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Forsythie

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Niemand hat je auf diesem fahlen Erdenfleck gestanden. Kein Gedenkstein, keinerlei Hinweis, nicht die Spur eines Lebenszeichens. Bis auf einen Aufkleber an der Spitze einer verbogenen Spalierstange. Er ist zwanzig Monate alt. Vielleicht hat ihn ein Schwall kochendes Wasser erwischt. Er schreit bis zur Bewusstlosigkeit. Die Mutter reagiert schwerfällig. Wie gelähmt steht sie im Badezimmer, ein Fläschchen Nagellack in der Hand. Es dämmert ihr, dass sie sich hinüberstürzen sollte. Keine Kraft. Natürlich hört sie die Schreie, denkt aber, dass es zu spät ist, dass es so besser ist. Endlich geht sie durch die Wohnung, kommt in die Küche. Das Kind liegt in einer heissen Lache. Schon breiten sich auf seiner Haut riesige Brandblasen aus, sein Blut wird schwarz. Die Milchflasche, die im Kochtopf schwamm, liegt zersplittert auf dem Boden. Um sich nicht zu schneiden, greift sie mit den Fingerspitzen vorsichtig nach einer Scherbe, legt sie auf eine Illustrierte. Sie trällert den Namen ihres Kleinen. Das Telefon ist im Flur. Sie geht hin, bricht auf einem Stuhl zusammen, sucht im Verzeichnis nach der Notfallnummer, braucht mehrere Anläufe. Wischt dann unsichtbare Flecken vom Spiegel, während sie auf den Notarzt wartet. Man bietet ihr Beruhigungspillen an, sie schluckt sie. Das Kind wird in einer Aluminiumdecke weggetragen. Sein Herz steht still. In den Korridoren des Mietblocks stehen schweigend die Nachbarn. Polizisten fordern sie auf, sich wieder in ihre Wohnungen zurückzuziehen, aber sie wollen sich nichts entgehen lassen.

Die Amseln beenden ihr morgendliches Gezwitscher. Er vermeidet es, sie mit abrupten Bewegungen zu erschrecken. Langsam geht er voran, zählt die weiteren schmucklosen Gräber, um die er sich kümmern muss. Viele sind ohne Kreuz, ohne Grabstein, unscheinbare Gärtchen, wo karges Gras und Schotter sich bekriegen. Er kann dieses Schweigen nicht dulden, das ihn so heftig an die Wunden seiner Kindheit, an seine Reisen ins Nichts erinnert. Also sucht er nach Vornamen, um gegen die Dunkelheit anzukämpfen, tauft sein Inselreich, indem er es aus der Kanne grosszügig begiesst. Er schreibt seine Lieblingsnamen ins Notizheft, weniger der Erinnerung als vielmehr der Orthographie wegen und um Assonanzen zu verhindern. Forsythie lässt er zwischen Wasserbecken und Kinderkolumbarium weiterspielen. Er schaut sich nach einer Stelle um, wo Farn gedeihen könnte. Ein kühles, feuchtes Plätzchen dafür fehlt. In der Mitte des Geländes stehen vier ausgemergelte, vom Wind gepeitschte Stauden, Eibisch, Mädchenauge, Tausendblütenstrauch und ein Blauglockenbaum. Er geht mit unsicheren Schritten zum Schuppen zurück, sein Nacken ist starr. Der Westwind reizt seine Augen. Selbst nach einem Unglück sollte ein Zimmer nie leer aussehen.

Er befolgt den Einsatzplan auf dem Anschlagbrett des Schuppens und widmet den Rest des Vormittags der prophylaktischen Bodenpflege von Rosengewächs. Das Wetter eignet sich auch fürs Düngen. Etwas abseits nebeln zwei Kollegen die Ziersträucher und Zierobstbäume des Parks ein. Sie haben am Fuss einer breitstämmigen Mispel mehrere Kanister Dichlobenil hingestellt, aus denen sie grosszügig Gift versprühen.

Glockengebimmel kündigt die Zehn-Uhr-Pause an. Die Angestellten treffen sich beim Schuppenvorbau, der behelfsweise als Bar eingerichtet wurde. In dieser lärmigen Oase neben dem Gewächshaus und der Werkstatt ist es nie still. Mit fettigen Fingern schneidet ein Pausenclown die Todesanzeigen aus der Tageszeitung, heftet sie an die Tür. Neue Kundschaft ist doch immer etwas Schönes. Lachen ist angesagt. Er versucht angestrengt, einem Gespräch zu folgen, sich für Sport-Anekdoten zu interessieren. Doch er bleibt in dieser Gruppe aussen vor, der, den alle übersehen. Endlich ist die mühselige Pause vorüber und er wendet sich wieder seinen Giesskannen, Stecklingen und Torfanlagen zu. Jetzt ist es Zeit, Schwertblumen und Dahlien zu pflanzen. Er wählt zueinanderpassende Farben, achtet darauf, dass die Knollen nicht vermischt werden. Auch sät er Wicken am Fuss eines Tipis aus oxydiertem Metall. Bald werden die Pflaumenbäume den Friedhof glutrot färben.

Auch wenn das Wetter in dieser ersten Märzwoche unbeständig ist, müssen die saisonalen Arbeiten termingerecht erledigt werden. Behutsam schneidet er bei gewissen Beeten die Knospen ab, hofft, dass die Pflanzen in Saft schiessen und gedeihen. Dasselbe wendet er auf die Buschzweige an, die sein Reich vor fremden Blicken schützen. Spatzen streiten sich um Krümel, die der Wind bis in diese Einöde getragen hat. Die Kälte wird kratzig, als wolle sie daran erinnern, dass Jahreszeiten kein Wunschdenken kennen.

Er überstreicht zwei Holzbänke, überprüft die Spannung einer Reihe von Spalierstangen und schrubbt bei laufendem Wasser erdbeschmutzte Schubkarren. Nach diesen Pflichtaufgaben kümmert er sich um das riesige Pflanzbeet, das den Eingangspavillon umfasst. Er möchte es schon Mitte April blühen sehen und muss sich beeilen. Mit Bedacht wählt er seine Setzlinge aus, eine seinen Alltag früher beglückende und erfüllende Tätigkeit.

Wie jeden Abend geht er auf dem Nachhauseweg zuerst bei den Seinen vorbei. Lange Minuten steht er da, lehnt sich an den Brunnen, der in der Mitte seiner Brache liegt, lauscht den Schauern allerletzter Regengüsse. Verlassene Gräber unterstehen der Friedhofsverwaltung. In dieser Zone hält sie sich jedoch zurück. Er gewöhnt sich nicht an die quälende Stille. Er gewöhnt sich nicht daran, lernt aber, Tag für Tag damit umzugehen.

Am Montag darauf findet er am Wegrand neben dem unmittelbar beim Friedhof gelegenen Altersheim einen alten Fussball. Er packt ihn in seinen Rucksack und bringt ihn stolz zu seinen Schützlingen. Die Grösseren sollen sich zuerst damit vergnügen. Sie müssen ihm versprechen, dass sie ihn nach dem Spielen hinter der Hecke des Felds N2 verstauen. Spielzeug und Ramsch sind auf dem Friedhofsgelände nicht willkommen.

Unter einem unerwarteten Hitzeschub haben die Knospen über das Wochenende ausgetrieben, was ihn verwirrt. Es gelingt ihm nur schwer sich zu konzentrieren. Er sitzt auf einer Ausziehleiter, gibt sich ganz der Landschaft hin, statt die Granatapfelbäume zu schneiden. Zwei Meter über dem Boden zeigt sich der Park in einem anderen Licht. Mit der Hand über der Stirn dreht er sich um die eigene Achse, um die Weite dieses Felds zu ermessen, auf dem ohne die Hartnäckigkeit menschlichen Zutuns nichts gedeiht.

Im Westen wird der Park von einer Nadelhecke abgeschirmt. Nördlich liegen private Grabstätten und zu Terrassen gefügte Reihengräber, in deren Untermauerung sich da und dort eine Gruft befindet. Im Osten ist das Gelände noch von umfangreichen Sanierungsarbeiten gezeichnet.

Mit seinen glatten Betonflächen und den freiliegenden Bewässerungsschläuchen sieht der Bezirk M wie ein öffentliches Schwimmbad aus. Ebenfalls aus rohem Beton lassen kreisrunde Brunnen da und dort verborgene Wasserquellen vermuten. Im Süden, hinter Häusern und Fabriken, verliert sich der See im Horizont. Aus Angst, das Gleichgewicht zu verlieren, hält er sich an einem Aluminiumgriff fest. Hier gibt es weder Schwarzkiefern noch Platanen als Abgrenzung. Keine Ziegelsteinpyramiden, die Lärm, Verkehrsgestank, das Beben der Stadt fernhalten. Kein Waldgeflecht als schützenden Vorhang. Wie ein blinder Gletscher gleitet der Friedhof zur Stadt hinab.

Am letzten Tag der zehnten Kalenderwoche kommt sein Chef. Dieser will ihn bei der Arbeit sehen und sicher sein, dass sich die neue Arbeitskraft eingelebt hat. Die Probezeit läuft zwar noch, doch hat er so seine Zweifel. Sie mustern sich, geschwätzig der eine, voll Argwohn der andere. Mit der Schuhspitze stösst der Chef einen vom Regen aufgeschwemmten Teddybären weg. Solche Gegenstände sollten verschwinden. Er zitiert frei den einen oder anderen Artikel aus dem Reglement, zwinkert ihm zu, als wären sie Komplizen. Der andere wendet sich ab, stottert leicht und macht sich rasch wieder an die Arbeit. Er hört, wie sein Vorgesetzter sich hinter ihm eine Zigarette anzündet. Er wird sie kräftig wegschnippen müssen, soll die Kippe nicht in einem Busch landen.

Noch in der gleichen Woche bäumt sich der Winter ein letztes Mal auf. Seine Kollegen arbeiten dort, wo sie vor der Witterung geschützt sind. Er hingegen bemüht sich, in eine dicke Öljacke gehüllt, auf seiner Brache um Ordnung. Den Mülleimer leeren, die Steinplatten der Treppe fegen, die die Kinder mit dem Bezirk U verbindet, eine Stange wiederaufrichten. Ein Arzt, dessen Foto er in der Zeitung gesehen hat, könnte sie nächstens besuchen kommen. Der Allgemeinpraktiker ist ihm vertrauenswürdig erschienen, also hat er ihm einen Vormittagstermin nach freier Wahl im Friedhof vorgeschlagen. Nur für seinen fachmännischen Blick. Er hat die Einladung geschrieben, ohne seine Schrift zu verschönern, ohne seine dürftige Bildung zu verschleiern. In den Briefumschlag hat er die Auslagen für zwei Visiten und eine Mehrfahrtenkarte für den Bus gelegt.

Die folgenden Tage wird umgetopft, der weiterhin eisige Nebel wird gemieden. Er spitzt Spalierstangen zu, schliesst die Vorbereitung und die Teilung von Blumenzwiebeln ab. Als es kurz aufklart, entflieht er dem lärmigen Gewächshaus und repariert die Sparbüchse des Blumenladens. Regelmässig gerät sie in die Hände irgendwelcher Idioten, wird als Mülleimer missbraucht, mit Kaugummi zugekleistert oder mit ausländischen Münzen vollgestopft. Der kraftmeierische Slogan einer Überwachungsfirma hat ihn beeindruckt, er drückt den Werbeaufkleber an die Hauswand.

Wie allzu oft in letzter Zeit treibt es ihn auch in der folgenden Nacht aus dem warmen Bett. Er trinkt Mineralwasser in grossen Schlucken, um die Bilder zu löschen: Kinder werden von Rasern über den Haufen gefahren, ihre Gesichter von schlecht abgerichteten, in Beisswut erstarrten Kampfhunden zerschlitzt. Er hört die Nachtsendungen auf seinem Radiowecker, den er auf den Küchentisch gestellt hat. Er spielt mit seinen Fingern auf dem Stromkabel, als wären sie Seiltänzer. Vor ihm liegt sein offenes Notizheft. Als das Brennen in seinen Augen zu stark wird, geht er wieder ins Bett und wartet, dass die Bilder hinter seinen Lidern verschwimmen.

Mit dem ersten Aufflackern des Frühlings schiesst das Unkraut wieder aus dem Boden, breitet sich weitflächig aus. An mehreren Vormittagen absolviert er eine Straftour, die Gartenhacke in der Hand. Er geht die Alleen hinauf, manchmal bis zum Hauptgebäude. Eine breite, beschwerliche Treppe führt zu den Glastüren und durch die Eingangshalle in den ökumenischen Gedenkraum. Er geht nicht hinein. Er kümmert sich auch nicht um die überquellenden Aschenbecher. Er streift in schwarze Kreppseide gekleidete Schatten. Nicht selten treffen sich Familien schon eine halbe Stunde, bevor die Bestattung beginnt. Was für eine Erkältung allemal reicht.

Nach einem Abstecher ins Besucherklo steigt er zum Empfangspavillon hinunter. Aus dem Kamin steigen dünne Rauchschwaden. An einigen Fenstern sind die orangefarbenen Vorhänge zugezogen, durch andere ist das lähmende Flirren von Neonleuchten zu sehen. Mit einem Plastikbesen säubert er die Behindertenparkplätze. Dann schlendert er durch die Reihen der Bezirke E und H, nimmt Kippen, Bonbonpapiere und Quittungen von Blumeneinkäufen auf. Er lädt sich verwelkte Blumensträusse auf den Arm, wirft sie in die Mülltrenneimer. Die stattlichen Gipfel der Voralpen verdecken jetzt die Sonne. Zeit für ihn, nach Hause zu gehen.

Kaum ist er aus dem Friedhof, kreuzt er eine ungestüme Kindergartenklasse. Paarweise hüpfen die Kleinen hintereinander her. Von der Waschanlage kommt bei schlechter Sicht ein Betonmischer um die Kurve. Er reisst die Arme empor, heult auf, setzt mit einem Sprung auf die Strasse, will den Fahrer damit zum Aufpassen zwingen, ein Hampelmann ohne Publikum. Knirschende Bremsen und entnervtes Hupen sind die Antwort. Zurück auf dem Gehsteig streckt er die Arme wie eine Barrikade waagrecht aus. Die Gruppe erstarrt. Die Kindergärtnerin beobachtet ihn ratlos. Sie murmelt ein steifes Dankeschön, so überflüssig wie die Schutzaktion dieses Unbekannten. Die Kinder haben nicht verstanden, was vor sich ging. Er lächelt ihnen zu, grüsst mit einem Kopfnicken und entfernt sich rasch. Angst hat ihn überfallen.

Er kehrt zum Gewächshaus zurück, wo zwei Kollegen unverdrossen Narzissen, Hyazinthen und Tulpen mit einem Düngemittel für Blumenzwiebeln besprühen. Sie werden von drei rauchenden Angestellten des weit ausserhalb der Stadt gelegenen Blumenateliers auf Trab gehalten, die, ihre Schiebermütze im Nacken, widersprüchliche Anordnungen von sich geben. Innovation steht gegen Tradition, selbst auf diesem Nebenschauplatz des Verderbens. Teils wird verbissen für künstlichen Humus geworben, teils vehement für Blähton oder ökologisch verbrämte Jauche gekämpft. Er hat noch nie Stellung bezogen, liest keine Aufkleber. Er braucht, was ihm zur Verfügung steht, Befehle hinterfragt er nie. Latein ist ihm in Sprache und Denken fremd. Seine Grosseltern väterlicherseits haben ihm die Demut mit der Heugabel beigebracht, das ist ihm geblieben.

Die laufende Woche steht ganz im Zeichen der Unkrautvertilgung. Um zu verhindern, dass sie sich unnötig in die Länge zieht, raufen sich die Angestellten für einmal zusammen. Rot-weisse Absperrbänder werden gezogen, um mögliche Besucher umzuleiten. Dann schultern alle der Reihe nach den Giftbehälter und betätigen die Kolbenpumpe, während sie durch die Alleen ziehen. Auch er besprüht mit vom Gewicht des Tanks gebeugtem Rücken die Stauden mit Pilz- und Unkrautvertilger. Er kommt so durch Bereiche des Friedhofs, die er kaum kennt. Er spielt dabei mit den Namen, die auf den Grabsteinen stehen, studiert die Symbolik der eingravierten Wappen, versucht über Quervergleiche kurze Stammbäume aufzustellen, bewertet die Blumenarrangements seiner Kollegen.

Bei sich im 11. Stock angekommen bleibt er länger unter der Dusche als üblich. Gift in jeglicher Form macht ihm Angst. Ein falsch verwendeter Vertilger hatte die Unterarme seines Grossvaters verbrannt. Bei Wutanfällen drohte der Alte, ihm das Gesicht mit einem Strahl Gift aus dem im Heuschober aufbewahrten Kanister zu verätzen. Er wäre dazu fähig gewesen. Einem Hund war es bereits widerfahren. Qualvoll starb er an der Kette.

Mitten in der Nacht steht er auf, ohne zu wissen warum. Wahrscheinlich weint irgendwo im Gebäude ein neugeborenes Kind. Ein Geräusch, das er jetzt wieder intensiver wahrnimmt. Verschwommene Kindheitserinnerungen. Vor dem Unfall, vor dem Exil auf dem Bauernhof, lange vor der Pflegefamilie. Er öffnet einen Spaltbreit die Tür seines Appartements, macht einen Schritt auf den eiskalten Flur hinaus. Lange Minuten verstreichen, bis die abgeschlafften Eltern intervenieren. Endlich hört das Wimmern auf. Die Einsamkeit nagt an ihm wie ein wiedergefundenes Gefühl.

Die Tannenkruzifixe, die frühestens acht Monate nach der Bestattung durch ein dauerhaftes Grabmal ersetzt werden, türmen sich in der Ecke des Schuppens. Am letzten Märzvormittag nimmt er sich vor, das dubiose Gemenge zu beseitigen. Gegenüber dem öffentlichen Parkplatz, einer Stelle, wo Pflanzen und Abfall gelagert werden, entfacht er ein Feuer aus trockenen Ästen, auf das er, eines nach dem anderen, die fragilen Kreuze legt. Die Flammen fressen sich in die Inschriften, die kleinen, schwarzen Zahlen verbiegen sich, verschmelzen, lösen sich auf. Ein süsslicher Geruch entweicht.

Aus der Distanz beobachten ihn misstrauisch einige Kollegen. Was er tut, ist gewagt, aber nicht wirklich strafbar. Sie werden sich keinen Kommentar erlauben. Sie wissen nicht, dass er die drei besten Kruzifixe verschont und hinter der Schneefräse versteckt hat. Noch diese Woche wird er sie abschmirgeln, lackieren und dort, wo eine Lücke klafft, wiedereinsetzen. Sein Gebiet wird dadurch einheitlicher und ausgewogener. Denn die Gräber hier offenbaren Ungleichheiten, die der Tod noch verstärkt hat. Natürlich können mittellose Eltern ihre Verstorbenen mit Blumen, Tand und Tränen bedecken, ihre Ruhestätten werden aber immer glanzloser bleiben als die der anderen.

Nur wenige französische Vornamen zieren die schmalen, verwitterten Tafeln, die wie abgezehrte Vogelscheuchen demnächst aus dem Leim und ins Gras fallen werden. Oft reinigt er diese stummen Wahrzeichen, versucht zu verstehen, warum die Erinnerung hier ein derart stiefmütterliches Dasein fristet. Und auf den übrigen Gräbern Reue, Vergebung und Bedauern so kraftvollen Ausdruck finden. Wer weiss denn schon, dass unter einem verdreckten Flickenmantel vergessene Kinder schlummern?

Ruhe sanft

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