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Der eine kann’s, der andere schafft es nicht

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Wir alle kennen Menschen, denen man schauspielerisches Talent nachsagt: Selbstdarsteller, Inszenierer (sich selbst in Szene setzen) – ja Felix Krull. Kennen Sie Felix Krull, den Hochstapler aus dem Film von Kurt Hoffmann nach einem unvollendeten Roman von Thomas Mann? Dieser adrette junge Concierge in einem Luxushotel machte für seine „Kunden“ nahezu alles möglich, bis er selbst nicht mehr zwischen Realität und Wirklichkeit, dem Dienstleister und den sehr betuchten Kunden, unterscheiden konnte. Dieser Felix Krull war so selbstbewusst, dass er aus allen kritischen Situationen mit Leichtigkeit wieder hinausfand – bis sein Kartenhaus zusammenbrach. Der Unterschied zwischen Hochstapelei und Selbstbewusstsein besteht nämlich genau darin. Echtes Selbstbewusstsein hat Fundament und ist unerschütterlich. Der Hochstapler spielt ein gefährliches Spiel und riskiert immer, dass er auffliegt. Hochstapler missbrauchen Selbstbewusstsein, um zu betrügen, und wenn es nur der Betrug an sich selbst ist. Dennoch darf man sich ruhig von Hochstaplern wie Felix Krull oder Fred Postel etwas abschauen. Fred Postel? Ja richtig, der Postbote, der es ohne echte Zeugnisse zum Amtsarzt und Chefarzt im Maßregelvollzug geschafft hatte. „Nehmen Sie gleich zwei Doktortitel, dann fragt man weniger!“ – war einer seiner selbstbewussten Sprüche. Was war sein Geheimnis? Er hat den Leuten aufs Maul geschaut und es Ärzten und Psychotherapeuten einfach nachgemacht, abgeschrieben würden wir profan sagen. Dazu gehört Selbstbewusstsein, den Überraschungsmoment für sich nutzen – und im Fall Postel eine gewisse kriminelle Energie (gefälschte Zeugnisse, Diebstahl von Amtssiegeln), Dreistigkeit, ja und auch Nervenkitzel. Postel besaß die Dreistigkeit, als gesuchter Verbrecher in die Polizei-Führungsakademie in Hiltrup hinein zu marschieren und an Verschlusssachen heranzukommen – über die Arbeit von Profilern, weil er wissen wollte, wie weit man ihm bereits auf der Spur war. Dazu rief Fred Postel einfach als vermeintlicher Staatsanwalt in der Bibliothek an und machte einen Termin aus. Er erschien, stellte sich als Staatsanwalt Dr. Sowieso vor und bekam einen Besucherausweis.

Der Aufsichtsperson trug er selbstbewusst auf, ihm doch die Verschlusssache zur Arbeit von Profilern auszuhändigen. So schaffte Fred Postel es auch, in einer späteren Rolle eine Privataudienz beim Papst zu bekommen – als frisch gebackener Theologiestudent. Er ist in so viele Rollen geschlüpft. Letztendlich wurde ihm ein gesteigertes Geltungsbedürfnis attestiert. Aber er schaffte es sogar in seinen Gerichtsverhandlungen, durch ein bestimmtes selbstbewusstes Auftreten, Höflichkeit und geschicktes Mitleiderwecken, seine Richter milde zu stimmen. Postel hat zu alledem einen Bestseller geschrieben und ist heute nach verbüßter Haft gefragter Redner auf allen möglichen Kongressen und Veranstaltungen. Dort spricht er frei und offen über seine Köpenickiaden und zeigt den Leuten, wie man selbstbewusst auftritt – etwa wie in „Des Kaisers neue Kleider“. Der Hauptmann von Köpenick hat es ja allen gezeigt, dass Kleider Leute machen. Er kaufte sich eine Offiziersuniform und trat so selbstbewusst in Köpenick auf, dass man ihm die Stadtkasse aushändigte. Oder Sie erinnern sich bestimmt an den Kaiser, der schließlich nackt vor seinem Volk auftrat, weil man ihm einredete, dass er wunderbare Kleider trug. Manche Aktionen sind grenzwertig und nicht zur Nachahmung empfohlen. Aber allen dient ein starkes Selbstbewusstsein als unerschütterliche Grundlage. Wir kupfern uns deshalb ein wenig ab, wie manche Leute Selbstbewusstsein einsetzen.

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