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Universität Toulouse

15 Rue des Lois, 31000 Toulouse, Frankreich


„Die Wäscherinnen von Hèches“, begann Dr. Louis Fouqué, Lehrer für Geschichte, langsam, „hatten einen eigentümlichen Brauch: An einem Tag des Jahres, dem dritten Sonntag nach Ostern, schien plötzlich alle Scham, alle Zurückhaltung, die ihnen in Jahrhunderten anerzogen worden war, von ihnen abzufallen. An diesem einen Sonntag legten die jungen Frauen und Mädchen, die Mütter, Matronen und selbst die alten Frauen ihre Scham zugleich mit ihren umfangreichen dunklen Gewändern ab, mit denen sie ansonsten mit peinlichster Sorgfalt ihre Blöße vor Fremden, auch vor ihres gleichen, ja häufig sogar vor ihren Ehepartnern und letztlich sogar vor sich selbst verbargen.“

„Vor sich selbst?“, fragte Carolin amüsiert.

Der Lehrer nickte, ohne aber auf den heiteren Tonfall seiner Zuhörerin einzugehen.

„Sogar vor sich selbst“, wiederholte er. „Ich erinnere mich, dass sie sogar einmal ein junges Mädchen geschlagen haben, weil ihre Mutter es dabei ertappte, wie sie sich selbst entblößt im Spiegel betrachtet hatte.“

„Aber ich werde es euch ausführlich berichten!“, erklärte er und begann zu erzählen:


Wir vier waren früher noch als sonst aufgestanden: Fabrice, Yannik, Robin und ich.

Eine Stunde, bevor die Frauen und Mädchen aufbrachen, waren wir schon hinunter zum Fluss gelaufen. Natürlich kannten wir den Platz, wo die Wäscherinnen sonst immer ihrer Tätigkeit nachgingen.

Es war nicht schwer, sich zu verstecken, denn sowohl die großen Granitblöcke im Flusstal als auch die dichten, blühenden Ginstersträucher boten uns genügend Schutz.

Wir wussten, es entsprach dem Brauch, dass die auserwählten Burschen dem Entkleidungsschauspiel nicht direkt und auch nicht aus zu großer Nähe zusahen.

Während des zehnminütigen Fußmarsches waren wir stumm gewesen, und auch jetzt, als wir in einer Entfernung von vielleicht zwanzig, dreißig Metern –Stellung- bezogen hatten, sprachen wir kaum miteinander.

Gegen acht Uhr morgens war es noch sehr frisch und kühl im Tal des Flusses, obwohl dieses schon von der Sonne beschienen war. Aber es versprach, ein heißer Tag zu werden. Mich fröstelte und schauerte, was jedoch wohl auch auf meine Aufregung im Hinblick auf das zu erwartende Schauspiel zurückzuführen war.

Es war das erste Mal in unserem Leben, dass wir nackte Frauen sehen würden!


Wieder hielt Louis in seiner Erzählung inne.

Er blickte in die Gesichter seiner Schüler. Keiner verbarg die Spannung und die Erregung, die schon die ersten Sätze der Erzählung des Geschichtslehrers hervorgerufen hatten.

„Ich weiß nicht“, fügte Dr. Louis Fouqué schleppend und etwas unsicher ein, „ob ich euch klar gemacht habe, was es mit diesem Tag auf sich hatte. Alles, was an diesem Tag geschehen würde, bildete so etwas wie ein Ventil, aus dem entweichen konnte, was sich im Laufe des langen Jahres in der dumpfen und strengen Atmosphäre im Leben der Dorfbewohner aufgestaut hatte. Zugleich war es der Sinn, dass diejenigen Jungen, die im Begriffe waren, in den Kreis der Männer aufgenommen zu werden, einmal sehen konnten, wie eine unbekleidete Frau, ein unbekleidetes Mädchen , aussahen. Und dadurch, dass — abgesehen von den Mädchen unseres Alters und den Kindern, alle weiblichen Wesen des Dorfes an den Platz der Wäscherinnen kommen würden, wurde den heranwachsenden Burschen auch deutlicher als sonst irgend möglich vor Augen geführt, wie vergänglich die Reize weiblicher Schönheit—menschlicher Schönheit überhaupt! — sind.“

„Blieb es denn heim Ansehen der nackten Mädchen?“ Wieder war es die vorlaute Carolin, die seine Erzählung unterbrach.

Der Lehrer zog seine Augenbrauen zusammen und warf dem blonden Mädchen einen verärgerten Blick zu. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück, und man spürte, wie es in ihm arbeitete.

Aber er hielt die Antwort, die sich sichtbar in ihm formulierte, zurück. Es ergab sich eine fast unerträglich lange Pause, ohne dass jemand der acht jungen Mädchen und Männer, die dem Franzosen zuhörten, gewagt hätte, die Stimme zu erheben.

Dann endlich setzte Louis wieder ein. Es schien, als habe er in der Pause seine Stimme gewechselt. Seine Erzählung ging weiter:


Da kommen sieben Frauen rief Robin heiser, als nach über einer Stunde die ersten Gestalten der Gruppe auf der Höhe zu erkennen waren. Gebannt blickten wir vier Jungen nach oben, und wir verfolgten, wie sich die Schlange der Frauen und Mädchen über die Serpentinen des steinigen Pfades herunterbewegte.

Obwohl die sechzehn nackten Frauen und Mädchen wussten, dass sie vier kleine heimliche männliche Zuschauer hatten, deutete darauf nichts in ihren Bewegungen hin.

Das Geschnatter und Geschwätz der Wäscherinnen hatte längst wieder eingesetzt, und nun stiegen die Mädchen und Frauen langsam in das frische, an dieser Stelle seichte Wasser des Flusses.

Sie badeten — und baden bedeutet hier, dass sie sich zuerst einmal um ihre Reinlichkeit kümmerten. Einige hatten Seife mitgebracht, und die Mädchen und Frauen wuschen sich, ohne sich wegen unserer Blicke zu genieren, von Kopf bis Fuß, unter der Achsel, zwischen den Beinen und selbst, frei von Scham, im Gesäß, bis sich an der Stelle des Waschplatzes im hellen, klaren Wasser des Flusses weithin erkennbar eine milchige Trübung von Seifenlauge abzeichnete.

Lange hielten es die nackten Wäscherinnen in dem noch kühlen Wasser des Flusses nicht aus, und sie entstiegen nach und nach den Fluten, bis zuletzt auch die Gruppe der vier jüngsten Mädchen, die alle nur wenige Jahre älter waren als wir, und mit denen wir einstmals harmlos gespielt hatten, ihr Geplansche und Gekreische wegen der kühlen Wassertemperaturen abbrechen musste und ans Ufer kam.

Fabrice machte eine Bemerkung, die sich auf die Brüste dieser vier jungen Mädchen bezog. Wir sahen genauer hin, und teilten Fabrices Entdeckung: Die Mittelpunkte, die Warzen ihrer Brüste schienen sich nach dem Bad verändert zu haben, schienen weiter hervorgetreten und verhärtet zu sein.

Die Frauen gaben ihre nass glänzenden Körper, langsam auf und ab laufend und ohne ihr unermüdliches Geschwätz zu unterbrechen, den wärmenden und trocknenden Strahlen der Vormittagssonne preis.

Die Mädchen, uns Jungen altersmäßig und von ihrer Reife her noch näher als den verheirateten Frauen, liefen herumtollend um die Gruppe der älteren Wäscherinnen, als hätten sie ihre Nacktheit völlig vergessen, und wir vier Jungen in unserem Versteck verfolgten erregt das Auf- und Niederwippen ihrer jungen Brüste.


Dr. Fouqué sah verstohlen auf seine Uhr. Mehr als die Einleitung zu seiner Erzählung hatte er heute nicht preisgeben wollen, und er beschloss, jetzt abzubrechen.

Im letzten Teil seiner Geschichte hatte er immer wieder unauffällig die Gesichter seiner Zuhörer und besonders seiner Zuhörerinnen gemustert. Er hatte ganz bewusst ein paarmal sehr derbe Ausdrücke gewählt.

Er hatte sehr genau verfolgt, wie die beiden Mädchen seiner Wahl die vorlaute kleine Carolin und Emilia, eine stilles, gutgewachsenes Mädchen —auf die ordinären Worte reagiert hatten.

Carolin, schien es, war wohl ein paarmal in Versuchung, eine Bemerkung in seine Erzählung einfließen zu lassen, aber sie beschloss schließlich doch, still zu bleiben, und hörte mit gesenktem Kopf ihrem Lehrer zu.

Emilia hatte den Blicken des Lehrers gelassen standgehalten, und erst, als Louis von den körperlichen Einzelheiten der Mädchen und Frauen gesprochen hatte, senkte auch sie den Blick. Er verfolgte, wie sie bei seinen ordinären Ausdrücken zusammenzuckte.

Louis, selbst nicht gerade großgewachsen, fühlte sich körperlich eher von der kleinen Carolin angezogen, und er beschloss, sich zuerst ihr zuzuwenden.

Der Lehrer machte eine Pause, und es schien, als bemühe er sich, wieder in seine normale Rolle zurückzufinden.

„So, genug für heute“, meinte er schließlich. „Wir sehen uns morgen wieder.“

Die acht Jungen und Mädchen seines Geschichtskurses erhoben sich und befreiten sich langsam von der Spannung und Erregung, die der Vortrag in ihnen hervorgerufen hatte.

Sie waren alle Studenten, manche noch ganz am Anfang ihres Studiums, zwei von ihnen schon knapp unter dreißig, also gerade so alt wie ihr Lehrer. Sie alle waren in der Hoffnung zur Université de Toulouse gekommen, um die fehlenden Lücken ihrer Geschichtskenntnisse schließen zu können. Hierfür bot die Universität einen Sonderkurs während der Semesterferien an, der von Dr. Louis Fouqué geleitet wurde.

Louis drängte sich an den Jungen und Mädchen vorbei, in der Absicht, die kleine Carolin anzusprechen. Aber es schien, als sei ihm jemand zuvorgekommen. Louis hörte verärgert, wie das blonde Mädchen mit Manuel sprach und offensichtlich mit diesem einig wurde, in eine Kneipe in der Altstadt von Toulouse zu gehen.

Louis hatte Mühe, sich seine Wut nicht anmerken zu lassen. Er drehte sich suchend nach Emilia, seiner „zweiten Wahl“, um und zuckte zusammen, weil sie unmittelbar hinter ihm stand und zum Ausgang des Seminarraumes drängte.

Wieder wurde ihm bewusst, dass ihn das Mädchen um einige Zentimeter überragte. Natürlich müsste es ein Genuss sein, mit diesem großen Mädchen im Bett zu sein und zu fühlen, wie sich ihre langen, schlanken Schenkel um seinen auf ihr liegenden Körper schlangen.

Aber einstweilen war es noch nicht soweit. Die Vorstellung, dass er wohl erst einmal mit dem Mädchen ausgehen müsse und sich mit ihr der Öffentlichkeit zeigen müsse, nahm Louis den Mut.

Er murmelte nur verlegen: „Au revoir. Bis morgen“, und wandte sich dann wieder um und verließ seine Schüler.

Er war unzufrieden, verärgert über sich selbst, über Carolin und Manuel, und sogar darüber, dass Emilia so großgewachsen war.

Der Lehrer will sie alle!

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