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A2: Von Anmerkung und Geisterhand
ОглавлениеGeisterhand So, werte Besucherin.
Anmerkung Beziehungsweise Besucher, nicht wahr?
Geisterhand Funk du jetzt bitte aber auch nicht dauernd dazwischen.
Anmerkung Ähem!
Geisterhand Also, weiter im Text, der da lautet: herzlich Willkommen und ein freundliches Hallo auch von mir hier aus der Bank, in welcher ich mich augenblicklich befinde.
Ich selbst bin die freundliche Geisterhand, alles andere wie unnahbar und durchaus galant. Und der heutige Begleiter der heutigen Geschichte.
Warum ich Sie aus der Bank begrüße, hat im Übrigen gleich mehrere Gründe. Zum einen, weil unsere Geschichte unmittelbar davor begann. Beziehungsweise ihren Lauf nahm. Davor bedeutet am Gully, aber ich denke, dass wir dies jetzt schon hatten- Bank oder Bühne hin, Vorhang oder Absperrung her!
Zum anderen man mich für unsere Geschichte auserkoren hat- Pläsir hin, Pläsir her.
Obwohl das Erzählen nicht unbedingt zu meinen Metiers zählt! Nein, etwas, was zweifelsohne behauptet werden kann.
Dass man dennoch auf mich zurückgegriffen, hat auch damit zu tun, dass unser eigentlicher Erzähler abhandengekommen ist. Ich spreche natürlich von der Grille Helm Hops, die im nahegelegenen Stadtwald wohnt.
Ja, ja, der gute alte Helm Hops, der weitaus Erfahrenste in unserer Gegend. was das Vortragen und Wiedergeben von Geschichten betrifft. Also demnach kaum einer besser prädestiniert. Warum er allerdings für unsere heutige Geschichte nicht zum Zuge kommt, hat was damit zu tun- na ja, wie soll ich sagen? Ich möchte nämlich natürlich nicht zu viel vorwegnehmen auf der anderen Seite.
Anmerkung Sag‘ s doch einfach. Frei raus.
Geisterhand Als ob ich nicht schon dabei wäre.
Anmerkung Auf der anderen Seite.
Geisterhand Wie?
Anmerkung Ach, nichts.
Geisterhand Also, es könnte, beziehungsweise es hat was damit zu tun, dass Helm Hops heute selbst mitwirkt.
Anmerkung Du meinst in unserer Geschichte mitwirkt.
Geisterhand Ja, beziehungsweise auftaucht.
Anmerkung Wohl nicht in einer ganz bestimmten Funktion- oder vielleicht etwa doch?
Geisterhand Beziehungsweise Rolle. Aber ob wir dabei nicht jetzt wirklich zu weit gehen würden? Was das Vorwegnehmen angeht?
Anmerkung Was spricht denn dagegen, wenn wir dies jetzt auch schon verraten?
Geisterhand Nicht, dass unsere Geschichte an Dramaturgie einbüßt.
Anmerkung Als was soll Helm Hops außerdem schon auftreten?
Geisterhand Wenn du mich so fragst: keine Ahnung.
Anmerkung Oh je, dann denk mal nach!
Geisterhand Ich fürchte, ich steh gerade auf‘ m Schlauch.
Anmerkung Als Geschichtenerzähler natürlich!
Geisterhand Aber ja doch! Natürlich!
Anmerkung Oh je!
Geisterhand Dass ich nicht selbst draufgekommen bin!
Anmerkung Wie denn? Wo du doch auf einem Schlauch verweilst.
Geisterhand Was für ein Pläsir! Ein Geschichteerzähler in unserer Geschichte.
Anmerkung Mach lieber weiter!
Geisterhand Jetzt, wo du‘ s gesagt hast.
Anmerkung Oh je!
Geisterhand Ich glaub, jetzt fällt‘ s mir auch wieder ein.
Anmerkung Also, wenn das so weiter geht.
Geisterhand Mich ab jetzt einfach nur machen lassen. Dann wird das schon.
Anmerkung Oh je!
Geisterhand Ja, werter Besucher.
Anmerkung Besucherin nicht zu vergessen. Nicht wahr?
Geisterhand Also nachdem jetzt schon geklärt ist, dass wir im Laufe unserer gemeinsamen Zeit auf Helm Hops treffen werden, wollen wir wieder zurück auf unsere ursprüngliche Geschichte kommen. Die, aber ich denke, dies ist jetzt mehrfach erwähnt worden, am Gully vor unserer Bank losgeht. Beziehungsweise in den Startlöchern steht.
Wichtig vielleicht noch zu sagen in diesem Zusammenhang, dass unsere Bank eigentlich nur eine Filiale ist, die sich an einer Vorstadt - Hauptstraße befindet.
Gegenüber von uns der Imbiss von Kalle Mitzwitz, und daneben der Antiquitätenladen vom alten Abraham. Beides gleichsam lang eingesessene Institutionen hier bei uns in der Vorstadt. Und auf Beides werden wir wohl noch zurückkommen im Laufe unserer Geschichte.
Und ich glaube, so langsam freue ich mich doch darauf, so wenig das Geschichteerzählen mir wie ein Pläsir erscheint. Aber was heißt dies schon?
Neben Abrahams Laden dann im Übrigen noch ein langgezogener Maschendrahtzaun, hinter welchem sich ein Schulhof befindet.
Jedoch auch wir auf unserer Seite nicht gänzlich allein; an unserer beschaulichen Bankfiliale grenzt die kleine beschauliche Pension der pensionierten Pensionswirtin Federica Fiel. Und auch hier könnten im Laufe unserer Geschichte Bewegungen stattfinden; ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen.
Zwischen Pension und meiner Bank beziehungsweise Imbiss und Antiquitäten ist die Fahrbahn unserer Hauptstraße zweispurig; für jede Richtung eine. Der Verkehr hier nicht allzu stark, so dass die Straße an dieser Stelle spielendleicht überquert werden kann. Auch ist sie breit genug, wenn, ja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Und ob es sich in diesem Falle wirklich um ein Pläsir handelt? Na also, weiß nicht, ehrlich gesagt.
Tja, und dieses „wenn“ ist der geöffnete Gully mitten auf der Straße; umzingelt von rot-weißen Absperrbändern, so dass die Fahrspuren, in beiden Richtungen wohlgemerkt, eingeengt sind. Gerade größere Vehikel wie Lastwagen oder Linienbusse sind genötigt, an dieser Stelle abzubremsen. Vorsichtig umkurvt, wobei sie nicht selten die Bordsteinkante mitbenutzen müssen, um wenigstens halbwegs vorbeizukommen.
Zu alldem scheint es sich hierbei um eine Art Dauerbaustelle zu handeln; denn wie lange sie existiert, das weiß keiner von uns. Oder gar wie lange noch, nein, dies auch nicht gerade; nicht einmal derjenige, der sich stets innerhalb der Absperrung befindet; von morgens bis abends wohlgemerkt.
Dies ist freilich kein Geringerer wie der Kanalarbeiter Gunnar Günsch. Wer nun annimmt, er würde den ganzen Tag hinauf- und runterklettern, um seinen Job zu tun, könnte sich leicht getäuscht werden, leichter, wie man vielleicht annehmen könnte.
In Wirklichkeit sitzt Gunnar auf einem Klappstuhl, der an dem eines Theater- oder Filmregisseurs erinnert, unmittelbar neben dem offenen Kanal, und zwar von morgens bis abends. In der Regel bewaffnet, um auch mal solch einen Ausdruck zu verwenden, mit einer großen Flasche Orangenlimo beziehungsweise Salamistulle, wahlweise auch mal mit Kochschinken belegt, von morgens bis abends. Eindrücke, dass er jemals auch nur einen Handstrich im Kanal vollzogen hätte, kann man eigentlich so gut wie gar nicht wahrnehmen, von morgens bis abends. Und ebenfalls von morgens bis abends zieht er gehörigen Unmut auf sich, sowohl von den Vorbeifahrenden wie auch von Passanten und Anliegern; im besonderen Maße von Kalle Mitzwitz, dem Betreiber der Imbissbude; doch, doch, ganz zweifelsohne dem so ist.
Als Beispiel möge hierzu ein Dialog zwischen den beiden, welcher sich nahezu täglich wiederholt, dienen:
Kalle Mitzwitz Wann machst du nun endlich mal deinen Deckel zu?
Gunnar Günsch Gut Ding braucht nun mal sein Weilchen.
Kalle Mitzwitz Es stinkt bis zum Himmel!
Gunnar Günsch Was du nicht sagst!
Kalle Mitzwitz Unglaublich alles hier!
Geisterhand Und nachdem ich Ihnen nun unseren Straßenabschnitt etwas nähergebracht habe, können wir mit unserer Geschichte endlich loslegen!
Anmerkung Ähem!
Geisterhand Was denn jetzt noch?
Anmerkung Als ob du nicht noch was vergessen hättest.
Geisterhand Wie denn, Kleiner? Wenn ich noch gar nicht angefangen habe.
Anmerkung Kleiner ist die eine Sache.
Geisterhand Und du erahnst ja gar nicht, wie sehr ich mich inzwischen auf unsere kleine Geschichte freue.
Anmerkung Kleinigkeit eine andere.
Geisterhand Huch! In Rätseln du sprichst!
Anmerkung Ähem!
Geisterhand Nicht unbedingt ein Pläsir!
Anmerkung Mich.
Geisterhand Wie mich?
Anmerkung Mich halt. Oh je!
Geisterhand Nix oh je!
Anmerkung Ähem!
Geisterhand Ich glaub, ich mutmaße, auf welchem Dampfer du gerade schwimmst!
Anmerkung Also dann doch oh je!
Geisterhand Also schön.
Anmerkung Als ob du nicht schon dabei wärst, nicht wahr?
Geisterhand Werte Besucherin, werte Besucher, worauf mich die Anmerkung hat aufmerksam machen wollen, obwohl dies nicht unbedingt notwendig gewesen wäre ist sie auch mal vorzustellen- mit „sie“ ist natürlich die Anmerkung selbst gemeint.
Die Anmerkung selbst ist nichts weiter wie eine abstrakte Erscheinung, und gleichsam unsichtbar wie ich. Ach, was für ein verbindendes Pläsir. Jedoch dies natürlich nur am Rande.
Laut Duden ist die Anmerkung weiterhin nichts weiter wie eine mündliche Äußerung. Oder eine nähere Erklärung oder Beschreibung. Zu einem Text zum Beispiel.
In unserem Falle sie mir heute assistieren wird.
Anmerkung Na, ob ich mich darauf wirklich freue?
Geisterhand Ich denke, dass sich dies noch erweisen wird.
Anmerkung Da hast du vollkommen Recht.
Geisterhand Liebe Besucherin, die Anmerkung.
Anmerkung Ganz zu schweigen der Besucher. Nicht wahr?
Geisterhand Die Anmerkung. Ich meine, für heute wird die Anmerkung vor allem in ergänzender Weise beistehen. Am besten mal ein kleines Beispiel. Na, wie wäre es?
Anmerkung Äh!
Geisterhand Nur eine kleine Kostprobe.
Anmerkung Damit habe ich jetzt eigentlich nicht gerechnet. Ehrlich gesagt.
Geisterhand Auf, jetzt darfst du natürlich auch kein Frosch sein.
Anmerkung Also bevor du mich schlägst. Nur.
Geisterhand So gefällst du mir schon wieder viel besser.
Anmerkung Nur welches Beispiel nimm ich? In aller Kürze, schließlich bin ich nicht vorbereitet. Geisterhand Weiß ich jetzt eigentlich auch nicht. Ehrlich gesagt. Doch wozu in die Ferne schweifen?
Anmerkung Nein!
Geisterhand Warum denn nicht?
Anmerkung Doch nicht etwa Gunnar!
Geisterhand Ja, warum denn nicht?
Anmerkung Zu dem gibt es doch nun wirklich nicht mehr allzu viel zu sagen.
Geisterhand Umso besser.
Anmerkung Höchstens, dass er nicht allzu groß, leicht untersetzt, und in bestem Mannesalter.
Geisterhand Schau mal her! Geht ja doch!
Anmerkung Und dass er stets mit orangefarbener Kanalarbeiterkluft bekleidet.
Geisterhand Na, wer sagt‘ s denn?
Anmerkung Nur.
Geisterhand Und genügt auch schon. Vollkommen, was für ein Pläsir!
Anmerkung Bliebe nur noch eines offen.
Geisterhand Na klar! Der Gully!
Anmerkung Nämlich in welchem Tempus die Geschichte wiedergeben wird?
Geisterhand Wie du jetzt auf so etwas kommst?
Anmerkung Da doch der Gully immer offen ist. So auch jetzt gerade, in diesem Augenblick.
Geisterhand Ich steh gerade auf dem Schlauch.
Anmerkung Oh je! Und dies jetzt schon zum zweiten Mal!
Geisterhand Worauf du hinauswillst?
Anmerkung Der in diesem Augenblick offenstehende Gully. Spricht also eher für das Präsens.
Geisterhand Ach so! Aus dieser Richtung der Hahn kräht!
Anmerkung Groschen gefallen?
Geisterhand Aber mein Lieber, das ist doch nun wirklich ganz einfach.
Anmerkung Mit Donnerhall abwärts?
Geisterhand Unsere Geschichte. Liegt ja auch erst ein paar Tage zurück.
Anmerkung Also dann doch das Imperfekt.
Geisterhand Also, eigentlich ist unsere Geschichte schon eine vergangene.
Anmerkung Ähem!
Geisterhand Nix ähem!
Anmerkung Doch ähem! Worauf du jetzt eigentlich noch wartest? Nachdem all dies geklärt?
Geisterhand Wir könnten schon viel weiter sein. Deinem Dauerfunken sei Dank!
Anmerkung Fängst du etwa schon wieder mit diesem Theater an?
Geisterhand Apropos Theater: wo ist die Bühne denn jetzt eigentlich?
Anmerkung Und ich dachte, es geht an einem Gully los.
Geisterhand Und vor allem, der Vorhang? Wo ist der Vorhang?
Anmerkung Müsste der nicht sowieso mal gelüftet werden?
Geisterhand Kein Wunder bei dem Gestank.
Anmerkung Was!
Geisterhand Ja, worauf wartest du denn noch?
Anmerkung Als ob ich nicht schon dabei wäre.
Geisterhand Alles andere wie ein Pläsir!
Anmerkung Sehr verehrtes Publikum,
es ist mir ein außerordentliches Vergnügen, Ihnen nun die Geisterhand präsentieren zu dürfen! Hierzu Vorhang auf!
Geisterhand Zu viel der Ehre!
Anmerkung Jetzt mach du auch mal endlich mal voran!
Geisterhand Geht es nicht eigentlich um die Geschichte? Die zu präsentieren ist? Und weniger um mich? Bei aller Ehre?
Anmerkung Ähem!
Geisterhand Ich bin die lustige Geisterhand, fleißig, freundlich und durchaus elegant.
Anmerkung Ich glaub, ich werde nicht mehr!