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Was werden die Maschinen noch übriglassen

Computer sind nicht eitel. Und sie scheren sich auch nicht um Symbolik. Aber wenn sie es wären, würden sie den Mai 1997 als ihren großen Moment bezeichnen. Auf jeden Fall hat das Ereignis die Sicht der Menschen auf die Rechner verändert: Der Supercomputer „Deep Blue“ schlug den amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparow. Erstmals unterlag ein Mensch einer Maschine in einem kompletten Wettkampf unter Turnierbedingungen – kein Glück, kein Zufall, keine Ausnahme: „Deep Blue“ war einfach besser. Es war ein Vorzeichen: Computer überholen den Menschen seitdem selbst bei den Tätigkeiten, die wir früher für einmalig menschlich hielten.

Somit stellt sich immer mehr die Frage: Werden Computer uns hinter sich lassen? Bleibt noch genügend Arbeit für uns übrig, wenn untereinander vernetzte Maschinen nun auch selbstständig lernen können? Frisst Software die Welt auf, wie es der Investor und Internetvordenker Marc Andreessen formuliert? Oder hat sogar der berühmte Physiker Stephen Hawking recht, der kürzlich zugab, dass ihm der technische Fortschritt inzwischen Angst mache: „Künstliche Intelligenz könnte eine reale Bedrohung in einer nicht fernen Zukunft sein.“

Die Antworten auf diese Fragen sind vielschichtig. Der Kapitalismus steht seit jeher dafür, dass menschliche Arbeit durch Maschinen ersetzt wird. Durch Erfindungen und Fortschritt brauchen Unternehmen weniger Mitarbeiter. Das ist nicht neu, aber vieles deutet darauf hin, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren deutlicher zeigen wird denn je.

Die damalige Rechenleistung von „Deep Blue“ schafft heute ein durchschnittliches Smartphone. Selbstfahrende Autos, denkende Maschinen, lernende Roboter – wir leben in einer Phase der Umwälzung, der neuen Möglichkeiten: Vergleichbar mit der ersten Industriellen Revolution (Buchdruck, Dampfmaschine, Lokomotive) oder der Zweiten (Öl, Autos, Telefon, Strom). Oder wie es der Vordenker Andrew McAfee vom Massachussetts Institute of Technologie (MIT) ausdrückt: „Unsere Generation dürfte das Glück haben, zwei der faszinierendsten Ereignisse der Geschichte mitzuerleben: die Entwicklung wirklich intelligenter Maschinen und die Vernetzung aller Menschen über ein gemeinsames digitales Netz.“

Die Erfindung des PC und des Internet waren nur die Vorboten der dritten großen Revolution. Auch die Dampfmaschine oder die Elektrifizierung brauchten Generationen, bis sie das Leben der meisten Menschen veränderten. Und so werden auch wir erst in den kommenden Jahren die ganze Wucht der neuen Möglichkeiten erleben. Künstliche Intelligenz wird immer mehr leisten können, die Produktivität in unsren Fabriken exponentiell steigern, die Kosten senken, Leben retten und viele Bereiche des Lebens einfacher machen.

Aber: „Je weiter wir ins Maschinenzeitalter vorstoßen, desto größer werden die Gefahren durch Vorsatz oder Versehen“, wie selbst der Technik-Optimist McAfee zugibt. Denn die Vernetzung wird eine Trendumkehr beschleunigen, die ohnehin bereits eingesetzt hat: Rund 200 Jahre lang hat technischer Fortschritt nicht nur die Produktivität gesteigert, sondern auch die Löhne und Gehälter steigen lassen.

Seit einigen Jahren bemerken wir aber, dass die Reallöhne im Durchschnitt gleich bleiben oder zum Teil sogar sinken – obwohl der einzelne Arbeit noch nie so produktiv war. Wir müssen uns mit der Option anfreunden, dass die Digitalisierung nicht mehr automatisch zu steigendem Wohlstand führt – und dass sie mehr Arbeitsplätze denn je kosten wird. Fabrikarbeiter sind es längst gewohnt, sich Sorgen zu machen. Doch wie lange braucht es noch all die Millionen Menschen in den Call-Centern, wenn Maschinen viele ihrer Aufgaben übernehmen können?

Natürlich gilt das Argument, dass es eine Reihe von Tätigkeiten gibt, die Maschinen wenn überhaupt nur sehr bedingt übernehmen können: Ärzte, Lehrer, Köche, Gärtner, Krankenpfleger und auch die meisten Handwerker – um nur einige zu nennen. Dennoch sind auch diese Berufe von der Digitalisierung betroffen. Denn deren wesentliche Folge ist, dass die Mittelschicht unterhöhlt wird: Wer sich bisher auf einem mittleren Qualifikationsniveau befand, muss sich entweder nach unten oder oben orientieren. Für viele wird es entsprechend nach unten gehen. Und wenn immer mehr Gärtner werden wollen, wird das die Löhne durch die wachsende Konkurrenz unter Druck setzen.

Staatliche Eingriffe sollten und können den technologischen Fortschritt nicht bremsen. Dennoch ist Angst unangebracht. Schließlich stellen sich die Menschen seit Jahrhunderten der Frage, die Goethes Zauberlehrling so formulierte: „Beherrschen wir die Geister noch, noch wir gerufen haben?“ Vieles gibt Anlass zum Optimismus.

Denn erstens gilt das Wort von Silicon-Valley-Ikone Peter Thiel: „Menschen konkurrieren um Arbeit und Ressourcen, Computer konkurrieren um gar nichts.“ Womit er meint, dass Maschinen eher Ergänzung als Ersatz sein werden: „Die wertvollsten Unternehmen der Zukunft werden sich nicht dafür interessieren, welche Aufgaben ein Computer allein übernehmen kann.“ Sie würden vielmehr fragen, wie Computer uns bei schwierigen Aufgaben unterstützen können.

Zudem bedarf es für die anderen – wirklich von der Rationalisierung gefährdeten – Berufe nur eines vermeintlich einfachen Mittels: Menschen sollen sich auf die Tätigkeiten konzentrieren, bei denen sie gegenüber Maschinen einen Wettbewerbsvorteil haben – beginnend bei der Ausbildung in der Schule. Menschen können Muster erkennen, die Maschinen in der Regel verborgen bleiben. Es gibt keine wirklich kreativen Maschinen. Oder unternehmerisch denkende oder innovative. Es ist kein Zufall, dass der Super-Android „Data“ bei „Raumschiff Enterprise“ kein Kapitän ist, sondern nur der Wissenschaftsoffizier. Oder um es mit den Worten Pablo Picassos zu sagen: „Computer sind nutzlos, sie können uns nur Antworten geben.“

Begehrt werden vor allem die Arbeitskräfte sein, die in Verbindung mit der Maschine das Beste aus sich herausholen können. Der renommierte Zukunftsforscher Kevin Kelly formuliert es so: „In Zukunft wird man danach bezahlt werden, wie gut man mit Robotern zusammenarbeitet.“ Das belegt übrigens auch das Schachspiel: Kein Supercomputer der Welt kommt gegen einen Menschen an, der sich helfen lässt.

So unterlag die als unschlagbar geltende Schachmaschine „Hydra“ gegen einen menschlichen Spieler, der einen relativ schwachen Laptop als Hilfsmittel benutzte. Offenbar ist die Kombination aus Mensch und Computer der fähigsten Maschine immer noch überlegen.

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