Читать книгу Candyce - Gedemütigt - Tamora Donovan - Страница 4
Оглавление»Eine Frau die sich selbst unterwirft
kann nicht gedemütigt werden.
Sie hat den absoluten Vorteil
sich in selbstgewählter Weise
einem selbstgewählten Menschen
unterworfen zu haben und
wird dadurch unverletzlich.«
Simone de Beauvoir (1908-1986)
Kapitel 1
»Und was meinen Sie, wieviel Geld er genommen hat?«
Candyce Underhills neue potentielle Kundin schüttelte traurig den Kopf, offensichtlich war es ihr unangenehm, was sie nun sagen würde. »Wir sprechen von einem Betrag, der in die Tausende geht.«
»Aha, …«, bemerkte Candyce mit verengten Augen, wobei sie das Wort solange herauszögerte wie möglich und im Raum hängen ließ. Das war eines dieser kleinen Dinge, die man machen konnte, um jemanden dazu zu bringen, über etwas zu reden, bei dem er sich nicht wohlfühlte. Einer der Tricks den man im Beruf des Detektivs schnell verinnerlichte.
»Ich nehme an, das ist der wesentliche Punkt des Problems. Wir wissen nicht exakt, wieviel er genommen hat«, erklärte sie nun. »Allerdings ist das Geld nicht das Wichtigste. Die Unterschlagung stört mich gar nicht so sehr wie die Möglichkeit, dass er unter Umständen Unternehmensgeheimnisse verkauft hat oder es noch tun wird.«
Candyce fiel es schwer, ein leichtes Keuchen zu unterdrücken. Es kam nicht oft vor, dass ihr jemand erklärte, Geld stünde nicht im Vordergrund. Insbesondere dann nicht, wenn es darum ging, ihre Rechnung zu bezahlen. Sie hoffte, dass Carol Addams ihr ihre Überraschung nicht angemerkt hatte. Aber die Frau saß einfach nur da, viel zu cool, zu ruhig, als das es echt sein konnte. Sie vermittelte ihr den Eindruck, dass es nicht viel auf der Welt gab, was in der Lage war ihre eisige Schale zu knacken. Allerdings musste sich Candyce eingestehen, dass es eine verdammt schöne Schale war.
Carol Addams saß in ihrem teuren, dunkelroten Business-Outfit da und wirkte wie eine Führungskraft der Chefetage – eine, die es sich tatsächlich leisten konnte, sich mehr um den Wert der Unternehmensgeheimnisse zu sorgen als um Bargeld.
Candyce kam zur Überzeugung, dass sich unter ihrem fein geschnittenen Dress ein Körper versteckte, der jeden Mann dazu bringen würde, mehr mit ihr tun zu wollen als sie nur anzusehen. »Was genau soll ich für Sie tun, Miss Addams?«, fragte sie nun.
»Finden Sie heraus, mit wem sich unser Mr. Gordon Wakefield abgibt. Ich kann die Situation nicht abschließen, solange ich nicht weiß, mit wem ich es zu tun habe. Sobald ich das erfahre, kann ich entsprechende Schadensbegrenzung betreiben.«
Diese Blondine ist echt seltsam, dachte Candyce bei sich. Schadenskontrolle? Sprechen Leute wie sie tatsächlich so? Oder liegt das einfach an dem Sechshundert-Pfund-Kleid? »Gut, aber warum ausgerechnet ich?«, fragte sie laut. »Ich bin mir sicher, dass Sie fähige Mitarbeiter in Ihrer Firma haben, die das ebenso leisten können.«
Carol Addams schüttelte den Kopf. Nicht ein einziges Haar löste sich dabei aus ihrer perfekten Frisur. »Nein, leider ist das keine akzeptable Lösung für uns«, erwiderte sie. »Es gibt zu viele undichte Stellen. Er würde sofort mitbekommen, dass wir ihn in Verdacht haben und ihm auf den Fersen sind. Das Ganze ging schon viel zu lange und wir wissen nicht, wie weit sich das Ganze bereits innerhalb des Unternehmens verbreitet hat.«
»Sie wollen andeuten, dass Sie Ihrer eigenen Sicherheit nicht mehr trauen können?« Candyce zog ihre Brauen hoch.
»Sagen wir einfach, dass es die Dinge sehr vereinfachen würde«, erwiderte Carol Addams und zeigte ein Lächeln, wie sie es wohl sonst nur bei schwierigen Vertragsverhandlungen zum Vorschein brachte. Es war eines von jener Art, das insbesondere Männer auf ihre Seite brachte, ganz gleich um was es ging. »Außerdem gibt es einen weiteren, äußersten wesentlichen Punkt.«
»Der da wäre?«, setzte Candyce nach.
»Sie wurden nicht nur sehr empfohlen, sondern sind auch eine sehr attraktive Frau, Miss Underhill«, erklärte die Geschäftsfrau unumwunden.
Das Kompliment brachte Candyce fast zum Erröten. Sie schämte sich zwar nicht für ihr Aussehen, hätte sich selbst aber niemals als ›sehr attraktiv‹ bezeichnet. Bevor es ihre Bescheidenheit erlaubte darauf zu reagieren, fuhr ihre Gesprächspartnerin fort.
»Gordon Wakefields größte Schwäche ist zweifellos seine Vorliebe für das weibliche Geschlecht«, bemerkte sie und fügte hinzu: »Er scheint sich selbst für einen unwiderstehlichen Frauenheld zu halten.« Ihr Achselzucken, und der unverhohlene spöttische Unterton in ihrer Stimme, zeigten deutlich, dass sie dieses Gefühl nicht unbedingt teilte.
»Sie meinen also, dass es für mich leichter sein wird an ihn heranzukommen, weil ich eine Frau bin?«
»Es kommt darauf an, wie Sie den Vorteil Ihrer Weiblichkeit einsetzen«, erwiderte Carol Addams, mit einem weiteren Achselzucken und sah sie an. »Ich wollte Sie nur auf eine Tatsache hinweisen, Miss Underhill. Letztlich obliegt es ganz Ihnen, wie Sie in der Sache vorgehen möchten. Ich fordere Sie nicht ausdrücklich auf, zu versuchen, ihm zu nahe zu kommen.«
Aber der Ausdruck in ihren Augen sagte Candyce, dass genau dies der Grund war, warum sie eine Frau mit dieser Aufgabe betrauen wollte. Er sagte ihr schweigend, dass sie notfalls mit dem Mann ins Bett gehen sollte, wenn es erforderlich wurde, um in der Sache voranzukommen.
»Sie werden ausschließlich mir Bericht erstatten. Sonst niemandem.« Sie griff mit einer Hand in die große Umhängetasche und zog einen Umschlag hervor, den sie Candyce über den Schreibtisch zuschob. »Ich denke, darin finden Sie alles Erforderliche. Ich habe Ihnen auch Kopien aus Mr. Wakefields Personalakte beigefügt, sowie weiteres Material, von dem ich denke, dass es Ihnen helfen wird.«
Candyce warf einen Blick hinein und stellte fest, dass Carol Addams tatsächlich an alles gedacht und das Kuvert weit mehr enthielt als sie vermutet hatte. Du hast deine Hausarbeiten gemacht, dachte sie bei sich. Und dennoch löst die Angelegenheit bei mir sämtliche Alarmglocken aus, denn du bist eine echte Schlampe, die Menschen zu manipulieren versteht. Natürlich musste sie ihre Auftraggeber nicht mögen, wenngleich es das leichter machte. In diesem speziellen Fall würde es eine Frage des Geldes sein, die sie diesen Mangel übersehen ließ. Mit dieser Entscheidung brachte sie ihr inneres Warnsystem zum Schweigen. Sie schenkte ihr ein ebenso falsches Lächeln und reichte ihr, den Auftrag annehmend, die Hand.
Carol Addams erhob sich und schritt auf die Tür des kleinen Büros zu. »Ich bin selbstverständlich an jedem noch so winzigen Detail interessiert«, ließ sie Candyce mit einem Blick über die Schulter wissen, »und hoffe, schon bald einen ersten Bericht von Ihnen zu bekommen.«
»Ich werde noch heute anfangen«, versicherte ihr Candyce.
»Gut. Ich freue mich darauf, von Ihnen zu hören«, erwiderte sie mit einem Lächeln – und diesmal war es nicht falsch. Ganz im Gegenteil. Jetzt war es eines der Art, das man von einem weißen Hai erwartete, bevor er das Bein seines Opfers abriss und herunterschluckte.
Candyce musste noch einige Minuten daran denken, nachdem sich die Tür hinter der Frau schon längst geschlossen hatte, und es dauerte noch länger, ihre blonde Auftraggeberin aus dem Kopf zu bekommen und sich auf den Fall zu konzentrieren.
***