Meine Kinderjahre
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Theodor Fontane. Meine Kinderjahre
Meine Kinderjahre
Vorwort
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Fünfzehntes Kapitel
Sechzehntes Kapitel
Siebzehntes Kapitel
Achtzehntes Kapitel
ÜberMeine Kinderjahre
Отрывок из книги
Theodor Fontane
Autobiographischer Roman
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Meine Mutter, Emilie Labry, wurde den 21. September 1797 als älteste Tochter des Seidenkaufmanns Labry, Firma Humbert und Labry, geboren. Handelsobjekt der Firma waren nicht gewebte Seidenstoffe, sondern Seidendocken, worauf meine Mutter Gewicht legte. Sie hielt die Docken für vornehmer als Zeug nach der Elle. Ob und wieweit sie darin recht hatte, kann ich nicht sagen; aber dessen entsinne ich mich deutlich, daß sie, vielleicht weil sie in hohem Maße den Sinn für Repräsentation hatte, von den Lebensgewohnheiten ihres Vaters, und zwar viel mehr als von seinem Charakter oder sonstigem Tun, mit einem gewissen freudigen Respekte sprach. Wenn wir als Kinder, und auch später noch als Halberwachsene, mit ihr bei Josty Schokolade tranken und dabei die kleinen, bräunlich gerösteten Korianderbiskuits, die so leicht zerkrümeln und abbrechen, vorsichtig eintunkten, unterließ sie nie, uns zu sagen: »Ja, seht, Kinder, solche Korianderbiskuits, daran hing euer Großvater Labry. Aber aus Schokolade machte er sich nichts. Er trank vielmehr jeden Tag um elf und um sechs ein Glas französischen Rotwein und aß dazu nichts als zwei solcher Biskuits, immer mit den zierlichsten Handbewegungen, und war überhaupt sehr mäßig. Ihr habt nichts davon geerbt, weder die Handbewegungen noch die Mäßigkeit.« Letzteres war nun allerdings sehr richtig, denn ich berechnete, während sie so sprach, wie viele Tassen ich wohl würde trinken können.
Meine Großmutter mütterlicherseits, also die Mutter meiner Mutter, war eine geborene Mumme, von deren Familie ich nicht weiß, ob sie nicht, trotz ihres deutsch klingenden Namens, doch vielleicht mit zur Kolonie gehörte. Jedenfalls bildeten die Beziehungen zu den Mummes einen besonderen Stolz meiner Mutter, vielleicht nur deshalb, weil »Onkel Mumme« Rittergutsbesitzer auf Klein-Beeren war und unter anscheinend glänzenden Verhältnissen lebte. Ich entsinne mich, daß er, neben allerhand Chaisen und Halbchaisen, auch einen Char à banc mit langen kirschroten Sammetpolstern besaß, und in diesem weithin leuchtenden Prachtstück, wenn wir in Berlin zu Besuch waren, nach Klein-Beeren hinaus abgeholt zu werden, bedeutete uns allen, aber am meisten meiner Mutter, ein hohes Fest, nicht viel anders, wie wenn wir zu Hofe gefahren wären. Später schlief das alles ein. Ich glaube, Onkel Mummes Stern verblaßte.
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