Читать книгу Glaube oder Gewissheit - Thomas Herold - Страница 9
Auch die Quantenmechanik kennt keine objektiven Fakten
ОглавлениеDie Wissenschaft schafft sogenannte ‚Fakten‘ durch wiederholte Beobachtung. Alle Messungen müssen dazu objektiv sein. Es sollte also keinen Unterschied machen, wer eine wissenschaftliche Beobachtung macht. Dass dies nicht stimmt, haben Wissenschaftler der Quantenmechanik empirisch nachgewiesen.
Quantenmechanische Systeme befinden sich bis zum Zeitpunkt der Messung in einem Zustand der als ‚Superposition‘ bezeichnet wird: Mehrere Zustände, wie z.B. beim Computer die Informationen 0 und 1, überlagern sich ohne sich gegenseitig zu behindern. Beide Zustände sind deshalb gleichermaßen gültig.
Sobald jedoch eine Messung stattfindet, also ein Beobachter anwesend ist, können nur exakte Zustandswerte erfasst werden. In unserem Beispiel mit dem Computer kann ein Wissenschaftler entweder 0 oder 1 messen – niemals beides. In der Fachsprache wird dieser Moment auch als Kollaps der Superposition bezeichnet.
Dieses Messproblem in der Quantenwelt wird noch einen Grad komplexer, wenn der Beobachter selbst beobachtet wird. Der Physiker und Nobelpreisträger Eugene Wigner hat 1961 folgendes Gedankenexperiment konzipiert, um die Komplexität der Quantenwelt zu veranschaulichen und eine generelle Objektivität infrage zu stellen.
Eine Münze wird von Wigner in die Luft geworfen. Stellen wir uns vor die Münze wäre dabei ein Quantensystem. Die Münze befindet sich nach dem Wurf solange in einem Zustand der Superposition von Kopf und Zahl, bis sie landet und Wigner nachschaut, auf welcher Seite sie gelandet ist. Für einen Freund von Wigner, der das Experiment beobachtet, aber nicht sieht auf welcher Seite die Münze landet, sind die Münze und Wigner selbst in einer Superposition. Jeder Münzwurf von Wigner führt zu einem eindeutigen Ergebnis, aber die Realität für den Freund ist eine völlig andere.
Dieses Gedankenexperiment wurde in 2019 von einem internationalen Team von Wissenschaftlern mit der Hilfe eines Quantencomputers empirisch überprüft. Letztendlich stellten die Wissenschaftler fest, dass die Quantenmechanik unvereinbar mit der Annahme objektiver Fakten ist. Es zeigte sich also auch hier, auf der Ebene der kleinsten Bausteine des Lebens, dass es keine objektiven Fakten gibt.