Читать книгу Kannst du nicht auch mal mit dem Hund gehen? - Thomas Meinen - Страница 3

1. Rasse- oder Senfhund?

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Als wir davor standen, war es um uns geschehen. Ein kleiner Zaun aus Holzbrettern, umgab eine mit Zeitungspapier ausgelegte Fläche in einer Ecke des Raumes, etwa zwei Mal zwei Meter groß. Darin eins, zwei, drei, … sieben Meerschweinchen. So jedenfalls sahen sie aus, die kleinen Hundebabys. Etwa vier Wochen waren sie alt und wuselten entweder in ihrem „Käfig“ umher oder bedienten sich an Mutters Zitzen. „Wie süß“, kam es beinahe zeitgleich aus dem Mund meiner Frau und - ich gebe zu – auch aus meinem. Die waren aber auch zu putzig, wie sie tapsig auf ihren kurzen Beinchen mehr oder weniger herumkugelten. „Haben Sie sich schon einen ausgesucht?“, fragte die Züchterin nach einer Weile. Aber wir konnten uns nicht entscheiden. Am liebsten hätten wir sie alle mitgenommen. Aber das ging leider nicht, denn einige von ihnen waren schon von anderen Käufern reserviert. Heute bin ich froh. Denn das hätten meine Nerven wahrscheinlich nicht ausgehalten. Aber das ist ein anderes Thema.

Zurück zur Züchterin. Wir standen also vor dem käfigähnlichen Holzlattengebilde und warteten auf ein Zeichen. Irgendetwas, das uns die Wahl erleichtern würde. Vielleicht käme eines der kleinen Meerschweinchen, pardon, Hundewelpen, auf uns zu und würde uns mit seinen treuen Hundeaugen anschauen, nach dem Motto: „Er hat uns ausgesucht“. Aber nichts. Die kleinen Racker nahmen überhaupt keine Notiz von uns. „Das ist noch zu früh“, erklärte uns die Züchterin. Die Bindung zur Mutter ist einfach noch zu stark.“ Ok. Das sahen wir natürlich ein und nahmen uns die vermeintliche Ignoranz der Welpen nicht so zu Herzen. Die Züchterin fragte uns dann, ich nehme an, um uns die Auswahl zu erleichtern: „Soll es ein Rüde sein?“ Die Chancen standen fifty-fifty. Rüde oder Hündin, das war die Qual der Wahl. Keine leichte Frage. Also ließen wir uns mit der Antwort Zeit.

Der Unterschied zwischen einem Rüden und einer Hündin war uns natürlich klar. Entweder mit oder ohne. Aber was hatte das für Konsequenzen? So ganz unvorbereitet waren wir ja nicht gekommen. Vor dem Besuch bei der Züchterin hatten wir uns natürlich zunächst einmal Gedanken über die Rasse gemacht. Denn ein Rassehund sollte es schon sein und kein Senfhund. „Was ist denn ein Senfhund?“, fragte meine Frau. „Ein Senfhund ist ein Mischling. Da hat jeder seinen Senf dazu gegeben“, erklärte ich ihr. „Wie wär’s denn dann mit einem Rhodesian Ridgeback? Der ist ein Rassehund (im wahrsten Sinn des Wortes) und sieht wenigstens Respekt einflößend aus“, sagte meine Frau. Diese Züchtung stammt aus Südafrika und sieht mit seiner stattlichen Größe wirklich eindrucksvoll aus, hatte ich irgendwo gelesen. Wir kamen dann aber gemeinsam zu dem Entschluss, dass das wohl kein Anfängerhund sei. Und Anfänger waren wir damals. Immerhin wird so ein Kraftpaket über 60 Zentimeter groß und wiegt ausgewachsen fast 40 kg. In seinem Herkunftsland Südafrika wurde das Tier deshalb sogar zur Löwenjagd eingesetzt.

„Und was ist mit einem Border Collie?“, fragte ich. Bei irgendeiner Gelegenheit hatten wir mal so ein Tier gesehen und es hatte uns gut gefallen. Denn dieser Border Collie hatte zwei unterschiedlich gefärbte Augen. Das eine blau, das andere braun. Sah irgendwie interessant aus. Aber ein Hütehund? Die seien schwierig, sagt man. Außerdem hat so ein Collie langes Fell. Überall die Haare. Nein, das wollten wir nicht. Und Schafe haben wir auch keine - für den Hund - zum Hüten.

Also, ein Kurzhaar sollte es sein. Das war schon mal klar. Denn da fliegen die Haare nicht überall rum (das dachten wir damals jedenfalls). Da fiel uns ein Weimeraner ins Auge. Ein stattliches Tier, das außerdem ordentlich was hermacht. Denn bei einer Größe von bis zu 70 cm und knapp 40 kg Gewicht fällt der Weimeraner auf. Das ist aber noch nicht alles. Charakteristisch sind nämlich sein silber- oder mausgraues Fell und die bernsteinfarbenen Augen, die im Welpenalter übrigens himmelblau sind. Sieht wirklich edel aus. Irgendwann fiel unsere Entscheidung dann aber doch zugunsten eines kleineren Tieres und wir wählten einen Jack Russell Terrier aus. Der ist wesentlich handlicher und dazu noch sehr intelligent.

Ein kleines Beispiel. Eines Tages hatte sich einer unserer Hunde verletzt. Ich glaube, es war Joey, der jüngere von beiden. Er humpelte, weil er sich offensichtlich an der Vorderpfote verletzt hatte. Das passierte öfter, wenn die zwei durch die geöffnete Terrassentür hinaus in den Garten stürmten, wenn zum Beispiel ein fremder Hund es wagte, an unserem Zaun vorbei zu laufen. Dann achteten sie auf nichts anderes mehr. Dass die Tür zum Garten auch eine Schwelle hatte, war in solchen Momenten nicht so wichtig. Wahrscheinlich hatte er sich bei einer dieser Gelegenheiten den Fuß gestoßen und das war natürlich schmerzhaft. Wir kümmerten uns sofort darum, fuhren mit ihm zum Tierarzt und als wir wieder zu Hause waren, bekam er zum Trost erst mal ein Leckerli. Das ging so eine Weile, bis der andere sich wohl dachte: „Keiner kümmert sich mehr um mich. Alles dreht sich nur noch um Joey“. Was machte Gaucho also? Er fing ebenfalls an zu hinken. „Schaut mal. Ich bin auch verletzt. Jetzt müsst ihr euch auch um mich kümmern“, wollte er uns damit wohl zu verstehen geben. Anfangs dachten wir noch, es sei etwas Ernsthaftes und machten uns Sorgen. Aber irgendwann kamen wir ihm drauf, dass er nur simulierte und Aufmerksamkeit haben wollte. Ganz schön clever. Soviel zum Thema Intelligenz von Jack Russell-Terriern.

Die Entscheidung war also zugunsten eines Jack Russell Terriers gefallen. Aber schon tauchte ein weiteres Problem auf. Denn Jackies, wie sie unter Kennern liebevoll genannt werden, gibt´s in glatt, in rau, in kurz und lang, mit Tupfen, in Weiß mit einem Fleck um das Auge, ganz ohne Tupfen, in braun oder schwarz und so weiter und so weiter. Eines war klar. Ein „tiefer gelegter“, also ein kurzbeiniger, sollte es nicht sein. Aber ein Parson Jack-Russell. Das war´s. Das sind hochbeinige Jack Russell Terrier, die ausgewachsen eine Höhe von fast 40 cm erreichen und damit schon nach einem richtigen Hund aussehen. Besitzer kleinerer Hunderassen mögen mir das verzeihen.

Der Name dieser Rasse geht, soweit ich weiß, übrigens zurück auf den Engländer John Russell, der eigentlich Pfarrer war. Da sein Rufname aber Jack und er von Beruf Pfarrer war, englisch: Parson, nannte man die von ihm gezüchteten Terrier Parson Jack Russell. Eben dieser John, Verzeihung, Jack, züchtete Fox Terrier, die er auf der Fuchsjagd zu Pferd einsetzte, eine bei Engländern wohl beliebte „Sport“-art. Die Terrier aus seinem Zwinger hatten wegen ihrer jagdlichen Leistungen einen hervorragenden Ruf. Der Parson Russell Terrier gilt als intelligent, unerschrocken, freundlich und arbeitsfreudig. Beste Voraussetzungen also für einen Jagdhund. Seine Aufgabe bestand nämlich darin, den Fuchs durch sein Bellen zum Verlassen des Baus zu bewegen. Deshalb durfte er auch nicht allzu aggressiv sein, ansonsten würde er gleich auf den Fuchs losgehen. Das sollte er aber nicht, denn dann hätten die Jäger ja nicht mehr ihren „Spaß“ bei der anschließenden Treibjagd gehabt.

Nachdem die Rasse nun also feststand, informierten wir uns erst einmal ausführlicher darüber und hatten das eine oder andere auch über das unterschiedliche Verhalten von Rüden und Hundedamen gelesen. Hündinnen werden läufig, bekommen ihre „Tage“ und müssten dann Windeln tragen, damit sie nicht alles in der Wohnung verteilen. Außerdem könnten sie schon mal zickig werden. Nein, das wollte ich nicht und dachte dabei unwillkürlich an meine pubertierende Tochter. Die trägt natürlich keine Windeln mehr und verteilt auch nichts in der Wohnung. Aber Zicken hatte ich schon genug. Also doch eher ein Rüde. Das erklärte ich meiner Familie natürlich anders.

„Ein Rüde also“, stellte die Züchterin fest, die ihre Zucht übrigens Braveheart nannte, also die Mutigen, nach dem schottischen Freiheitskämpfer William Wallace. Und das waren sie wirklich, mutig, wie wir des Öfteren feststellen konnten. Zwei aus diesem Wurf standen noch zur Auswahl. Der eine war fast komplett weiß. Lediglich einen Farbtupfer hatte er auf dem Rücken. Der andere hatte einen braunen Kopf, zwei Flecken auf dem Rücken verteilt und ansonsten auch weiß. Der fast komplette Weiße sah niedlich aus, aber der zweite machte irgendwie einen intelligenteren, wacheren Eindruck. Der sollte es also sein. Die Züchterin nahm ihn für einen kurzen Moment aus dem Verschlag heraus und wir konnten ihn aus der Nähe betrachten. Anfassen durften wir ihn allerdings noch nicht. Das würde der Mutter-Kind Beziehung schaden, erklärte die Züchterin. Wenn wir das nächste Mal kämen, dann könnten wir ihn auch mal halten, damit er schon mal den Geruch von uns aufnehmen könne, meinte sie.

„Sie können sich inzwischen ja schon mal einen Namen für ihn ausdenken“, empfahl die Züchterin noch. „Haben Sie schon eine Idee?“ Nicht wirklich, gaben wir zu. Aber Fiffi, Waldi und ähnliches kam natürlich nicht in Frage. „Da es ein G-Wurf ist“, riet uns die Züchterin, „sollte der Name mit dem Buchstaben G beginnen.“ „Was war jetzt ein G-Wurf?“, fragte ich. „Ein G-Wurf heißt so, weil es bereits der siebte Wurf der Hündin ist. Nach dem Alphabet. A, B, C und so weiter bis G. Sieben eben“, klärte uns die Züchterin auf. „Ah, verstehe“, gab ich zurück und mir fiel spontan Grönemeyer ein. Das war aber zu lang für einen Hundenamen. Bis man diesen Namen ausgesprochen hat, ist der schon längst über alle Berge.

„Jack Russell und Pferde passen gut zusammen“, erklärte uns die Züchterin. „Wenn ich Ihnen also einen Namen vorschlagen dürfte? Wie wäre es mit Gaucho?“ Ein Gaucho ist ein südamerikanischer Cowboy. Ein Cowboy sitzt auf einem Pferd. Gaucho fängt mit G an. Das war alles stimmig. „Gaucho“, sagten meine Frau und ich beinahe zeitgleich. Klingt nett, ist schön kurz und nicht alltäglich. „Gut. Gaucho soll es sein.“ „Schön“, erwiderte die Züchterin. „Dann kann ich den Namen auch gleich ins Stammbuch eintragen lassen“. Denn so ein Rassehund hat natürlich auch ein Stammbuch. Das kostet dann gleich wieder einige Euro mehr, aber dafür kann man sicher sein, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Wir verabschiedeten uns von der Züchterin und waren voller Vorfreude auf unser nächstes Treffen mit Gaucho. Ein letzter Blick aufs Meerschweinchen, pardon Hundebaby, und dann fuhren wir heim.

Auf dem nach Hause Weg überlegten wir schon mal, was wir für unseren neuen Mitbewohner alles anschaffen mussten.

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