Читать книгу Auf den Spuren der Energie - Tina Peel - Страница 7
Ringelpiez zu zweit im Juni – Die Zwillinge beGEISTern sich!
ОглавлениеDer Juni kommt und die Zwillinge stürzen sich begeistert und neugierig auf dieses wundersame Leben. Sie wollen es in all seinen Facetten kennenlernen und das am liebsten sofort, auf der Stelle. Sie könnten ja etwas verpassen. „Ist es nun eigentlich noch Frühling oder schon Sommer?“ fragen sie sich und einander. Auch darüber wird eifrig diskutiert, während sie draußen vor dem Café sitzend – natürlich mittendrin im pulsierenden Leben, wo sonst – den Leuten beim Flanieren zusehen und dabei locker flockig über Mode, Aussehen und Gott und die Welt plaudern. Sie springen blitzschnell von Thema zu Thema, so dass es einem vom bloßen Zuhören schwindlig werden könnte.
Ja, das Leben ist schön, das fand seinerzeit schon Adam im Paradies. Aber so richtig glücklich war er trotzdem nicht. Irgendwas fehlte, doch was? Es gab niemand, den er fragen konnte. Selbst Gott war zu absorbiert von seinen Experimenten mit neuen Lebensformen und hatte keine Kapazitäten frei, um ihn aufzuklären.
Alles ist zweipolig im Leben
Tom Hanks ging es im Film Cast Away ähnlich. Der Mann hatte einen Flugzeugabsturz überlebt! Man könnte meinen, das sei Grund genug, sich seines Lebens zu freuen. Er fand auf seinem Inselparadies zwar alles Nötige zum Überleben, konnte es jedoch mit niemand teilen, und genau das wurde zum Problem. Wie schon der Stier zuvor begriffen hatte, reicht überleben allein eben nicht. Die einsame Insel, von der wir träumen, wenn die Pflichten des Alltags uns erdrücken und wir uns im Hamsterrad gefangen fühlen, ist nur in der Vorstellung ein Traum. Allein und ohne einen „Gegenpol“ zum Quatschen eiern wir trotz Palmen, weißem Strand und türkisblauem Meer orientierungslos herum wie ein Kompass nach einem Polsprung.
Tom Hanks malte mangels Alternativen ein Gesicht auf einen Ball und unterhielt sich damit, um nicht verrückt zu werden, auch wenn das verrückt klingt. Langeweile kann tödlich sein, jedenfalls für den Geist.
Adam hingegen hatte keinen Ball, stattdessen Äpfel, mit Essverbot, immerhin. Ein Schelm, wer denkt, Gott hätte das Verbot absichtlich ausgesprochen, um bei seinen Pappenheimern das Interesse zu wecken. Nichts regt bekanntlich den Geist mehr an als ein Verbot. Wer es nicht glaubt, frage doch mal seine Kinder.
Möglicherweise erzählt die Schöpfungsgeschichte einen realen Zwischenfall am Himmel. Die Rippe, aus der Eva entstand (Gott hatte Adams Unzufriedenheit also doch mitgekriegt), sei ein uraltes Symbol für den Mond, heißt es, und dass das Leben auf der Erde begann, als sich der Mond als Folge eines Impacts von der Erde abspaltete. Klingt plausibel, wenn man bedenkt, dass der Mond die Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne hält und Leben in dieser Form nur dank genau des bestehenden Abstands und Neigungswinkels zur Sonne entstehen konnte. Das muss man sich mal vorstellen!
Jedenfalls besitzt laut Physik Materie immer zwei Pole. So haben wir es in der Schule gelernt. Und die braucht es auch, das schafft den nötigen Raum für den Geist, der der Materie Leben einhaucht. Auch wenn erst Eva Adam zum Mann machte und das unbestreitbar zur Vertreibung aus dem Paradies führte, können wir das unter dem Strich als positiv bewerten. Denn lieber Ringelpiez zu zweit in der Materie als allein im Paradies, stimmt’s? Insofern kann man Eva für ihre Neugier nur danken. Hätte sie damals diesen Apfel nicht verputzt, wäre das Leben ganz schön langweilig – und überhaupt, es gäbe auch keinen Sex. Im Paradies war Fortpflanzung überflüssig, da war noch alles eins, nicht zwei.
Sich, das Ich, mit anderen teilen
Dank Eva sitzen nun also die Zwillinge – nicht nur im Juni aber auch – gemütlich draußen vor Cafés in Parks und auf der Gasse, kurz gesagt dort, wo viel los ist, atmen Kaffee- und andere Düfte ein und tauschen Worte aus wie Sammelkarten. Ein Wort gibt das andere, das Gespräch wirkt geistig an- und manchmal aufregend, sogar dann, wenn sich die beiden nicht besonders gut verstehen. Sie teilen sich mit (einander) und erfahren allerlei, und zwar nicht nur über Gott und die Welt, Nachbarn, Promis und die Leute, die vorbeiflanieren. Sie erfahren ebenfalls etwas über sich selbst ... sofern sie sich klugerweise beim Reden zuhören natürlich.
Und das sollten sie unbedingt, denn echte Kommunikation ist ein Austausch, ein Geben und Nehmen, also ebenfalls zweipolig. Jeder Teilnehmer sollte ebenso zuhören wie selbst etwas beisteuern, sonst ist es kein Austausch, sondern ein Monolog. Erst durch einen echten Austausch erhalten die Teilnehmer des Palavers Zugang zu dem, was ihr Gegenüber beschäftigt, wie auch – und das ist entscheidend! – zu dem, was ihn selbst innerlich beschäftigt.
Es gibt tatsächlich nicht nur zwei Pole in der Welt, das Thema zieht sich durch alles hindurch. Es gibt auch zwei Welten in uns, eine äußere, sichtbare, eine körperliche Welt, und die unsichtbare Innenwelt, was wir denken und fühlen. Wirklich begreifen können wir jedoch nur, was wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen. Die Zwillinge werden oft als zwei Gesichter dargestellt, die in entgegengesetzte Richtungen schauen. Landläufig heißt es, unter der Zwillinge-Sonne Geborene besäßen zwei Gesichter. In Wahrheit verbinden sie zwei Welten. Das eine Gesicht schaut heraus und das andere hinein.
Zwei Welten, die wie Zwillinge verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Die innere Welt spricht immer mit, wenn wir auch scheinbar nur plaudern. Da gibt es allerlei Spannendes und Interessantes zu hören, entdecken und zu erforschen. Gut zu wissen, nicht?
Der Verstand beurteilt vieles falsch, was er hört, ja auch was er sieht, schmeckt, überhaupt, was er wahrnimmt, und es ist bei weitem nicht immer so wie er denkt. Doch es gibt einen Grund, warum er blitzschnell abcheckt, katalogisiert und schubladisiert. Es hilft ihm bei der Orientierung in einer komplexen Welt. Die Instinkte fürchten sich vor Fremdem und Unbekanntem und reagieren instinktiv mit Flucht oder Angriff. Und da nun einmal alles, was man (noch) nicht kennt, fremd ist, könnten wir, wenn es nach ihnen ginge, nichts und niemand kennenlernen. Der Sex fiele schon wieder flach und die Menschheit stürbe aus.
Ob das nun positiv oder negativ ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Aber gut, dass wir darüber geredet haben. Wäre ja langweilig, wären wir immer einer Meinung.