Читать книгу Heimat-Heidi 31 – Heimatroman - Stefanie Valentin - Страница 3

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»Ist die Biggi mit ihren Leuten schon eingetroffen?« Luise stand in Heidis Büro und sah ihre Schwiegertochter fragend an.

Die saß am PC, um Buchungen zu kontrollieren, hörte damit jedoch auf und wandte sich Luise zu.

»Sollten die heute schon kommen?« fragte sie, dann schaltete sie im PC auf ein anderes Programm, daraufhin erschien die Belegungsliste der Zimmer des Bergerhofs. »Tatsächlich, sie sollten heute kommen.«

»Sonst sind s’ um diese Zeit schon immer da gewesen«, sagte Luise. »Net, daß nachher noch was passiert ist.«

»Sie kommen aus Stuttgart«, erwiderte Heidi, »um diese Zeit gibt’s schon mal Staus bei Kempten und bei Oy ist eh ein Nadelöhr, grad’ um diese Zeit.«

»Warten wir also noch ein bissel, bevor wir uns Gedanken machen«, sagte Luise.

Heidi sah auf die Uhr. »Weißt was? Wir machen uns jetzt einen Kaffee und lassen es uns gut gehen. Ich hab’ droben noch ein paar frische Krapfen, die bring’ ich mit.«

Es war Dienstag, und dienstags war im Bergerhof Ruhetag. Da konnten Dinge erledigt werden, die während der Woche liegengeblieben waren und man konnte sich schon mal für eine oder zwei Stunden hinsetzen und nichts tun, was an den anderen Tagen nicht möglich war.

»Ich weiß net, ob du’s mitbekommen hast«, sagte Heidi, als sie in die gemütliche Küche des Bergerhofs kam, »aber die Biggi hat vorige Woche noch mal angerufen.«

»So? Was hat sie denn gewollt?« Luise hatte den Kaffee fertig und den großen Tisch in der Ecke neben dem überdimensionalen Herd bereits gedeckt.

»Ein bissel tratschen hat sie wollen.« Heidi legte die Krapfen auf einen Teller.

»Aha. Hat sich’s gelohnt?«

Heidi lächelte. »Wie man’s nimmt.«

»Was heißt das?« Luise sah ihre Schwiegertochter fragend an.

»Der Rainer kommt zwar wieder mit«, antwortete diese, »aber es scheint nimmer ganz so zu klappen bei den beiden.«

»Sag nur…!« Luise schien erstaunt. »Ich hab’ gemeint, daß grad’ die beiden ganz eng miteinander wären.«

»Tja…?« Heidi zuckte mit den Schultern. »Ich kann nur sagen, was ich zwischen den Worten herausgehört hab’. Sie hat’s zwar

net direkt gesagt, aber es war

eindeutig, daß Biggi ein bissel auf Distanz zu Rainer gewesen

ist.«

»Kannst du dich net verhört haben?« wollte Luise wissen. »Grad’ die Biggi und der Rainer waren doch ein Herz und eine Seel’.«

Da wiegelte Heidi den Kopf. »Sie waren zwar einige Jahre zusammen, aber ganz so eng wie du sie jetzt siehst, war es wohl doch nicht.«

»Hab’ ich da was Falsches mitbekommen?« wollte Luise wissen. »Mir ist’s immer so vorgekommen, als wenn der Rainer total auf die Biggi stünd’. Und daß sie ihn süß fand, hat sie öfter als einmal gesagt.«

»Ja, das stimmt«, Heidi nickte, »so ist es rübergekommen, aber es war wohl nicht so, jedenfalls nicht ganz so.«

»Wie war’s denn?«

»Die Biggi ist eine Frau, die eher forsch ist, das Sagen haben will und immer vornweg marschiert.«

»Das hat dem Rainer doch gefallen, oder?«

»Schon«, antwortete Heidi, »aber mit dem selbstbewußten Auftreten schleicht sich gleichzeitig so manches andere mit ein.«

»Was denn zum Beispiel?«

»Möglicherweise eine gewisse Unsensibilität.«

Da nickte Luise. »Also die ist mir auch aufgefallen. Die Biggi hat den Rainer ein- oder zweimal im Beisein anderer derart heruntergeputzt, daß es nimmer schön war.«

»Vor allem hat sie ihn von Tag zu Tag schlechter behandelt«, fügte Heidi hinzu. »Ich bin mal gespannt, was daraus wird. Jedenfalls müßten sie bald hier sein.«

»Wer kommt denn sonst noch mit?«

»Nun, einmal wie gesagt und wie auch immer, Biggi und Rainer, dann Ulla und Jürgen, sowie Josie, sie kommt zum ersten Mal mit.«

»Na ja«, Luise nickte, »dann werden wir mal schauen, was draus wird.«

Heidi lächelte. »So ist es. Ich freu’ mich jedenfalls, daß wieder mal einige junge Leute da sein werden, die sicher ein bissel Schwung und Leben mitbringen.«

Daraufhin verzog Luise das Gesicht. »Schwung ist ja ganz gut, aber bitte ohne Eifersüchteleien und ohne Streit, der dem Schwung wieder alles nehmen kann…!«

*

Biggi Weidner stieg aus dem Wagen und atmete tief durch. Sie kam zum vierten Mal in den Bergerhof, zum zweiten Mal mit Rainer, ihrem Freund seit zwei Jahren, obwohl die Beziehung in letzter Zeit nicht mehr so war, wie sie es sich vorstellte.

»Bring du schon mal die Koffer hinein«, sagte sie, »derweil ich auf die anderen warte.«

»Können wir nicht zusammen warten?« fragte Rainer mit ruhig klingender Stimme.

»Kannst du nicht einmal, ohne irgendwas zu entgegnen, das tun, worum ich dich bitte?« erwiderte Biggi. Ihre Augen blitzten dabei Rainer zornig an.

Der atmete tief durch und begann den Kofferraum auszuladen. Ohne ein Gepäckstück anzurühren betrat Biggi den Bergerhof und ging, da an jenem Tag ja keine Restaurantsgäste da waren, durch zur Küche, an deren Tür sie klopfte und eintrat.

»Hallo…, da bin ich«, sagte sie, und wurde enttäuscht, denn die Küche war leer.

Sie drehte sich um, um zur Rezeption zu gehen, da hörte sie wen reden und kam hinzu, als Heidi und Rainer sich begrüßten.

»Geh du Gepäck hereintragen«, sagte sie zu ihm, wobei sie nicht sehr freundlich dreinsah, dann setzte sie ein Lächeln auf und wandte sich Heidi zu. »Hallo, ich freu’ mich riesig, daß wir uns wieder mal sehen. Wir haben doch wieder dasselbe Zimmer wie beim letzten Mal?«

Dann umarmte sie die Bergerhof-Wirtin und fragte, wie es ihr gehe?

Die nickte freundlich. »Ja, ihr habt dasselbe Zimmer. Und uns hier geht es soweit gut.« Als Rainer verschwunden war, fuhr sie fort. »Den Rainer hättest aber nicht wegschicken müssen, das Gepäck hätten wir alle zusammen hinauftragen können.«

»Laß mal«, erwiderte Biggi, »das geht schon in Ordnung so. Er soll ruhig mal was tun.«

»Wieso? Arbeitet der sonst nicht?« Heidi sah die attraktive junge Frau fragend an.

Die lachte kurz auf. »Das fehlte noch. Nicht arbeiten…! Doch doch, seinen Job hat er noch, er sollte inzwischen sogar Abteilungsleiter werden, was er jedoch nicht wollte.«

»Da schau her«, erwiderte Heidi, »und warum nicht? Ist Rainer nicht in der Computerbranche tätig?«

Biggi nickte. »Ja, er entwickelt Programme.«

»Aha«, murmelte Heidi, »und warum wollte er nicht Abteilungsleiter werden?«

»Weil er nicht gebunden sein möchte«, antwortete Biggi mit äußerst vorwurfsvoll klingender Stimme, »er will lieber ganz unabhängig sein. Am liebsten würde er alleine und zu Hause seine Programme entwickeln.«

»Interessant«, erwiderte Heidi. »Und du? Bist du immer noch im Schuldienst?«

»Na klar«, antwortete Biggi, »aber immer noch ist gut. Ich bin grad’ mal seit vorigem Frühjahr im Schuldienst.«

»Und die anderen?« Heidi zeigte nach draußen. »Ihr seid bisher alleine da.«

Biggi lachte. »Die haben wir abgehängt, die kommen ein bissel nach uns. Aber sie werden auch gleich da sein.«

Biggi Weidner war 27 Jahre alt, hatte dunkelblonde Haare, eine ansehnliche Figur und seit anderthalb Jahren war sie Lehrerin an einer Grund- und Hauptschule in Stuttgart. Seit einem Jahr vorher war sie mit Rainer Bald zusammen, der drei Jahre älter als sie und in der Computerbranche tätig war.

»Ich werd’ Rainer mal das restliche Gepäck hinauftragen helfen«, sagte Heidi. »Daß wir uns unterhalten und er sich plagt, find’ ich nicht sehr schön.«

»Laß mal, ich helf ihm schon«, erwiderte Biggi, die mitbekommen hatte, daß Heidi ihre Art, Rainer die Arbeit alleine erledigen zu lassen, gar nicht gut fand.

»Dann koch’ ich uns einen Kaffee«, erwiderte Heidi, »und wenn alle da sind, können wir in der Küche gemütlich Kaffee trinken. Ist das recht?«

Biggi nickte. »Ja, natürlich. Bis gleich also.«

Rainer hatte, bis auf zwei Taschen und die derben Wanderschuhe bereits alles nach oben getragen.

»Wenn du den Rest nach oben getragen hast«, sagte Biggi, »dann kannst du auf die anderen warten und ihnen sagen, sie sollen in die Küche zum Begrüßungskaffee kommen. Ich geh’ schon mal. Also, bis gleich.«

Ulla und Jürgen Heinen kamen nur wenige Minuten danach. Sie waren seit einem guten Jahr verheiratet und beide Biggis Kollegen. Bei ihnen war Josie Marker, eine Studentin der Informatik, die in Rainers Firma schon mal in den Semesterferien arbeitete.

Ulla und Jürgen stiegen ebenso vergnügt aus dem Wagen wie Josie, die gerade mal zweiundzwanzig war und ausgesprochen apart aussah.

»Wo sind die beiden denn?« fragte sie, während sie sich suchend umsah.

»Wahrscheinlich reden sie irgendwo mit Heidi und Luise«, antwortete Ulla.

Sie hatte dunkle Haare, war Sportlehrerin und sah auch sportlich aus, während Jürgen schlaksig wirkte und aussah, als ob er keinen Spaß auslasse.

Die Begrüßung mit Heidi war überaus herzlich und Josie sagte, sie freue sich, mal drei Wochen ausspannen zu können, sie habe gehört, daß dies auf dem Bergerhof möglich sei.

»Hier ist vieles möglich«, erwiderte Heidi, wobei sie überaus vieldeutig lächelte.

Dann kam Luise hinzu, und das Fragen und Erzählen wollte gar kein Ende nehmen.

Als Heidi auf die Uhr sah, erschrak sie.

»Jetzt müssen wir unsere Runde leider aufheben«, sagte sie, »die ersten unserer Hausgäst’, und zu denen zählt ihr auch, kommen in einer Stund’ zum Abendessen. Also, bis später dann.«

Als alle gegangen waren, räumte Heidi das Geschirr weg, und Luise begann schweigend das Abendessen vorzubereiten.

»Und?« fragte Heidi. »Was ist dir aufgefallen? Dir ist doch was aufgefallen, sonst würdest doch net so beredt schweigen.«

»Die Biggi gefällt mir heuer gar net«, erwiderte die Seniorchefin des Bergerhofs.

»Und warum net?«

»Sie hat was, was sie voriges Jahr noch net hatte.«

»Und was ist das?«

»Was Besserwisserisches«, antwortete Luise. »Sie hat auf alles eine Antwort und sie weiß alles besser. Vor allem Rainer bekommt bei ihr kein Bein auf die Erde. Ich prophezei’ dir mal was.«

»Was denn?«

»Am Ende des Urlaubs sind Rainer und sie nimmer zusammen«, antwortete Luise.

Daraufhin sah Heidi ihre Schwiegermutter betroffen an. »Ist das dein Ernst?«

Luise nickte. »Mein voller Ernst!«

*

Ambros Kramer bewirtschaftete die Lohmühle am Ende des Weißbachtals. Früher war es ein Mühlenbetrieb gewesen, wo Rinde zum Gerben und wo aus Buchen Öl gewonnen wurde. Dies war lange vorbei, und vor einigen Jahren hatte Ambros das wunderschön gelegene Anwesen zu einem kleinen Speiserestaurant umgebaut.

Luise vom Bergerhof und Ambros aus der Lohmühle waren befreundet, und der eine hatte vom anderen profitiert, wobei Luise zwar eine andere Küche als

Ambros befürwortete, aber voller Respekt von ihm berichtete.

»Die Lohmühle ist wirklich besuchenswert«, sagte sie am Abend, als Biggi wissen wollte, wo man auch zum Essen hingehen könne.

Biggi war eindeutig die Wortführerin der Urlauber aus Stuttgart, wobei sie allen gegenüber sehr freundlich war – bis auf Rainer. Der saß an jenem Abend still da und sah vor sich hin, an der Unterhaltung der anderen beteiligte er sich nicht.

»Wir werden morgen also in diese Lohmühle gehen«, sagte Biggi, »ich bin mal gespannt, was sie uns da auftischen werden.«

Währenddessen steckten Ulla und Jürgen die Köpfe zusammen, tuschelten einen Moment und standen dann auf.

»Wir gehen zu Bett«, sagte Ulla, »es war eine anstrengende Fahrt, und ich möcht’ endlich mal ausschlafen.«

Als die beiden verschwunden waren, stand auch Rainer auf, wünschte eine »Gute Nacht« und war gleich darauf ebenfalls verschwunden. Biggi sah ihm nicht mal hinterher, es war offensichtlich, daß sie und Rainer erhebliche Probleme miteinander hatten.

Da Josie schon vor einer halben Stunde gegangen war, saßen Heidi, Luise und Biggi daraufhin alleine da.

»Bei dir und Rainer stimmt was net«, ließ die Seniorchefin des Bergerhofs nicht lange auf ihren Kommentar warten. »So wie ihr heuer miteinander umgeht, seid ihr voriges Jahr net miteinander umgegangen.«

Biggi nestelte eine Zigarette aus der Packung, die sie erst aus ihrer Jacke zog, als die anderen gegangen waren. Dann zündete sie die Zigarette an und blies den Qualm gegen die Decke.

Luise sah sie erstaunt an. »Du rauchst? Ich erinnere mich daran, daß du im vergangenen Jahr eine glühende Rede gegen das Rauchen gehalten hast.«

Biggi lachte kurz auf und winkte dann ab. »Oje, das ist lange her.«

»Was stimmt denn bei euch net?« Luise sah die attraktive junge Frau neugierig an. »Ihr seid doch noch die gleichen wie im vorigen Jahr und trotzdem ist was grundlegend anders. Was ist passiert inzwischen?«

Biggi sog hastig an ihrer Zigarette, schien dabei nachzudenken, und zuckte schließlich mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was du meinst.«

»Aber, Madel…!« Luise lächelte mütterlich. »Du machst mir doch nix vor. Irgendwas ist nimmer so wie im vergangenen Jahr.«

Biggi zuckte mit den Schultern. »Nichts ist mehr so wie im vergangenen Jahr.«

»Na ja, wie du meinst«, erwiderte Luise und erhob sich ebenfalls. »Ich werd’ dann mal schauen, daß ich meine Arbeit fertig bekomm’.« Gleich darauf war sie verschwunden.

Biggi und die Bergerhof-Heidi saßen daraufhin alleine in der alten Gaststube. Eine ganze Weile sagte keine ein Wort. Bis Biggi sich räusperte. Sie hatte ihre Zigarette inzwischen ausgeraucht und eine neue angezündet.

»Ist… ist es so deutlich zu spüren, daß bei Rainer und mir was nicht stimmt?« fragte sie dann.

Heidi nickte. »Ja, sehr deutlich.«

Biggi stand auf und ging in der alten Gaststube auf und ab, bis sie vor Heidi stehenblieb und nickte.

»Ja«, sagte sie, »es stimmt in der Tat einiges nicht. Es kriselt schon länger, obwohl ich es nicht wahrhaben will.«

»Nicht wahrhaben wollen hilft nichts«, erwiderte Heidi. »Im Gegenteil, es verschleppt das, was man modern Krisenmanagement nennt.«

Biggi ging zu einem der Fenster und sah hinaus. Eine Weile stand sie still da, schließlich kam sie zurück zum Tisch und setzte sich wieder, wobei sie Heidi ansah.

»Wie wär’s mit einem Schnaps?« fragte sie dann. »Ich glaub’, es ist der Moment gekommen, wo ich mir mal was losreden sollt’. Und das geht besser, wenn ich einen Schnaps getrunken habe.«

Heidi stand auf, und als sie zurückkam, brachte sie einen hausgebrannten Obstler.

»Du trinkst nicht mit?« Biggi sah Heidi enttäuscht an.

Die schüttelte den Kopf. »Ich sollte einen klaren Kopf behalten, auch um dir gescheit zuhören zu können.«

Biggi zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst.« Dann trank sie den Schnaps, verzog ihr Gesicht und atmete tief durch. »Ich hab’ mir letzten Winter einen Seitensprung erlaubt«, sagte sie dann rasch, »und Rainer ist dahintergekommen. Er hat nie einen Ton deswegen gesagt, ihn hat nur eine unendliche Traurigkeit befallen. Du hast ihn ja heute abend erlebt. So ist er seitdem.«

Heidi sah Biggi betroffen an. »Oje, das ist natürlich eine Sache, die weniger schön ist.«

»Das sag’ ich ja«, erwiderte Biggi, »wie kann ein Mann wie er sich nur so hängen lassen?«

»Mal langsam«, murmelte Heidi, »das hab’ ich nicht gemeint, als ich sagte, daß dies eine weniger schöne Sache sei.«

»Was denn…?«

»Biggi…!« Heidi sah die hübsche Lehrerin aufmerksam an. »Ist dir nicht klar, wie sehr du Rainer verletzt hast, indem du was mit einem anderen Mann hattest? Du kannst doch nicht verlangen, daß er danach zur Tagesordnung übergeht.«

Biggi winkte ab. »Ach, das mit dem anderen war nichts, das hatte keine Bedeutung.«

»Das ist Unsinn«, erwiderte Heidi, »wenn es keine Bedeutung für dich gehabt hätte, hätte es nicht stattgefunden. Und selbst wenn es im Nachhinein für dich keine Bedeutung hatte, so hat es doch Bedeutung für Rainer.«

Biggi zündete sich schon wieder eine Zigarette an. Dann bat sie Heidi um einen weiteren Obstler.

»Mir ist danach«, sagte sie, »irgendwie bekomme ich alles nicht so geregelt, wie ich es gerne möchte.«

Heidi brachte den Obstler, und Biggi trank ihn rasch aus, wobei sie wieder das Gesicht verzog.

»Hast du mit Rainer darüber geredet?« fragte Heidi.

Biggi lachte kurz auf. »Wie käm’ ich dazu?«

»Rainers Seele ist verletzt«, sagte Heidi, »das sieht man ihm auf große Entfernung an. Alles an ihm ist anders als voriges Jahr. Ich glaube nicht, daß die Angelegenheit sich von alleine regelt. Du wirst mit ihm reden müssen. Wenn du nicht mit ihm geredet hast, weiß er doch nicht mal, daß es keine Bedeutung für dich hatte.«

Biggi erhob sich wieder und ging erneut in der alten Gaststube auf und ab. Sie wirkte wie ein Tier in einem Käfig.

»Vor allem wie du Rainer behandelst«, sagte Heidi, »das kommt nicht gut bei ihm an. Zu seiner seelischen Verletzung zeigst du deine Mißachtung überdeutlich. Ich weiß, warum es sich bei dir so zeigt. Du hast ein schlechtes Gewissen, und die Psychologie sagt, daß es einen Weg in die Offensive sucht.«

Plötzlich rannen Tränen über Biggis Gesicht.

»Ich weiß nicht, was mit mir los ist«, schluchzte sie. »Rainer ist die Liebe meines Lebens. Er ist ein toller Typ. Doch plötzlich fühlte ich mich total eingebunden bei ihm. Ich meinte, keine Luft mehr zu bekommen.«

»Und du meintest, die bekommst du, indem du dich auf einen Seitensprung einläßt?« Heidi schüttelte den Kopf. »Das macht dich nicht frei, ganz im Gegenteil, es macht dich unfrei. Du siehst doch, was bei dir und Rainer herausgekommen ist.«

Da begann Biggi endgültig zu weinen. Tränen über Tränen rannen ihr übers Gesicht. Bis sie plötzlich aufstand, tief durchatmete und sagte, sie gehe jetzt ins Bett.

»Hast du irgendwo ein Zimmer leerstehen?« fragte sie. »Ich kann heute nicht neben Rainer liegen…!«

*

»Grüß dich, Großvater…!«

Mizzi Kramer küßte ihren Großvater auf beide Wangen. »Jetzt bin ich wieder mal für längere Zeit da, wenn’s recht ist.«

Mizzi war zweiundzwanzig Jahre alt, zierlich, wunderschön und sie hatte das, was man einen natürlichen Charme nennt. Wenn sie lächelte, strahlte das auf ihre Umgebung ab, und Menschen, denen es nicht besonders gut ging, vergaßen ihre Sorgen, wenn Mizzi in der Nähe war.

Mizzi hatte nach dem Abitur eine Hotelfachschule besucht und nachdem sie diese abgeschlossen hatte, war sie bei Clemens Haubner in Mittenwald, der dort ein weithin bekanntes Feinschmeckerlokal, die »Werdenfelser Stuben« betrieb.

»Grüß dich, mein Madel«, erwiderte Ambros Kramer, »es ist schön, daß du ein paar Tage bleibst. Hat der Haubner-Clemens dir wieder aufgetragen, einige Gerichte bei uns auszuprobieren?«

Mizzi nickte. »So ist es. Wir haben sie zweimal durchgekocht und einige Dinge, die wir besprochen haben, sollten noch verfeinert, beziehungsweise geändert werden.«

»Und das soll wieder bei uns stattfinden…!« Ambros Kramer grinste. »Wir sind inzwischen also so was wie eine Filiale der ›Werdenfelser Stuben‹.«

Mizzi lachte. »Wenn du so willst, ja.«

»Dann müssen wir uns nur rechtzeitig um die Zutaten bemühen«, sagte ihr Großvater, »das war ja letztens ein bissel schwierig.«

»Der Clemens hat mir eigentlich alles mitgegeben«, erwiderte Mizzi, »und Salate und Gemüse hab’ ich eben von einem erstklassigen Lieferanten aus Kempten mitgebracht.«

»Dann brauchen wir nichts zu holen?« Ambros Kramer sah seine Enkelin fragend an.

Die nickte. »Ich muß die Sachen jetzt aber erst mal ins Kühlhaus geben. Wein hast du wie immer gescheiten da?«

Ambros Kramer nickte. »Ja, aber ich propagier’ inzwischen verschiedene Wasser.«

»Wie bitte?«

»Ich biet’ den Gästen verschiedene Wasser an«, antwortete Ambros. »Inzwischen sitzen s’ da und lassen sich das Wasser auf der Zunge zergehen. Ich find’ das toll.«

»Da schau her«, erwiderte Mizzi, »interessant.«

»Was soll’s denn heut’ abend geben?« fragte ihr Großvater. »Oder ist das wieder eine Überraschung?«

»Eine Überraschung ist es schon«, antwortete Mizzi. »Aber es wird was vom Lamm und was von Enten geben. Wir bieten auch ein Rehgericht an.«

»Da müssen wir uns aber sputen…!«

Mizzi sah auf die Uhr. »Gar net mal. Der Clemens sagt immer, daß man viel zuviel querdenkt. Das einfache Kochen sei noch immer das Beste. Ein bissel verfeinert vielleicht und schon bist ganz oben.«

Ambros lächelte. »Wenn ich dran denk’, wie wir hier angefangen haben und heut’ kommen Leut’ aus Immenstadt und Kempten her zu uns in die Lohmühl’.«

»Tja…«, Mizzi zuckte mit den Schultern, »so ist das Leben. Wir bieten natürlich auch was Extras. Und dafür fahren die Leut’ auch schon mal den einen oder anderen Kilometer.«

»So«, ihr Großvater zeigte in Richtung Küche, »jetzt wollen wir nimmer länger herumreden, sondern was tun. Übrigens kommen heut’ abend fünf Gäst’ vom Bergerhof. Die Heidi hat angerufen und gesagt, du sollst dich mal bei ihnen anschauen lassen.«

Mizzi nickte. »Das werd’ ich auf jeden Fall tun. Ich bin ganz glustrig drauf, wieder mal ein bissel zu tratschen…!«

*

»Und?« Heidi sah ihre Gäste am nächsten Morgen nach dem Frühstück fragend an. »Wie war’s in der Lohmühle?«

»Super«, antwortete Ulla. »Ich hab’ noch nie so ausgefallen gegessen.«

Jürgen nickte. »Es war wirklich toll. Vor allem hat wohl die Enkelin des Küchenchefs einige Ideen eingebracht, das hat er jedenfalls gesagt.«

»Die Mizzi arbeitet gewöhnlich in den ›Werdenfelser Stuben‹ in Mittenwald«, erklärte Heidi, »sie kommt dann ab und zu nach Hause und probiert dort, was noch nicht ganz so ist, wie Clemens Haubner es sich vorstellt. Habts ihr die Mizzi gesehen?«

Ulla und Jürgen schüttelten die Köpfe. »Wieso fragst du?«

»Sie ist ein ausnehmend apartes Mädel«, antwortete Heidi.

»Aha…!« Biggi sah Rainer ärgerlich an. »Deswegen warst du so aufgekratzt, als du aus der Küche gekommen bist. Die Kleine hat dir wohl gefallen?« Dann sah sie Heidi an. »Ist sie zierlich, brünett und macht auf natürlich?«

Heidi überlegte kurz und nickte. »Ja, die Mizzi ist zierlich und brünett ist sie auch. Und sie hat einen wunderbar natürlichen

Charme. Warum fragst du?«

»Da steht er drauf«, erwiderte Biggi. Ihr Mund verzog sich zu einem häßlichen Lächeln. »Wenn er sich künftig verdünnisiert, wissen wir ja, wo wir ihn zu suchen haben.«

Danach war es einen Augenblick still am Frühstückstisch. Bis Josie aufstand.

»Ihr könnt euch ruhig weiter mit euren internen Problemen beschäftigen«, sagte sie, »ich werd’ heute spazieren gehen.« Dann sah sie Rainer an. »Kommst du mit?«

Der nickte und stand auf. »Sehr gerne. Hast du schon einen festen Plan?«

Ohne sich noch mal umzuschauen, verließen die beiden die alte Gaststube, wo alle gemeinsam gefrühstückt hatten.

»Diese kleine Zicke meint wohl, sie könnt’ sich mal so nebenbei an Rainer heranmachen, wie?« Biggi war plötzlich knallrot im Gesicht.

»Wenn du so weitermachst«, erwiderte Jürgen, »dann ist Rainer noch während des Urlaubs nur noch Geschichte für dich. Es ist normalerweise nicht mein Ding, mich einzumischen, aber was du veranstaltest, spottet jeder Beschreibung.«

»Kümmere dich um deinen eigenen Kram«, entgegnete Biggi ungewohnt laut.

»Laß es sein«, sagte Ulla, griff nach Jürgens Hand und zog ihn vom Stuhl hoch. »Du weißt, daß wir heute nach Oberstdorf wollten. Und da fahren wir jetzt hin.«

»Und ich?« rief Biggi ihnen hinterher. Doch da war es zu spät, sie saß alleine am Tisch.

Heidi hatte derweil am Nachbartisch das Frühstücksgeschirr zusammengestellt.

»War das eine ernst gemeinte Frage?« Sie sah Biggi aufmerksam an.

»Klar war’s das«, erwiderte die, bevor sie vehement aufstand, so daß ihr Stuhl umkippte. »Die meinen wohl, mich kujonieren zu können. Aber da sind sie total neben der Spur. Ich weiß auch wie ich alleine klarkomme.«

»Biggi…?« Heidi stand am Nachbartisch. Im Moment war keiner der Tische besetzt.

»Ja?« Ihre Stimme klang gereizt.

»Komm, setz dich mal.« Heidi zeigte auf einen Stuhl, zog einen zweiten heran und nahm Platz.

»Was ist denn?« Biggi war nicht in der Stimmung, sich was sagen zu lassen.

»Dir geht es doch nicht gut«, sagte Heidi, »wieso tust du alles, daß dieser Zustand sich nicht ändert?«

»Hör auf, ich bin es leid, daß ich immer diejenige welche bin«, entgegnete Biggi. »Für Rainer scheine ich nicht mehr zu existieren, für Josie bin ich eh die Hex und wenn sich jetzt auch noch Ulla und Jürgen, das sind Kollegen von mir in der Schule, gegen mich stellen, dann kann ich gleich wieder nach Hause fahren.«

»Schade, daß du dich nicht sehen kannst«, erwiderte Heidi.

»Wieso…?«

»Weil du sehen könntest«, antwortete Heidi, »wie ein sehr hübsches Mädchen sich selbst entstellt.«

Einen Augenblick starrte Biggi Heidi verletzt und wütend an, dann drehte sie sich um und verließ die alte Gaststube, ohne noch einen Ton von sich gegeben zu haben.

»Was ist denn bei unseren Stuttgarter Urlaubern los?« fragte Luise, als Heidi kurz darauf mit dem Frühstücksgeschirr in die Küche kam.

»Wieso fragst du?« erwiderte diese.

»Weil alle ausgesehen haben, als sei der Teufel persönlich hinter ihnen her«, antwortete Luise.

»Weniger der Teufel«, sagte Heidi, »eher Biggi mit einer derartig miesen Laune, daß einem wirklich angst und bange werden kann. Sie ist derart kratzbürstig, vor allem gegen Rainer, dabei hätt’ grad’ sie allen Grund, ein bissel auf gut Wetter zu machen.«

»Wieso?« Luise sah ihre Schwiegertochter fragend an.

»Ich hab’ doch mit ihr geredet«, erwiderte die. »Und sie hat mir gesagt, daß ihr ein Mißgeschick passiert sei.«

»Ein Mißgeschick?«

»Sie hat Rainer mal betrogen…!«

»Oh!« Luise tat erstaunt. »Das hätt’ ich nicht gedacht. Sie hat doch immer so moralisch getan.«

Heidi nickte. »So ist es. Und sie raucht auch, auch das hat sie voriges Jahr nicht getan.«

»Und wenn man Rainer anschaut«, murmelte Luise, »dann weiß man, daß er weiß, was Biggi getan hat.«

»So ist es«, bestätigte Heidi.

»Und…?«

»Was heißt und?«

»Wie hat sie es Rainer erklärt?«

»Gar nicht.«

»Die beiden haben nicht darüber gesprochen?« Luise wiegelte den Kopf. »Dann ist die Sache schon zu Ende, Biggi weiß es nur noch nicht.«

»So sehe ich es auch«, erwiderte Heidi. »Sie hat aber bis eben so getan, als ob sie alles im Griff hätte. Bis Josie und Rainer, sowie Ulla und Jürgen nacheinander verschwunden sind. Plötzlich ist sie alleine dagesessen.«

»Und dann?«

»Dann hab’ ich versucht, ihr ihre Position aufzuzeigen«, erwiderte Heidi, »und eben grad’ hab’ ich’s noch mal versucht.«

»Und?«

Heidi schüttelte den Kopf. »Nichts. Biggi ist derart zu und läßt nichts an sich heran. Der Ausrutscher mit dem anderen Mann sei unbedeutend, habe keinerlei Bezug zu ihrem Leben.«

Luise lachte kurz. »Glaubt sie. Wie kann ein intelligentes Madel wie sie nur so dumm sein. Sie macht sich doch was vor, in jeder Beziehung.«

»Sicher tut sie das«, erwiderte Heidi, »mir brauchst es nicht zu sagen. Sag’s ihr, sie scheint zu meinen, sie habe alles im Griff, dabei hat Rainer, so lang’ sie hier sind, noch kein einziges persönliches Wort mit ihr geredet.«

*

»Ich würd’ dich gern mal was Persönliches fragen.« Josie blieb stehen und sah Rainer fragend an.

Die beiden gingen hinter dem Bergerhof einen Steig bergwärts. Luise hatte ihnen empfohlen, zur Barbara-Kapelle zu gehen, die erst kürzlich in privater Mission renoviert und wo anschließend ein junges Paar getraut worden war.

»Frag nur.« Rainer wirkte, wenn Biggi nicht dabei war, ganz anders, viel entspannter.

»Wieso bist du mit Biggi in Urlaub gefahren?« fragte Josie. »So wie ihr miteinander umgeht, wärd ihr besser in entgegengesetzte Richtungen aufgebrochen.«

Rainer nickte. Er war ein großer, schlanker junger Mann mit ansprechendem Äußeren und ruhiger Gestik.

»Wenn man es so betrachtet, dann ist es wohl wahr«, antwortete er. »Aber ich habe mir Klärung einiger Dinge erwartet. Doch wie es aussieht, ist Biggi nicht daran interessiert.«

»Du liebst sie immer noch…?«

Rainer zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Manchmal meine ich es, manchmal meine ich, meine ganze Beziehung zu Biggi sei ein einziger Irrtum gewesen.«

»Dann trenn dich doch von ihr…!« Josie lächelte. »Du bist ein so netter Typ, auf dich stehen in der Firma alle Mädchen im passenden Alter.«

Rainer verzog den Mund zu einem Lächeln. »Echt…?«

Josie nickte. »Sicher echt. Du hast was, was den anderen abgeht. Du bist locker, hast immer was zu erzählen, spielst nie den Obertypen, obwohl du echt was drauf hast. Daß du abgelehnt hast, Abteilungsleiter zu werden, kann ich zwar verstehen, aber ich bedaure es auch, wie die meisten anderen. Warum willst du eigentlich nicht?«

Da atmete Rainer tief durch. »Was soll ich da sagen? Man hat mir den Posten schon vor einiger Zeit angeboten. Anfangs wollte ich unbedingt, dann wurde mein Interesse geringer und heute weiß ich, daß ich nicht glücklich würde dabei. Ich muß meinen Mittelpunkt bei mir suchen, verstehst du? Ich kann heute, in einem gewissen Rahmen, tun und lassen was ich will. Und das möchte ich mir bewahren.«

»Scheidest du aus der Firma aus?«

Rainer zuckte mit den Schultern. »Möglich. Ich bin im Moment dabei herauszubekommen, ob ich freiberuflich nicht viel effektiver arbeiten könnte.«

Josie sah Rainer mit ihren großen Augen einen Moment bewundernd an, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf die Wange.

»Entschuldige, aber mir war danach«, sagte sie. Dann zeigte sie bergwärts. »Da hinten muß irgendwo diese Kapelle sein. Man soll dort heiraten können. Wie wär’s? Willst du nicht in dieser Kapelle heiraten?«

Rainer lachte. »Davor bewahre mich ein immer klarer Geist.«

»Willst du nie heiraten?« Josie sah Rainer aufmerksam an.

Der lächelte. »Früher wollte ich heiraten. Das heißt, bis zum November vergangenen Jahres wollte ich es.«

»Und dann plötzlich nicht mehr? Wieso nicht…?«

»Warum soll ich es eigentlich länger für mich behalten?« Rainers Stimme klang ziemlich traurig und verbittert.

»Was sollst du für dich behalten?« Josie ahnte plötzlich, daß Rainer was Schwerwiegendes offenbaren würde.

»Biggi hatte im vergangenen Jahr eine Affäre«, sagte er. »Als ich es erfahren habe, ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Ich hab’ gemeint, ich könnt’ nicht mehr atmen. Ich hab’ gemeint, mein Herz bleibt stehen.«

»Mar’ und Josef…!«

»Ich hab’ mich nie so gedemütigt gefühlt wie in jenem Moment«, fuhr Rainer fort. »Ich war völlig von der Rolle, habe wochen-, was red’ ich denn, monatelang schlecht geschlafen, und Biggi hat nicht für nötig befunden, nur ein Wort mit mir darüber zu reden.«

»Das darf nicht wahr sein«, murmelte Josie. »Wie… wie bist du denn dahintergekommen?«

»Wenn wir zusammen geschlafen haben, wollte sie plötzlich, daß ich ein Kondom nehme…!«

»Au weia…!«

Rainer nickte. »Das hab’ ich auch gedacht. Au weia, was ist denn da passiert?«

»Und Biggi hat nie mit dir darüber gesprochen?«

Rainer schüttelte den Kopf. »Nicht ein einziges Mal.«

Dann waren beide eine Weile still. Sie gingen weiter, und als sie die Kapelle sehen konnten, blieb Josie stehen.

»Du… du liebst Biggi aber noch«, sagte sie, »denn wenn du es nicht tun würdest, hättest du nicht so sehr daran zu knabbern.«

»Das habe ich mir auch lange eingeredet«, antwortete Rainer. »Doch inzwischen weiß ich, daß es nicht stimmt.«

»Was stimmt denn nicht…?«

»Ich fühle mich betrogen«, sagte Rainer, »betrogen und ausgenutzt. Wenn andere Umstände eingetreten sind, und das sind sie ja nun mal, dann möchte ich nicht behandelt werden wie ein kleines Kind, verstehst du? Ich will, daß man mich ernst nimmt.«

»Bei allen guten Geistern«, murmelte Josie, »das sitzt aber tief bei dir, total tief…!«

*

»Steffi…?«

»Ja?«

»Kommst herunter zum Kaffee?«

»Ich mag nicht.«

»Die Mizzi vom Lohhof ist da.«

»Ich komme…!«

Heidi ging zurück in die Küche, wo Mizzi Buchner bei Luise am großen Tisch saß und gerade in ein Stück Apfelkuchen biß, den Luise kurz zuvor gebacken hatte.

»Ich find’s riesig bei euch«, sagte das ausgenommen aparte Mädchen. »Vor allem wie ihr miteinander umgeht, das ist schon toll.«

Heidi lächelte dünn, und Luise lachte.

»Frag gleich mal die Steffi, ob die’s auch so sieht«, erwiderte die Seniorchefin des Bergerhofs.

»Wieso?« Mizzi sah die beiden Bergerhof-Frauen abwechselnd an. »Was ist mit Steffi?«

Heimat-Heidi 31 – Heimatroman

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