Читать книгу DIE ROLLEN MEINES LEBENS - Til Erwig - Страница 47
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ОглавлениеEin großes Glück für Mama, denn sie konnte das tüchtige Hausmädchen für sich gewinnen und lebte nun endlich standesgemäß, so wie es ihr als Tochter eines Hoteliers zustand.
Kein Staub wischen mehr, die Blusen nicht selber bügeln, Einkäufe im Milch- und Gemüseladen gehörten der Vergangenheit an.
Mit Annas Hilfe konnte sie sich in Ruhe auf das größte Ereignis vorbereiten, das Frauen in dieser Zeit am meisten beschäftigte: auf die Mutterschaft, auf die Geburt ihres ersten Kindes, auf mich.
Soweit die Erinnerung reicht, hätte meine Familie ohne Anna sicher nicht überlebt, ohne ihre Fürsorge für den kleinen schmächtigen Tom, an dem sie Mutterstelle vertrat, weil Mama sich mitten im ´Endsieg` mit zwei Kindern an ihrer Brust doch sehr schwer getan hätte.
Die Nachkriegszeit, entbehrungsreich, war die schönste Zeit unserer Kindheit, denn wir durften sie in Annas Dorf verbringen, einem Paradies in Südbaden, wo Milch und Honig flossen, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Erinnerung an das knusprige, selbstgebackene riesige Brot, das Emma, die Bäuerin und Schwägerin von Anna, an ihren Busen gepresst in große Scheiben schnitt, die dann mit selbstgestampfter Butter bestrichen wurden; Butter, die kleine bläuliche Bläschen aufwarf und so herrlich duftete, dass ein Brot mit Butter und Salz noch heute zu meinen Lieblingsspeisen gehört. Und wenn es am frühen Morgen, vor der Feldarbeit, noch selbstgemachten ´Schlechsel`, auf hochdeutsch Marmelade, dazu gab, glänzten unsere Pausbacken und die Kinderwelt war in Ordnung.
Annas Vater, den auch wir Stadtkinder ´Opa` nannten, war ein lustiger alter Mann mit weißen Haaren und kräftigem Schnauzbart, der vom Jahre langen Pfeife rauchen eine gelbliche Färbung angenommen hatte. Mit ihm zusammen hinaus auf die um das Dorf herum weit verstreuten Felder zu fahren um frischen Klee für das Vieh im Stall abzuholen, das Josef, der jüngere Bruder von Anna schon in aller Herrgotts Frühe gemäht hatte, war immer ein großes Erlebnis.