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Der Junge im gestreiften Pyjama

Der Junge im gestreiften Pyjama (Originaltitel: The Boy in the Striped Pyjamas) ist ein britischer Film aus dem Jahr 2008 von Mark Herman, der auf der gleichnamigen Romanvorlage von John Boyne basiert. Die beiden Hauptrollen Bruno und Schmuel wurden von den Nachwuchsschauspielern Asa Butterfield und Jack Scanlon gespielt. Der Film war ab dem 12. September 2008 in den britischen und irischen Kinos zu sehen. In die deutschen Kinos kam der Film am 7. Mai 2009.

Produktionsland: Vereinigtes Königreich,

Vereinigte Staaten

Originalsprache: Englisch

Erscheinungsjahr: 2008

Länge: 94 Minuten

Altersfreigabe: FSK 12

JMK 12

Regie: Mark Herman

Drehbuch: John Boyne (Buch),

Mark Herman (Drehbuch)

Produktion: David Heyman

Musik: James Horner

Kamera: Benoît Delhomme

Schnitt: Michael Ellis

Handlung

Gerade noch hat der achtjährige Bruno mit seinen Freunden in Berlin Flieger gespielt, als er zu Hause erfährt, dass die Familie bereits am nächsten Tag umziehen werde: Sein Vater, SS-Offizier Ralf, wurde zum Kommandanten eines Arbeitslagers befördert. Bruno trennt sich nur schwer von seinen Freunden und auch die Aussicht auf einen eigenen Garten hebt seine Laune nicht. Seine zwölfjährige Schwester Gretel hingegen glaubt, dass sie auch auf dem Land Freunde finden wird. Das neue Heim entpuppt sich als schwer bewachter Betonklotz mit hohen Zäunen, in dessen Vorhof ein Baum steht. Den Hinterhof des Grundstücks darf Bruno nicht betreten, sieht von seinem Zimmerfenster aus in der Ferne jedoch etwas, das er für einen Bauernhof hält. Er wundert sich, dass die Kinder und „Bauern“ alle gestreifte Schlafanzüge tragen, wie auch er einen hat. Es ist das Lager und Mutter Elsa stellt Ralf zur Rede, war doch ausgemacht, dass sich das Lager Kilometer vom Haus entfernt befinde.

Bald lernt Bruno in dem alten Pavel einen der Lagerinsassen kennen. Dieser ist zum Arbeitsdienst in der Villa des Lagerkommandanten abkommandiert, hilft der Familie in der Küche aus, schält Kartoffeln und kümmert sich um den Garten. Auf Anweisung des SS-Obersturmführers Kotler, der sich durch ein herrenmenschenartiges Auftreten Pavel gegenüber als Nationalsozialist zeigt, baut er für Bruno eine Schaukel aus einem Autoreifen. Als Bruno beim Spiel von der Schaukel fällt, verarztet ihn Pavel. Im Gespräch erfährt Bruno von ihm, dass er früher tatsächlich Arzt war. Der Junge schlussfolgert, dass Pavel seine Sache nicht gut genug gemacht habe, da er jetzt Kartoffeln schält. Eines Tages gelingt es Bruno, sich unbemerkt in den verbotenen Teil des Gartens zu stehlen. Er entwischt aus einem Schuppenfenster in den Wald hinter dem Grundstück und steht plötzlich vor dem übermannshohen Stacheldrahtzaun des Arbeitslagers. Im Hintergrund arbeiten Männer in „gestreiften Pyjamas“ am Bau einer Baracke. An einer Zaunecke, die durch einen Haufen aus Baumaterial Sichtschutz bietet, macht er durch den Stacheldraht hindurch Bekanntschaft mit dem gleichaltrigen Häftlingsjungen Schmuel. Bruno kann dessen Lage nicht einordnen, beneidet ihn, weil er mit „Freunden“ zusammen sein könne, und fragt ihn, was für ein Spiel es sei, bei dem alle Teilnehmer Nummern auf dem Schlafanzug tragen müssen. Weil Schmuel angegeben hat, hungrig zu sein, stiehlt Bruno seiner Mutter eine Tafel Schokolade, isst sie jedoch selbst auf, da Schmuel am nächsten Tag nicht am Zaun erscheint.

Beide Jungen treffen sich öfter am Zaun und schließen Freundschaft. Bruno bringt neben Essen auch seinen Ball mit und wirft ihn über den Lagerzaun, doch reagiert Schmuel ängstlich und reicht ihm den Ball durch den Zaun zurück. Als Schmuel eines Tages in die Villa beordert wird, um hier Gläser abzuwaschen, begrüßt Bruno ihn erfreut und gibt ihm Essen. Obersturmführer Kotler überrascht die beiden und bezichtigt Schmuel des Diebstahls. Er gibt an, dass Bruno ihm das Essen geschenkt habe, doch leugnet Bruno nun, Schmuel je gesehen zu haben – er hat Angst vor Kotler. Schmuel wird für sein Verhalten bestraft und Bruno entschuldigt sich später am Zaun bei ihm. Kotler wiederum wird kurz darauf an die Front strafversetzt, stellte sich doch heraus, dass sein Vater als Flüchtling in der Schweiz lebt. Zuvor war er in Ungnade gefallen, da er Elsa gegenüber indirekt erwähnte, dass die Juden im Lager ermordet und verbrannt werden. Dies galt als Geheiminformation, die nur Ralf bekannt war. Elsa reagiert entsetzt und ist in der Folge desillusioniert. Sie lehnt ihren Mann ab und setzt nach der Ausbombung seiner Eltern und dem Tod seiner Mutter durch, dass sie mit ihren Kindern nach Heidelberg zu Verwandten gehen kann. Gretel, die in Obersturmführer Kotler verliebt war, stimmt zu, aber Bruno möchte bleiben. Er hat jedoch keine Wahl und geht am Vortag der Abreise noch einmal zum Lager. Schmuel ist bedrückt, weil sein Vater verschwunden ist. Da Bruno wegen seines Verrats etwas bei ihm gutzumachen hat, bietet er Schmuel an, ihm beim Suchen zu helfen. Am nächsten Tag, kurz vor der Abreise, eilt er mit einem Spaten zum Zaun und gräbt ein Loch unter dem Zaun durch. Schmuel hat ihm Sträflingskleidung besorgt, zu der auch eine Mütze gehört, denn Bruno möchte für die Aktion nicht sein Kopfhaar abschneiden. Beide Jungen gehen durchs Lager und suchen Schmuels Vater, auch wenn Bruno schon nach kurzer Zeit ans Umkehren gedacht hat. In der Männerbaracke wollen sie nur kurz nachsehen, als plötzlich eine Selektion beginnt. Mit den Männern werden beide Jungen in eine Sonderbaracke getrieben, wo sie sich ausziehen sollen, um angeblich zu duschen. Beide Jungen wundern sich, gehorchen jedoch wie der Rest der Männer. Man sieht, wie ein Soldat mit Gasmaske eine Giftgasdose von oben durch eine Öffnung in den Raum entleert.

Elsa hat unterdessen das Fehlen von Bruno bemerkt. Sie alarmiert Ralf, als sie nach außerhalb des Grundstücks führende Spuren Brunos entdeckt. Die Wachmannschaft beginnt mit einer von Hunden unterstützten Suche, die am Lagerzaun endet. Hier findet sich Brunos Kleidung. Elsa bricht zusammen. Ralf rennt ins Lager, doch ist die Vergasung auch seines Sohnes bereits abgeschlossen.

Filmmusik

Die Filmmusik wurde von James Horner komponiert. Sie wird nur elektronisch zum Herunterladen von iTunes und Amazon verkauft. Die Liste der Stücke ist:

Boys Playing Airplanes – 4:13

Exploring the Forest – 2:36

The Train Ride to a New Home – 3:34

The Winds Gently Blow Through the Garden – 5:57

An Odd Discovery Beyond the Trees – 2:51

Dolls Aren’t for Big Girls, Propaganda is … – 3:43

Black Smoke – 1:43

Evening Supper – A Family Slowly Crumbles – 7:53

The Funeral – 1:54

The Boys’ Plans, From Night to Day – 2:36

Strange New Clothes – 9:53

Remembrance, Remembrance – 5:31

Synchronisation

Den Dialog der Synchronisation durch die FFS Film- und Fernseh-Synchron schrieb Michael Schlimgen, die Dialogregie übernahm Susanna Bonaséwicz.

Rolle Darsteller Synchronsprecher

Bruno Asa Butterfield Lukas Schust

Schmuel Jack Scanlon Ben Hugo

Vater Ralf David Thewlis Frank Röth

Mutter Elsa Vera Farmiga Sabine Arnhold

Gretel Amber Beattie Lisa Mitsching

Großvater Richard Johnson Otto Mellies

Großmutter Sheila Hancock Luise Lunow

Maria Cara Horgan Nadine Pasta

Obersturmführer Kurt Kotler Rupert Friend Robin Kahnmeyer

Pavel David Hayman Dieter Memel

Kritik

Die FAZ urteilte am 6. Mai 2009 über den Film:

„Dieser Film ist eine Frechheit. Ein Schlag ins Gesicht für jeden, der geglaubt hat, es gebe eine Grenze beim Umgang des Kinos mit dem Holocaust, eine Schwelle, die das historisch Belegte von der reinen Spekulation trennt. Der Junge im gestreiften Pyjama überschreitet diese Schwelle. Und er tut das so unverblümt, dass man nach dem Abspann eine Weile braucht, um zu begreifen, was man da gerade gesehen hat. Eine Kindergeschichte in Auschwitz; eine morality tale vor dem Hintergrund der Gaskammer; ein Nazi-Familiendrama mit tragischem Ausgang – das alles ist Der Junge im gestreiften Pyjama. Und weil er diese drei bekannten Motive, die Kindergeschichte, die Familiengeschichte und die Geschichte des Holocaust, auf eine bisher ungekannte Weise verbindet, ist er ein Novum in der Geschichte des Kinos: der Film, mit dem Auschwitz zur Fiktion wird. […] Erst am Schluss erzählen sie, was in Auschwitz geschah, bis an die Grenze des Erträglichen und darüber hinaus. Sie spielen ein Spiel mit uns, mit unseren Tabus, unseren Geschichtsbildern, unseren Kinoerfahrungen. Und sie spielen es gut.“

Und Harald Eggebrecht von der Süddeutschen Zeitung meinte:

„Dabei versucht Mark Herman in Der Junge mit dem gestreiften Pyjama […] seine Protagonisten so behutsam, unspektakulär und aufmerksam wie möglich in Szene zu setzen, Überdrehungen zu vermeiden, schrille Töne, Grausamkeiten und Brutalitäten meist nur anzudeuten oder elliptisch zu vermeiden. Dennoch schleicht sich, auch durch den schwer erträglichen Musikleim von James Horner, eine Art milde Kitschigkeit ein, die unrettbar verstimmt und distanziert.“

Anders sah es Stefan Volk vom film-dienst, der fragte,

„ob man vor dem Hintergrund des Holocaust überhaupt erfundene Geschichten erzählen darf. Das freilich ist eine trügerische Fragestellung. Legt sie doch nahe, dass das historische Grauen prinzipiell real darstellbar sei. Tatsächlich aber kann man den Holocaust (frei nach Watzlawick) nicht nicht fiktionalisieren. Es kommt also darauf an, sich mit ihm aufrichtig auseinander zu setzen, die wichtigen Fragen zu stellen. Das gelingt Herman überraschend gut. Der Junge im gestreiften Pyjama ist ein ergreifender, aufwühlender, nie rührseliger Film, der sich dem Holocaust auf eine irritierend naive, zärtliche Weise annähert und gerade dadurch dessen perverse Banalität offen legt.“

Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) äußerte sich ebenfalls positiv zum Film und vergab das Prädikat besonders wertvoll:

„Es ist das große Verdienst der Macher dieses Films, die Visualisierung der schwer zu transponierenden Vorlage zu wagen, nicht nur wegen der Holocaust-Thematik, sondern auch wegen der ungewöhnlichen Sicht aus der Perspektive eines kleinen Jungen. Ein wichtiger und lobenswerter filmischer Beitrag wider das Vergessen – einfühlsam, bewegend und spannend anzusehen!“

Auszeichnungen

2008

British Independent Film Awards: Beste Hauptdarstellerin an Vera Farmiga

Chicago International Film Festival: Publikumspreis

Die 20 traurigsten Filme der Kinogeschichte

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