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Bahlmann

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Da ich nun eine neue Bleibe mit integrierter „Werkstatt“ hatte, dazu noch einen fahrbaren Untersatz und einen Haufen Geld, war es für mich Zeit geworden, Ausschau nach einem neuen Stück Makulatur zu halten. Wobei Ausschau halten eigentlich falsch ausgedrückt ist. Ich wusste schon ganz genau, welche Art von Personen ich mir als nächstes vorknöpfen wollte. Es sollte ein Mensch aus einer Berufsgattung sein, die sehr viel Gutes und nachhaltiges bewirken konnte. Sie konnte aber auch sehr viel Leid und Elend hervorrufen oder gar selbst darstellen.

Mir waren einige Spezialisten aus dieser Berufssparte ein echter Dorn im Auge. Es waren die, die sich in diesem Beruf durch eigene Kraft und Selbstständigkeit nicht wirklich über Wasser halten konnten und somit im Internet herumstöberten um ihre gesamte Energie und ihr gesamtes Knowhow daraufhin aufbrachten, um Internetnutzern mittels Abmahnungen das Geld aus der Tasche zu ziehen und sich selbst dadurch zu bereichern. Sie griffen selbst auf zweifelhafte Mittel und Wege zurück, um ihre Abmahnungen zu erreichen und zu begründen.

Sehr viele von diesen Abmahn-Anwälten, schossen sich im Nachhinein selbst ins Bein, weil sie und ihre zweifelhaften Methoden aufflogen oder ihre Abmahnungen vor Gericht als haltlos galten.

Aber einige von ihnen, waren sehr erfolgreich und haben die gesamten Geschäftsmodelle ihrer Kanzleien auf Abmahnungen ausgerichtet. Das Ganze war offensichtlich, aber diesen Typen war es egal. Sie waren ja rechtlich gesehen auf der sicheren Seite, wenn sie es geschickt genug anstellten. Gegen manche von ihnen kam auch niemand mehr an, weil sie ihren Job dorthin gehend so sauber und akribisch erledigten.

Sie verdienten sich damit eine goldene Nase.

Bei der Suche nach dem Richtigen, machte ich es mir recht einfach. Ich recherchierte im Internet einfach nach dem Abmahnanwalt, der in den Medien die meisten Abmahnungen und Klagen erfolgreich durchgeboxt hat und der auch keinen Hehl aus seinen Machenschaften machte.

Ich wälzte so einige Internetseiten und Foren und ein Name fiel mir immer wieder entgegen.

Frank Bahlmann.

Herr Bahlmann war achtunddreißig Jahre alt, absolvierte sein Jurastudium mit einunddreißig Jahren und gründete kurze Zeit später seine eigene Kanzlei, die laut meinen Recherchen ursprünglich nicht wirklich erfolgreich war. Bis sich Bahlmann den Abmahnungen von Internetnutzern gewidmet hatte. Hierdurch wurde seine Kanzlei nun immer bekannter und erfolgreicher. Bahlmann brachte es hiermit innerhalb von drei Jahren zu seiner ersten Million und das vierte Jahr, seit der Spezialisierung auf Abmahnungen, lief offensichtlich ebenfalls recht gut. So vielen Menschen hatte der Typ das Geld aus der Tasche gezogen. Keine Ahnung, wie dieser Typ das mache, aber er fand immer wieder irgendetwas, um Leute abzumahnen.

Für mich war es nichts anderes, als legal durchgeführte Erpressungen. Er stöberte in privaten Angelegenheiten von Bürgern und presste dann Geld aus ihnen heraus. Es waren zum Teil unwissende Familienväter, die ihre Urlaubsvideos mit nicht GEMA-freier Musik untermalt hatten, oder mit ihren Kindern kleine Online-Tagebücher mit Bildern verschönern wollten und dabei nicht die eigenen Bilder verwendeten, sondern sich irgendwo welche herunterluden. Diese armen Teufel taten mir wirklich leid.

Ich googelte nach Bildern von Frank Bahlmann und wurde schnell fündig. Ein geschniegelter Aal, mit streng zurückgekämmten dunkelblonden Haaren, die durch übertriebene Nutzung von Pomade oder Haar-Gel schon eher fettig wirkten. Er war nicht hässlich und sportlich gebaut, jedoch mit leichtem Bauchansatz. Im Grunde genauso, wie ich mir einen solchen Typen vorgestellt hatte.

Meine Recherchen ergaben, dass sich seine Kanzlei etwa achthundert Kilometer von meinem derzeitigen Wohnort entfernt befand. Um mir Bahlmann zur Brust zu nehmen, musste ich ihn beobachten und seine Gewohnheiten kennenlernen, was eine gewisse Zeitspanne einnehmen würde. Ich beschloss, mir ein Zimmer in der Nähe der Bahlmann Kanzlei zu nehmen. Die Wohngelegenheiten dort waren nicht billig, da sich die Kanzlei in einem hippen Büroviertel der Stadt München befand.

Geld hatte ich zwar erst einmal genug, aber ich verhielt mich trotzdem weitestgehend sparsam, sodass ich mir nur ein kleines Zimmer in einem drittklassigen Hotel buchte.

Ich buchte mein Zimmer über eine der einschlägigen Hotelbuchungsplattformen und bemerkte in einer anschließenden Mail, dass ich höchstwahrscheinlich erst am späten Abend im Hotel „Stiegrogge“ eintreffen würde. In der Antwortmail betonte der Betreiber des Hotels persönlich, dass das überhaupt kein Problem darstellen würde und alles vorbereitet sein würde.

Klang alles gut und entspannt.

Die Unterkunft erwies sich schlechter, als ich sie mir vorher ausgemalt hatte. Das Hotel „Stiegrogge“ befand sich in einem alten unsanierten Münchener Haus, welches um die Jahrhundertwende gebaut worden sein musste. Also in der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts...

Es war bereits dunkel, als ich auf dem, am Hotel angrenzenden Parkplatz aus meinem Wagen stieg und den Eingang des Hotels suchte. Es war alles dunkel. Weder das Leuchtschild mit dem Namen des Hotels darauf stehend, noch die Hotelbar waren beleuchtet. Ich ging die breite alte Steintreppe hinauf und rüttelte etwas zaghaft an der großen massiven Holztür. Natürlich war sie verschlossen. Mir kam langsam der Gedanke, dass ich oder meine Buchung vergessen wurde. Es fing leicht an, in mir zu brodeln, als ich zu meinem Mobiltelefon griff und die Nummer der Hotels wählte, die ich mir schon vor Antritt meiner Reise im Telefonbuch einspeicherte.

„Ja?“, meldete sich eine etwas genervte männliche Stimme am anderen Ende. Man hörte, dass sich die Person am anderen Ende in einem fahrenden Auto befand. Die Umgebungsgeräusche von hupenden Autos verdeutlichten dies.

„Guten Abend...“, antwortete ich, „...ich habe ein Zimmer in ihrem Hotel gebucht!“, fügte ich genervt an.

„Ich bin gerade nicht vor Ort.“, antwortete die Person am anderen Ende.

„So viel habe ich auch schon bemerkt. Ich bin müde müsste bald mal schlafen!“, knurrte ich etwas ungehalten ins Mikrophon.

„Ja, passen sie auf!

Es gibt einen Seiteneingang mit einem Safe. Der Zahlencode für den Safe ist 26183. In dem Safe befindet sich ein Schlüssel, mit dem sie die Tür des Seiteneingangs öffnen können. Sie gehen, wenn sie im Gebäude sind, rechts den Korridor hinunter. Der Korridor endet an der Rezeption. Auf der Theke liegen einige Zimmerschlüssel. Sie haben die freie Wahl.“, erklärte der Herr am anderen Ende der Leitung schon fast routiniert.

Ich tat, was er sagte. Der Zahlencode für den Safe stimmte. Wobei mir auffiel, dass dieser Safe mit digitalem Zahlenschloss das modernste Gerät in und am gesamten Gebäude sein musste. Ich entnahm den Schlüssel, entriegelte die Tür und trat in den Korridor. Dieser war zum Glück beleuchtet, wenn auch nur sehr schwach. Durch die schwache Beleuchtung konnte ich auch die Rezeption am Ende des Ganges erkennen, die noch etwas mehr beleuchtet war. Erleichtert wurden meine Schritte zügiger. Als ich die Theke erreichte und mir einen Schlüssel ausgesucht hatte, bemerkte ich, dass ich mich beobachtet fühlte. Einen kurzen Moment später vernahm ich ein leises Knurren. Ich blickte auf und sah, dass mich vier Augen anstarrten, die sich in den Köpfen von zwei ausgewachsenen deutschen Schäferhunden befanden.

Ich erstarrte. Lediglich meine Hand wanderte zu meinem Mobiltelefon und wählte die Hotelnummer wiederholt.

„Ja?“, meldete sich die Stimme am anderen Ende wieder.

„Ähm, ich bin es noch einmal.

Ich bin jetzt an der Rezeption und mich knurren hier gerade zwei große Hunde an.“, erklärte ich mit leiser verunsicherter Stimme.

„Die knurren sie an? Das machen sie eigentlich nicht.

Aber seien sie unbesorgt, die tun Ihnen nichts.

Nehmen sie sich einfach den Schlüssel Ihrer Wahl und gehen sie auf ihr Zimmer.

In etwa einer Stunde wird das Hotel auch wieder mit Personal besetzt sein.“, klärte der gute Mann mich auf.

Gesagt, getan.

Ich nahm mir also den Schlüssel meiner Wahl und ging in die zweite Etage des alten Hauses um dann das Zimmer 211 zu betreten.

Angenehm überrascht war ich, als ich das Zimmer betrat. Es wurde offensichtlich frisch renoviert und bot alles, was man sich von einem Hotelzimmer erwarten würde. Minibar, TV mit Flachbildschirm, WLAN sowie ein Telefon. Auch das Bad machte einen sanierten und sehr gepflegten Eindruck.

Ich informierte mich noch kurz, nach den Öffnungszeiten von Bahlmanns Kanzlei und stellte mir den Wecker des Smartphones entsprechend, bevor ich mich schlafen legte.

Am nächsten Morgen war ich geduscht, sowie fertig angezogen, noch bevor der Wecker ansprang. Ich war voller Tatendrang, meinen nächsten mir selbst aufgetragenen Job zu erledigen. Nachdem ich im Hotel ein kleines Frühstück zu mir nahm, verlor ich keine weitere Zeit und stieg in mein Auto. Es war übrigens ein kleiner silberner Golf und damit eines der unauffälligsten Fahrzeuge dieses Landes. Jeder Xte Spießbürger dieses Landes fuhr so eine Möhre.

Ich kam eine halbe Stunde vor Öffnung der Kanzlei, die sich direkt an einer Hauptstraße befand, an und platzierte meinen Wagen auf der gegenüber liegenden Straßenseite in einer Einfahrt zu einer Seitenstraße. Von dort aus konnte ich gut sehen, wer in der Kanzlei ein- und ausging. Die Kanzlei befand sich in einem modernen Gebäude, welches über eine eigene Tiefgarage verfügte. Ich musste also wachsam bleiben und beobachten, welche Person sich in jedem Auto befand, dass den Eingang zur Tiefgarage passierte.

Seit Häuptling gewöhnte ich mir an, immer eine dunkle Sonnenbrille und auch dunkle Kleidung zu tragen, damit ich auf keiner der unzähligen Kameras, die in den Städten installiert waren, ohne weiteres zu erkennen oder zu identifizieren war. Ebenso sollten mich auch keine Personen wiedererkennen, aber das Tarnen in der Öffentlichkeit war ja für mich sowieso kein Problem. So etwas konnte ich ja sowieso mittlerweile im Schlaf.

Es dauerte drei Tage, bis ich Bahlmann das erste Mal zu Gesicht bekam. Wahrscheinlich war er im Urlaub oder auf Geschäftsreise. Er fuhr mit einem braun metallic lackierten Aston Martin vor. Ich konnte sehen, wie er überheblich arrogant Kaugummi kaute und sich noch einmal die Haare zurückkämmte während er sich im Rückspiegel betrachtete, bevor das Garagentor weit genug geöffnet war, dass er mit seinem Wagen einfahren konnte.

Das war er also und meine Arbeit konnte beginnen. Es war bereits Mittag und darum stellte ich mich auf eine lange Wartezeit vor der Kanzlei ein. Hin und wieder holte ich mir einen Kaffee oder einen kleinen Snack aus der Cafeteria, die sich in der Nähe meines Beobachtungsplatzes befand. Ich ließ aber niemals die Ausfahrt der Kanzlei aus den Augen.

Zu meiner Verwunderung verließ Bahlmann die Kanzlei schon etwa zwei Stunden nach seinem Eintreffen. Im zweiten Gedankengang fand ich es nicht einmal verwunderlich, dass er nur so kurz in seinem Büro war. Er machte ja enormes Geld mit seinen Machenschaften, wobei er vermutlich die meiste Arbeit an andere abwälzte.

Als er mit seinem Wagen auf die Hauptstraße bog, gab er Gas. Ich hatte Mühe, ihm zu folgen, weil sein Aston Martin über einige Pferdestärken mehr verfügte, als mein Golf. Während ich ihm folgte, notierte ich auf meiner geistigen Bucketlist, dass ich meinen Wagen etwas tunen lassen musste.

Ich folgte Bahlmann etwa eine halbe Stunde lang. Die Gegend wurde immer ruhiger und ländlicher. Er bog in eine Straße ein, in der sich nur noch kleine bis mittelgroße Edelhäuser befanden. Eines dieser Edelhäuser gehörte offensichtlich ihm, denn das Eingangstor zum Grundstück öffnete sich, ohne dass er sich aus seinem Wagen bewegt hatte.

Ich wusste jetzt also, wo er arbeitete und wo er wohnte.

In den folgenden Wochen beobachtete ich ihn rund um die Uhr. Ich konnte seine Gewohnheiten und Gepflogenheiten im Schlaf aufzählen.

Während der Zeit, in der ich ihn beobachtete, investierte ich etwas und legte mir eine gute Kamera inklusive Teleobjektiv zu, auch ein Nachtsichtgerät besorgte ich mir, um ihn auch vom Weiten und in der Nacht, wenn er zuhause war, besser beobachten zu können. Das Teleobjektiv war so gut, dass ich mit selbigem sogar, von außerhalb des Grundstücks beobachten konnte, welchen Code Bahlmann in die Alarmanlage seines Hauses eingab, um sie ein- oder auszuschalten.

Ich wusste ja genau, wann Bahlmann zuhause war und wann nicht und verschaffte mir eines Nachts Zugang zu seinem Haus. Nicht übel, was ich dort so vorfand. Alles, wirklich alles vom Feinsten. Ich traute mir anfangs nicht mal irgendetwas anzufassen, obwohl ich Handschuhe trug. Alles sah teuer aus und die ganze Bude kam mir schon fast steril vor.

Die Grundfarbe des gesamten Inventars erschien im glänzendem Weiß. Dazu noch weißer Marmor als Fußboden. Ich stellte mir vor, dass man im Sommer, wenn die Sonne hier hereinschien, nur mit Sonnenbrille herumlaufen konnte, weil man sonst schnell eine Schneeblindheit bekommen könnte.

Ich sah mich ein wenig um. So eine Bude machte schon etwas her. Ein riesiges Wohnzimmer, mit direkter Treppe hinauf zum Schlafgemach. Vier Badezimmer und vier Schlafzimmer befanden sich in dem Haus, allesamt sehr geschmackvoll und offensichtlich teuer eingerichtet.

Als ich in seinem Büro herumstöberte, fand ich zwei Kaufverträge von Ferienhäusern auf Mallorca und Ibiza, inklusive entsprechender Versicherungen für diese Immobilien. Des Weiteren fand ich mehrere Mobiltelefone. Das neueste von denen nahm ich an mich. Ich fand auch Bankunterlagen unterschiedlicher Banken, bei denen Bahlmann Konten besaß. Lustig war, dass ich auch gleich seine Onlinebanking-Informationen in seinen Unterlagen fand. Von alle dem Machte ich mir schöne Fotos mit meinem Smartphone. Man weiß ja nie.

Als ich aufräumte, um alles wieder so zu hinterlassen, wie ich es vorfand, fiel mir ein kleines Geheimfach in seinem Aktenschrank auf.

Taataa...

Hier fand ich etwa ein halbes Kilo eines gewissen weißen Pulvers, welches ich ebenfalls an mich nahm. Ich selbst nahm keine Drogen, aber man weiß ja nie.

Am nächsten Morgen rief ich Bahlmann mit unterdrückter Nummer von seinem eigenen Handy, welches ich in der Nacht zuvor an mich nahm, an.

Nachdem er sich meldete, fragte ich ihn, warum er das tat, was er tat. Ob er kein Gewissen hatte, dass er sich an dem Unwissen anderer zu bereichern.

Er zeigte wenig Anteilnahme und wies mich darauf hin, dass ich ihn besser nicht mehr belästigen sollte, weil mich sonst vielleicht sehr unangenehme Leute besuchen kommen würden. Er hatte wohl noch nicht bemerkt, dass keine Nummer auf seinem Telefon angezeigt wurde. Es kam aber schon ziemlich bedrohlich herüber, was er sagte und wie er es sagte.

Wäre ich eine Person gewesen, die sich von anderen einschüchtern lassen würde, wäre ich jetzt tatsächlich eingeschüchtert gewesen.

So eine Person war ich aber nicht.

Ich fragte ihn, was er davon halten würde, in den nächsten drei Wochen wenigstens einigen seiner Opfer einen Teil ihrer Abmahnbeträge zurückzuzahlen.

Bahlmann gab mir daraufhin ziemlich deutlich zu verstehen, dass ich mich besser aus seinen Angelegenheiten heraushalten sollte, um nicht unter die Räder zu gelangen. Ich ersuchte ihn erneut, in den nächsten drei Wochen etwas zu unternehmen, damit ich seinen guten Willen erkennen konnte.

Bahlmann blieb ziemlich unbeeindruckt.

Klar, er wusste ja auch nicht, mit wem er es zu tun hatte.

Mir war von Anfang an klar, dass er sich von mir, also einem für ihn völlig anonymen Unbekannten, nicht zu irgendetwas drängen ließ. Nichts desto trotz, gab ich ihm einige Wochen Zeit, in denen ich ihn weiterhin genau beobachtete.


*


Sechs Wochen später bekam Bahlmann einen Anruf von mir. Es war bereits später Abend und er verließ das Büro als letzter. Er war gerade in der Tiefgarage, als ich ihn anrief.

„Bahlmann, altes Haus!“, begrüßte ich ihn scherzhaft, als er meinen Anruf annahm.

„Wer ist da?“, fragte Bahlmann.

„Du hast keinem einzigen Menschen das Geld zurückgezahlt, an dem Du Dich bereichert hast.“

„Ach Sie sind das schon wieder! Hören Sie auf mir auf den Zeiger zu gehen, sonst bekommen Sie wirklich Probleme!“, Bahlmann war hörbar genervt, bewahrte aber sachlich, wie ein richtiger Anwalt, das „Sie“.

Ich fing an, Tacheles zu reden.

„Sind Ihre Versicherungen eigentlich misstrauisch geworden, als zuerst Ihr Haus auf Ibiza mittels Brandstiftung in Flammen aufging und eine Woche später auch noch Ihr Haus auf Mallorca?“

Schweigen auf der anderen Seite.

„Das war ich.“, heftete ich hinten an.

„Ich war es übrigens auch, der Ihr Haus in München letzte Woche wie ein Schlachtfeld hinterlassen, ihre Rolex-Uhren-Sammlung hat mitgehen lassen und in Ihren Pool gepisst hat. Und ach ja, ihren Kokain-Vorrat habe ich auch an mich genommen.“

Bahlmann blieb an der Fahrertür seines Aston Martin stehen. Er erstarrte fast. Ich sah, wie es begann, in ihm zu arbeiten, denn ich befand mich ebenfalls in der Tiefgarage seines Bürohauses.

„Du warst das?“, fragte er jetzt nicht mehr ganz so sachlich distanziert, wie vorher.

„Sag mir wo Du bist und dann mach ich Dich fertig!“, brüllte er in den Hörer.

„Ich bin hier!“, sagte ich mit ruhiger Stimme und nicht mehr durch das Telefon, denn ich stand jetzt direkt hinter ihm.

Bahlmann schreckte auf und drehte sich zu mir, als ich ihm auch schon einen Elektroschocker an den Hals hielt und selbigen aktivierte.

Mann o mann, hat der gezappelt.

Ich hielt den Elektroschocker weiter an seinen Hals, während er steif umfiel. Als er am Boden lag, nahm ich den Elektroschocker von seinem Hals, aber er zuckte noch weiter. Da er mir aber noch ansprechbar vorkam, gab ich ihm noch einen rechten Haken, damit er auch wirklich ausgeschaltet war. Er hatte ja schließlich eine Reise von etwa achthundert Kilometern in seinem Kofferraum vor sich. Zur Sicherheit, dass er nicht an einer Raststätte im Kofferraum randalieren konnte, fesselte ich seine Hände und Füße und Band die Hand- und Fußfesseln aneinander.

Nachdem ich ihn im Kofferraum platziert hatte, stieg ich in seinen Aston Martin und fuhr aus der Tiefgarage. Ich hielt noch kurz neben meinem Wagen, um das Diebesgut, welches ich aus Bahlmanns Haus gestohlen hatte, mit auf die Reise zu nehmen. Meinen Wagen selbst, würde ich später nachholen.

Die Rückreise kam mir kürzer vor, als die Hinreise. Das sollte aber immer so sein, hatte ich mal gelesen.

Ich brauchte lediglich einen Stopp auf der Rückreise, um einmal kurz auszutreten. Als ich von der Toilette der kleinen Raststätte zurückkam legte ich mein Ohr auf die Kofferraumhaube und lauschte kurz, ob ich etwas von Bahlmann hörte. Ich konnte aber keinen Laut vernehmen. Nach einem kurzen unauffälligen Rundumblick, öffnete ich den Kofferraum kurz, um mich zu vergewissern, ob Bahlmann überhaupt noch atmete und siehe da, er schlief ruhig, wie ein Baby.

Wir waren die ganze Nacht unterwegs, auch wenn ein Aston Martin sein schnelles Auto war, musste ich mich ja an gewisse Geschwindigkeitsregeln halten, um nicht unnötig aufzufallen.

Als ich am frühen Morgen an meinem Lagerhaus ankam, entschloss ich mich, den Wagen im Lagerhaus verschwinden zu lassen und mir ein ausgedehntes Frühstück zu gönnen, bevor ich mich um Bahlmann kümmern würde. So oft sieht man hier im Hafengebiet ja nicht Edelsportwagen vor Lagerhallen parken. Es würde nur unnötig auffallen. Ich öffnete also eines der Rolltore des Lagerhauses, fuhr mit dem Wagen hinein und schaltete den Motor ab.

In der Nähe meines Lagerhauses gab es ein Imbiss für Hafenarbeiter und Fernfahrer, in der man auch sitzen konnte. Es war also mehr eine Kantine, als ein Imbiss. In dieser wollte ich mir das Frühstück genehmigen. Als ich meine Hose auf der Suche nach meinem Portemonnaie abtastete, fiel mir auf, dass es noch in meiner anderen Hose im Hotel in München lag. Ich stieg aus und öffnete die Kofferraumhaube. Bahlmann starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an und fing an wild herum zu zappeln und mich zu beschimpfen, als ich sein Jackett nach Geld abtastete. Zumindest dachte ich mir, dass er mich beschimpfte. Verstehen konnte ich ihn nicht, weil ich ihm noch in München seine Socken in den Mund gestopft hatte. Er grunzte wütend vor sich hin und hatte bestimmt einen ganz trockenen Mund.

Nach einem kurzen Moment der Abtastungen, fand ich in der Innentasche seines hellbraunen Jacketts tatsächlich etwas. Es war eine Geldklammer mit sage und schreibe sechstausend fünfhundert Euro. Ich stopfte das Geldbündel in meine schwarze Jacke und schlug die Kofferraumhaube wieder zu, ohne Bahlmann noch eines Blickes zu würdigen, der mir grunzend hinterher fluchte. Mich ließ das kalt, weil auch Bahlmann jemand ohne Gewissen war. Den Autoschlüssel platzierte ich direkt unter dem Wagen. Ich schloss das Rolltor zur Lagerhalle, damit Bahlmann nicht durch irgendwelche lauten Geräusche auf sich aufmerksam machen konnte.

Ich brauchte etwa sieben Minuten, um den Imbiss namens „Elfies Brutzelhaus“ zu erreichen. Es war draußen noch nicht richtig hell, darum konnte man sehen, dass das Licht in dem Imbiss brannte. Die Fenster waren mit einer lichtdichten Folie verklebt, sodass kein Blick herein und auch kein Blick herausdringen konnte. Sah schon etwas finster aus, der Laden. Lediglich durch die offene Tür schien etwas Licht nach draußen.

Als ich die Kantine betrat, zählte ich drei Personen. An einem Tisch in der Nähe der alten abgegriffenen Theke saßen zwei Männer um die fünfunddreißig Jahre alt, mit robuster Gestalt und unterhielten sich. Einer von ihnen sprach mit einem osteuropäischen Akzent. Sie kamen mir in der Räumlichkeit etwas verloren vor, da sich zehn Tische in der Lokalität befanden, welche alle unbesetzt waren. Die dritte Person, befand sich hinter der Theke und dabei handelte sich vermutlich um Elfie, der Betreiberin und Namensgeberin des Geschäfts.

Als ich an die Theke herantrat wurde ich mit einem lieblosen „Bitte!“ ohne Lächeln von der blond-grauen Mittfünfzigerin zu einer Bestellung aufgefordert.

Ich bestellte mir Brötchen mit Rührei und Speck und dazu einen Kaffee. Damit ich diesen Laden ohne weiteren Kontakt auch nach dem Essen schnell wieder verlassen konnte, bat ich sie darum, gleich bezahlen zu können.

„Das macht dann vier neunzig.“, brummte sie.

Ich holte Bahlmanns Geldklammer aus meiner Jacke und versuchte einen fünfzig Euroschein einigermaßen unauffällig aus dem Geldbündel zu ziehen. An den weit aufgerissenen Augen von Elfie konnte ich erkennen, dass es mir dann doch nicht so unauffällig gelungen ist. Offenbar haben die beiden Herren an dem Tisch Elfies Gesichtsausdruck bemerkt, denn ihr Gespräch verstummte plötzlich.

Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen und bezahlte mein Essen mit dem Schein. Nachdem ich das Wechselgeld erhalten hatte, ging ich zu einem Tisch, nahe der Ausgangstür hinüber und setzte mich mit dem Gesicht zu den beiden Herren. Ich spürte und als ich mich setzte, sah ich auch, dass sie mich beobachteten. Das war ein nicht sehr angenehmes Gefühl, muss ich sagen.

Während ich auf mein Frühstück wartete ging ich eine Weile in mich und versuchte die lange Autofahrt zu verarbeiten. Ich malte mir auch schon aus, wie ich mit Mistkerl Bahlmann weitermachen würde. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Elfie die beiden Herren darauf aufmerksam machte, dass deren Frühstück fertig war.

„Rainer! Valentin! Euer Essen ist fertig. Euch brauche ich jawohl nicht mehr bedienen, oder?“, keifte sie zu den beiden herüber. Die beiden standen wortlos auf und nahmen sich ihr Frühstück.

Als Elfie mir mein Essen ebenso lieblos auf den Tisch schob, wie es angerichtet war, bemerkte ich, wie ich weiterhin das Objekt aller Beobachtungen war. Ich bedankte mich und fing prompt an zu essen, weil ich auch schnell wieder raus aus diesem Laden wollte.

Ich brauchte nicht sehr lang für mein Frühstück. Zum einen, weil die Atmosphäre in dem Lokal nicht wirklich zum Wohlfühlen war zum anderen, weil ich auch den Herrn Bahlmann endlich aus seiner Situation befreien wollte. Ist ja eng in so einem Kofferraum. Nicht dass ich wirklich Empathie für Bahlmann empfand...

Während ich aufstand, wischte ich mir den Mund mit der Papierserviette ab, die mir zu dem Mahl gebracht wurde und verließ den Laden mit einem kurzen Winken.

Als ich wieder auf dem Weg zum Lagerhaus war, atmete ich die morgendliche Luft tief ein und meine Schritte verlangsamten sich immer mehr. Was für ein schöner Morgen das war. Hinter den Hafengebäuden ging die Sonne langsam auf und färbte den Himmel rot und die Wolken in ein sanftes Lila.

„Hey! Warte mal!“, hörte ich eine Stimme hinter mir.

Als ich mich umdrehte, sah ich Rainer, der eigentlich eben noch am Tisch saß und sein Frühstück in sich rein schaufelte.

Ich blieb stehen.

„Was gibt es?“, fragte ich ihn.

„Und wo ist Valentin?“, fragte ich, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich wusste, wer er war und dass ich mir denken konnte, was er und sein Kumpel von mir wollten. Ich drehte mich zu ihm um und blickte zu ihm auf. Er war eine Ecke größer als ich.

„Wie wäre es, wenn du mir etwas von deinem Geld gibst?“, fragte er.

Ich dachte ein paar Sekunden über eine angemessen sarkastische Antwort nach. Dann bemerkte ich ein kurzes starkes Vibrieren in meinem Kopf. Dabei hörte ich ein Klirren und dann wurde es plötzlich dunkel.


*


Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Bett und mir stieg ein Geruch von Desinfektionsmitteln in die Nase.

Ich befand mich offensichtlich in einem Krankenzimmer. Neben mir lag ein älterer Herr.

„Ach, da ist ja jemand von den Toten aufgewacht!“, rief mein Zimmernachbar zu mir herüber.

„Sie waren ganz schön lange weg.“, sagte er.

„Wie lange?“, fragte ich.

„Also seit fünf Tagen liege ich hier und Du warst schon da.“, antwortete er.

„Oh ha, Bahlmann!“, dachte ich.

Ich fasste mir an den Hinterkopf und fühlte eine kahl rasierte Stelle mir einem großen Pflaster drauf.

Nachdem ich mich aufrichtete, schob ich mich langsam vom Bett auf meine Beine. Natürlich trug ich ein Krankenhaushemdchen. Nach einigen Momenten auf wackeligen Beinen, schleppte ich mich zu den Kleiderschränken des Zimmers. Ich suchte meine Sachen und öffnete dabei eine Schranktür nach der anderen. Als ich endlich meine Sachen fand, griff ich mir alles und verschwand auf dem Klo, um mich anzuziehen.

Als endlich ich meine Sachen anhatte, galt es jetzt für mich, möglichst unauffällig diesen Ort zu verlassen.

Ich öffnete die Toiletten Tür zum Krankenzimmer und sagte meinem Zimmernachbarn, dass ich mal eben eine rauchen musste und gleich wieder da sein würde.

Dieser nickte verständnisvoll.

Ich zog mir meine Kapuze über den Kopf und verließ das Zimmer. Ein reges Treiben in der Klinik verhinderte, dass mich irgendjemand als Patienten erkannte. Ich brauchte mir auch keine Sorgen machen, dass irgendjemand wusste, wer ich überhaupt war, weil meine Personalien ja noch immer in meinem Münchener Hotelzimmer lagen.

Ich nahm mir eines von den Taxis, welche allzeit bereit vor dem Krankenhaus parkten, ließ mich zu meiner Wohnung neben Jurys fahren, die ich noch immer hatte und in der ich mein gesamtes (Diebes)-Guthaben platziert hatte. Ich musste den Taxifahrer ja auch irgendwie bezahlen, der noch unten vor dem Haus wartete. Nachdem ich mich mit Geld eingedeckt hatte, stieg ich zurück ins Taxi und ließ mich in den Hafen fahren.

Einige hundert Meter von meinem Lagerhaus entfernt ließ ich mich absetzen und bezahlte das Taxi.

Den Rest der Strecke ging ich zu Fuß. Ich war unentschlossen, ob ich mich beeilen oder mir Zeit lassen sollte, weil ich nicht wusste, in welchem Zustand ich Bahlmann vorfinden würde.

Als ich, am Lagerhaus angekommen, das große Rolltor öffnete, lauschte ich, ob ich Bahlmann grunzen oder klopfen hörte, aber da war nichts. Ich nahm den Schlüssel für den Aston Martin, den ich vor meinem zweifelhaften Elfie-Frühstück unter dem Wagen platzierte und öffnete den Kofferraum. Bahlmann war tot. Ich wollte Bahlmann töten, ja, aber so?

Ich wollte nicht, dass er so jämmerlich krepiert. Ich wollte ihn in Würde mit seinem eigenen Koks an einer Überdosis verrecken lassen. Aber so wie das hier war es nicht in meinem Sinne und das machte mich sauer.

Die Leiche hob ich aus dem Kofferraum und schleifte sie in das Kühlhaus meines Lagerhauses. Zum ersten Mal hatte ich die integrierte Kühlanlage meines Lagerhauses aktiviert und stellte sie auf minus fünfundzwanzig Grad Celsius.

Ich wusste nicht genau, wie ich mit Bahlmann weiter verfahren wollte, aber Rainer und Valentin hatten sich gerade zu zwei weiteren Kandidaten auf meiner Bucketlist gemausert und ich überlegte auch, ob Elfie teilhaben sollte. Doch bevor ich mich um die nächsten Makulaturen kümmern würde, wollte ich erst einmal meine Sachen aus dem Hotel in München holen, meine Rechnung bezahlen und mein Auto holen. Es sollte alles seine Richtigkeit haben, damit ich nicht unnötig auffiel.


*


Nach einer erneut langen Fahrt mit dem Zug nach München und mit meinem Golf zurück, machte ich erst einmal an meiner alten Ghettowohnung neben Jurys halt, um etwas zu schlafen und neue Kraft zu tanken.

Ich schlief tatsächlich knappe achtzehn Stunden lang.

Nach dem ich mich aus dem Bett ins Bad und dann unter die Dusche schleppte, begann ich wirklich wach zu werden. Mit einem einigermaßen klaren Kopf setzte ich mich dann an mein altes Notebook und bestellte fleißig Dinge im Internet.

Für meinen neuen Beruf, musste ich mich ein wenig ausrüsten. Ich bestellte Draht, Kabelbinder, Panzertape, eine Kettensäge, sehr scharfe Messer, zwei stabile Tische aus Edelstahl, wie sie in der Gastronomie oder Fisch- und Fleischverarbeitung verwendet wurden, einen Holzofen und dazu jede Menge Holz zum Heizen. Zusätzlich bestellte ich mir aber auch Dinge, die mir Übernachtungen in dem Lagerhaus ermöglichten. So bestellte ich eine Liege mit einer guten Matratze, sowie einen kleinen Elektroherd, ein Radio und einen Kühlschrank. Ich weiß, ich hatte ein ganzes Kühlhaus, aber ich wollte nicht unbedingt mein Essen neben toten Menschen lagern, zumal ich ja die Temperatur auch auf minus fünfundzwanzig Grad herunterreguliert hatte.

Die Bestellungen tätigte ich immer auf anderen Portalen, damit nicht irgendwo in einer Statistik so etwas erschien, wie „jemand, der sich diese Kettensäge bestellte, bestellte sich auch dieses Nachtsichtgerät“, oder „jemand, der sich dieses Panzertape und diese scharfen Messer bestellte, bestellte sich auch diese stabilen Edelstahltische“.

Ich hatte das Meiste als vierundzwanzig Stunden Schnell-Lieferung bestellt und bis auf die einige wenige Teile wurde alles pünktlich geliefert.

Für den Ofen ließ ich extra einen Monteur kommen, der mir das Abluftrohr fachgemäß nach draußen leitete. Während des Heizens an einer Kohlenmonoxyd-Vergiftung zu sterben war jetzt ja auch nicht so dolle.

Ich richtete mir alles so ein, dass ich es einigermaßen gemütlich fand und auch optimal arbeiten konnte. Als ich meine Definition von „fertig“ erreichte, ging ich zum ersten Mal die komplette Lagerhalle ab und vergewisserte mich, dass niemand von außen einen Blick hineinwerfen, oder gar eindringen konnte. Nach meinem Rundgang befand ich meine Sicherheitsvorkehrungen als abgeschlossen.

Nun musste ich noch Bahlmanns Aston Martin loswerden.

Am folgenden Wochenende begab ich mich wieder auf den Automobilbasar, auf dem ich schon Häuptlings Benz verkauft hatte und suchte wieder den gleichen Käufer, der mir auch den Benz abkaufte. Dieser hatte mir angenehm wenig Fragen gestellt und erschien mir als ein zuverlässiger Auto-Ins-Ausland-Bringer.

Es dauerte gar nicht lange, ihn zu finden, denn es war ein großer stabil gebauter Typ, Mitte vierzig, mit kurz geschorenem Würfelkopf und er bewegte sich in denselben Bereichen des Basars, wie letztes Mal.

Ich stellte den Aston Martin etwas abseits ab, um nicht die volle Aufmerksamkeit aller Handelnden auf mich zu ziehen. So ein Wagen war selbst auf einem Automarkt nicht alltäglich.

Noch bevor mich erste potenzielle Käufer umringen konnten, verließ ich den Ort um den Händler vom letzten Mal aufzusuchen. Er erkannte mich sofort und begrüßte mich mit einem halbseitigen Grinsen und einem Augenzwinkern, was mir etwas Zeit an Erklärungen ersparte, da ich auch dieses Mal keine Fragen gestellt bekommen wollte.

„Was hast Du dieses Mal für mich?“, gab er mit leichtem Akzent von sich, während er mir die Hand gab. Ich gab ihm, ohne etwas zu sagen, ein Handzeichen, dass er mir folgen solle und führte ihn zu Bahlmanns Wagen.

„Junge, das ist ja mal ein Wagen. Wo hast du den denn her?“

Ich führte meinen Zeigefinger zu meinem Mund, um ihm zu suggerieren, dass er mir keine Fragen stellen sollte.

„Schon klar...“, sagte er.

“...aber wenn der wütende Besitzer irgendwann mit irgendwelchen Gorillas hier auftauchen sollte, dann haben wir beide ein großes Problem miteinander, mein Junge.“

„Der Besitzer wird garantiert niemals hier auftauchen.“, versicherte ich ihm.

„Kommen wir zum Geschäft“, wich er vom Thema ab.

„ich gebe Dir zwanzigtausend.“

„Du weißt genau, wie viel so ein Auto wert ist. Ich habe nicht viel Zeit, um lange zu verhandeln.“, antwortete ich unbeeindruckt.

„Okay, ich kann Dir siebenunddreißig tausend Bar auf die Hand geben. Mehr habe ich nicht und mehr kann ich auf die Schnelle auch nicht besorgen.“, sagte er mit ehrlicher Mine.

Ich nickte und reichte ihm die Hand.

„Keine Fragen, keine Nachforschungen.“, vergewisserte ich mich bei ihm.

„Keine Sorge!

Ich bin übrigens Vlad.“, bestätigte er, bevor er meine Hand wieder losließ.

„Handelst du nur mit Autos, oder bist du auch flexibler?“, fragte ich Vlad.

„Wie meinst du das?“, fragte Vlad mit interessiertem Unterton in seiner Stimme.

„Kannst du auch LKW gebrauchen, mit oder ohne Ladung und genauso ohne Fragen?“, fragte ich ihn.

„Ich bin sicher, dass ich wir ins Geschäft kommen können. Warte, ich gebe dir meine Nummer.

Die bekommt nicht jeder, aber ich sage dir gleich, wenn du mir die Polizei oder irgendeine Mafia auf die Pelle hetzt, bist du Geschichte.“, machte er mir klar, während er seine Mobilnummer auf einen Zettel schrieb.

„Keine Sorge, ich bin auch für einen unauffälligen und reibungslosen Ablauf der Dinge.“, bestätigte ich ihm.

Er überreichte mir den Zettel mit seiner Nummer und das Geld. Ich überreichte ihm den Schlüssel für den Aston Martin, dann gaben wir und erneut die Hand und blickten uns dieses Mal länger und tiefer in die Augen. Ich erkannte eine Spur von Misstrauen in seinem Blick, woraufhin ich mir in meinem noch etwas weniger Emotion anmerken ließ als ohne hin die gesamte Verhandlungszeit. Lediglich meinen rechten Mundwinkel zog ich aus Höflichkeit etwas nach oben. Als sich unsere Hände wieder verließen, Notierte ich seine Nummer auf meinem Unterarm und zündete den Zettel an.

Vlad sollte mir vertrauen.

Anschließend kehrte ich ihm den Rücken zu und verließ den Basar, ohne mich noch einmal umzudrehen.

So, den Aston Martin war ich los und hatte wieder etwas Geld fürs Sparschweinchen.

Bahlmann hatte ich zwar noch in meinem Kühlhaus liegen, aber ich fühlte mich bereit für etwas Neues.

Bereit für Rainer und Valentin.

Rückstoß

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