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Ankylosierende Spondyloarthritis (AS)

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Die ankylosierende Spondyloarthritis ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die leicht verlaufen oder aber zu starken Einschränkungen führen kann. Die Hauptsymptome sind starke, chronische Rückenschmerzen und Steifheit – was logisch ist, denn ankylosis bezeichnet das Steifwerden eines Gelenks und spondylos bezieht sich auf einen Wirbel. Bei dieser Erkrankung bildet sich zwischen den Wirbelgelenken neue Knochenmasse. Es entstehen knöcherne Verbindungen, wodurch die Wirbelsäule immer steifer wird. Ohne rechtzeitige Behandlung können die Wirbel bei manchen Menschen dauerhaft miteinander verwachsen. Die ankylosierende Spondyloarthritis betrifft Männer etwa doppelt bis dreimal so häufig wie Frauen.

Die Diagnose einer ankylosierenden Spondyloarthritis wird gestellt, wenn jemand jünger als 45 Jahre alt ist und die folgenden drei Merkmale aufweist:

1. Chronische Rückenschmerzen, die über drei Monate anhalten,

2. auf dem Röntgenbild oder der MRT-Aufnahme erkennbare Entzündung der Sacroiliacalgelenke und

3. positiver Gentest auf das Protein HLA-B27. Dieser Gentest ist bei etwa 90 Prozent der AS-Patienten positiv.

Ohne diese drei Merkmale ist es unwahrscheinlich, dass die Erkrankung bei Ihnen vorliegt. In diesem Fall müssen Sie mit Ihrem Arzt weiter nachforschen. Wenn ich bei einem Patienten eine ankylosierende Spondyloarthritis vermute, ordne ich einen HLA-B27-Test an. Ist dieser positiv, so schicke ich ihn zur Bestätigung zum Röntgen oder zu seinem Rheumatologen. Ohne HLA-B27-Nachweis ist eine AS-Diagnose zwar möglich, aber sehr ungewöhnlich. Bei negativem Testergebnis sind Sie wahrscheinlich von etwas anderem betroffen.

Etwa 4,6 bis fünf Prozent aller Menschen mit Schmerzen im unteren Rücken haben AS. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung wird in den USA auf 0,2 bis 0,5 Prozent geschätzt. Dabei gibt es auch ethnische Unterschiede. Europäer beispielsweise sind zu 7,5 Prozent HLA-B27-positiv. Das ist der höchste Anteil aller ethnischen Gruppen. (Zum Vergleich: Afroamerikaner stellen mit 1,1 Prozent den niedrigsten Anteil.) Allerdings erkranken nur fünf bis sechs Prozent der Menschen mit einem positiven Test auf HLA-B27 an einer ankylosierenden Spondyloarthritis. Diese Zahlen klingen vielleicht nicht besonders hoch, doch wenn man die Gesamtzahl der Menschen bedenkt, sind sie doch besorgniserregend. Eine genetische Vorbelastung heißt jedoch keineswegs, dass Sie nichts tun könnten. Wie bei der rheumatoiden Arthritis müssen wir die jeweiligen Auslöser der Entzündung finden und behandeln, damit sich die Symptome bessern. Auch bei AS spielt die Darmgesundheit eine Rolle. Darauf gehen wir in Teil 2, „Heilung für den Darm, Heilung für die Gelenke“, näher ein.

Abschließend möchte ich Ihnen noch von zwei meiner Patientinnen erzählen. Die eine ist Sharon, die Jahre nach einer schweren Episode von Morbus Crohn – einer entzündlichen Erkrankung des Dünndarms – Arthritis entwickelte. Sharon war eine kerngesunde Frau, die täglich ihre sechs Kilometer lief und Fußball spielte. Nach dem Verzehr von Himbeeren, die mit einem bestimmten Parasiten infiziert waren, erkrankte sie an schlimmem Durchfall. Viele andere Infizierte starben offenbar an diesem Befall. Sharon lag eine Woche im Krankenhaus und benötigte viele Antibiotika und Mittel gegen den Parasiten.

Ihr Darm erholte sich ihrer Aussage nach nie wieder davon, und sie hatte regelmäßig mit Blähungen, Aufstoßen und immer wieder auch mit Durchfall zu kämpfen. Solche Geschichten höre ich häufig: Eine schwere Erkrankung verändert dauerhaft das Wohlbefinden, obwohl sie angeblich längst ausgeheilt ist. Einige Jahre nach dieser Infektion bekam Sharon Fieber, Schmerzen und wieder Durchfall. Diesmal lautete die Diagnose Morbus Crohn. Der Nachweis wurde endoskopisch erbracht. Das Endoskop mit Kamera wurde über den Rachen in den Magen und Dünndarm eingeführt. Sharon erhielt den immunmodulierenden Wirkstoff 6-MP, von dem sie allerdings so müde wurde, dass sie ihren Job kündigen musste und nur noch schlief. Immerhin gesundete sie damit so weit, dass sie schwanger wurde. Als sie mich aufsuchte, lag die Geburt ihres ersten Kindes acht Jahre zurück. Sharon ging es nicht gut, aber sie kam zurecht. Nach der Geburt ihres Kindes hatte sie drei- bis viermal täglich lockeren Stuhlgang, ihr war oft übel, und sie hatte Schmerzen im rechten Unterbauch.

Es ging ihr jedoch gut genug, um das 6-MP abzusetzen, doch dann setzten Rückenschmerzen ein. Sie waren so schlimm, dass Sharon nicht mehr laufen konnte. „Die Rückenschmerzen überlagerten meine Verdauungsprobleme“, sagt Sharon. Nach einem Termin beim Rheumatologen erfuhr Sharon, dass sie HLA-B27-positiv war. Das Röntgenbild zeigte eine Entzündung ihrer Sakroiliakalgelenke, und fast ihre gesamte Wirbelsäule war von Arthritis befallen. Aufgrund dieses Symptomkomplexes und der Testergebnisse wurde bei ihr eine ankylosierende Spondyloarthritis diagnostiziert. Hinzu kamen steife Hände mit entzündeten Sehnen, doch am schlimmsten waren die Rückenschmerzen.

Drei Jahre lang probierte Sharon es mit unterschiedlichen Arzneimitteln, darunter Steroide und zwei Biologika, welche das Immunsystem unterdrückten: Adalimumab gegen die Rückenschmerzen und Infliximab gegen Morbus Crohn. Da sie daraufhin Hefepilzinfektionen entwickelte – was bei einer Ausbremsung des Immunsystems gut möglich ist –, brach sie diese Therapie ab. Irgendwann nahm sie gar keine Medikamente mehr, doch da kehrte der Morbus Crohn so vehement zurück, dass sie ins Krankenhaus musste und wieder mit Antibiotika behandelt wurde.

Kurz nach ihrem Klinikaufenthalt stellte Sharon fest, dass sie erneut schwanger war. Sie freute sich sehr auf das zweite Kind, doch für ihren Körper war diese ungeplante Schwangerschaft eine große Belastung. Schließlich war sie so matt und müde, dass sie Infusionen benötigte, um die neun Monate zu überstehen. Ihre Medikamente nahm sie nicht mehr, hatte jedoch schlimme Rückenschmerzen und große Angst. Der Morbus Crohn gelangte nie mehr in Remission, sondern köchelte vor sich hin und bescherte ihr Monat für Monat anfallsweise wässrige Durchfälle. Nachdem Sharons Kind geboren war, erhielt sie gegen den Morbus Crohn den entzündungshemmenden Wirkstoff Mesalazin. Daraufhin beruhigte sich ihr Darm, und seitdem ist sie bei dieser Medikation geblieben.

Zwei Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes machten die Rückenschmerzen ihr das Leben so schwer, dass es ihr schließlich reichte. Sie probierte ein neues Immunbiologikum, Certolizumab, das alle zwei Wochen gespritzt werden musste. Dieser Therapie unterzog sie sich schon zwei Jahre, als sie mich aufsuchte. Das Certolizumab linderte ihre Beschwerden etwa zehn Tage lang. Danach ließ die Wirkung nach, und Sharon litt die vier verbleibenden Tage bis zur nächsten Spritze unter furchtbaren Schmerzen. Trotz all ihrer Medikamente hatte sie weiterhin mit lähmenden Rückenschmerzen zu kämpfen, und auch die Achillessehnen machten Beschwerden. Zu diesen erheblichen Einschränkungen gesellten sich Angst und Stress, sodass sie kaum den Tag überstand und sich abends nicht mehr um ihre Kinder kümmern konnte, die damals erst vier und sechs Jahre alt waren. Um nachts schlafen zu können, nahm sie das angstlösende Mittel Lorazepam sowie Hydrocodon, ein Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide. Zusätzlich erhielt sie Duloxetin, ein Antidepressivum, das auch gegen Schmerzen hilft, und Pregabalin gegen die Nervenschmerzen im Bein, die von einem Bandscheibenvorfall herrührten.

Die Aussage, dass es Sharon bei unserem ersten Gespräch nicht gut ging, ist weit untertrieben. Ich erzähle hier von Sharon, um zu betonen, dass ankylosierende Spondyloarthritis Patienten massiv beeinträchtigen kann. Bei manchen Menschen ist mein erstes Ziel in der funktionellen Medizin die Schmerzlinderung, damit sie ihr Leben wieder leichter bewältigen können. Zudem ist Sharon ein Beispiel für den klassischen Zusammenhang zwischen chronisch entzündlicher Darmerkrankung und Spondyloarthritis. Dass zwischen diesen beiden Gesundheitsproblemen eine Verbindung besteht, ist seit Langem bekannt und unterstreicht alles, was ich in diesem Buch weitergebe: Es gibt Zusammenhänge zwischen dem Darm und körperweiten Entzündungen.

Auf Sharon und ihre Behandlung gehe ich in Kapitel 6, „Den Darm heilen“, näher ein. Wie alle meine Patienten mit entzündlich bedingter Arthritis befolgte sie meine Arthritiskur. Zum Zeitpunkt, während ich dies schreibe, arbeite ich seit einem Jahr mit Sharon zusammen. Obwohl wir noch einen langen Weg vor uns haben, hat sich ihre Lebensqualität erheblich verbessert. Inzwischen kann sie mit ihren Kindern umhertollen, was vorher nicht möglich war. Ihr Stuhlgang hat sich normalisiert, und wenn sie ihr Certolizumab nimmt, reicht die Dosis für die vollen 14 Tage aus. Das sind Trippelschritte, aber es geht sichtlich aufwärts.

Eine ankylosierende Spondyloarthritis beeinträchtigt nicht jeden so massiv wie Sharon. Ein perfektes Beispiel für eine Patientin mit einer nur leicht ausgeprägten Erkrankung ist die 52-jährige Pilates-Lehrerin Tina. Seit zehn Jahren leidet sie unter ankylosierender Spondyloarthritis, hatte die eher leichten Rückenschmerzen jedoch mit Meloxicam im Griff, einem Wirkstoff aus der Gruppe der nicht-steroidalen Entzündungshemmer (NSAID). Wenn sie zum Skifahren ging, erhöhte sie die Dosis leicht, um mit den Schmerzen klarzukommen. Von mir wollte Tina in erster Linie wissen, wie sie ihre Gesundheit über die Ernährung unterstützen könnte. Und sie wollte gern ihr Schmerzmittel absetzen. Inzwischen hat sie die Arthritiskur durchgeführt und schraubt die Medikation allmählich herunter. Ihre Rückenschmerzen sind verschwunden, und sie hat mehr Energie denn je. Ihr ist bewusst, dass ankylosierende Spondyloarthritis letztlich eine chronische Erkrankung sein kann, mit der sie gegebenenfalls leben muss. Aber sie ist fest entschlossen, einer möglichen Verschlimmerung konsequent vorzubeugen. So weit, so gut.

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