Читать книгу 30 Minuten Sympathisch und souverän: So geht Vortragen! - Thomas Lorenz - Страница 8
Оглавление1.Botschaften brauchen Orientierung
Mehr Inhalt, weniger Kunst! Die Königin in Hamlet, William Shakespeare
Als wir mit diesem Buch anfingen, standen wir sehr wahrscheinlich vor derselben Frage, vor der Sie stehen, wenn Sie einen Vortrag vorbereiten sollen: Wie fange ich an? Wir halten uns in solchen Fällen immer an die Aussage von Beppo, dem Straßenkehrer in Michael Endes Momo: „Junge, mach dir keinen Stress. Stück für Stück, dann klappt das schon.“ Und so ganz falsch liegt er da natürlich nicht.
1.1Inhalt ist der King: Was will ich vermitteln?
Ein guter Vortrag (gleichbedeutend mit Präsentation, Rede, Ansprache etc.) besteht aus zwei Hauptkomponenten, nämlich dem Inhalt (souverän), also was will ich eigentlich sagen, und der Form (sympathisch), wie will ich das alles erzählen. Und dazu kommen dann noch ganz viele unterschiedliche Nebenschauplätze wie Technik, Licht, Präsentationsform, Hilfsmittel, Zuschauerverhalten etc. Oft sind es diese Nebenschauplätze, die einen von der eigentlichen Aufgabe abhalten oder einen so richtig nervös machen. Deshalb denken Sie bitte immer daran: eins nach dem anderen.
Großartig kann ein Vortrag jedoch nur dann werden, wenn die Basis gelegt wird. Wer nichts zu erzählen hat, wird Probleme bekommen. Wer etwas zu erzählen hat und daran glaubt, hat schon den ersten Schritt geschafft. Nicht zuletzt geprägt durch unseren jahrzehntelangen Fernsehkonsum, glauben wir, dass alles schrill, groß und glamourös sein muss, um erfolgreich zu werden. Wenn man sich aber die erfolgreichsten Unternehmen der Welt ansieht, kommt man schnell zu einem anderen Ergebnis, denn da sind es nicht selten die „Nerds“, die Großes hervorbringen. Apple ist nicht berühmt geworden, weil Steve Jobs gut reden konnte, sondern weil er die besten Produkte hatte. Und an diesem Punkt wird es für uns wieder richtig interessant, denn wenn man schließlich ein gutes Produkt hat, dann sollte man es auch möglichst gut darstellen und verkaufen und seinen Vortrag auf dieses „Produkt“ abstellen. Deshalb ist die erste Aufgabe, sich dem Thema „Inhalt“ zu stellen. Wenn erst mal das Was (der Inhalt) geklärt ist, kommt das Wie (die Form) oft von allein. Erst wenn Sie einen Text haben, können Sie auch anfangen zu üben.
Um den Inhalt genauer zu definieren, ist es ratsam, sich zunächst mit den Grundfragen eines jeden Vortrags auseinanderzusetzen. Am einfachsten geht man dabei den fünf großen Ws nach:
•Was ist der Anlass meines Vortrags? Wird jemand geehrt, wird eine Idee vorgestellt, muss man sich selbst präsentieren oder möchte man Menschen dazu bewegen, etwas zu tun oder zu wählen?
•Was will ich vermitteln? Was ist die direkte Botschaft? Wollen Sie ein Produkt vorstellen, müssen Sie Projektergebnisse präsentieren oder wollen Sie sich bei jemandem bedanken?
•Weshalb bin ich der Vortragende? Habe ich mich gemeldet, bin ich Projektleiter/-in, bin ich gewählt worden oder hat es meine Mutter so gewünscht?
•Wer ist das Publikum? Art, Größe und Motivation des Publikums?
•Wo findet der Vortrag statt? Welcher Ort, welche Größe, Ausstattung, Geschichte und Besonderheiten?
•Wann findet der Vortrag statt? Datum, Uhrzeit, in welchem zeitlichen Zusammenhang?
Wenn man all diese Fragen geklärt hat, ergibt sich das Wie, also die Frage, wie der Vortrag aussehen sollte, fast immer von allein.
Tipp
Legen Sie ein klassisches Schreibheft oder einen eigenen Ordner auf dem Rechner an, in dem Sie alle Ideen und Fragen schriftlich festhalten oder beantworten. Wichtig ist, dass Sie von Anfang an die Ideen festhalten und W-Fragen beantworten. Legen Sie den Fokus weniger auf ausformulierte Sätze als auf inhaltlich korrekte Aussagen.
Was ist der Anlass?
Sobald Sie den Anlass genau benennen können, klären sich viele wichtige Rahmenbedingungen. Eine Betriebssitzung, in der mögliche Kündigungen angesprochen werden, wird mit Sicherheit keine zwei Stunden dauern und lustig sein. Wenn Sie wissen, was Sie vermitteln wollen, merken Sie schon, welche Tonalität oder welche Hilfsmittel Sie einsetzen können. „Dieses Produkt ist absolut neu, es wird ein Kassenschlager werden“, unterscheidet sich deutlich von: „Wir müssen durch das Tal der Tränen und dabei fest zusammenhalten.“
Was will ich vermitteln?
Die eigentliche Botschaft ist oft einfach zu bestimmen: Dieses Produkt ist absolut neu und wird ein Kassenschlager werden. Problematisch wird es, wenn Sie sofort noch eine weitere Botschaft benennen können. „Dieses Produkt ist absolut neu, es wird ein Kassenschlager werden und wir können Ihnen auch helfen, Ihre IT-Infrastruktur zu verbessern.“ Sobald Sie dies erkennen, haben Sie schon eine der großen Fallgruben für unglückliche Vorträge ausgemacht. Denn es ist die Vermischung und Überlagerung von zu vielen Botschaften, die Vorträge schnell ausufernd und schwammig werden lässt. Sie müssen lernen, zu sortieren und zu priorisieren, auch wenn das heißt, dass Sie sich von einer Lieblingsgeschichte oder vier wichtigen Charts trennen müssen. Überlegen Sie genau, welche Botschaft absolut notwendig ist. Und wenn Sie dennoch unbedingt eine zweite Botschaft unterbringen müssen, klären Sie die Priorität, setzen Sie die zweite Botschaft an das Ende des Vortrags und halten Sie diesen Abschnitt des Vortrags deutlich kürzer.
Weshalb ich?
Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil sie Ihnen hilft, zu verstehen, wie die Erwartungshaltungen Ihrer Ansprechpartner sind. Sind Sie ein kreativer, interner Produktentwickler, wird man Ihnen sicherlich zuhören. Kommen Sie jedoch von außerhalb und wollen letztendlich etwas verkaufen, dann müssen Sie mit kritischen Gesichtern rechnen und sollten keinen jubelnden Applaus erwarten. Sind Sie Chef oder Chefin, werden die Zuhörer anders reagieren als bei Kollegen. Halten Sie Ihre Rede in der Verwandtschaft, sollten Sie in Anbetracht der nachfolgenden Buffeteröffnung die Reaktionen nicht überbewerten.
Wer kommt?
Dies ist eine häufig unterschätzte Frage. Denn bei seinen Vorbereitungen stellt man sich oft ein ideales Publikum vor, das stark von der späteren Realität abweicht. Wie oft haben wir Sätze gehört wie: „Also, ich hab das eigentlich für ein ganz anderes Publikum vorbereitet.“ Viele Ideen für den Vortrag, insbesondere für den Einstieg, kommen automatisch, wenn Sie sich die Gästeliste genau anschauen oder einmal ernsthaft nachfragen, wer denn wirklich kommt. Klären Sie, wie heterogen oder homogen das Publikum ist. Kommen die Zuhörer freiwillig oder sind sie verpflichtet, zu erscheinen? Wie alt sind sie? Wie jung? Gebildet, männlich, weiblich, gemischt, in welcher Verteilung? Versetzen Sie sich so gut es geht in Ihre Zuhörerschaft, dann können Sie diese und die Situation umso besser einschätzen und für sich nutzen.
Wo findet es statt?
Wie sieht der Ort aus? Vortragssaal oder Zelt? Stehen oder sitzen die Zuhörer? Sitzen sie auf Bänken oder in bequemen Sesseln, zum Beispiel in einem Kinosaal? Dann werden Sie es automatisch schwerer haben, denn wer sich weit zurücklehnt, klatscht weniger. Der Ort ist nicht so entscheidend wie andere Punkte, aber je mehr Sie wissen, umso weniger kann Sie später überraschen.
Wann findet es statt?
Unterschätzen Sie nicht das Thema Zeit. Um 9:00 Uhr morgens sind zwar viele noch nicht richtig wach, dafür sind sie aber auch noch nicht genervt. Sind Sie der fünfte Redner, sollten Sie schnell auf den Punkt kommen. Kurz vor Weihnachten denken alle an Geschenke und Familie, dann wird es schwierig, die Aufmerksamkeit zu bekommen. Während einer Fußball-WM finden Sie immer eine aktuelle Einstiegsgeschichte.
Ein einfacher Trick, den wir in unseren Jahren der Textentwicklung gelernt haben, lautet: Vor der Antwort steht die Frage. Der richtige Fragenkatalog ist die beste Hilfe bei der Vortragsentwicklung. Beantworten Sie die fünf Ws: was, weshalb, wer, wo und wann? Diese Beantwortung ist existenziell für jeden Vortrag. Vor allem auch dann, wenn man mit Unterstützung von Autoren/Schreibern arbeiten möchte. Ein Autor kann helfen, wenn er weiß, was er schreiben soll. Aber das Briefing muss von Ihnen kommen. |
1.2Mission ist die Queen: Was will ich erreichen?
Zu einem King gehört auch eine Queen. Wenn wir den Inhalt als King bezeichnen, so ist die Mission, das, was uns antreibt, unsere Queen. Wie wir später noch sehen werden, steht man immer vor der Frage: Was treibt einen an? Was ist die Motivation, etwas zu machen? Hält man den Vortrag, nur weil es ein Job ist, der einem zugefallen ist? Sind Sie verpflichtet worden und wissen nicht, wie Sie aus diesem Engagement wieder rauskommen? Oder freuen Sie sich sogar darauf, einmal im Mittelpunkt zu stehen, und wollen damit noch weitergehende Ziele angehen? Daher sollten Sie sich immer ehrlich fragen: „Was ist meine Mission, die ich mit diesem Vortrag vorantreiben möchte?
Genau genommen geht es uns um die Frage: „Was wollen Sie mit diesem Vortrag erreichen?“ Sie werden schnell merken, dass diese Frage weitergeht als die Frage: „Was wollen Sie mit diesem Vortrag vermitteln?“, und dass die Antworten auf beide Fragen nicht immer deckungsgleich sind. Gerade was ihre Mission angeht, sollten Sie absolut ehrlich mit sich sein. Klären Sie Ihre Mission und Ihr persönliches Ziel schriftlich, überlegen Sie, wo es zu einem Interessenkonflikt zwischen „Vermittlung“ und „Mission“ kommen könnte und wie Sie das eine für das andere einsetzen können.
Wenn es sich um eine Wahlveranstaltung handelt, ist es verhältnismäßig einfach: Sie wollen gewählt werden. Wie ist es aber, wenn Sie aktuelle unternehmensinterne Projektergebnisse vorstellen sollen, es Ihnen aber langfristig darum geht, sich selbst für die nächste Karrierestufe zu empfehlen? Noch schwieriger wird es, wenn man in eine moralische Selbstdiskussion mit sich gerät (Individualkonflikt), zum Beispiel bei einem Jubiläum. Gesagt wird: „Du bist der beste Opa der Welt!“ Was man aber erreichen möchte, kann man eher mit dem Satz zusammenfassen: „Lieber Opa, denk beim Testament bitte auch an mich.“
Natürlich wollen Sie Ihren Job gut machen oder die Ihnen anvertraute Aufgabe perfekt lösen, aber fast immer haben Sie neben der eigentlichen Botschaft noch einen Hintergedanken.
Hier ein Beispiel, weshalb es so wichtig ist, ehrlich mit sich zu sein. Natürlich war jeder schon einmal in der Situation, in der ihm klar wurde: „Heute bin ich nicht richtig vorbereitet.“ Oder: „Ich habe alle Unterlagen vergessen.“ In solch einem Fall muss Ihre Mission lauten: überleben. Wenn Sie sich das eingestehen, wird die Chance, dass Sie heil durch den Vortrag kommen, sofort größer. Das bedeutet, sich so kurz wie möglich zu halten, aber die kurze Zeit mit möglichst vielen Begrüßungen und freundlichen Geschichten zu füllen, sodass Sie zumindest als sympathisch wahrgenommen werden.
Die zwei wichtigsten Komponenten eines Vortrags sind Inhalt und Form. Geben Sie dem Inhalt die absolute Priorität. Wenn Sie nichts zu sagen haben, bringt Sie auch die beste Performance nicht weiter. Ein einfacher Trick lautet: Vor der Antwort steht die Frage! Also: „Was will ich vermitteln?“ (die Botschaft) und „Was will ich erreichen?“ (der Subtext und die eigene Mission). Beantworten Sie diese Fragen schriftlich. Konzentrieren Sie sich möglichst nur auf eine Botschaft und seien Sie ehrlich, wenn es um das Thema Subtext geht. |