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Alten Krempel brauch ich nicht, da mach ich lieber ein Gedicht

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Vor Petras Geschenke-Shop parkte ein großes Auto, das silbern glänzte, genau wie mein Turbo-Hamsti. Die Fahrertür ging auf, und ein Mann stieg aus, der sehr vornehm aussah. Mit schwungvollen Schritten betrat er den Laden. Kira und Jan folgten ihm.

»Einen schönen guten Tag wünsche ich«, sagte der Mann zu Petra. Er wirkte eine Nummer zu groß für den kleinen Laden, in dem es nach Blüten roch. Ein Springbrunnen plätscherte, und es lief Musik, die aus ganz viel Gebimmel bestand.

Petra kam hinter der Kasse vor. »Guten Tag, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«

Mir hätte sie sofort behilflich sein können, indem sie Kenny und Mariechen holte. Aber erst musste sie sich wohl um den Kunden kümmern.

Der Mann sah sich um. »Ich brauche ein ganz besonderes Geschenk.«

Na, da war er doch genau richtig. Bei Petra gab es nur besondere Geschenke: Servietten mit aufgedruckten Pizzastücken, lila Seife, die wie Schäfchen geformt war, und Blumen aus Glitzerplastik.

»Für wen soll es denn sein?«

»Für meine Frau zur silbernen Hochzeit. Andere Männer schenken Schmuck oder einen Pelzmantel, aber meine Frau trägt nur den Schmuck, den sie von ihrer Mutter geerbt hat. Und einen Pelzmantel würde sie nicht anziehen, weil sie sehr tierlieb ist. Mechthild würde sich am meisten über etwas Persönliches freuen.«

»Was hat Ihre Frau denn für Interessen?«

»Literatur, Golf und klassische Musik.«

»Kauf doch so eine Bimmel-CD«, schlug ich vor. »Das ist klasse Musik.«

Wirklich schade, dass Menschen die Hamstersprache nicht verstehen, so entgehen ihnen die heißesten Tipps.

»Wie wäre es mit einem süßen Golfschläger?« Petra griff in ein Regal, in dem kleine Sportgeräte aus Schokolade standen: Fußbälle, Tennisschläger, alles Mögliche, nur ein Laufrad war seltsamerweise nicht dabei.

»Ich fürchte, das ist nicht besonders romantisch«, meinte der Mann. »Ach, es fällt mir so schwer, etwas Passendes zu finden.«

Der Mann sah sich noch ein wenig um, dann verabschiedete er sich höflich. Endlich hatte Petra Zeit für uns.

»Wir haben Sommerferien«, rief Kira. »Da können wir faulenzen und ins Freibad gehen.«

Hoffentlich kam Kira nicht auf die Idee, mich ins Freibad mitzunehmen. Ich lande oft genug unfreiwillig im Wasser, ob es nun ein Ententeich ist oder Kennys Wassernapf. Der Springbrunnen hier im Laden war mir auch nicht ganz geheuer. Immer, wenn Jan ihm zu nahe kam, klammerte ich mich an seinem Ohrläppchen fest.

»Kommt mal mit nach hinten. Ich will euch etwas zeigen.« Petra öffnete die Tür zum Lagerraum.

Kenny lag zusammengerollt auf einer Wolldecke. Jetzt hob er die Ohren, und ich konnte sehen, dass Mariechen in seiner Ohrmuschel lag. Wie hinreißend sie im Schlaf aussah!

Kenny stand langsam auf, damit Mariechen nicht herauskullerte, und kam Kira und Jan schwanzwedelnd begrüßen.

Petra schaltete die Deckenbeleuchtung an. »Die beiden Kisten da hinten, die habe ich von meiner Tante Therese geerbt. Ich habe keine Ahnung, was ich mit den Sachen anfangen soll. Ich dachte, vielleicht findet ihr etwas, das ihr gebrauchen könnt. Es ist ein bisschen wie Schatzsuche, aber versprecht euch nicht zu viel davon, das meiste ist alter Krempel.«

»Prima«, sagte Kira. »Vielleicht ist etwas dabei, das ich Sandra zum vierzigsten Geburtstag schenken kann.«

Mit vereinten Kräften schoben Petra, Kira und Jan die erste Kiste neben den wackligen Holztisch. Petra klappte sie auf und griff hinein. Sie legte eine gesprungene Schüssel, zwei rostige Werkzeuge und vieles mehr auf den Tisch. Ich kletterte an Jans Arm hinunter und sah mir die Sachen an.


»Ein vergilbter Gedichtband von Casimir Casino«, sagte Kira und legte ein Buch aufgeschlagen auf den Tisch.

Ein Gedichtband? Super! Ich würde ein Gedicht auswendig lernen und damit bei Lee mächtig Eindruck schinden. Ich las das Gedicht. Es hieß: »An meine holde Geliebte«. Die erste Strophe ging so:

Ich will in deinen Augen lesen

und sanft in deinen Haaren wühlen.

Ich lass dich meine Liebe fühlen,

du wunderbares Zauberwesen.

Ach nee, das würde ich Lee nicht aufsagen. Womöglich erwartete er dann tatsächlich, dass ich in seinem Fell wühlte. Widerlich. Und ein wunderbares Zauberwesen war er schon gar nicht. Nun, ich konnte es ja ein bisschen umdichten.

»Ich will in deinem Schlafhaus kötteln

und wild in deiner Einstreu wühlen.

Ich lass dich meine Muckis fühlen,

du durchgedrehter Philosoph.«

Mist. Kötteln reimte sich kein bisschen auf Philosoph. Dichten war ein ganz schön schwieriger Lebenssinn. Ich las die nächste Strophe.

Zur Liebe führen tausend Wege.

In meinen Träumen seh ich dich.

Dann stehst du vor mir, wonniglich.

Das ist die Hoffnung, die ich hege.

Das war ja kitschiger als die Liebeslieder, die Lee immer für Mariechen sang. Aber es ließ sich etwas draus machen:

»Zum Laufrad führen tausend Wege.

Auf deinem Polster seh ich dich.

Da hockst du rum und langweilst mich.

Du bist ’ne doofe Nervensäge.«

Grandios. Nicht nur, dass es sich reimte, Lee würde sich auch noch darüber ärgern. Somit machte das Gedicht gleich doppelt Sinn.

Kenny legte seinen Kopf auf den Tisch und schnupperte an den Sachen. Mariechen nutzte die Gelegenheit, um aus seinem Ohr zu klettern und mich begrüßen zu kommen. Wir rieben unsere Schnäuzchen aneinander. Ach, wie gut sie wieder duftete!

»Oh, mein holdes Mariechen«, freute ich mich.

»Was bedeutet hold

»Keine Ahnung«, musste ich zugeben. »Das steht hier in einem Gedicht.«

»Und so etwas interessiert dich?«

»Und wie. Das ist der Sinn meines Lebens. Soll ich etwas für dich dichten?«

»Gern.«

»Mein Mariechen ist so hold.

Ihr Fell glänzt wie aus purem Gold.

Will sie einer blau bemalen –

beispielsweise die Vandalen –,

haue ich ihn auf den Po.

Dann küsst sie mich und ich bin froh.«

Mariechen strahlte mich an. »Das war schön. Aber warum sollte mich jemand blau bemalen wollen?«

Ich erzählte ihr von der Blauen Bande.

»Der arme Plüschhase«, meinte sie. »Gut, dass Kira die anderen Hasen retten konnte.«

»Ja, dank meiner Hilfe.«

»Was sind eigentlich Vandalen?«, wollte sie wissen.

Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte das Wort nur Kira nachgeplappert, die zu dem breitnasigen Jungen gesagt hatte, er wäre ein Vandale.

Lee, der alte Angeber, der immer alles wusste, war zum Glück nicht da, darum konnte ich behaupten: »Vandalen sind Kerle, die Mutproben machen.«

»Das ist ja wirklich nur Krempel. Die andere Kiste brauchen wir gar nicht mehr auszupacken«, sagte Kira zu Petra. Sie legten alles in die Kiste zurück, auch den schönen Gedichtband, den ich so gern mitgenommen hätte.

Der Karatehamster hebt ab

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