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Vorwort

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Ebenso wenig wie es in Kleists Essay „Über das Marionettentheater“ tatsächlich um das Marionettentheater geht, ebenso wenig geht es in Zweigs Schachnovelle tatsächlich um das Schachspiel. Schach steht hier viel mehr als Allegorie für die Psyche und geistige Auseinandersetzung, es geht um das Vorstellungsvermögen und die mentale Fähigkeit, Extremsituationen zu meistern und zu überleben.

Zweigs Sprache ist dabei deutlich, klar und schnörkellos und beschreibt dennoch oder gerade deshalb auf subtile Art und Weise die Seelenvorgänge. Der teils elliptische Satzbau zeichnet dabei sprachlich die innere Unvollständigkeit der Protagonisten nach.

Dem klassischen Aufbau einer Novelle folgend bettet Zweig die Haupthandlung in eine Rahmenhandlung ein. Der Ich-Erzähler nimmt überwiegend als Beobachter am eigentlichen Geschehen teil.

In den Schachpartien zwischen Mirko Czentovic und Dr. B. stellt Zweig die beiden extremen Pole der geistigen Auseinandersetzung gegeneinander. Während der Schachweltmeister nicht in der Lage ist, sich dem Spiel auf abstrakter Ebene zu nähern – er kann nicht „blind“ spielen – ist das genau die Fähigkeit von Dr. B.; wie sich im Verlauf der zweiten Partie zeigt, ist dies sogar seine einzige Möglichkeit, Schach zu spielen. Das tatsächliche, gegenständliche, physikalische Schachspielen kann mit der Schnelligkeit seiner Berechnungen der Züge und Strategien nicht mehr mithalten und er verliert sich in imaginären Spielständen einer Schachbegegnung. Naivität und Genialität treffen hier aufeinander und beide erweisen sich als herausragend geeignete Eigenschaften zum Schachspiel, wenn auch jede Seite mit den jeweiligen negativen Seiteneffekten leben muss.

Die Leichtigkeit, mit der Zweig die Konfrontation von Naivität und Oberflächlichkeit (z.B. personifiziert in McConnor) auf der einen Seite und extremer geistiger Leistungsfähigkeit auf der anderen Seite vor dem Hintergrund psychischer Wunden und Fesseln zeigt, macht die Schachnovelle zu einem Juwel deutschsprachiger Erzählkunst.


Manfred Müller, Februar 2014









Stefan Zweig - Schachnovelle

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