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[05.02. 2013] Verbrauchsvorhersage – Reserven und Leistungen des Stromnetzes

Der Unwissende wird also bei den Unwissenden mehr Glauben finden als der Wissende.” (Platon)

Im Idealfall gibt es in einem Netzsegment zu jeder Zeit genau die Menge an elektrischem Strom, die gerade abgenommen wird. Etwas Überkapazitäten wird man immer haben – aber zu wenig sollte es nie werden. Damit dies funktioniert gibt es im Stromnetz sehr viele Mechanismen die zusammenarbeiten müssen. Jede dieser Mechanismen hat einen anderen zeitlichen Wirkhorizont. Was verbirgt sich hinter den Begriffen: Kaltreserve und Reservekraftwerke?

Zunächst muss ich gestehen, dass mir vor einigen Tagen selbst der Fehler unterlaufen ist die Begrifflichkeiten durcheinander zu werfen. Daher hier die Berichtigung: Wenn ich hier vor einigen Tagen von “Rückgriff auf die Kaltreserve wegen zuviel Strom” geschrieben habe, dann war dies eigentlich ein Rückgriff auf die Reservekraftwerke. Mit dieser fälschlichen Verwendung war ich allerdings nicht alleine…

Was ist die Kaltreserve?

Kraftwerksblöcke, die der Kaltreserve zugeordnet werden sind Blöcke, die für einen längeren Zeitraum nicht in Betrieb sind. Meist über mehrere Monate oder sogar Jahre. Bei vielen Kraftwerken existieren mehrere Blöcke, wobei der vom Betrieb günstigsten Blöcke in Betrieb sind. Andere dagegen nur bei Bedarf, wenn zum Beispiel der Strompreis an der Börse auch bei schlechterer Effizienz zu einem positiven Deckungsbeitrag führt (vergl. Merit Order).

Ein Kraftwerksblock, der zur Kaltreserve zählt befindet sich nicht mehr im Regelbetrieb. Es wurden Vorkehrungen getroffen, um dem Verfall vorzubeugen. Vergleichbar ist dies mit einem Feuerwehrhaus auf dem Land, bei dem vielleicht noch irgendwo im hintersten Eck ein altes Fahrzeug für den Katastrophenschutz steht. Sollte es zum Einsatz kommen müsste erst ein Ölwechsel durchgeführt werden, die Batterie geladen und vielleicht sogar die Reifen montiert werden.

Auch wenn Vorkehrungen für den Verfall getroffen wurden, so findet verursachen die Kraftwerke der Kaltreserve auch weiterhin Kosten. Die höchsten Kosten sind dabei der Wechsel des Betriebszustandes. Ein Controller beim Kraftwerksbetreiber wird daher die Frage stelle: Wie viel Strom konntet Ihr nach Inbetriebnahme tatsächlich verkaufen?

Bei der Kaltreserve ist die langfristige Planung daher von entscheidender Bedeutung. Dient der Verkauf von elektrischer Energie tatsächlich als einzige Einnahmequellen, so muss das Klima beachtet werden, die Volkswirtschaft und ähnliche Indikatoren mit Spannen über 6 Monate. Eine Reaktion auf kurzfristige Marktentwicklungen an der Börse durch besondere Wetterlagen ist mit diesen Kraftwerksblöcken nicht möglich.

Was ist die Reserveleistung?

Ein Kraftwerk, welches der Reserveleistung zugeordnet wird, kann deutlich schneller in Betrieb genommen werden. Meist handelt es sich hierbei auch um einzelne Blöcke eines größeren Kraftwerks. Im Gegensatz zur Kaltreserve wurden bei diesen Blöcken allerdings keine Vorkehrungen für den Verfall getroffen (=keine Konservierung).

Solange der Betriebszustand “Reserveleistung” für ein Kraftwerk gilt, fallen relativ hohe Kosten an, obwohl kein elektrischer Strom verkauft werden kann über den Einnahmen erzielt werden. Je nach Typus des Kraftwerkes kann ein Zeitraum von 24 Stunden ausreichen um sie in Betrieb zu nehmen. Dies bedeutet auch, dass sie bei der der sogenannten “Day-Ahead-Planung” berücksichtigt werden können. Bei dieser Planung wird von den Netzbetreibern der Strombedarf für einen Tag im Voraus geschätzt und versucht zu decken. Als noch fast 100% des Stroms aus konventionellen Kraftwerken stammte, wurden diese Kraftwerksblöcke auch als “Spitzenlast-Kraftwerke” bezeichnet.

Beispiel für ein solches Kraftwerk ist Staudinger 4. Bei der Sicherung von Reserven für den Winter im Herbst letzten Jahres, hatte der zuständige Netzbetreiber mit den Kraftwerksbetreibern vereinbart, dass dieses Kraftwerk aus dem Betriebszustand der Kaltreserve in den Zustand der Reserveleistung überführt wird. Dies bedeutet auch, dass eine Betriebsmannschaft vorhanden sein muss, die das Kraftwerk “fahren” kann.

Die Reserveleistung in einem Feuerwehrhaus sind Spezialfahrzeuge zum Beispiel für den Strahlenschutz oder die Dekontamination. Im Rahmen der Gefahrenbeurteilung kann es sein, dass diese Fahrzeuge manchmal in Bereitschaft genommen werden können – aber nicht dauerhaft an einem Ort stationiert sind. Sollte es zu einem Ernstfall kommen, dann können Sie allerdings von diesem Ort sofort ausrücken.

Ein Controller des Kraftwerksbetreibers wird für Blöcke, die zur Reserveleistung zählen die Frage stellen, wie viel Strom konnte tatsächlich innerhalb der Zeit verkauft werden, die das Kraftwerk als Reserve geführt war. Die Kosten für das Hoch- und Runterfahren sind deutlich geringer, dafür sind kostet jede Stunde, bei der die Reserve nicht benötigt wurde bares Geld.

Die Betriebsplanung (Fahrpläne) für ein Kraftwerk der Reserveleistung orientiert sich an kurzfristigen Indikatoren. War es bei der Kaltreserve das Klima, so ist es bei der Reserveleistung das Wetter. Je nach Vermarktungsstrategie werden auch die Börsenpreise für den Plan entscheidend sein.

Erneuerbare Veränderungen

Egal ob Kaltreserve oder Reserveleistung, es handelt sich bei beiden Betriebszuständen um Reserven zum Ausgleichen von Verbrauchsschwankungen. Selbstverständlich können auch Kraftwerke aus erneuerbaren Energieträgern diese Aufgaben übernehmen. Einige kleinere Wasserkraftwerke sind zum Beispiel schon etliche Jahre eine Kaltreserve, da zum Betrieb ein Umbau auf bessere Sensorik und Fernüberwachung notwendig wäre.

Reserveleistung könnte aus Biomasse/Biogase in Zukunft kommen. Bereits heute wird in einigen Kommunen eine Energietonne für den Bioabfall angeboten. Im Frühjahr 2012 hatte das Kraftwerk “NEXT” sogar zur Regelleistung – einer sehr schnellen Form der Reserveleistung – beigetragen.

Blickt man auf den Ausbau von Erneuerbarer Energie, so ging es bislang sehr häufig darum die Grundlast aus abzudecken. Für die Zukunft wird es notwendig werden auch auf die Reserven zu achten, da die Messer die zum Schneiden der Kapazitäten in der Vergangenheit eingesetzt wurden fortlaufend stumpf werden. Nach meiner Meinung wird das Potential von Biomasse und Biogas in vielen Diskussionen noch nicht nachhaltig betrachtet, wie man auch an der Kritik von Ron Kirchner erkennen kann (dessen Blog empfehle ich übrigens uneingeschränkt, wenn es um das Thema Biomasse geht).

Damit die Energiewende gelingt muss auch die Reserveplanung stimmen (vielleicht eineThese für das Manifest?). Dazu ist es nach meiner Meinung wichtig, dass die Geschäftsprozesse und die Ziele der neuen Betreiber berücksichtigt werden. Der Widerstand der bisherigen Betreiber kann man bereits lautstark in der Presse verfolgen.

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