Читать книгу Ilvie Little und die unerschrockenen Seefahrerinnen, Band 1 - Susanne Stemmer - Страница 7

DAS PORTRÄT VON URGROSSMUTTER GRACE

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Wir brauchen jetzt wirklich eine Stärkung!‘, funkelt Theo, der sich in der Zwischenzeit wieder beruhigt hat und dazu übergegangen ist, auch ein bisschen in den Fotos herumzuwühlen. ‚Ich, Theo, wage mich jetzt mutigen Schrittes durch die Halbdunkelheit dieses ­Geisterschiffes und hole meinen Wanderbeutel, den ich gedankenlos an Deck gelassen habe. Dort drin gibt es noch letzte Reste von diesen köst­lichen Erdbeer-Cupcakes, die uns ­sicher bei der Suche nach dem komischen Geheimnis helfen werden‘, funkelt der kleine Affe feierlich und hüpft vorsichtig in Richtung der Treppe, die an Deck führt. Huch, dieses halbdunkle Schiff ist schon sehr unheimlich!

„Puh, wir werden hier ewig sitzen“, murmelt Leonie.

„Stimmt!“, stöhnt Ilvie. „Aber das ist es wert! Stell dir nur vor, wir finden die Karte!“

‚Tataaa!‘, funkelt Theo, der einige Minuten später triumphierend mit ­seinem Wanderbeutel in der Hand in der Bibliothekstür steht. Der kleine Affe fühlt sich wirklich als Held. Er ist den ganzen Weg im Halbdunkel in diesem gruseligen Schiff gegangen – ganz allein! Und dann wieder zurück! Großzügig wie er ist, verteilt er die letzten Erdbeer-Cup­cakes an die Mädchen. Das kleinste behält er für sich. Er ist schließlich ein wohlerzo­gener kleiner Affe. ‚Oh, oh, da fehlt jetzt wirklich etwas …‘, funkelt Theo, während er traurig in seinen leeren Wanderbeutel starrt. ‚Hmmm, hmmm … ein Loch klafft in meinem Beutelchen … anstatt der Erdbeer-­Cupcakes ist da jetzt ein ganz leeres Loch …‘

Ilvie, die gerade eines der alten Bilder in der Hand hat, blickt wie vom Blitz getroffen auf. ‚Was funkelst du da, Theo?‘

‚Was denn?‘, funkelt Theo verwundert. ‚Ich hab doch nur vor mich hin gefunkelt, dass da jetzt ein Loch klafft … anstatt der köstlichen Erdbeer-­Cupcakes ist da jetzt ein … Loch.‘

„Das ist es!“, ruft Ilvie laut. „Ich hab’s!“

Leonie sieht Ilvie aufgeregt an. „Was denn!? Wo denn!?“

Ilvie umarmt ihren kleinen Affen. „Danke, Theo!“

„Na was denn jetzt?!“, ruft Leonie. „Was ist es, Ilvie?!“

Aufgeregt hält Ilvie ihrer Freundin eines der Fotos hin. „Da!“, sagt sie. „Sieh mal! Ich wundere mich schon die ganze Zeit, was auf diesem Bild nicht stimmt …“

„Das ist ein Porträt von Urgroßmutter in dieser Bibliothek …“, murmelt Leonie ratlos.

„Ja! Und siehst du? Da hinten, ganz oben links im Bücherregal, da … fehlt was! Sieh dir die Bibliothek mal an! Das hier war der Bildwinkel, das hier ist im Hintergrund!“ Ilvie springt auf und fuchtelt wild mit den Armen in der Luft herum.

„Okay?“, sagt Leonie fragend.

„Ja, und da im Hintergrund – was siehst du da?“, fragt Ilvie.

„Bücher!“, antwortet Leonie und zieht ihre Augenbrauen hoch. „Das ist eine Bibliothek … und da sind Bücher!“

„Ja, genau! Und was siehst du auf dem Foto im Hintergrund?“

Leonie starrt auf das Bild. Dann sieht sie Ilvie an und starrt nochmals auf das Bild. „Du hast recht. Da sind keine Bücher auf dem linken oberen Teil des ­Regals. Da hat jemand alle Bücher weggeräumt – und eine glänzende Kiste hingestellt!“ Leonie blickt Ilvie fassungslos an. „Das ist … das ist – Urgroßmutter Grace, ­du bist genial!“, jubelt sie los. „Das ist der Hinweis! Lass uns sofort die Bücher da oben aus der Ecke wegräumen, da muss irgendwas sein, das mit einem Schatz zu tun hat!“

Leonie springt auf, schiebt den Tisch zum Bücherregal und ­klettert hinauf. Vorsichtig nimmt sie die verstaubten Bücher aus der oberen linken Ecke und reicht sie Ilvie, die sie in Empfang nimmt.

„Und – siehst du was?“, fragt Ilvie aufgeregt.

„Hm … nein … – hier ist nichts“, murmelt Leonie.

„Aber irgendwas muss da doch sein!“, antwortet Ilvie enttäuscht.

„Warte!“, ruft Leonie und klopft vorsichtig gegen die Wand. „Das klingt ganz anders, wenn ich da draufklopfe! Da scheint eine Art kleine Holztür zu sein, mit einem Hohlraum dahinter! Aber … beim grunzenden Terapon Jarbua, ich bin zu kurz, ich komm da nicht ran!“ „Warte, ich helf dir!“, ruft Ilvie und klettert auf den Tisch. „Ich mach eine Räuberleiter für dich!“

‚Uaaahhh!‘, funkelt Theo und hält sich die Hände vors Gesicht. ‚Ich kann da überhauptgarnicht hinschauen! Das ist ja total gefährlich, was ihr ­da macht!‘

„Dann schau weg, kleiner Affe!“, ruft Ilvie entschlossen. „Wir sind so nah dran, die Schatzkarte ist sicher da irgendwo!“

„Ha! Da ist das Türchen!“, ruft Leonie aufgeregt. „Mist, ich krieg’s nicht auf!“

Die beiden Mädchen schwanken gefährlich.

‚Ooooh, passt bloß auf!‘, funkelt Theo und schielt hinter seinen Händen hervor.

Knaaarrrrzzzzzzzz … macht es plötzlich und beinahe wären die beiden Freundinnen umgefallen, hätte Ilvie nicht schnell das Gleichgewicht wiedergefunden.

‚Aaaaahhhhh! Ich hab’s ja gewusst, dass etwas Schlimmes passiert, aber ihr wolltet ja nicht auf mich hören‘, funkelt Theo, der nur das Geräusch ­gehört hat und alles verloren glaubt.

„Ha! Beim rotgrün getupften Taeniura Lymma!“, ruft Leonie freudig, „das Türchen ist besiegt!“ Langsam steckt sie ihre Hand in den Hohlraum, der sich hinter dem Türchen aufgetan hat. „Da ist etwas … etwas Eckiges …“, sagt sie gespannt. „Ich zieh’s mal raus!“

Die beiden Mädchen schwanken wieder ­gefährlich.

„Kannst du mich noch halten, Ilvie?“, ruft ­Leonie, während sie versucht, das eckige Ding aus dem Hohlraum zu zerren.

„Ja … äh … sicher!“, sagt Ilvie angestrengt. „Noch stundenlang!“

„Ich fasse es nicht!“, jubelt Leonie plötzlich und hält triumphierend eine glänzende Kiste in die Höhe. „Das ist die Kiste auf dem Foto! ­Das ist ­Urgroßmutter Graces Kiste!“

„Juhu!“, freut sich Ilvie. „Ich lass dich jetzt runter, Achtung!“

Vorsichtig lässt Ilvie ihre Freundin wieder auf den Tisch steigen. Schnell klettern die Mädchen vom Tisch, stellen das Kistchen darauf und öffnen es vorsichtig.

‚Was isn drin, was isn drin?‘, funkelt Theo aufgeregt und versucht, auf den Tisch zu klettern, um besser sehen zu können.


Ilvie hilft ihm. ‚Theo, ich glaube, wir haben die Schatzkarte gefunden‘, funkelt sie freudig.

„Also hier ist wirklich ein Stück Papier, das aussieht, als wäre es …“, sagt Leonie, während sie mit feierlicher Miene eine Papierrolle aus der Kiste zieht. „Als wäre es …“ Langsam und vorsichtig rollt sie das Papier aus­einander. „Beim grünohrigen Coleoid! Eine Karte!“ ruft sie so laut, dass Theo sich kurz die Ohren zuhalten muss. „Unfassbar! Wir haben doch ­tatsächlich diese Karte gefunden, nach der so viele Menschen jahrelang ­gesucht haben. Und sie war immer hier auf der Anastasia!“

„Juhu!“, ruft Ilvie fast noch ein bisschen lauter, während Theo seinen Affen-Freuden-Schütteltanz tanzt, worauf sich Leonie kugelt vor Lachen. Die Mädchen legen die Karte auf den Tisch und rollen sie vorsichtig auseinander.

„Die Schatzkarte von Urgroßmutter Grace!“, sagt Leonie feierlich. Strahlend sehen sich die Mädchen an.

Langsam fährt Ilvie mit ihrer Hand über die Karte. „Hey, sieh mal, ­Leonie – hier steht was gekritzelt!“, sagt sie und versucht, die alte Handschrift zu entziffern. „Hier steht: ‚Dreimal gewendet, dreimal umgekehrt. Das erste Geheimnis liegt im Tempel der Stille und des Wissens und der dennoch immerwährenden Leichtigkeit des Lebens. Wer den Schatz finden will, braucht sehr viel Mut. Drei Reisen werden es sein, drei Stationen im wilden, tosenden Meer …‘ – das heißt wohl …“

Leonie frohlockt und ihr freies Auge blitzt begeistert. „Urgroßmutter Grace hatte immer schon einen Hang zur Dramatik …“, sagt sie. „Und dass sie nicht einfach nur eine einzige Schatzkarte verstecken kann, auf der dann netterweise gleich eingezeichnet ist, wo sich der Schatz genau befindet, wundert mich ganz und gar nicht.“ Sie sieht ihre neue Freundin begeistert an und fährt feierlich fort: „Ilvie, wir fahren auf See! Du hast völlig recht, meine liebe neue Freundin – wo auch immer du ­hergekommen sein magst: Wir werden diesen Schatz ­suchen und ihn finden. Wir haben ein Boot, wir haben alle Seekarten und Geräte, die wir ­brauchen. Ich kann gut segeln und wir werden alles lernen, was wir noch lernen müssen. Wir fahren los und bringen die ­Mission von Urgroßmutter Grace zu Ende. Das sind wir ­dieser tollen, mutigen Frau schuldig! Wir müssen fahren, das geht gar nicht mehr anders! Beim ­grasgrünen einbeinigen Amphiprion!“

„Jippie!“, jubelt Ilvie. „Wir fahren auf See! Die unerschrockenen See­fahrerinnen fahren auf See!“

Die beiden Mädchen umarmen sich und tanzen wild durch die Bibliothek.

„Ich glaube, wir können uns am besten gleich auf eine längere Reise ­einstellen …“, sagt Leonie keuchend zwischen zwei Seefahrerinnen-Tanzschritten. „Urgroßmutter Grace hat knifflige Rätsel und Geheimsprachen geliebt … sie wird es ­denen, die den Schatz suchen – also uns – nicht so leicht machen, fürchte ich …“

„Egal!“, jubelt Ilvie und dreht sich ein paarmal wild im Kreis. „Wir ­werden ihn finden, diesen Schatz, ganz sicher!“

‚Ohdumeinegüte … ohdumeinegüte …‘, funkelt Theo, der die ganze Szene fassungslos beobachtet. Ängstlich hält sich der kleine Affe beide Hände vor die Augen. ‚Jetzt muss ich auch noch auf See fahren … Stürme! – Wellen! – Seekrankheit! Spiraten! – Hiilfeee, Ilvie, das kannst du doch nicht mit mir machen … das ist zu viel für einen so kleinen Affen!‘

‚Theo, das wird herrlich! Wir gehen auf Schatzsuche! Hab keine Angst, ich beschütze dich!‘, funkelt Ilvie und umarmt ihren kleinen Affen fest. ‚Das wird ein super­gutes erstes Abenteuer im Menschenland, Theo!‘


Ilvie Little und die unerschrockenen Seefahrerinnen, Band 1

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