Читать книгу Der Karatehamster hisst die Segel - Tina Zang - Страница 8

MEIN TIEFER STURZ IST ALLEN SCHNURZ!

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Wieder bei Kira angekommen, setzte Jan Lee und Chan in den Käfig und mich auf seine Schulter.

Lee hockte sich auf sein Polster. „Noch nie hat mein Hintern es so sehr zu schätzen gewusst wie jetzt.“

Chan schmiegte sich an den Fressnapf. „So ein schöner, großer Napf“, schwärmte er.

Jan überreichte Kira die Nagisan-Packung. „Als Dankeschön fürs Ausleihen. Wenn du magst, helfe ich dir jetzt mit dem Gedicht.“

Doch in dem Moment klopfte es an der Tür und Sandra Putz erschien. „Kira, kann ich dich kurz sprechen? Es ist wichtig, denn es geht um ein Last-Minute-Angebot für eine Woche in einem Luxusresort auf Sardinien.“

Kira fragte: „Fliegen wir in den Osterferien in Urlaub?“

Sandra räusperte sich. „Nicht wir alle, nur dein Vater und ich. Wir wollen unsere Hochzeitsreise nachholen, die wir nach unserer Heirat nicht machen konnten.“

„Ach ja“, sagte Kira. „Damals wurde das Dojo gerade renoviert und es ging drunter und drüber.“ Dann runzelte sie die Stirn. „Moment mal, heißt das, ich muss auf Heiko aufpassen, während ihr verreist seid?“

„Nein, Heiko wird so lange bei seinem Vater wohnen“, antwortete Sandra. „Dein Vater findet, dass du alt genug bist, um allein zu bleiben. Was meinst du?“

„Und was ist mit meinem Geburtstag?“, fragte Kira. „Der ist dieses Jahr am Ostersonntag. Soll ich den etwa ohne euch feiern?“

Sandra machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Deine Geburtstagsfeier holen wir nach, sobald wir wieder zurück sind.“

„Hm.“ Kira dachte eine Weile nach. „Richtig toll finde ich das nicht, aber was soll’s. Ihr könnt eure Hochzeitsreise gerne nachholen.“

„Super, danke“, rief Sandra. „Dann buche ich jetzt.“ Sie lief aus dem Zimmer.

„Eigentlich gar nicht schlecht“, sagte Kira zu Jan. „Dann haben wir bald eine Woche lang sturmfreie Bude und können jeden Tag alles unternehmen, was wir wollen.“

Sturmfreie Bude? Kapierte ich nicht. In Kiras Zimmer gab es kein Wetter, auch wenn es darin manchmal aussah, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgefegt.

„Ich fürchte, daraus wird nichts“, sagte Jan und zuckte bedauernd mit den Schultern. Anscheinend bedauerte er das ganz gewaltig, denn er zuckte so sehr, dass ich fast hinunterpurzelte. Ich konnte mich im letzten Moment an seinem Ohrläppchen festhalten. „Wir verreisen in den Osterferien nämlich auch. Wir fahren an den Walchensee.“

Wie, Jan wollte schon wieder verreisen? Er war doch erst vor einem halben Jahr in den Herbstferien in einem Westernreitkurs gewesen. Diese ewige Reiserei wurde allmählich zur Seuche. Und wieso verreisten alle immer ohne uns? „Ich will mit!“, rief ich und bearbeitete Jans Ohrläppchen mit den Krallen.

„Autsch.“ Jan nahm mich von der Schulter. „Man könnte meinen, es passt Neo nicht, dass ich verreisen will.“

„Mir passt es auch nicht“, sagte Kira.

„Aber wenigstens misshandelst du mich deswegen nicht.“ Jan sah mich vorwurfsvoll an. Ich schmiegte mich in seine Handfläche, als wäre ich mir keiner Schuld bewusst.

Kira lachte und gab Jan einen Kuss aufs Ohrläppchen.

Jan wurde rot. „Wenn ich ehrlich bin, passt es mir auch nicht. Eine Woche ohne dich ist voll doof. Aber vielleicht … Hier, halt mal.“ Er setzte mich auf Kiras Schulter und holte sein Handy heraus. „Ich frag meine Mutter, ob wir dich mitnehmen können.“


Kira wippte begeistert auf und ab. Wieder konnte ich mich nur vor einem Absturz retten, indem ich schnell ihr Ohrläppchen packte. Echt praktisch, dass Menschen die Ohren seitlich am Kopf haben und nicht wie Hunde weiter oben. Dort würden sie mir als Griff überhaupt nichts nützen.

Jan ging zum Telefonieren in den Flur. Kira füllte inzwischen Futter in unsere Näpfe. Ich trippelte auf Kiras Schulter ungeduldig von einer Pfote auf die andere.

Endlich kam Jan zurück. „Es klappt! Du kannst mitkommen.“

„Juchhu!“, rief Kira.

„Juchhu!“, rief auch ich. „Wir fahren in den Urlaub. Lee, Chan, packt schon mal eure Koffer.“

„Äh, was für Koffer?“, fragte Chan.

„Ist nur so eine Redensart der Menschen“, erklärte ich.

Kira umarmte Jan. „Das ist mega cool. Weißt du, was echt spitze wäre? Wenn wir im Urlaub in einem Fall ermitteln könnten.“ Kira löste sich von Jan und runzelte die Stirn. „Es gibt nur ein Problem. Wo bringe ich die Hamster unter?“

Wie? Unterbringen? Natürlich in unserem Transportkäfig.

„Du könntest Petra fragen, ob sie einmal am Tag herkommt, um sie zu füttern“, schlug Jan vor.

Kira griff zum Handy.

„Häh?“ Ich verstand überhaupt nichts mehr. „Wie soll Petra uns füttern, wenn wir gar nicht da sind?“

„Neo“, sagte Lee, „du musst dir den Urlaub abschminken. Ganz offensichtlich hat Kira vor, uns hier zu lassen.“

„Hier? Allein? Ohne niemanden? Ohne Abenteuer? Ohne nix?“ Ich konnte mein Entsetzen kaum in Worte fassen.

„Ohne Kofferpacken?“, fragte Chan. „Schade. Aber immerhin – jedes Mal, wenn Petra herkommt, bringt sie bestimmt Mariechen mit.“

Nun gut, einmal am Tag Mariechen zu sehen, war ein Trost. Doch auch der wurde im nächsten Moment zunichtegemacht. Kira hatte das Telefonat beendet und sagte zu Jan: „Klappt nicht. Petra hat in den Ferien schon etwas vor.“

„Dann probieren wir es mit Stiefelschmitts“, sagte Jan. „Das wäre sogar noch besser. Wir könnten die Hamster hinbringen. So haben sie Urlaub bei netten Menschen und können sich mit Vincent vergnügen.“

Mit Vincent WAS? Mit diesem Blödwuschel hatte ich mich noch nie vergnügt! Im Gegenteil. Niemand auf der ganzen Welt konnte mich schneller auf die Palme bringen als dieser arrogante Fusseldepp. Da war Dauerstress vorprogrammiert. Von Urlaub keine Spur.

Auch Lee und Chan sahen alles andere als vergnügt aus. „Neo, tu etwas!“, rief Lee mir zu. „Bring die Kinder zur Vernunft, bevor sie uns drei ins Unglück stürzen.“

Nun gut, dann musste ich zu drastischen Maßnahmen greifen. Kira stand nah genug am Käfig. Mit etwas Anlauf konnte ich es schaffen, hineinzuspringen. Ich stieß mich von ihrem Ohr ab, machte drei schnelle Schritte und sprang in den Glaskäfig, wo ich knapp neben dem Laufrad landete.

„Was soll das denn?“, fragte Lee.

Ich rappelte mich auf. „Ich habe Kira gezeigt, dass sie mich ins Unglück stürzt.“

Kira sah verwundert auf mich herab. „Gefällt es dir auf meiner Schulter nicht?“

Ich wälzte mich auf dem Boden. „Ich bin unglücklich. Entsetzlich unglücklich!“, jammerte ich. Kapierte sie es jetzt?

„Da stimmt etwas nicht“, sagte Jan und griff nach mir. „Hoffentlich hat er sich beim Sprung nicht verletzt.“

„Das war kein Sprung“, rief Lee. „Sondern ein astreiner Sturz! Direkt ins Unglück.“

Die Kinder verstanden immer noch nichts. Jan untersuchte mich und meinte: „Nichts gebrochen.“

Ich drehte mich auf seiner Hand auf den Rücken und fasste mir an die Brust. „Doch, mein Herz ist gebrochen, weil ihr wegfahrt und mich in den Klauen meines plüschigen Erzfeinds zurücklasst.“

Jan kitzelte mich am Bauch.

„Hör sofort auf mit dem kindischen Getue“, schimpfte ich.

„Heute will er wohl in Ruhe gelassen werden“, sagte Jan und setzte mich in den Käfig zurück.

„Ruhe? Von wegen. Ich will Abenteuerurlaub. Mich hat das große Fernweh gepackt.“

Keine Chance. Kira rief bei Stiefelschmitts an und erklärte kurz darauf strahlend: „Alles klar, sie nehmen die Hamster.“

„Das reicht“, sagte ich. „Ich trete in Streik. Für immer und ewig. Das habt ihr nun davon.“

„Und wie soll das gehen?“, frage Lee.

„Ganz einfach“, sagte ich und trippelte in eine Ecke. „Anstatt Laufrad zu laufen, werde ich hier sitzen und ein mürrisches Gesicht machen.“

„Das ist kein Streik“, sagte Lee, „das ist Schmollen. Damit erreichst du überhaupt nichts, außer dass deine Muskeln erlahmen. Aber es gibt eine andere Art von Streik, die Kira beeindrucken könnte. Hungerstreik. Wir essen einfach nichts mehr.“

„He, das ist kein Streik“, schimpfte Chan. „Das ist glatter Selbstmord!“

Der Karatehamster hisst die Segel

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