Ergebnis, denn eigentlich wäre Renate gerne schlank. Sicher kommt auch das Misstrauen des Handwerkers Peter nicht von ungefähr. Und bestimmt hat auch sein Sohn Olaf gute Gründe für seine Ansichten. Wir sehen: Wenn man als einziges Werkzeug den Hammer kennt, wird jedes Problem zum Nagel — und jeder reagiert gemäß seinen Erfahrungen, nicht gemäß der Situation. Schade.

Spielend weiterkommen:

Wahrnehmung bewusst filtern!

Die Lösung? Klar: im Kopf flexibel sein! Wie aber werden wir das, wenn unsere Wahrnehmung für Grenzen sorgt, wo keine sein müssten? Indem wir bewusst die Reihenfolge umdrehen: Machen wir uns nicht mehr von unserem jeweiligen Informationsstand abhängig — denn der ist durch unsere Erfahrungen gefiltert. Fragen wir uns lieber zuerst, welches Ziel wir erreichen wollen, und suchen dann die nötigen Informationen! Erst fragen: Wohin wollen wir? Und dann: Wie kommen wir dahin? Schließlich erhöht ein guter Plan die Wahrscheinlichkeit, zum Ziel zu kommen.

Und gute Pläne gibt es! Selbst wenn wir sie nicht kennen. Schließlich standen schon allerlei Menschen vor allerlei Herausforderungen und haben sie bewältigt. Auch auf deren Erfahrungen können wir zurückgreifen! So hat Sven sein Übergewicht durch Bücher besiegt. Er hat so lange gelesen, bis er verstanden hat, wie gesunde Ernährung funktioniert. Seitdem wendet er sein Wissen an und ist schlank. Lydia weiß, dass sie Sport braucht, um fit zu bleiben. Aber welchen Sport? Und wie viel davon? Also probiert sie immer wieder aus, was ihr gut tut. Olaf fragte sich lange, warum manche Handwerker mehr Erfolg haben als sein Vater. Schließlich lernte er Marketing. Jetzt weiß er genau, was zu verbessern ist.

Informationen filtern: Was bringt mich weiter?

Es ist also wichtig, die Informationen zu filtern, die täglich auf uns einprasseln. Und zwar nicht nach dem Motto „Kenne ich schon!“ oder „Geht sowieso nicht!“, sondern mithilfe der Fragen „Wie geht es besser?“ und „Was bringt mich weiter?“.

Die Antworten übrigens finden wir nur selten im Fernsehen. Die typische TV-Dramaturgie ist darauf ausgelegt, möglichst viele Zuschauer mit optischen Appetithäppchen, schnellen Schnitten und oft seichten Allerwelts-Themen zum Bleiben zu bewegen. Genauso fallen auch viele Magazine und Zeitungen als Ratgeber aus: Ihre Beiträge sind oft nur geschickt getarnte Werbung. Und auch viele Schlaumeier aus dem Freundes- und Bekanntenkreis scheiden als Ratgeber aus. Zwar sind ihre Tipps meist gut gemeint, aber leider stammen sie nur selten aus der erfolgreichen Praxis. Manche Informationen machen nur störendes Rauschen im Kopf und keine Musik.

Nicht Gelehrte fragen, sondern Erfahrene!

Als wichtigstes Kriterium für gute Ratschläge sollte deshalb gelten: Hat meine Quelle wirklich Ahnung von der Sache? Und das erfährt man am besten, indem man sich an den Erfolgen des Tippgebers orientiert: Stimmen bei ihm die Resultate? Ein Unternehmensberater sollte also nicht ständig pleite sein, ein Zahnarzt gepflegte Zähne haben und der Leiter eines Nichtraucherseminars selbst mit dem Rauchen aufgehört haben — logisch. Deshalb: Am besten immer Erfahrene fragen und keine Gelehrten. Und natürlich findet man gute und fundierte Informationen am ehesten in Büchern oder anderen komplexeren Publikationen, wobei wir natürlich auch hier auf seriöse Quellen achten sollten.

Das Domino-Prinzip:

Genießen Sie die Fülle der Möglichkeiten!

Veränderung ist nicht immer gleich einfach, aber jederzeit möglich. Und je mehr wir uns an neues Verhalten gewöhnen, desto leichter fällt es uns mit der Zeit. Und das ist Ihr Erfolg durch diesen Domino-Stein: Bisher Unmögliches wird möglich! Wenn Sie in einer Sackgasse sitzen und diesen Domino-Stein in Ihrem Spiel anlegen, erkennen Sie: Da ist ja doch eine Tür in der Mauer — ich habe bisher nur nicht daran geglaubt. Und auch die Furcht hindurchzugehen entspringt lediglich meinem durch Erfahrung gefilterten Glauben. Nun schalten Sie um von „Wie habe ich bisher gedacht?“ auf „Was will ich erreichen und was brauche ich dazu?“ — und Sie sind mit einem Mal nicht mehr in einer aussichtslosen Lage! Und Sie fördern Ihre Bereitschaft, bisher unbekannte Informationsquellen für Ihren Erfolg heranzuziehen und sich von erfolgreichen Menschen die Rezepte für ihren Erfolg abzuschauen. Und indem wir unsere Informationsquellen bewusst auswählen, steuern wir damit unsere Überzeugungen, Handlungen, Erfahrungen und letztlich unser Leben. Also her mit den Infos!

Das Domino-Prinzip

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