Читать книгу Der magische Dachboden - Susanne und Emma Garcia Beier - Страница 6

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Kapitel 1

Die Luke


Anfangs war es noch gar nicht so unglaublich. Wie üblich polterte es im Haus der Familie Schneckenberg. Gepolter war bei Moni und Hannes immer voll angesagt. Mama beschwerte sich oft darüber. Aber du weißt ja, was Moni und Hannes dann sagen? Richtig: "Egal!" Jetzt spielten sie gerade Indianer in ihrem Zimmer. Und das war echt laut. Schließlich machen Indianer oft Geschrei. Mama sagte manchmal: "Indianer sind doch leise! Sie schleichen sich an. Probiert das Schleichen einmal aus!" Aber Moni und Hannes dachten nicht daran. Sie brüllten viel lieber um die Wette. Sie trampelten mit den Füßen und tanzten um einen Berg Socken herum - das war ihr Lagerfeuer. Sie schossen Buntstifte mit Haargummis quer durch das Zimmer. Ihr Indianerstamm war auf dem Kriegspfad. Hannes war wie immer "Häuptling Stinkesocke" und Moni war "Häuptling Tanzende Bockwurst". Monis Bettdecke hing seit heute Morgen über zwei Stühlen. Das war ihr Indianerzelt. Sie hatten sich ihre Gesichter bemalt. Moni hatte blaue Streifen auf den Wangen. Hannes hatte gelbe und grüne Punkte im Gesicht.

Da rief Mama von unten: "Hannes? Moni? Habt ihr gepackt? Wir fahren gleich los!"

Die beiden verstanden Mama nicht. Weil Moni gerade so laut brüllte.

"Was?", rief Hannes und gab dabei Häuptling Tanzende Bockwurst das Zeichen, leise zu sein. "Wir wollen los!", rief Mama wieder von unten. "Uns egal!", brüllte Moni. Doch jetzt fiel es Hannes wieder ein: Heute fuhren sie zu ihrem Onkel Peter und Tante Hanna! Ohne Mama und Papa. Sie durften über Nacht bleiben. Das war so megaklasse! Bei Onkel Peter und Tante Hanna war es immer aufregend. Onkel Peter und Tante Hanna hatten nämlich einen Dachboden. Dort durften Moni und Hannes sich immer ein Lager bauen. Sie durften etwas zum Essen mit nach oben nehmen und sich häuslich einrichten. Sie durften alles umbauen und Decken und Kissen mit nach oben nehmen.

"Moni, hör auf! Wir fahren zu Onkel Peter und Tante Hanna!", rief Hannes.

Moni riss die Augen auf. Dann strahlte sie und ließ alle Buntstifte und das Haargummi fallen. "Stimmt ja! Beeilen wir uns! Schnell! Wo sind die Schlafsäcke?"


Onkel Peter und Tante Hanna wohnten in einem sehr alten Haus. Es war blau angestrichen und die Treppen waren aus Holz. Bei jedem Schritt knarrten die Stufen unter ihren Füßen. Moni und Hannes liebten das Haus. Es war wie ein Zauberhaus: verwinkelt und voller Geheimnisse. Und sie liebten Tante Hanna und Onkel Peter. Die beiden wussten immer Rat und kannten die besten Geschichten. Tante Hanna war eine tolle Erzählerin. Sie war fast wie eine Hexe. Aber eine von den guten Hexen. Sie war nicht alt und hässlich. Sie war hübsch und nett. Sie hatte lange Haare und schmale Finger und sie konnte einen regelrecht verzaubern mit all ihrem Wissen und ihrer Fantasie.

Moni und Hannes schleppten die Rucksäcke nach oben in den zweiten Stock. Dort gab es zuerst ein Stück Kuchen. Wie immer mit viel Schokolade. Mama hatte nichts dagegen. Obwohl es eigentlich schon fast Zeit fürs Abendessen war.

"Ihr seht ja toll aus!", sagte Tante Hanna und legte jedem ein Stück Kuchen auf den Teller. Tante Hanna war nicht nur eine gute Geschichtenerzählerin. Sie war auch die beste Bäckerin weit und breit. Ihr Kuchen war so lecker, dass Hannes und Moni keinen Kuchen von anderen Leuten mehr essen wollten.

"Was meinst du damit, dass wir toll aussehen?", fragte Moni. Sie stopfte sich sofort ein großes Stück Schokokuchen in den Mund.

"Eure Gesichter meine ich. Ihr seid so schön bunt!" Tante Hanna lachte. "Seid ihr auf dem Kriegspfad?"

"Ja", platzte Hannes heraus. Sein Mund war voll. Beim Sprechen spritzten die Krümel quer über den Esstisch. "Wir schießen auch mit Pfeilen und so! Ohne Gnade!"

Mama warf ihm einen strengen Blick zu. "Ihr schießt wohl eher mit Kuchenkrümeln? Mit vollem Mund spricht man nicht, Hannes!", sagte sie. "Bitte benimm dich!"

Moni schluckte den Kuchen herunter und lachte. "Aber mit Kuchenkrümeln kann man doch keinen Krieg gewinnen!"


Hannes grinste. "Doch! Soll ich dir zeigen, wie das geht?" Er nahm den Rest seines Kuchens in die Hand. Eben wollte er anfangen, seine Schwester mit Krümeln abzuschießen. Da stand Mama auf und packte seinen Arm. "Hannes - es reicht! Schluss damit!"

"Ist doch egal, Mama. Wozu gibt es Staubsauger?", maulte Hannes widerwillig. "Und du sagst selber immer: Wo man hobelt, fallen Späne."

Mama presste die Lippen zusammen und sah Tante Hanna entschuldigend an.

Papa lächelte und sagte: "Und ich sage immer: Wenn der Kuchen redet, dann hat der Krümel Pause! Hannes, sei artig. Wir sind doch Schneckenbergs! Was habe ich dir über Schneckenbergs gesagt?"

Hannes lachte: "Schneckenbergs sind cool und finden immer eine Lösung!"

Papa nickte. "Eben. Coole Leute schmeißen nicht mit Kuchen! Und coole Leute machen ihre Hausaufgaben. Ihr müsst noch euren Vortrag über Umweltschutz für die Schule vorbereiten." Hannes rollte mit den Augen. Moni seufzte. „Och, Papa“, sagte Moni. „Ich weiß doch alles schon.“

Papa grinste. „Ach ja? Was weißt du denn?“

Hannes streckte den Arm hoch. „Ich, ich!“ Papa nickte. Hannes räusperte sich. „Ich weiß alles auswendig. Das müssen wir nur noch aufschreiben. Also: Die Umwelt muss geschützt werden, weil sonst alles voller Müll liegt. Und wir sollen immer Fahrrad fahren, weil die Autos die Luft verpesten. Fertig.“

Mama machte ein strenges Gesicht. „Für einen Vortrag ist das ein bisschen wenig, Hannes.“

„Och, ist doch egal!“, knurrte Hannes.

Tante Hanna lächelte nur und nickte Mama zu. „Ich passe auf, dass sie morgen früh die Schulaufgaben erledigen. Zum Umweltschutz fällt uns sicher noch etwas Spannendes ein. Eine coole Geschichte – nicht wahr?“ Sie zwinkerte Hannes und Moni zu und schnitt noch ein Stück Kuchen ab. Dann sagte sie: "Wir schicken Mama und Papa jetzt in ihr langes Wochenende. Wollt ihr erst ein bisschen oben auf dem Dachboden spielen und ein Lager aufbauen? Ihr dürft oben übernachten, wenn ihr wollt."

"Jaaaaaaaaa", rief Moni sofort. Hannes sprang auf. Moni auch. "Tschüss Mama, tschüss Papa!", kam es wie aus einem Mund. Und weg waren sie. Ohne auf eine Antwort zu warten stürmten sie zu der Stelle, wo die Luke zum Dachboden heruntergeklappt wurde.

Hannes wusste, wie es geht. Er hüpfte hoch und griff die Schnur, an der die Luke heruntergezogen werden konnte. Quietschend öffnete sie sich. Ein Brett klappte herunter. An dem Brett war die herausziehbare Leiter befestigt. Hannes zog an der Leiter. "Auf geht's", sagte er und stieg als erster nach oben. Moni folgte ihm. Dunkel war es dort oben. Und ziemlich warm. Schnell suchte Moni nach dem Lichtschalter. Nun war alles hell. Hannes zog die Leiter wieder nach oben und schloss die Luke. Sie wollten ungestört sein. Dann sahen sie sich um. Es waren wirklich viele Kisten hier oben. Mehr als beim letzten Mal. Vielleicht hatten Tante Hanna und Onkel Peter umgeräumt?

Plötzlich blieb Moni wie angewurzelt stehen. Sie streckte den Arm aus und zeigte in die hinterste Ecke. "Hannes, schau!"

"Was ist?" Hannes konnte nicht sehen, was Moni meinte.

"Da", sagte Moni. "Da drüben, eine kleine Tür!" Eine Tür? Hannes rannte sofort los. Tatsächlich: Da war eine Tür. Die hatten sie noch nie gesehen. "Vielleicht waren vorher Kisten davor gestapelt", überlegte Hannes. "Was wohl dahinter ist?"

Moni blieb stehen. "Ich trau mich nicht", sagte sie leise. "Ob wir die Tür einfach aufmachen dürfen?"

Hannes nickte. "Ist doch egal. Wir machen es einfach!" Ehe Moni etwas sagen konnte, hatte Hannes auch schon die Klinke heruntergedrückt. Er öffnete die Tür. Sie quietschte. Wie alles in dem alten Haus. Hinter der Tür war ein kleiner Raum mit einem Dachfenster.

„Schön hell ist es hier“, meinte Moni.

„Aber es ist schon spät“, sagte Hannes. „Das ist das Blöde am Sommer. Es ist hell, und man muss trotzdem bald ins Bett.“

„Heute nicht“, sagte Moni. „Wir bleiben heute ewig wach!“ In einer Ecke sahen die beiden einige Haken an der Wand.

"Da hänge ich jetzt meinen Pullover auf", sagte Moni. Es war nämlich echt warm auf dem Dachboden. Sie streifte den Pullover über den Kopf und hängte ihn auf.

"Huch!" In letzter Sekunde schaffte es Moni, ihren Pullover aufzufangen. Denn der Haken war nach unten geklappt. Wie ein Hebel.

"Was ist?", fragte Hannes.

"Der Haken ist abgebrochen. Schau, er ist einfach nach unten geklappt", antwortete Moni erschrocken. „Bekommen wir jetzt Ärger?"

Hannes zuckte mit den Schultern. "Ach was. Aber wir sollten Bescheid sagen." Er legte das Buch beiseite, das er gerade von einem Bücherstapel heruntergenommen hatte. "Schade, ich hatte eben etwas so Interessantes gelesen."

"Was denn?", fragte Moni und ging zu ihm. Sie setzte sich im Schneidersitz neben ihren Bruder, der ihr das Buch unter die Nase hielt.

"Arktis", sagte er. "Kennst du die Arktis? Das ist der Nordpol. Da gibt es Eisbären."

Moni schaute sich das Bild an. Eine schneebedeckte Landschaft war abgebildet und einige Eisbären. Allein vom Anblick des Schnees wurde ihr kalt. "Blätter mal weiter", sagte sie. Beinahe hätte sie den kaputten Kleiderhaken vergessen.

"Nein." Hannes klappte entschieden das Buch zu. "Wir sagen erst Bescheid. Ich will nicht, dass wir nicht mehr hier oben spielen dürfen. Das wäre mir nämlich überhaupt nicht egal. Los. Wir können sicher gleich noch einmal herkommen."

"Na gut." Moni seufzte und stand auf. "Irgendwie finde ich es ohnehin plötzlich ziemlich kühl hier. Komisch ist das."

Sie gingen zurück zur Luke, die wieder hinunter in den Flur führte. Wenn sie Tante Hanna ihr Missgeschick beichten würden, wäre sicher schnell alles wieder gut. Doch als sie die Luke öffneten, erstarrten sie vor Schreck!

Da war nicht mehr der gute alte Flur unter ihnen. Ganz im Gegenteil: Moni und Hannes guckten auf einen weiß verschneiten Boden.

"Heiliger Bimbam!", entfuhr es Hannes. "Was ist das denn?" Da bemerkten sie, dass plötzlich feine Schneeflocken um ihre Köpfe tanzten und sich auf ihren Gesichtern niederließen. Erst dachten sie, sie würden träumen, doch der Schnee auf ihren Nasen war echt.

„Brrrrr, ist das auf einmal kalt hier!", bibberte Moni. Hannes nickte zustimmend. „Sieht ja aus wie in dem Buch. Wie am Nordpol!"

Moni streifte sich rasch ihren Pullover wieder über. Dann sah sie Hannes an und verzog erschrocken den Mund. "Was machen wir denn jetzt?"

Hannes starrte noch immer den weiß verschneiten Boden unter der Luke an. Er überlegte kurz, dann sagte er: "Los, wir gehen da jetzt runter!"

"Was?" Moni erschrak. "Du willst da wirklich runtergehen? Aber da ist doch Schnee! Das ist doch gar nicht das Haus von Onkel Peter und Tante Hanna!?"

Hannes sah sie streng an. "Moni, bist du ein Angsthase oder meine Zwillingsschwester? Sei kein Feigling. Wir müssen herausfinden, was da passiert ist."

Ehe Moni antworten konnte, hatte Hannes die Leiter heruntergelassen und stieg hinab in den Schnee.


Der magische Dachboden

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