Читать книгу 30 Minuten Selbst-Bewusstsein - Thomas Lorenz - Страница 7
Оглавление1.Selbst-Bewusstsein – was ist das?
Erkenne dich selbst – seit der Antike beschäftigt sich der Mensch mit dem Erkennen der eigenen wie der fremden Persönlichkeit. Verschiedene Persönlichkeitsmodelle wurden entwickelt, um die Ausprägung menschlichen Verhaltens nachvollziehbar, Handeln erklärbar und möglicherweise sogar voraussehbar zu machen.
1.1Über den Nutzen von Persönlichkeitsprofilen
„Welcher MBTI-Typ bist du?“ Was genau ist mit dieser Frage gemeint? MBTI® – diese vier Buchstaben stehen für Myers-Briggs Type Indicator®. Sie beziehen sich auf die beiden „Erfinderinnen“ Katharine Briggs (1875–1968) und Isabel Briggs Myers (1897–1980), die bereits vor dem zweiten Weltkrieg in den USA die Theorie der Persönlichkeitstypen des Schweizer Arztes und Psychoanalytikers Carl Gustav Jung (1875–1961) zur Beschreibung von Persönlichkeitsunterschieden heranzogen und diese Theorie weiterentwickelten. Seitdem liegt mit dem MBTI Instrument ein Konzept vor, mit dem schnell und einfach Persönlichkeitsunterschiede beschrieben und für die Darstellung der Entwicklungsmöglichkeiten eines Menschen genutzt werden können.
Persönlichkeitsbilder und Persönlichkeitstypen
Carl Gustav Jung entwickelte eine Charakterologie, die sich an vier psychologischen Grundfunktionen orientiert: Denken, Fühlen, Sensitives Empfinden, Intuition. Diese Grundfunktionen treten mit den beiden Erscheinungsformen der Extraversion und der Introversion zu typischen Persönlichkeitsbildern zusammen. Jedes Persönlichkeitsbild verweist auf verschiedene Verhaltensmuster, deren Gesamtheit als Persönlichkeitstyp bezeichnet wird. Jung stellte zudem fest, dass Menschen zwei psychische Prozesse nutzen, wenn sie sich aktiv mit ihrer Umwelt auseinandersetzen: Zum einen nehmen sie ihre Umwelt wahr und sammeln Informationen über sie. Zum anderen ordnen sie diese Informationen, ziehen auf dieser Grundlage Schlussfolgerungen und treffen Entscheidungen.
Jeder Persönlichkeitstyp zeigt in den Bereichen „Wahrnehmung“ und „Urteilen“ Präferenzen, die vom jeweiligen Persönlichkeitstyp abhängig sind. Das heißt: Wer sein Persönlichkeitsprofil kennt, erhält Aufschluss darüber, wie er in bestimmten Situationen etwas wahrnimmt und Entscheidungen trifft. Er erhöht seine Selbstkenntnis – und auch seine Menschenkenntnis – und weiß, wo er ansetzen kann, falls er seine Persönlichkeit entwickeln will.
Der Begriff der Präferenz
Der Begriff der Präferenz (= Bevorzugung) ist Ihnen wahrscheinlich aus verschiedenen Bereichen des Alltagslebens vertraut. Wenn Sie sich eine Jacke anziehen, haben Sie die Präferenz, zuerst mit einem bestimmten Arm in die Jacke zu schlüpfen. Sie „bevorzugen“ also einen Arm – probieren Sie einmal aus, welcher dies bei Ihnen ist. Ein weiteres Beispiel: In aller Regel halten wir beim Verschränken der Arme eine bestimmte Hand nach oben bzw. nach unten.
Nutzen wir unsere präferierte, unsere bevorzugte Seite, so können wir sehr schnell und ohne großes Nachdenken handeln. Sind wir aber gezwungen, unsere nicht bevorzugte Seite zu nutzen, fällt uns dies schwer und wir benötigen dazu unsere ganze Aufmerksamkeit und Konzentration. Andererseits: Wenn es notwendig ist, die nicht bevorzugte Seite einzusetzen, genügt oft ein wenig Übung und Training, um darin besser zu werden – allerdings nie so gut, wie es mit der bevorzugten Seite möglich ist. Und sobald wir zu unserer bevorzugten Seite zurückkehren können, nutzen wir diese automatisch wieder.
Auch als Persönlichkeiten haben wir bevorzugte Bereiche, die wir dann mit dem Begriff des „natürlichen Verhaltens“ beschreiben. Diese Bereiche, die unseren Präferenzen entsprechen, bestimmen, zu welchem Persönlichkeitstyp ein Mensch gehört.
Begegnen Sie manchmal Menschen, die Sie bewundern, weil sie Situationen treffsicher wahrnehmen und dann „richtig“ entscheiden? Und haben sich gefragt, was diese überzeugungs- und entscheidungsstarken Menschen von anderen unterscheidet? Wahrscheinlich liegt es daran, dass diese Menschen „Persönlichkeiten“ in dem Sinne sind, dass sie ihre geistigen und charakterlichen Anlagen voll entfaltet und in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht haben. Diese Menschen sind mit sich selbst „im Reinen“, ihre Wertvorstellungen, Handlungen, ihre Denkweise und ihre Äußerungen stimmen miteinander überein, es gibt keinen Widerspruch zwischen den entwickelten Anlagen. Wir sprechen dann von orientierten Persönlichkeiten, die aufgrund ihres Persönlichkeitsbildes über eine große Überzeugungskraft und Entscheidungsstärke verfügen (s. Lorenz/Höcker, 30 Minuten Wert-voll leben). Wer seine Präferenzen erkennt, lernt viel über sich. Dieser Erkenntnisprozess ist schwierig genug. Noch problematischer aber ist es, die Präferenzen bei anderen Menschen zu erkennen, um zu wissen, wie man mit diesen Menschen am besten umzugehen hat. Der MBTI bietet bei beiden Erkenntnisprozessen wertvolle Hilfestellung.
Jeder Mensch bevorzugt bestimmte Verhaltensweisen und Denkhaltungen. Welche dies sind, lässt sich aus seinem Persönlichkeitsbild ableiten. Wer sein Persönlichkeitsprofil kennt, weiß, wie er in einer bestimmten Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit reagieren wird. |
1.2Wie wir sinnvoll miteinander umgehen
Es gibt sicher kein Patentrezept, wie man sinnvoll miteinander umgeht. Deshalb wollen wir auch nicht den Eindruck erwecken, wir würden ein solches Wundermittel kennen. Was wir aber zeigen möchten, ist, dass es neben den unterschiedlichen Interessen, Erwartungen und Zielen auch die individuellen und oft nicht bewussten Grundüberzeugungen, Vorurteile oder Selbstbilder sind, die einen wesentlichen Einfluss darauf haben, wie wir mit anderen Menschen kommunizieren.
Unser Umgang mit anderen Menschen wird von den konkreten Bildern bestimmt, die wir von uns und den anderen konstruieren. Diese Bilder sind uns jedoch nicht selten ganz oder weitgehend unbewusst. Die folgenden Kapitel helfen, diese Bilder zu verdeutlichen, also das, was Sie bis jetzt vielleicht mehr oder weniger unbewusst gespürt haben, in konkrete Worte und Beschreibungen zu fassen. Dieser Erkenntnisprozess verläuft nicht immer unproblematisch. Zumeist werden die – manchmal auch überraschenden und unerwarteten – Ergebnisse dieses Prozesses von den Beteiligten akzeptiert. Es kann aber durchaus sein, dass die Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit zu Ergebnissen führt, die im Widerspruch stehen zu dem Menschenbild, das Sie sich bisher bezüglich der eigenen wie der fremden Persönlichkeit gemacht haben. Jene Beschäftigung kann also zu einem Riss zwischen Ihrem bisherigen und dem „neuen“ Bild führen, nach dem Motto: „Ich hätte nie gedacht und kann gar nicht glauben, dass dieser Aspekt bei meiner Persönlichkeit überhaupt eine Rolle spielt!“ Ihr bisheriges Bild von der Wirklichkeit erfährt eine Erweiterung.
Jeder Mensch verfügt über bestimmte Präferenzen, die seinen Persönlichkeitstyp ausmachen. Der MBTI® hilft, die eigene Persönlichkeit zu erkennen und weiterzuentwickeln sowie andere Menschen besser zu verstehen. Dies erleichtert den Umgang miteinander. |