Читать книгу Wenn die anderen das Problem sind - Susanne Klein - Страница 14
Zu viele E-Mails
ОглавлениеTypische E-Mail-Probleme
Missverständnisse und damit Konflikte über E-Mails entstehen sehr viel häufiger als im direkten Gespräch. Zwar haben Sie bei E-Mails immer einen Beleg in der Hand und können sich auf Geschriebenes berufen. Aber Sie können gleichzeitig nicht direkt nachfragen, nachkorrigieren und erläutern, was wirklich gemeint ist. Die direkten Kontakte am Arbeitsplatz nehmen durch das Mailsystem deutlich ab. Das spart zwar Zeit, wenn Kollegen dann aber zusammensitzen, gehen sie ellenlange Maillisten durch und klären die insgesamt aufgelaufenen Missverständnisse. Das kostet wieder Zeit.
Also, warum nicht einfach öfter mal in kleinen Gruppen zusammensitzen oder wieder altmodisch zum Telefon greifen? So lässt sich viel besser und schneller etwas aus der Welt schaffen, das durch viele Mails und eskalierende CC-Kopien sonst zu einem heftigen Konflikt anschwellen könnte. Nach dem Gespräch können Sie immer noch eine E-Mail mit den zusammengefassten Vereinbarungen und To Dos herumschicken. Dann haben Sie es auch schriftlich.
Vorteile von E-Mails
Mails haben natürlich andererseits den Vorteil, dass man sich in Ruhe überlegen kann, was man schreiben möchte, und das Geschriebene hinterher auch noch einmal durchsehen kann, bevor man auf den Knopf drückt und die Nachricht sendet. Die Kommunikation funktioniert also überlegter – meistens. Manchmal sind die Finger schneller als der Kopf und dann kann es doppelt schwierig werden.
Gerade, wenn sie dem Gesprächspartner gegenüber unsicher sind, greifen viele Menschen zur E-Mail-Kommunikation. Denn sie glauben, die Zeit zum Überlegen zu brauchen, um nicht mit ihrer eigenen Meinung in das Gespräch hineinzugehen und mit der Meinung des anderen aus dem Gespräch herauszukommen – vielleicht nur, weil der andere rhetorisch überlegen ist, mehr Erfahrung hat oder schon länger im Unternehmen arbeitet und so die Kniffe und Erfolgswege kennt.
In einer Gesprächsrunde bestehen lernen
Diese Unsicherheit lässt sich vortrefflich beim Schreiben von E-Mails verbergen. Andererseits kommt man natürlich auch nicht voran und lernt weniger, seine Meinung zu artikulieren und für sie einzustehen. Manchmal ist es einfach wichtig, auf gefährliche Situationen zuzugehen, um sie zu entmachten. Ohne Übung kein Erfolg. Mit etwas Pech fühlt man sich, wenn man sich überwiegend auf die Mailkommunikation zurückzieht, auch nach vielen Jahren im Unternehmen nicht in der Lage, in einer Gesprächsrunde zu bestehen. Und genau diese Fähigkeit sollten gerade Berufseinsteiger möglichst schnell lernen.
Beispiel
Frau Summ beispielsweise ist zwar seit fünf Jahren im Unternehmen, aber sie hat immer die Erfahrung gemacht, dass andere Menschen sie überrollen. Sie hat das Gefühl, dass sie in Gesprächen stets nachgeben muss. Als Leiterin eines Projektbüros in einer Stabsfunktion hat sie mit vielen verschiedenen Menschen zu tun und muss ihre Arbeit mit vielen Bereichen koordinieren. In den Bereichen gibt es natürlich auch Vorstellungen, wie das Projekt zu laufen hat, und man versucht, sie im Gespräch zu überzeugen.
Erfolgloses Gespräch
Frau Summ: | „Also, Herr Duder, geplant ist auch, die wichtigsten Informationen für die Übernahmesitzung in gedruckter Form zur Verfügung zu stellen.“ |
Herr Duder: | „Also, wir haben noch nie die Drucke für eine Übernahmesitzung gemacht. Das sprengt unsere Kapazitäten.“ |
Frau Summ: | „Ja, also, wen soll ich denn dann fragen?“ |
Herr Duder: | „Entweder, Sie machen es selbst, was ja eigentlich Ihre ureigene Aufgabe ist – wofür haben wir denn sonst ein Projektbüro –, oder Sie fragen mal im Bereich DU-4 nach.“ |
Frau Summ: | „Ja, meinen Sie?“ |
Das ist natürlich für Frau Summ ein wenig erfolgreiches Gespräch. Sie hat keine Ahnung, wie eine Drucksache zu erstellen ist. Sie kann als Juristin nur inhaltlich prüfen und war davon ausgegangen, dass die Fachabteilung sie gerne unterstützt – denn schließlich ist diese darauf spezialisiert und hat eine gute Infrastruktur. Im Gespräch bemerkt sie aber, dass sie auf wenig Unterstützung stößt, und setzt sich hier nicht durch.
E-Mail statt Gespräch
Also versucht sie es beim nächsten Mal per Mail und verschickt diese auch an die jeweiligen Chefs, um der Sache Nachdruck zu verleihen. Sie hofft, dass sich der Kollege nun nicht mehr drücken kann. Aber es kommt ganz anders:
Sehr geehrter Herr Duder,
genau wie im letzten Jahr sind auch in diesem Jahr für die Übernahmesitzung am 14. Oktober Unterlagen in gedruckter Form herzustellen. Als Leiterin des Projektbüros bitte ich Sie nun, den Druck der Erzeugnisse in einer Auflage von 1000 bis 12. September zu veranlassen. Im Anhang finden Sie den Text für den ersten Druck, der bereits aus juristischer Sicht abgestimmt ist. Ergänzungen von Ihrer Seite sprechen Sie bitte mit mir ab – viele Formulierungen sind aus juristischer Sicht sensibel. Sollten Sie keine Änderungen vornehmen, erwarte ich Sie spätestens am 12. September mit den fertigen Erzeugnissen in meinem Büro. Ich werde Ihnen in den nächsten Tagen auch die anderen fertigen Dokumente nachreichen.
Mit den besten Wünschen
Cornelia Summ
Noch am gleichen Tag kommt folgende Mail des Chefs von Herrn Duder in Kopie an diesen zurück:
Sehr geehrte Frau Summ,
ich verbitte mir diesen Ton gegenüber meinen Mitarbeitern. Auch Anweisungen erteile nur ich. Herr Duder wird Ihre Mail ignorieren.
Hochachtungsvoll
Herbert Rumms
So klappt es auch nicht. Die arme Frau Summ steht vor einem Scherbenhaufen. Was kann sie in einer solchen Situation tun? Direkt im Gespräch ist sie deutlich unterlegen, und über eine klare Mail mit konkreten Aufforderungen blitzt sie auch ab.
Direkte Gespräche
Frau Summ könnte sich an ihren Chef wenden und die Sache von oben her einfädeln. Diese Möglichkeit steht ihr offen. Aber hat ihr Chef sie nicht genau deswegen als Projektleiterin eingesetzt, damit sie all diese Probleme für ihn löst? Der Weg steht ihr also auch nicht offen. Was an dieser Stelle sehr hilfreich sein kann, ist, Informationen von anderen Seiten einzufordern. Und das geht nur, wenn man über gute Beziehungen verfügt. Dann kann man mit anderen sprechen und vorher in Erfahrung bringen, wie in dieser Sache bisher vorgegangen wurde, um den gleichen bereits erfolgreich genutzten Weg einschlagen zu können. Und gute Beziehungen entstehen in der Regel nicht über E-Mail-Kontakte, sondern über das direkte Gespräch miteinander.
Wenn es gelingt, gute Geschäftsbeziehungen im Unternehmen oder auch mit freiberuflichen Partnern aufzubauen, dann kann man einige Konflikte umgehen, weil man über inoffizielle Informationen verfügt, die weiterhelfen.
Frau Summ hätte beispielsweise erfahren können, dass sich an dieser Abteilung schon einige im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne ausgebissen haben. Bekannte Strategie im Unternehmen ist es deswegen, die Abteilung geflissentlich zu umgehen. Trotz ihrer langjährigen Firmenzugehörigkeit hat Frau Summ davon noch nie gehört. Das ist ungewöhnlich und lässt darauf schließen, dass sie zu wenig aktiv direkte Kontakte mit anderen sucht und pflegt. Was sachlich zunächst nicht notwendig erscheint, kann im Konfliktfall eine große Hilfe sein.
Ein Konflikt naht
Erkennungszeichen: zu viele E-Mails, zu wenig Gespräche To Do:Mut zum direkten Kontakt, gezielter Aufbau von guten Beziehungen, viele informelle Gespräche führen, Informationen sammeln
Essentials
■ Friede, Freude, Eierkuchen und Wut, Enttäuschung, Aggression gehören zusammen. Konflikte fangen klein an. Früh erwischt, lassen sie sich gut regeln.
■ Gute Beziehungen am Arbeitsplatz bringen wertvolle Infos, die vor Konflikten schützen können.
■ In unsicheren und schwierigen Situationen freundlich nachfragen, humorvoll reagieren und nicht rechtfertigen.
■ Konflikte entstehen oft nicht auf der sachlichen Ebene, sondern eher auf der politischen Ebene. Diese will bei jeder Aktion berücksichtigt werden.
■ Unterstellungen und Beschuldigungen humorvoll abfangen und auf das Sachthema überleiten.
■ Ungewöhnliche Wege gehen. Auch eine Vorgehensweise wählen, die man selbst nicht schätzen würde – sofern sie dem anderen gefällt und zum Ziel führt.
■ E-Mails ersetzen den persönlichen Kontakt nicht. Sie lassen sich aber wunderbar dazu nutzen, sachliche Themen, Vereinbarungen, Entscheidungen, Absprachen etc. transparent festzuhalten.
Konflikte fangen klein an