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Problemerkennung
ОглавлениеSie wissen, dass Sie ein dickes Problem haben. Nun geht es darum, es zu ergründen. Gehen Sie der Sache endlich mal genau auf den Grund. Erkennen Sie die Ursachen und Auslöser. Jedes Problem muss genau analysiert werden. Es sind individuelle Schwierigkeiten, die man nicht verallgemeinern darf und für die es auch kein Lehrbuch gibt, keine Formel, nach der man es wie eine Rechenaufgabe lösen könnte. Sie haben Ihre eigene Geschichte und Ihr Nachbar hat seine. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie an Ihrem ganz persönlichen Problem arbeiten.
Erkennen Sie den Auslöser, was war Ihr Schlüsselerlebnis? Verdrängen hilft hier gar nicht. Sie wollen doch wieder glücklich werden und mehr Lebensqualität haben. Warum haben Sie Angst vor Menschen? Manchmal müssen Sie tief graben und lange suchen. Hilfreich kann es hierbei sein, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Menschen mit ähnlichen Problemen unterstützen sich dabei, indem sie ihre „Fälle“ schildern.
Oft geht einem dabei ein Licht auf und Sie erkennen sich in anderen wieder. Wie haben Betroffene das Problem für sich gelöst? Welche Tricks und Kniffe haben Sie angewandt? Was hat ihnen die Augen geöffnet? Wie sind Sie Ihrer Angst auf die Schliche gekommen? Dadurch, dass man in der Gruppe über die Angst im Umgang mit Menschen spricht, fühlt man sich wie in einer Familie, in der man wieder Mut und Zutrauen findet. Man ist zunächst unter sich und kann in diesem geschützten Raum Nähe zulassen. Manche in der Gesprächsrunde sind schon weiter und können die anderen an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Man lernt voneinander und hilft sich gegenseitig. Das ist die Dynamik in der Selbsthilfe: Es treten neue in die Gruppe ein, andere sind schon am Ende ihres Problembewusstseins. So hat man immer eine so genannte durchmischte Gemengelage. Die Gruppe löst quasi von Anfang bis Ende das Problem Beziehungsunfähigkeit selbst, wobei jeder auf einem anderen Level steht. Beispiel: Kommt man als Frischling hinein, wird man sich zunächst sehr zurückhaltend, eher zuhörend beteiligen, auch reserviert der Gruppe gegenüber geben. Alles ist neu und fremd, die Skepsis überwiegt. Dann sieht man plötzlich, wie Teilnehmer von Problemen reden, die man selbst irgendwie kennt und horcht auf. Mit der Zeit kommt der Punkt, wo man aktiv in die Gespräche eingreift und immer sicherer wird. Also: abwarten, zuhören, Parallelen erkennen, Mut schöpfen, aktiv werden, eigene Probleme einbringen, Lösungen finden, Menschenscheu ablegen und wieder beziehungsfähig werden. So geht das in einer Selbsthilfegruppe.
Manche haben nicht diesen Mut. Man muss ja auch den Schritt erst mal alleine und bewusst gehen. Alternativ kann man sich auch durch einen Psychologen zunächst ans Händchen nehmen lassen. In Einzelgesprächen versucht der zunächst, an Sie überhaupt ranzukommen. Bis er Sie „geknackt“ hat, heißt gesprächsbereit, aufnahmefähig und lösungsbereit sind, können einige Sitzungen vergehen. Sein Ziel ist es heutzutage in der Psychotherapie, Sie gruppenfähig zu machen. Denn die Versicherungen bezahlen kaum noch Einzeltherapien. Macht auch durchaus Sinn, denn wir leben überall in Gemeinschaften: in der Schule, im Kindergarten, im Job, in der Nachbarschaft, in der Wohnanlage, in der Beziehung, Familie und sogar im Krankenhaus. Deshalb muss man Konflikte und Probleme auch in Gemeinschaft austragen, und eben nicht individuell mit sich selbst. Der Menschenfeind muss eben sozusagen hinein in die Konfrontation mit dem Aggressor Mensch (Konfrontations-Therapie). Nur indem wir uns dem Übel stellen, überwinden wir es auch. Jemand mit Angst vor dem Zahnarzt muss sich bewusst in die Nähe der Praxis begeben, den typischen Duft von Zahnarzt riechen, sich mit dem Mediziner unterhalten und über die Behandlung sprechen. Nur so verliert er seine Angst – Konfrontation mit dem Auslöser nimmt den Schrecken vor dem Zahnarzt – oder vor anderen Menschen.