Revolution in Russland

Revolution in Russland
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»Revolution in Russland«, das neue Buch des britischen Historikers Stephen A. Smith, sticht hervor durch zahlreiche neue, vor allem russische Quellen sowie durch seine ungewöhnliche Chronologie: 1890-1928. Diese große zeitliche Bandbreite – vom späten Zarenreich bis zu den ersten Zwangskollektivierungen Ende der 1920er Jahre – erlaubt es Smith, in bisher nicht dagewesenem Umfang die sozialen und kulturellen Grundlagen und Auswirkungen der Russischen Revolution zu berücksichtigen. Ebenso fesselnd wie informativ erzählt Smith, wie der Krieg zum Sturz Nikolaus II. während der Februarrevolution 1917 führte; warum die demokratische Regierung in diesem Jahr scheiterte; wie die Bolschewiki den Bürgerkrieg gewinnen konnten; und wie Stalin an die Macht kam. Er liefert somit eine umfassende Synthese der wichtigsten Ursachen, Entwicklungen und Auswirkungen der Russischen Revolution auf aktuellstem Stand der Forschung und präsentiert dem Leser immer wieder neue, ungewöhnliche Perspektiven.

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Stephen Smith. Revolution in Russland

Revolution in Russland

Impressum

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INHALT

EINLEITUNG

1. DIE WURZELN DER REVOLUTION: VON DEN 1880er JAHREN BIS 1905

Autokratie und Orthodoxie

Volkstümliche Religion

Landwirtschaft und Bauerntum

Industriekapitalismus

Politische Angriffe auf die Autokratie

Die Revolution von 1905

2. VON DER REFORMZEIT ZUM KRIEG, 1906–1917

Reformaussichten

Am Vorabend des Krieges

Der Erste Weltkrieg

Politik und Wirtschaft

3. VON FEBRUAR BIS OKTOBER 1917

Doppelherrschaft

Lenin und die Bolschewiki

Was die Soldaten und Arbeiter anstrebten

Die Provisorische Regierung in der Krise

Revolution auf dem Lande

Die nationalistische Herausforderung

Klasse, Nation und Geschlecht

Politische Polarisierung

Oktober 1917: Die Machtergreifung

4. BÜRGERKRIEG UND SIEG DER BOLSCHEWIKI

Die Expansion der Sowjets

Bürgerkrieg

Nationale Selbstbestimmung und die Wiederherstellung des Imperiums

Gewalt und Terror

Die Unterdrückung der sozialistischen Opposition

Die Einparteiendiktatur in Aktion

5. KRIEGSKOMMUNISMUS

Die Mobilisierung der Industrie

Die Nahrungsmitteldiktatur

Der Kriegskommunismus in der Krise

Die gesellschaftliche Unordnung

Der Kampf gegen die Kirche

Arbeiterunruhen

Bauernkriege

Der Aufstand von Kronstadt

6. DIE NEUE ÖKONOMISCHE POLITIK (I): POLITIK UND WIRTSCHAFT

Die NÖP und die Landwirtschaft

Die NÖP und die Industrie

Die NÖP und die Arbeitsverhältnisse

Der innerparteiliche Kampf

Der Staat der Partei

Recht und Gesetz

Die Regierung auf dem Land

Außenpolitik und Revolutionsförderung

Der Aufbau der Nationen

Die Grenzen der NÖP

7. DIE NEUE ÖKONOMISCHE POLITIK (II): GESELLSCHAFT UND KULTUR

Die Wiederherstellung sozialer Ordnung

Ein Wohlfahrtsstaat wird entworfen

Die Künste und die Utopie

Familiäre und Geschlechterverhältnisse

Die Jugend: eine unsichere Avantgarde

Propaganda und Volkskultur

Die kulturelle Revolution

Der Angriff auf die Religion

Epilog: Die „große Wende“ 1928—1931

SCHLUSSBETRACHTUNG

Anmerkungen. Einleitung

1. Die Wurzeln der Revolution: von den 1880er Jahren bis 1905

2. Von der Reformzeit zum Krieg, 1906–1917

3. Von Februar bis Oktober 1917

4. Bürgerkrieg und bolschewistische Macht

5. Kriegskommunismus

6. Die Neue Ökonomische Politik (I): Politik und Wirtschaft

7. Die Neue Ökonomische Politik (II): Gesellschaft und Kultur

Schlussbetrachtung

DANKSAGUNG

Register

Bildnachweis

Informationen zum Buch

Informationen zum Autor

Отрывок из книги

Matrosen demonstrieren 1917 in Petrograd. Russisches Staatliches Archiv für Film- und Fotodokumente, Krasnogorsk

Das Zarenreich in der Krise 1890–1928

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Die Verbindung zwischen Industrialisierung und Urbanisierung war nicht so eng wie in anderen Ländern, weil insbesondere die Textilunternehmer wegen billiger Arbeitskräfte ihre Fabriken aufs Land verlagerten. Dennoch waren Industrie und vor allem Handel ein entscheidender Faktor für das schnelle Wachstum der russischen Städte: Zwischen 1897 und 1917 verdoppelte sich die Stadtbevölkerung auf 25,8 Millionen (immer noch nicht ganz ein Fünftel der Gesamtbevölkerung). 1913 gab es 100 Städte mit über 50.000 und mehr als 20 mit über 100.000 Einwohnern.87 1914 war St. Petersburg mit 2,2 Millionen Einwohnern die achtgrößte Stadt der Welt, während Moskau 1,6 Millionen Einwohner hatte. Neuerdings haben Historiker das von Anton Tschechow inspirierte Bild der Provinzstädte als kultureller Wüsten, aus denen die Gebildeten unbedingt fliehen wollten, in Frage gestellt. Viele Provinzhauptstädte konnten sich einer Schicht von Gebildeten rühmen, die mit einigem Stolz Naturgeschichte und Ethnographie ihrer Region aufzeichneten sowie Schulen, Museen, Bibliotheken und Theater errichteten und die lokale Presse entwickelten.88

Der zahlenmäßige Anstieg der Stadtbevölkerung war vorwiegend auf die Zuwanderung vom Lande zurückzuführen, wobei diese häufig saisonalen Charakter besaß, denn zur Erntezeit kehrten die Bauern aufs Land zurück. Im Jahr 1900 waren 69 Prozent der Bevölkerung von St. Petersburg nicht in der Stadt geboren. Das schnelle Wachstum der Stadtbevölkerung hatte verabscheuungswürdige Wohn- und Lebensbedingungen zur Folge: Im Durchschnitt bewohnten 3,2 Personen eine Einzimmerwohnung und 3,4 Personen mussten in Kellerräumen hausen – doppelt so viele wie in Berlin, Wien oder Paris.89 St. Petersburg genoss den zweifelhaften Ruf, die in sanitärer Hinsicht unsauberste Hauptstadt Europas zu sein: 1910 starben über 100.000 Menschen an der Cholera, und 1920 besaßen 42 Prozent der Wohnungen keine Anschlüsse für Trinkwasser und Brauchwasser.90 Das schnelle Wachstum nahm die Stadtverwaltungen in die Pflicht; sie mussten für Wasseranschlüsse, Straßenbeleuchtung, Transportmöglichkeiten, Schulen und Krankenhäuser sorgen, doch war die Qualität dieser Dienstleistungen oft erbärmlich. Das lag am mangelhaften Steueraufkommen, aber auch an der oftmals beachtlichen Inkompetenz der städtischen Behörden. Moskau bildete da eine Ausnahme: Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte die Stadtduma für die Installation von 20 Kilometern Straßen mit elektrischer Beleuchtung, einer funktionierenden Kanalisation, einem Straßenbahnnetz und einem kostenlosen Gesundheitssystem gesorgt. Die Armen mit grundlegenden medizinischen und anderen sozialen Dienstleistungen zu versorgen, blieb zumeist karitativen Organisationen überlassen.

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